Sophie Anderson - Marinka: Die Reise nach Dazwischen / The House With Chicken Legs

  • Kurzmeinung

    Dave2311
    Ich bin nicht begeistert von der Geschichte um Marinka, aber ich fand sie dennoch schön.
  • Sophie Anderson - The house with chicken legs




    Inhalt:

    Marinka dreams of a normal life, but her house has chicken legs and moves on without warning. For Marinka's grandmother is Baba Yaga, who guides spirits between this world and the next. Marinka longs to change her destiny and sets out to break free from her grandmother's footsteps, but her house has other ideas...

    (Q Amazon)


    Meinung:

    Sophie Anderson - The house with chicken legs


    Marinka ist 12 Jahre alt und lebt in einem kleinen, merkwürdigen Haus bei ihrer Großmutter. Es ist ein merkwürdiges Leben. Ein Leben, das ständig Überraschungen bereit hält und ein Leben, welches Marinka ständig mit dem Tod konfrontiert, oder besser gesagt mit toten Menschen. Ihre Oma ist nämlich eine Baba Yaga, sie begleitet die Toten jeden Abend auf ihre letzte Reise zu den Sternen. Außerdem ist ihr kleines, merkwürdige Häuschen lebendig und es hat große, kräftige Hühnerbeine und wenn dem Haus danach ist, dann macht es sich in der Nacht auf, um zu einem neuen Ort zu laufen, wo Baba und Marika sich aufs Neue bereit machen die Toten zu empfangen. Sie wissen nie wie lange das Haus an Ort und Stelle bleibt. Manchmal sind es nur ein paar Tage, manchmal auch ein paar Wochen.

    Marinka sehnt sich aber nach einem anderen Leben, doch ist es ihr verboten die Grenzen des Hauses zu verlassen. Sie will doch aber einfach nur mit anderen lebenden Menschen zusammen sein. Sie hat es satt immer nur die Gesellschaft des Todes zu spüren, zumal sie die Toten nicht versteht, denn sie sprechen eine andere Sprache. Baba meint zwar immer sie wird es verstehen, wenn sie selbst der Wächter des Hauses und der Pforte zu den Sternen sei, doch auf diese Aufgabe hat Marinka noch viel weniger Lust. Sie will ihr Leben leben, abseits des Hauses und dem Tod. Sie wünscht sich nichts sehnlicher.

    Eines Tages aber kommt sie einem Geheimnis auf die Spur, welches sie betrifft. Es trifft sie hart und stellt ihr ganzes bisheriges und auch zukünftiges Leben in Frage. Hinzu kommt, dass sie plötzlich die neue Yaga sein soll. …. Sie ist durcheinander, allein und voller Wut und auch Trauer.


    Die Geschichte um Marinka, ihre Oma, das Haus, ihre Hausdohle Jack und all die anderen Darsteller fängt recht beschaulich an. Marinka stellt erst mal alles vor und das drückt direkt etwas auf die Stimmung. Durch die ständige Anwesenheit des Todes wird es etwas melancholisch. Trotzdem ist es aber auch irgendwie märchenhaft.

    Man merkt aber direkt, dass Marinka betrübt ist. Sie liebt ihre Baba und auch das Haus sehr, doch fühlt sie sich auch gefangen und will ausbrechen, aber das ist ihr untersagt. Sie darf sich nicht mit den Lebenden abgeben, da das eine Gefahr für das Haus und das Tor zu den Sternen sein, durch das die Toten zu ihrer letzten Reise aufbrechen. Baba sagt das immer und immer wieder.

    Marinka wünscht sich nicht anderes als einen lebendigen anderen Menschen in ihrer Nähe. Es kommt wie es kommen muss und sie missachtet verschiedenste Gebote und das aus reiner Selbstsucht und bringt so alles aus den Fugen. Das Gleichgewicht wird gestört und Baba muss es wohl oder übel richten. So steht Marinka nunmehr ganz allein da, gefangen in ihrer neuen Berufung, in die sie gezwungen wurde und auf die sie gar keinen Bock hat, alleingelassen mit ihrer Wut und Trauer.


    Hier haben für mich dann leichte Probleme mit dem Buch begonnen. Marinka kam mir sehr selbstsüchtig und egoistisch vor.

