Donna Leon - Geheime Quellen/ Trace Elements

  • Klappentext

    Als Vittorio Fadalto in einer Sommernacht auf dem Rückweg von der Arbeit mit dem Motorrad verunglückt, glauben alle an einen Unfall. Nur nicht seine Frau, die Brunetti um Hilfe bittet. Wollte tatsächlich jemand Fadalto etwas Böses? Oder sind das nur Hirngespinste seiner schwerkranken Frau? Brunetti braucht all seine Intuition – und enthüllt schließlich ein Verbrechen größeren Ausmaßes mit Folgen für die Gewässer des ganzen Veneto.


    Inhalt

    An einem sehr heissen Sommertag Ende Juli begeben sich Guido Brunetti und seine Kollegin Claudia Griffoni um die todkranke Frau des Verunglückten im Hospiz Fatebenefratteli aufzusuchen. Denn sie hatte um ein Gespräch mit der Polizei gebeten. Auf dem Weg sehen die beiden wie die Kanäle gereinigt werden was sie veranlasst stehen zu bleiben denn Claudia eine Neapolitanerin hatte solch einen Vorgang noch nie gesehen und wollte zuschauen.

    Zitat

    Somit stellt Brunetti sich auf die erste Brückenstufe, in Entdeckerpose wie Hernàn Cortès am Pazifik, und ruft entzückt: „Bei mir ist es auch Jahre her“

    Im Fatebenefratteli angekommen werden sie von einem zuvorkommenden jungen Mann mit einem langen blonden Zopf empfangen dessen Namensschild „Domingo“ lautet.

    Nach einen kurzen Gespräch mit der zuständigen Dottoressa Donato werden sie in das Zimmer von Signora Toso geleitet. Claudia Griffoni leitet das Gespräch, welches eine ziemliche Herausforderung bedeutet. Brunetti welcher sehr bewegt wird vom Anblick der Kranken und durch das wenige was sie von ihr erfahren gibt sich das Versprechen - der Sache auf den Grund zu gehen.


    Somit beginnt das Räderwerk sich zu drehen, wie immer mit der unermüdlichen Hilfe von Signorina Elettra.


    Dass der Unfall kein Unfall war ist offensichtlich, somit keine grosse Überraschung.


    Fazit

    Wenn dies nicht der erste Roman von Donna Leon ist, welchen man liest weiss was man erwarten kann. Nebst dem „Fall“ wird auf ein Umweltproblem hingewiesen. Dieses Mal ist es die Gewässerverschmutzung durch die Überdüngung der Felder um einen besseren Ernteertrag zu erhalten. Darunter leidet somit die Wasserqualität. Diese wird von einem Institut ständig überprüft und die Verantwortlichen werden darauf aufmerksam gemacht wenn sich diese verschlechtert und nicht mehr akzeptabel ist.

    Wer sich interessiert wie das von statten geht ist in diesem Buch sehr gut bedient denn Seitenlang erfolgt nun eine Abhandlung des Vorgangs, beginnend mit den Sensoren auf den Feldern bis hin zur Auswertung im Labor.


    Nebenbei erfährt man wie sich Patta welcher sich mit Kleinkriminellen abplagt, welche ein hochangesehen Persönlichkeit bestohlen haben, was, wenn es die internationale Presse erfahren würde, schädlich für den Ruf Venedigs wäre.


    Da Patta 2021 in Pension gehen wird, erfuhr man im Band 26 (Da freue ich mich darauf wie Donna Leon dies löst), erwägt er sich eine Wohnung in Venedig zu kaufen. Das bietet wiederum die Gelegenheit dafür den Commissario darüber grübeln zu lassen wie es sein kann dass der ViceQuestore seit mehr wie zwei Jahrzehnten immer nur in Venedig stationiert war, eine ganz und gar unübliche Praxis in der italienischen Bürokratie.


    Brunetti verliert sich, je älter er wird desto öfters in Erinnerungen der Vergangenheit. Ausserdem wird man während er sich an diesen heissen Tagen durch die Menschenansammlungen welche nun mal im Sommer Venedig bevölkern quält mit seinen Befindlichkeiten konfrontiert.

    Nicht fehlen darf das erfahren welche Lektüre angesagt ist. Er ist die Orestie wobei er bei einem Glas Limonade „Die Eumeniden“ liest. Guido Brunetti wäre ein wunderbarer Mitleser für unsere Klassiker Challenge.

    Dazwischen liest er Gedichte von Giacomo Leopardi.


    Die Autorin versucht subtil den Leser darauf hinzuweisen wer der eigentliche „Bösewicht“ in dieser Geschichte ist, liest sich jedoch ziemlich plump.

