Nina Blazon – Das Wörterbuch des Windes

  • Das Wörterbuch des Windes ist aus der Sicht von Swea und Einar geschrieben, die beide einerseits sehr verschieden sind, andererseits aber durch ihre unterschiedlichen Probleme eine Verbindung zueinander haben, durch die sie sich gegenseitig – teils ohne es zu wissen – einen Halt geben. Als Leser verfolgt man die Geschichte abwechselnd aus zwei Ich-Perspektiven. Diese sind:

    Swea, eine Bankangestellte aus Deutschland, die im Herzen eine Künstlerin geblieben ist und sich nach dem endgültigen Scheitern ihrer Ehe nun endlich auch in ihrer Kunst ausleben möchte.

    Einar, ein geborener Isländer, der viele Jahre als Lehrer in Deutschland verbracht hat, und der fürchtet, zu Hause von den Geistern seiner Vergangenheit heimgesucht zu werden.

    Die beiden Hauptcharaktere erscheinen zunächst auf ihre jeweils eigene Weise unnahbar, doch man lernt als Leser sehr schnell, sie zu mögen, da hinter der Fassade Seelen mit Träumen und Hoffnungen stecken. Ebenso sind die Nebencharaktere leicht zugänglich, da der angenehme Schreibstil ihnen schnell Leben einhaucht.


    Die Geschichte baut sich Stück für Stück auf, mal mit kleinen Überraschungen, meist aber kontinuierlich und unspektakulär. Das macht die Geschichte insgesamt nahbar und lebensecht.


    Wer bisher nichts für Island übrig hatte, wird es nach diesem Buch vermutlich tun. Die malerischen Beschreibungen der Natur schaffen es, die Umgebung fast spürbar nahe zu bringen, ohne dabei ellenlang und langweilig zu sein.


    Insgesamt handelt es sich hier um ein lesenswertes Buch für viele entspannte Lesestunden.

  • „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen." (Aristoteles)

    Swea hat mit ihrem Ehemann Hendrik eigentlich einen schönen Urlaub in Island verleben wollen, doch schon zu Beginn ihrer gemeinsamen Reise kommt es zwischen den beiden zum Bruch. Swea muss traurig feststellen, dass vieles in ihrer Ehe eine Lüge ist. Sie schnappt sich den Mietwagen und rauscht allein davon und trifft am Walfjord auf den ehemaligen Lehrer Einar Pálsson, der sie für einige Tage in sein Sumarhús am Meer einlädt. Dort weilt auch der sehr zurückhaltende Jón Ámarsson, der im Alkohol das Vergessen sucht. Bei Einar hat Swea endlich die Zeit, ihr Leben und ihre Ehe zu reflektieren, um vielleicht doch noch einen Neuanfang zu wagen und ihre Träume zu verwirklichen…


    Nina Blazon hat mit „Das Wörterbuch des Windes“ einen sehr unterhaltsamen und anrührenden Roman vorgelegt, der den Leser mit viel Tiefgründigkeit und Einfühlungsvermögen positiv überrascht. Mit flüssig-leichtem, atmosphärischem und bildhaften Erzählstil entführt die Autorin den Leser nach Island, lässt die eisbedeckte, windige und wilde Landschaft Islands bei der Lektüre vor dessen Auge vorbeiziehen, während er mal an der Seite der Bankangestellten Swea deren Gedanken- und Gefühlswelt studieren darf, mal findet er sich neben Einar wieder, der eine bewegte Vergangenheit hat. Mit den gewählten wechselnden Perspektiven in der Ich-Form lässt die Autorin den Leser ganz nah an die Charaktere herankommen, um mit ihnen ihre Befürchtungen, Sorgen, Träume und Wünsche zu teilen. Swea, die deutsche Touristin, die ausgerechnet in Island ihr Leben wieder zusammenzusetzen versucht und sich darüber klar werden muss, wohin ihre weitere Lebensreise gehen soll, steht Einar gegenüber, der früher als Lehrer viele Jahre in Deutschland gearbeitet hat und sich nun in seiner Heimat davor fürchtet, dass seine Vergangenheit ihn einholen wird. Beide scheinen im ersten Moment nichts gemeinsam zu haben, doch schafft es die Autorin wunderbar, Parallelen zwischen ihnen aufzuzeigen, die letztendlich dazu führen, dass sich beide auf ganz besondere Weise gegenseitig Unterstützung bieten. Dass Swea selbst mal Kunst studiert hat und am Ende für die Ehe mit einem Künstler ihre eigenen Träume aufgegeben hat, macht deutlich, wie sehr sie sich auf ihren Mann gestützt und sich selbst dabei vergessen hat. Gleich einem Puzzle lässt die Autorin den Leser nach und nach die unterschiedlichen Lebenspfade erkennen und hält ihn mit einigen Wendungen konstant bei der Stange.


