Elena Ferrante - Das lügenhafte Leben der Erwachsenen / La vita bugiarda degli adulti

  • Kurzmeinung

    Marie
    Ein Mädchen setzt sich mit der sprunghaften und oft unverständlichen Welt der Erwachsenen auseinander
  • Kurzmeinung

    Cocolina
    Die Geschichte an sich fand ich ganz gut und auch gut geschrieben, doch das Ende war zu abrupt und seltsam.
  • Mit der sogenannten "Neapolitanischen Saga" ist der geheimnisumwitterten Autorin Elena Ferrante der internationale Durchbruch gelungen. Inzwischen sind ihre Werke aus den Bestseller-Listen nicht mehr wegzudenken. Deshalb war ich sehr gespannt auf ihr neues Buch "Das lügenhafte Leben der Erwachsenen", welches zu den klassischen Coming-of-Age-Romanen zählt

    Neapel in den Neunzigern, Giovanna ist dreizehn Jahre alt, die Vorzeigetochter kultivierter Mittelschichtseltern, eine strebsame Schülerin. Doch plötzlich verändert sich alles, ihr Körper, ihre Stimmung, die Noten brechen ein, und immer öfter gerät sie mit ihren Eltern aneinander. Zufällig kommt Giovanna der Vorgeschichte ihres Vaters auf die Spur, der aus einem ganz anderen Neapel stammt, einem leidenschaftlichen, vulgären Neapel. Dort treibt sie sich herum, aber die Geheimnisse, auf die sie da stößt, verstören sie. Und als sie bei einem Abendessen bemerkt, wie ein Freund der Familie unterm Esstisch zärtlich die Füße ihrer Mutter streift, verliert sie vollends die Fassung. Denn wem kann sie überhaupt noch trauen? Und was soll ihr Halt geben? Oder ist sie selber bereits unrettbar verwoben in dieses lügenhafte Leben der Erwachsenen?


    Das hübsche Cover ist in warmen Farben gehalten und lässt sich im sonnigen Süden verorten. Ein Teenager sitzt in einer stillen Gasse und beobachtet eine Frau und einen Mann, die in ein Gespräch verwickelt sind.


    Eine gewisse Neugierde kann man Giovanna, der Protagonistin des Romans, nicht absprechen. Sie ist ein empfindsames, rebellisches Mädchen, welches mitten in der Pubertät steckt und von heftigen Minderwertigkeitskomplexen geplagt wird. Nach und nach deckt sie einige Lebenslügen ihrer Eltern auf, welche - ebenso wie ihre Bekannten - nach außen hin den schönen Schein eines gutsituierten, glückliches Akademiker-Paares wahren, das den sozialen Aufstieg geschafft hat, während sie sich hinter den Kulissen längst anderen Partnern zugewandt haben. Durch den Kontakt mit einer geächteten, ungebildeten Tante, die sich als Putzfrau durchschlägt und in einem verrufenen Viertel von Neapel lebt, kommt sie mit dem wahren Leben in Berührung. Sie entdeckt die schmutzigen Seiten ihrer Heimatstadt, vor denen ihre besorgten Eltern sie bewahren wollten, und wird sich der sozialen Ausgrenzung von Menschen bewusst, die gegen gewisse Normen und Werte verstoßen und sich für ein Leben in der falschen Gegend entschieden haben. Von ihren verstörenden Erlebnissen ist sie angezogen und abgestoßen zugleich. Giovanna kämpft mit ihrer eigenen Identität, sie rebelliert gegen gängige Moralvorstellungen, spielt die Rolle einer ordinären Schlampe, provoziert durch extrem figurbetonte Kleidung und lässt sich auf fragwürdige sexuelle Handlungen mit wechselnden Partnern ein.

    Leider hat mich dieses Buch nicht ganz abgeholt. Viele vielversprechende Ansätze sind nicht konsequent verfolgt worden, sondern im Sande verlaufen. Für mich ist es eine mitunter etwas zähe, melancholisch stimmende Lektüre, die von einem schmerzhaften Reifeprozess eines italienischen Mädchens und den Irrungen und Wirrungen im Leben erzählt.