    Sie reitet immer wieder, wie ein kleines bockiges Mädchen, auf dem Thema rum, dass sie überhaupt keinen Lust auf den Job hat und einfach nur Baba zurück haben will, auf das alles so sei wie es war und sie ihren Weg gehen kann. Natürlich kann ich verstehen dass sie wütend und traurig ist. Immerhin hat sie einen wichtigen Menschen verloren. Mir kam es aber so vor, als ob es kein anderes Thema mehr gab. Sie log andere an, nur um ihr Ziel zu erreichen. Ganz ehrlich, mir ging das ganz schön auf den Keks.


    Jetzt habe ich gleich mit dem mir negativ aufgestoßenen Teil des Buches angefangen, aber es gibt auch positives zu berichten.

    Ich finde die Umsetzung der Geschichte, abgesehen von dem selbstsüchtigen Marinkateil, recht gelungen. Man sollte hier aber kein fröhliches Buch erwarten. Die Stimmung bleibt, bis zum Ende hin, recht gedrückt. Insbesondere der Mittelteil ist fest in der Hand von Marinkas Trauer, Wut und Egoismus. Dennoch strahlt die Geschichte, durch die märchenhafte Anlehnung, viel Wärme aus. Ich will nicht sagen, dass es niedlich ist, das würde in Zusammenhang mit dem allgegenwärtigem Todesthema wohl unpassend sein, aber es ist einfach angenehm. Es gibt sogar einige spannende Elemente und irgendwie sogar etwas zu lernen. Wobei das vielleicht auch an der Lust des Lesers liegt etwas in die Geschichte hineinzuinterpretieren. Zumindest lässt die Geschichte soviel Spiel, dass man dies machen kann.


    Marinka darf, getrieben durch ihren Wunsch aus ihrer Bestimmung aus zu brechen, einiges an neuen Erfahrungen machen und lernen, dass nicht immer das was scheinbar unerreichbar hinter dem Zaun liegt ausnahmslos besser ist als das was auf der eigenen Seite des Zaunes liegt. Sie muss lernen, dass man auch hier differenzieren muss. Marinka muss ihre eigenen Erfahrungen machen, um zu Erkennen was ihr wirklich wichtig ist und wo sie hingehört.


    Ich habe beim Lesen der letzten Seiten darüber nachgedacht, ob das Buch eine Art Unterstützung oder Hilfe für ein trauerndes Kind sein könnte. Immerhin ist es ja auch ein Kinder/Jugendbuch. Doch ich glaube dies eher weniger.

    Ich sehe diese Geschichte eher als melancholisches Märchen, welches, zum Teil verträumt, zum Teil drückend aber auch optimistisch, den Leser unterhalten will.


    Am Ende war ich von diesem Werk nicht so begeistert wie von 'The Girl who speaks bear'. Marinka hat mich nicht so mitgerissen und war mir nicht so sympathisch wie die Geschichte um Yanka (The Girl who speaks bear). Marinka war lange Zeit einfach nur von ihrem Egoismus getrieben und das ging mir etwas gegen den Strich. Hier hätte die Verpackung anders sein müssen, um mir nicht so negativ aufzustoßen.


    Fazit:

    Ich bin nicht begeistert von der Geschichte um Marinka, aber ich fand sie dennoch schön. Die drückende Stimmung und das märchenhafte Setting haben ein gutes Bild ergeben. Es lief nicht rund mit uns beiden, aber ich bin am Ende dennoch positiv aus der Geschichte herausgegangen. Zumal es ja auch irgendwie ein kleines Happy End gab.



    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    Lebenskunst besteht zu neunzig Prozent aus der Fähigkeit, mit Menschen auszukommen, die man nicht leiden kann.
    Samuel Goldwyn


  • Mario

    Hat den Titel des Themas von „Sophie Anderson - The house with chicken legs“ zu „Sophie Anderson - Marinka: Die Reise nach Dazwischen / The House With Chicken Legs“ geändert.
  • Ich hab die englische Originalfassung gelesen :)


    Marinka dreams of a normal life, where her house stays somewhere long enough for her to make friends. But her house has chicken legs and moves on without warning. The only people Marinka meets are dead; they disappear when her grandmother, Baba Yaga, guides them through The Gate. Marinka wants to change her destiny, but her house has other ideas...


    Meine Meinung


    Einigen wird das Haus auf Hühnerbeinen bekannt sein: es gehört zur slawischen Mythologie, bei der eine Art Hexe oder Waldfrau in diesem Haus lebt und es auch nicht verlassen kann, da sie damit verbunden ist. Sie gehört zur "dreifaltigen Göttin" und spiegelt hier die alte Frau wider, die für den Tod und die Wiedergeburt zuständig ist.

