Manfred Lütz - Neue Irre. Wir behandeln die Falschen

  • In einer Welt, die von immer mehr Populist_innen wie Trump, Erdogan, Bolsonaro oder Netanjahu mit ihrer Hetze überrollt wird fällt es mehr als deutlich auf, wie auch gegenüber diesen Begriffe gewählt werden, die eigentlich eher der psychopathologischen Terminologie entsprechen. Kriminelles Verhalten von "Normalen" ist aber keines, was primär einer psychotherapeutischen, sondern eher einer juristischen - rechtlichen und gesellschaftlichen Antwort bedarf, damit die Grenzen der Diversität von Menschen nicht noch weiter eingeengt werden. Neben der beschriebenen gesellschaftlichen Ebene steht im Hauptfokus dieses Buches aber eine pointierte, und oft auch lebendig - humoristische Beschreibung der verschiedenen psychischen Erkrankungen und der Methoden, wie diesen begegnet werden kann. So können sich auch Lai_innen einen guten Überblick über dieses Gebiet verschaffen und hoffentlich einiges an Vourteilen loslassen.
    Der Schreibstil des Autors ist locker und lebendig, so dass mensch als Leser_in gerne mit dabei bleibt.
    Abzüge bei der Bewertung gibt es für die zu unkritische Behandlung von Psychopharmaka - ein deutlicheres Eingehen auf Gefahren und Nebenwirkungen wäre hier gut gewesen - und das rückständige Verwenden einer rein Männerzentrierten Sprache. Das dies heute so noch gedruckt wird zeigt deutliche Defizite bei der Wahl einer geschlechtersensiblen Sprache.

  • informativ, aufklärend und humorvoll

    Was ist normal? Ab wann spricht man von einer Abweichung von der Norm? Sind die Normalen nicht auch wenig irre? In diesem kurzen Abriss über die Entwicklung der Psychiatrie und ihren Behandlungsmethoden erfährt man, wie es über die Jahrhunderte zu einem Wandel im Umgang mit Menschen in Extremsituationen gekommen ist. Es werden nicht nur die verschiedensten Störungen und Beeinträchtigungen geschildert und mit Beispielen verdeutlicht sondern auch mögliche Behandlungsmethoden bzw. Lösungsansätze dargestellt. So ist nicht jeder der aktuell an einer Störung erkrankt ist auch unglücklich. Auch das Thema Süchte wird behandelt. Am Ende des Buches bittet der Autor eindringlich um mehr Toleranz für Menschen mit Beeinträchtigungen, da diese das Leben wenn auch manchmal anstrengender aber auch um einiges bunter machen.



    Der Autor schafft es mit seinen flotten und humorvollen Schreibstil, den Leser für das Thema Psychiatrie zu sensibilisieren und räumt so ganz nebenbei mit Vorurteilen auf. Denn was Normal ist liegt im Auge des Betrachters. Und nicht jede Abweichung von der Norm ist auch gleich krankhaft sondern einfach nur normal. Vielmehr gibt es Menschen die gewisse moralische Ansichten einfach ignorieren.



    Nach einem flotten Ritt durch die Geschichte der Psychiatrie und ihrer Entwicklung widmet er sich den verschiedenen „Krankheitsbildern“. Wobei er auch zu bedenken gibt das nicht selten eine Diagnose ein Stigma mit sich bringt. Und ja die meisten Erkrankungen bzw. Leiden sind heilbar durch Therapie oder aber Medikamente. Besonders schön fand ich, dass der Autor zu jeder Beeinträchtigung ein Praxisbeispiel gebracht hat. Als Leser kann man seinen Horizont mit dieser Lektüre nicht nur erweitern sondern man wird für verschiedene Themen sensibilisiert und ist mit leichtfertigen Äußerungen doch differenzierter und vorsichtiger.



    Fazit: Wenn sich jemand einen Überblick verschaffen will kann ich ihm/ihr dieses Buch nur empfehlen. Da es kurz und verständlich auch für Leihen erklärt wie sich manche Krankheitsbilder auswirken und man eben auch sensibilisiert wird. Von mir gibt es für dieses Buch eine klare Leseempfehlung für den Einstieg in die Thematik.

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