    Zitat

    Brunetti blieb ein wenig zurück und nutzte die Gelegenheit, Veltrinis Kleidung zu studieren. Braune Quastenslipper, keine Socken, zweifellos wegen der Hitze. Ein blassblaues Jackett: wahrscheinlich ein Leinen-Seide-Gemisch, doch das hätte Brunetti nur durch Befühlen herausfinden können. Modisch enge Jeans, die besser zu einem einige Jahrzehnte jüngeren Mann gepasst hätten. Eine andere Armbanduhr als beim letzten Mal, eine quadratische Piaget mit Malachitzifferblatt. Er dachte an den Mercedes auf dem Parkplatz und fragte sich, ob der Dottore Veltrini gehörte

    Einen etwas interessanteren Aspekt lässt die Autorin ganz nebenbei in den Roman einfliessen, welcher möglicherweise im nächsten zum Thema werden könnte.

    2011 hatten 95% der Italiener gegen die Privatisierung der Wasserversorgung abgestimmt. In diesem Roman ist jedoch eine private Firma für die Wasserversorgung im Veneto zuständig. Obwohl Brunetti über dies nachgrübelt wird es im weiteren Verlauf der Handlung nicht mehr erwähnt.


    Viel mehr lässt sich leider zu diesem Roman nicht zu sagen, denn bei all den vielen Informationen welche über das Wasser geliefert werden, vergisst man fast dass es sich eigentlich um einen Kriminalfall handelt.


    Es sind eigentlich immer die gleichen Themen welche Donna Leon abhandelt - Umweltverschmutzung - Korruption - Klimawandel - unsauber Unternehmungen - mafiöse Verhältnisse - Vorurteile, Abneigung gegenüber andern Kulturen (in diesem Band Zigeuner) - alles hinlänglich bekannt und werden langweilig.


    DIe Familie Brunetti mit den Kinder welche niemals erwachsen zu werden scheinen bietet ebensowenig Neues - denn die moralischen Gespräche welche Chiara jeweils mit ihren Eltern führt wirken ziemlich lahm. Man isst gepflegt auf der Terrasse - geniesst ein kühles Glas Wein - und dass Paolo ihren Mann gerne beim schlafen zusieht ist nun auch nicht der „Brüller“.


    Ich möchte Frau Leon nichts böses unterstellen allerdings scheint sich sogar Guido Brunetti wie man im Kapitel 22 lesen kann etwas zu langweilen - denn er beschäftigt sich ziemlich mit dem Abgang aus dem Dienst -

    Zitat

    wie es sich anfühlen musste - Dienstausweis und Waffe abgeben; niemanden mehr Fragen zu stellen; die Tage nicht mehr damit verbringen, Probleme zu lösen, Geheimnisse zu enträtseln und gelegentlich jenen Prozess einzuleiten, der zur Festnahme eines Verbrechers führte und am Ende zur Bestrafung…

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Nebenbei erfährt man wie sich Patta welcher sich mit Kleinkriminellen abplagt, welche ein hochangesehen Persönlichkeit bestohlen haben,

    Werden die Roma-Mädchen denn nicht in die Haupthandlung eingebaut?

    Da habe ich mir ja ganz verkehrte Gedanken gemacht...


    Ich lese den "Krimi" auch gerade, und eines weiß ich schon: ein bisschen spritziger hätte es schon sein dürfen...

    Mir gefällt es durchaus, wenn einzelne Szenen etwas liebevoller ausgemalt werden. Aber hier kommt mir manches vor wie Seitenschinderei, z. B. die Schilderung des Wasserwechsel beim Blumenstrauß oder die ausführliche Schilderung, wie Brunetti sich duscht und anschließend in ein weißes Badtuch einhüllt.


    Gut, beides hat mit Wasser zu tun.

    Ist es das, was ich mir dabei denken soll? Die wichtige Bedeutung des Wassers?


    Und hast Du erkennen können, was seine Lektüre mit der Handlung zu tun hat?

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Werden die Roma-Mädchen denn nicht in die Haupthandlung eingebaut?

    Nein, das ist eine Nebenhandlung. Denn irgendwie muss ja Patta in den Roman eingebaut werden, und in der Sache die Brunetti beschäftigt wird er aussen vor gelassen.

    Und hast Du erkennen können, was seine Lektüre mit der Handlung zu tun hat?

    Denke schon, allerdings möchte ich mich dazu erst äussern wenn du das Buch gelesen hast.


    Gut, beides hat mit Wasser zu tun.

    Ist es das, was ich mir dabei denken soll? Die wichtige Bedeutung des Wassers?

    Genau -

    Ich lese den "Krimi" auch gerade, und eines weiß ich schon: ein bisschen spitziger hätte es schon sein dürfen...

    Das ist ein frommer Wunsch, danke für den :) des Abends.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Nein, das ist eine Nebenhandlung.