    Soweit hat Sophie Anderson tatsächlich auch alles übernommen, aber auch viele eigene originelle Ideen mit einfließen lassen. Denn die 12jährige Marinka wohnt bei der alten Baba Yaga, die ihre Großmutter ist. Ihr Leben besteht darin, die Toten des nachts zu begrüßen, ihnen ein letztes Festmahl zu bereiten, ihnen zuzuhören und sie auf ihrem letzten Weg zu den Sternen zu geleiten. Sie ist also eine Art Wächterin des Tores, das die Toten durchschreiten müssen.
    Darüber sollte man sich im Klaren sein - gerade auch für Kinder - dass es hier viel um das Sterben und die Toten geht. Aber auf eine sehr liebevolle, sorgsame Weise, die mich nicht traurig, sondern hoffnungsfroh gemacht hat und für das Alter entsprechend wirklich sehr einfühlsam erzählt ist.

    I love her ability to make everyone feel at ease. The dead come here lost and confused, but they leave calm and peaceful and ready for their journey.
    Zitat Seite 16

    Marinka allerdings kann sich so gar nicht mit ihrem Schicksal abfinden! Eingesperrt in das Haus, den ein kleiner Garten umgibt mit einem Zaun aus Knochen und Gebeinen, träumt sie von einem Leben unter den Lebenden. Sie möchte in die Städte, von denen sie nachts immer nur die vielen Lichter sieht, möchte andere Kinder treffen, in der Schule etwas lernen, spielen und einfach frei sein zu tun, was sie möchte.
    Doch das Haus bleibt nie lange genug an einem Platz und wandert auf seinen staksigen Hühnerbeinen von Ort zu Ort, um die Toten zu empfangen.
    Außerdem muss es vor den Lebenden verborgen bleiben und die Gerüchte um die "menschenfressende Hexe", die in solche einem Haus wohnt, sind natürlich auch Marinka bekannt.

    Das alles ändert sich, als Marinka zufällig Benjamin trifft und sie sich zum ersten Mal über die strenge Regel hinwegsetzt, das schützende Haus zu verlassen. Dieses Gefühl, die Regeln zu brechen und damit ihr Schicksal zu beeinflussen, löst eine Welle an Ereignissen aus!
    Ihr ganzer Frust und Ärger über die vielen Ungerechtigkeiten lässt Marinka dann schließlich Entscheidungen treffen, deren Konsequenzen ihr nicht bewusst sind und die sie schließlich auf einen Weg führen, der ihr viel Mut und Überwindung abverlangt.
    Hier haben wir ein wunderschönes Beispiel am Erwachsenwerden. Zum einen den kindlichen Wunsch, zu spielen, sich anzupassen und den anderen zu gleichen - im Gegenzug aber auch die zunehmende Verantwortung für sich selber, der Wunsch nach Eigenständigkeit und die Suche nach etwas, einer Aufgabe, die ihr Leben erfüllt.
    Dabei macht sie einige Dummheiten, aber wer macht das nicht? Wichtig ist, was sie daraus lernt - und das wurde mit viel Achtsamkeit und Reflexion in die Geschichte mit eingewoben.
    Marinka ringt lange mit sich und ihrem Gewissen, fühlt sich ihrem Schicksal ausgeliefert und in ihren Ängsten allein gelassen ... begreift aber immer mehr, dass vieles anders ist, als sie dachte und das Veränderungen der Lauf der Welt sind.

    Nothing is for ever. Everything moves on; the living, the dead, the house.
    Zitat Seite 78

    Ihre Vorstellungen und Träume sind das eine - die Realität das andere. Eine Erkenntnis die man auch als Erwachsener immer wieder neu entdecken muss und das alte Sprichwort so wahr macht: dass man sich genau überlegen sollte, was man sich wünscht.

    Über den Schreibstil kann ich nicht wirklich viel sagen - dafür ist mein Englisch noch zu schlecht - aber ich fand es sehr angenehm zu lesen und hatte den Eindruck, dass es auch mit viel Liebe geschrieben worden ist. Ein bisschen wiederholt haben sich Marinkas Gedanken zu ihren Zweifeln, aber das nur so am Rande.

    Übrigens gibt es auch schöne kleine Zeichnungen zu einigen Szenen in der Geschichte, die mir sehr gefallen haben und die die Stimmung immer perfekt unterstrichen. Am Ende des Buches gibt es noch ein Glossar über die

    Mit diesem schönen Zitat möchte ich meine Rezension beschließen:

    My destiny is undecided, and that´s how I like it. The possibilities ar as endless as the stars.
    Zitat

    Mein Fazit: 5 Sterne

    Weltenwanderer