    Die Charaktere sind wie aus dem Leben gegriffen, bestückt mit menschlichen Eigenschaften wirken sie glaubwürdig und authentisch. Sie machen es dem Leser leicht, sich in ihrer Mitte wohl zu fühlen und ihr Schicksal zu verfolgen. Swea hat vor langer Zeit ihre Träume aufgegeben und ein sicheres Leben gewählt. Nun steht sie plötzlich gezwungenermaßen an einem Scheideweg und muss ihr Leben neu sortieren. Die Konfrontation mit ihrer Niederlage ist nicht einfach, erfordert Mut genauso wie ein Sprung ins kalte Wasser. Einar ist ein sympathischer Mann, der schon so einiges erlebt hat und dies nicht so einfach aus seinem Gedächtnis streichen kann. Auch er muss erst mit sich ins Reine kommen, bevor er das Leben wieder genießen kann. Jón hat ebenfalls Probleme, denen er sich aber nicht wirklich stellen will. Aber Lif und weitere Protagonisten geben der Handlung zusätzliche Impulse.


    „Das Wörterbuch des Windes“ ist eine tiefgründige Geschichte über Menschen am Scheideweg, denen sich zur Melodie des isländischen Windes Erkenntnisse über ihr eigenes Lebens auftun, die die Möglichkeit schaffen, alles zu verändern. Verdiente Leseempfehlung!


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    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Falle, um zu fliegen

    Swea und Henrik sind für ihre zweite Hochzeitsreise nach Island gefahren, doch während eines Ausflugs findet Swea heraus, dass ihr Mann sie betrügt. Sie lässt Henrik am Weg stehen und braust mit dem Mietwagen davon. Dabei hat sie eine Beinahekollision mit einem Pferd und landet im Straßengraben.


    Zum Glück passiert der Unfall in der Nähe von Einar Palssons Haus. Einar, der bis vor kurzem als Lehrer in Deutschland gelebt hat, nimmt Swea bei sich auf, denn eine Rückkehr ins Hotel kommt für Swea nicht in Frage. Sie beschließt, vorerst nicht nach Hause zurückzufliegen und erst einmal ihr Leben zu überdenken. Will sie wirklich nach Deutschland zurückkehren und den Rest ihres Lebens als Bankangestellte und Ehefrau des mehr oder weniger erfolgreichen Künstlers Henrik verbringen? Hat sie sich nicht die letzten Jahre selbst verleugnet, immerhin wollte sie selbst als junge Frau Malerin werden und gab ihre Ambitionen auf, damit ihr Mann die seinen ausleben kann.


    Von Tag zu Tag verändert sich Swea mehr, sowohl äußerlich als auch in ihrem Denken. Sie genießt die Freiheit, sich so zu geben, wie ihr der Sinn danach steht. Schnell lernt sie Leute kennen und bekommt dank ihrer neuen Freundin Lif Zugang zur Künstlerszene in Reykjavik. Sie beginnt Isländisch zu lernen und findet einen Aushilfsjob, denn sie muss dringend Geld verdienen, da Henrik und ihr Vater die gemeinsamen Konten in Deutschland gesperrt haben, bis Swea wieder zur Vernunft kommt...


    „Das Wörterbuch des Windes“ ist ein spannender und einfühlsamer Roman über verschlungene Lebenswege, Entscheidungen und die Möglichkeiten, die das Leben in jedem Lebensalter bietet. Darüber hinaus erfährt der Leser viel über Island und seine Bewohner. Nina Blazon hat es geschafft, mich mit der Handlung immer wieder zu überraschen. Den Mittelteil habe ich als etwas zäh empfunden und ich fand es wenig glaubhaft, dass Swea in solcher Rekordzeit Isländisch gelernt haben soll. Aber alles in allem hat mir das Buch wirklich gut gefallen. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Ich liebe Bücher über Island und würde dieses besondere Land auch gerne einmal selber besuchen, so dass ich auf jeden Fall neugierig darauf war, was mich wohl beim "Wörterbuch des Windes" erwarten würde.

    Und ich wurde nicht enttäuscht. Als Leser_innen dürfen wir eintauchen in wundervolle Landschaftsbeschreibungen, den Charakter dieser Insel hautnah erfahren und mitbkeommen, wie die Hauptcharakterin dieses Buches - die junge Swea - sich selber wiederfindet und den Zugang zu längst vergessen geglaubten Träumen, Sehnsüchten und Talenten freilegt.
    Sweas Ehe zerbricht während dieses Aufenthaltes auf Island, sie findet aber ein neues soziales Umfeld, in dem der vereinsamte ehemalige Lehrer Einar, der vom Leben geprüfte Jón und viele weitere Isländer_innen eine Rolle spielen.
    Es gent viel um Verlust des alten nicht mehr tragenden, um das Einlassen auf das Leben in all seinen Facetten und das Öffnen neuer Türen. Und um Vergebung.