    :( Es heißt immer "die Mädchen", und das kann sich auf die Töchter und die Diebinnen beziehen.

    Da habe ich wohl falsche Hoffnungen gehegt.

    Genau -

    Das ist mir zu dürftig, pardon... zu dick aufgetragen, genau so wie die vielen Gläser Wasser, die getrunken werden.

    Denke schon, allerdings möchte ich mich dazu erst äussern wenn du das Buch gelesen hast.

    Gut, dann lese ich mal weiter und mache mir meine Gedanken, wieso er nicht mehr "Lysistrate" liest, sondern Orest/Iphigenie/Klytämnestra etc.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Viel mehr lässt sich leider zu diesem Roman nicht zu sagen,

    Stimmt.

    Leider.

    Und die Sache mit Brunettis Lektüre wird uns gegen Schluss auch expressis verbis erläutert: es geht um Gerechtigkeit.


    Der Roman lässt jede Spannung vermissen. Und als der Bösewicht am Schluss sogar freiwillig und ohne Not alles schön erklärt - wer, wieso, wann, zu welchem Zweck, mit wem -, entweicht jeder Rest von Spannung wie die Luft aus einem angepieksten Luftballon.


    Was mich auch stört, sind die Versuche, mit eingestreuten unübersetzten italienischen Vokabeln Lokalkolorit zu erzeugen. Ich meine nicht die Einsprengsel im Dialekt; die stören mich nicht, ganz im Gegenteil.

    Auch nicht Wörter, die im Italienischen aussagekräftiger sind als im Deutschen wie z. B. pirata della strada.

    Aber wieso werden immer wieder Wörter wie autostrada, telefonino, colpo di sonno, avanti , piacere im Italienischen belassen, obwohl es dafür klare deutsche Begriffe gibt?

    Mir kommt das vor wie der Ober, der einen in der Pizzeria freundlich mit "Buona sera, Signora" begrüßt und dann im reinen Bairischen fragt: Derfs ebba zum tringa sei?


    :bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Was mich auch stört, sind die Versuche, mit eingestreuten unübersetzten italienischen Vokabeln Lokalkolorit zu erzeugen.

    Kann es sein, dass diese Wörter einfach aus Leons (englischem) Originaltext übernommen wurden?


    Ich habe bei Band 18 aufgehört, es mit 25 nochmal versucht und abgebrochen. Und Eure Kommentare zum Buch bestätigen mich, dass ich nicht wieder einzusteigen brauche. Schade. :(

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Kann es sein, dass diese Wörter einfach aus Leons (englischem) Originaltext übernommen wurden?

    Ja, das könnte so sein.

    Dann will die Autorin damit dieses Lokalkolorit erzeugen, aber der Effekt ist derselbe: es stört mich.

    Ich empfinde es irgendwie als anbiedernd.

    :study: Percival Everett, James.

    :musik: Agatha Christie, Mord im Pfarrhaus.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Was mich auch stört, sind die Versuche, mit eingestreuten unübersetzten italienischen Vokabeln Lokalkolorit zu erzeugen. Ich meine nicht die Einsprengsel im Dialekt; die stören mich nicht, ganz im Gegenteil.

    Auch nicht Wörter, die im Italienischen aussagekräftiger sind als im Deutschen wie z. B. pirata della strada.

    Das kann ich leider nIcht beurteilen, kann mir jedoch vorstellen dass es andere stört. Damit will die Autorin ganz sicher einen gewissen Lokalkolorit erzeugen.

    Der Roman lässt jede Spannung vermissen. Und als der Bösewicht am Schluss sogar freiwillig und ohne Not alles schön erklärt - wer, wieso, wann, zu welchem Zweck, mit wem -, entweicht jeder Rest von Spannung wie die Luft aus einem angepieksten Luftballon.

    Das ist mir schon in den letzten Büchern aufgefallen, es liegt sicher daran dass die Autorin beginnt dem Kriminalfall weniger Aufmerksamkeit zu widmen, wie ihren Anliegen die Umwelt betreffend.

    Dennoch ich werde den nächsten Band wieder lesen, da obsiegt die Neugierde :-,

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Das war in den ersten Büchern aber verstärkt der Fall und ich mochte es sehr. Es ist nun merklich weniger geworden bzw. teilweise übersetzt und mir fehlt es schon. Ich bin aber auch Fan der Sprache und mag zB auch in den Bruno-Büchern von Martin Walker die französischen Ausdrücke. Ich hätte aber auch kein Problem damit, wenn sie die Dialoge in der Landessprache halten würden, aber verständlicherweise geht das bei einer deutschen Übersetzung ja schlecht. Dann wird eben mit „Buona sera“ Stimmung erzeugt. :lol: