Han Kang - Weiß / Hayata

  • In einer Mietwohnung in der Hauptstadt (Warschau?) eines der Erzählerin, wohl Han Kang, unbekannten Landes.


    Ein Mädchen, Han Kangs Schwester, wurde etwa zwei Monate zu früh geboren, die Mutter zweiundzwanzigjährig, völlig allein, schnitt sich selbst die Nabelschnur durch. Das Mädchen wurde nur zwei Stunden alt.


    Die traumatisierte Erzählerin schreibt in ihrer Mietwohnung an einer Liste weißer Dinge, um sich selbst zu therapieren. Han Kang ist Koreanerin und in fernöstlichen Kulturen wird der Tod mit der Farbe Weiß assoziiert.

    Das Weiße meist unscheinbar und bleibt oft unbemerkt. Dabei muss man die Nicht-Farbe nur genau betrachten und schon sieht man, welche Tragik in ihr stecken kann.

    In allen weißen Dingen werde ich dich spüren und in dir weiteratmen (Han Kang).

    Eine Handvoll Wörter auf weißem Papier, das nicht weiß ist. Welche Farbe hat es denn, wenn es überhaupt eine Farbe ist?


    Han Kang ist die wichtigste literarische Stimme Koreas. 1993 debütierte sie als Dichterin, seitdem erschienen zahlreiche Romane. Seit sie für "Die Vegetarierin" gemeinsam mit ihrer Übersetzerin 2016 den Man Booker International Prize erhielt, haben ihre Bücher auch international großen Erfolg. Auch der Roman »Weiß« war für den Booker Prize nominiert, »Menschenwerk« erhielt den renommierten italienischen Malaparte-Preis, zuletzt erschien bei Aufbau »Deine kalten Hände«. Derzeit lehrt sie kreatives Schreiben am Kulturinstitut Seoul.


    Han Kangs Roman Weiß ist eine poetische Meditation über den Verlust ihrer Schwester. 150 Seiten, Ich – Sie – Alles weiß, in 63 kurzen Kapiteln, ein Roman zwischen Kurzprosa, Lyrik und Autobiographie mit schwarzweißen Abbildungen aus einer Ausstellung. Auch wenn Han Kang in ihrer Mietwohnung zunächst alles weiß streicht, die Farbe der Seiten ihres Romans hat der Aufbau-Verlag augenfreundlich hellgrau gestaltet. Für lyrische Leserinnen und Leser, die Gefallen finden an leiser und melancholischer Literatur.

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  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Han Kang - Weiß“ zu „Han Kang - Weiß / Hayata“ geändert.
  • Nachdem ich vor ein oder zwei Jahren "Die Vegetarierin" weginhaliert habe, war ich nun auf dieses ganz andere Werk von Han Kang sehr gespannt.


    Die Autorin tastet sich hier durch verschiedene Räume und Dimensionen der Trauer; zentral geht es um die Verarbeitung des Todes ihrer nur wenige Stunden nach der Geburt verstorbenen Schwester und die Konsequenzen dieses Ereignisses für das eigene Dasein. Sehr ruhig, zart, poetisch und erstaunlich leicht, wie die Feder auf dem Cover, erkundet und durchlebt die Ich-Erzählerin, bei der es sich um die Autorin selbst handeln dürfte, im ersten Teil des Buches verschiedene Bilder, Gegenstände, Wetterbedingungen, Assoziationen rund um die Farbe Weiß, in Asien die Farbe der Trauer. Außerdem scheint sie auf ihren Streifzügen durch Warschau ein wenig von Olga Tokarczuks Aura angeweht zu haben :lol: - zumindest erinnern mich die beschriebenen Transzendenzerlebnisse rund um verschiedene verstorbene Menschen und zerstörte Orte sehr an Tokarczuks Schreibe in "Ur und andere Zeiten".

    Dieser erste Teil des Buches hat mir ausgesprochen gut gefallen.


    Dann wechselt die Autorin abrupt von der Ich- in die Sie-Perspektive. Die damit verbundene plötzliche Distanz, der Verlust an Intensität, hat sich für mich wie ein Schlag angefühlt und ich verstehe bisher die Notwendigkeit dieses Perspektivwechsels nicht. Die folgenden Kapitel haben mich teilweise berührt, aber oft habe ich die Seiten nur überflogen, fand die geschilderten Eindrücke banal oder zusammenhanglos.


    Und dann: der dritte Teil, in dem die Autorin wieder zum Ich wechselt, aber auch ein Du einfließen lässt - ein grandioser, packender innerer Dialog mit der toten Schwester, der mir eine Gänsehaut über den Rücken und Tränen in die Augen getrieben hat.


    Wie bewertet man so etwas am Ende? :-k Auf jeden Fall war es - wie "Die Vegetarierin", bei der ich ebenfalls mit einigen Aspekten unzufrieden war - doch ein sehr besonderes Buch, das bei mir viele Emotionen ausgelöst hat und das in meinem Gedächtnis haften bleiben wird.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: Jutta Aurahs - Katzen :cat:

    :study: Han Kang - Griechischstunden

    :musik: Asako Yuzuki - Butter (Re-???)

    :musik: Satoshi Yagisawa - Die Tage in der Buchhandlung Morisaki

    :montag: Dietrich Krusche (Hg.) - Haiku (Reread)

    :montag: Deb Olin Unferth - Happy Green Family (Reread)





  • „Weiß“ ist das zweite Buch, welches ich von der Autorin gelesen habe. Und wieder hat sich der Inhalt als anders entpuppt, wie ursprünglich angenommen.


    „Weiß“ ist ein sehr dünnes Buch. Es hat gerade mal 151 Seiten, die Kapitel sind sehr kurz, teilweise noch nicht mal eine Seite lang und es gibt zudem noch Illustrationen.


    Die Bibliothek hat das Buch mit dem Interessenaufkleber „Tod“ versehen. Der Plot behandelt, den Kindstod, von dem die große Schwester viele Jahre später erst erfährt.


    Die namenlose Protagonistin zieht in eine neue Stadt und erinnert sich an ihre verstorbene Schwester. Als Erinnerung macht sie eine Liste an weißen Gegenständen.


    Hier fand ich es für mich sehr spannend, wie ich das Weiß der Gegenstände selbst in Verbindung mit dem Tod interpretiert habe:


    z.B. Wickeltuch= Reinheit, Atemwolke= Leben, Schaum einer brechenden Welle = Stärke/Kraft.


    Wer eine fortlaufende Geschichte erwartet, wartet in dem Buch vergeblich. Die einzelnen, teilweise wirklich kurzen, mit ein paar Sätzen geschrieben Kapitel behandeln jedes einen weißen Gegenstand. Dabei herrscht eine stille Athmosphäre, die eben aber gut mit dem Thema und den Gegenständen passen.


    Alles in allem ein spezielles, ruhige, aber irgendwie tröstliches Buch, was mich leider genauso ratlos zurücklässt, wie „Die Vegetarierin“