    Der Buch ist sehr berührend und teilweise auch poetisch geschrieben, so dass mensch als Leser_in tief in die Geschichte der Charaktere und den Geist dieses Landes eintauchen kann. Es lohnr sich auf jeden Fall.

  • Eigentlich sollte die Islandreise von Swea und Henrik Schwarzenberg das Paar wieder näher zusammenbringen. Doch als Swea erkennt, dass ihr Mann sie betrügt, trennt sie sich und findet zunächst Zuflucht bei dem siebzigjährigen Isländer Einar, der selbst gegen seine Dämonen kämpft. Auch sein Untermieter Jón hat schon einiges hinter sich. Jeder von ihnen versucht sein Leben auf die Reihe zu bekommen. Wird es Swea gelingen, noch einmal von vorne zu beginnen?


    Dies ist mein erstes Buch der Autorin Nina Blazon. Sie hat einen schönen und bildhaften Schreibstil. Die raue Natur in Island wie auch die besondere Kultur prägen auch die Menschen. Das ist gut nachvollziehbar dargestellt.


    Swea ist eine sympathische Frau, die erst einmal mit ihren Enttäuschungen fertig werden muss. Ihren Wunsch selbstbestimmt und frei zu leben sowie ihre Träume hat sie irgendwann hinter sich gelassen und nun muss sie zu sich selbst finden. Einar bietet ihr Unterkunft für unbestimmte Zeit an. Mit der Zeit entsteht ein Vertrauensverhältnis zwischen den beiden.


    In Island findet Swea Zuflucht und kann ihr Leben wieder ordnen. Sogar die Liebe ist wieder möglich in ihrem Leben.


    Es ist voraussehbar, wie die tiefgründige Geschichte enden wird, aber es ist interessant mitzuerleben, wie der Weg dorthin verläuft.


    Mit hat dieser ruhige Roman sehr gut gefallen.

  • Von der ersten Seite an hat "Das Wörterbuch des Windes" mich mitgenommen auf eine Reise. Eine Reise nach Island, in das ursprüngliche, wilde, rohe und karge Land. Ich habe die Beschreibungen der Autorin so sehr genossen. Habe den Wind gespürt, die Kälte, die Weite, die Schönheit. Und vor allem die Lebendigkeit. Ich habe mich verloren in der Mystik, den Sagen und Legenden, dem, was mit bloßem Auge nicht zu erkennen ist. Oder vielleicht doch? Und ich habe mich auf eine Reise begeben zu mir selbst. Durch Swea, der Protagonistin, habe ich mich selbst und auch uns Frauen mit neuen Augen gesehen. Ich habe Schleier und Hüllen abgestreift, ich habe mich zusammen mit der weiblichen Hauptfigur neu erfunden. Ich habe Altes losgelassen und Neues gefunden. Kurzum: Ich habe mich verliebt. In die Charaktere dieses Buches, in Island, in das Leben und auch in mich. Dafür danke ich der Autorin von Herzen!


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    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Wunderbar


    Sweas Ehe ist gerade auseinander gegangen. Sie war mit Henrik auf einer Reise zum Hochzeitstag in Island. Jetzt setzt sie die Reise alleine fort und trifft dabei Einar Palsson, ein ehemaliger Lehrer und Jon Arnarsson. In Einars Haus versucht Swea einen Neuanfang. Ihr wird klar, dass sie ihr ganzes Leben immer nur das gemacht hat, was andere von ihr erwartet haben. Schafft sie es, alles zurück zu lassen und völlig neu anzufangen?


    Dieser Roman hat mich begeistert. Der Schreibstil ist sehr flüssig. Am Anfang war es etwas schleppend, bis die Geschichte Fahrt aufnahm. Es wird in der Ich-Perspektive von Swea erzählt. Manchmal wechselt es in die Ich-Perspektive von Einar. Die Autorin beschreibt die Landschaft von Island so bildlich, dass es einem selber Lust macht, mal dorthin zu fahren. Man erfährt auch einiges über den Lebenstil der Isländer. Besonders gefallen hat mir, wie sich Swea und Einar langsam angenähert haben. Das zu lesen, war sehr schön. Das Ende ist vorhersehbar. Das fand ich nicht unbedingt schlecht.


    Wunderschöne, warmherzige Geschichte über Trennung und Selbstfindung.

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