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Elsa Ferrante: Das lügenhafte Leben der Erwachsenen“ zu „Elsa Ferrante: Das lügenhafte Leben der Erwachsenen / La vita bugiarda degli adulti“ geändert.
  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Elsa Ferrante: Das lügenhafte Leben der Erwachsenen / La vita bugiarda degli adulti“ zu „Elena Ferrante - Das lügenhafte Leben der Erwachsenen / La vita bugiarda degli adulti“ geändert.
  • Neapel in den 1990er-Jahren: Es sind nur wenige Worte, doch sie treffen die zwölfjährige Giovanna Trada mit voller Wucht. Sie werde seiner hässlichen und boshaften Schwester Vittoria immer ähnlicher, hört die Jugendliche zufällig ihren Vater Andrea zu ihrer Mutter Nella sagen. Als einziges Kind von Akademikern behütet aufgewachsen, war die Welt von Giovanna bis dato in Ordnung. In der Schule waren ihre Leistungen immer gut, sie fühlte sich zu Hause geliebt und verstanden. Doch jetzt in der beginnenden Pubertät werden ihre Noten schlechter, was ihren Eltern missfällt. Und mit dem verletzenden Satz ihres Vaters kommt Giovanna ins Grübeln und beginnt einige Nachforschungen anzustellen, wer genau ihre Tante ist. Dabei kommen einige Geheimnisse zum Vorschein…


    „Das lügenhafte Leben der Erwachsenen“ ist ein Roman von Elena Ferrante.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus sieben Teilen, die wiederum in angenehm kurze Kapitel untergliedert sind. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Giovanna, allerdings in der Rückschau im Erwachsenenalter. Dieser Aufbau funktioniert gut.


    Der für die Autorin typische Schreibstil ist durch teils lange Satzkonstruktionen nicht einfach, aber einzigartig, atmosphärisch, wortgewaltig und wieder einmal sehr gelungen. Lebhafte Dialoge wechseln sich ab mit Beschreibungen, die ein anschauliches Bild von Neapel liefern. Immer wieder tauchen zudem starke Bilder und Metaphern auf.


    Die Charaktere sind zwar nicht allesamt sympathisch, aber interessant. Sie überzeugen mit psychologischer Tiefe. Nicht nur die Protagonistin Giovanna, deren Gedanken- und Gefühlswelt sich hervorragend nachvollziehen lässt und die eine glaubhafte Entwicklung durchmacht, sondern auch die übrigen Figuren wirken authentisch.


    Thematisch ist der Roman erstaunlich vielfältig. Es geht natürlich um das Erwachsenenwerden und die Pubertät – aber auch um viel mehr: um sozialen Aufstieg, um Lügen, Heucheleien und Geheimnisse innerhalb von Familien, um gesellschaftliche Konventionen, um Schönheitsideale, Ansehen und sonstige Oberflächlichkeiten, um Feminismus und das Frausein. Diese inhaltliche Komplexität trägt – ebenso wie mehrere Wendungen – dazu bei, dass der Roman mit mehr als 400 Seiten nicht langweilig wird und schnell eine Sogwirkung entfaltet. Das Ende bleibt ein wenig offen, was mich jedoch nicht gestört hat.


    Das Cover passt nicht nur gut zur Optik der „Neapolitanischen Saga“, sondern gefällt mir auch dieses Mal sehr. Der deutsche Titel ist wörtlich aus dem Italienischen („La vita bugiarda degli adulti“) übersetzt und ebenfalls treffend gewählt.


    Mein Fazit:

    Auch mit „Das lügenhafte Leben der Erwachsenen“ konnte mich Elena Ferrante in mehrfacher Hinsicht begeistern. Ein empfehlenswerter Roman für alle, die tiefgründige, komplexe und realitätsnahe Geschichten lieben.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Nicht mein Buch


    Giovanna, aus einem Elternhaus der italienischen Mittelschicht stammend, steckt mitten in der Pubertät, als sie von ihrem Vater hört, dass sie immer hässlicher wird und ihrer Tante Vittoria zunehmend ähnelt, dem schwarzen Schaf der Familie, das im verruchten Teil Neapels lebt. Giovanna kennt die Schwester ihres Vaters nicht und will sie unbedingt kennenlernen. Dabei stößt sie auf Intrigen, Lügen und unglaubliche Geheimnisse in der Familiengeschichte, die nicht ohne Folgen bleiben.


    Auf Elena Ferrante und ihren neuen Roman „Das lügenhafte Leben der Erwachsenen“ war ich sehr gespannt, denn ich habe mit ihrer in jeder Buchhandlung omnipräsenten Neapolitanischen Saga bis jetzt noch keine Bekanntschaft gemacht.
    Die Schreib- und Erzählweise der Autorin hat mir in dieser Geschichte sehr gut gefallen, ich mag komplexe Sätze, wenngleich es Ferrante für meine Begriffe nicht hundertprozentig geschafft hat, den Zeitgeist Neapels in den 1990er Jahren einzufangen. Eine Aneinanderreihung von Straßennamen und Plätzen bringt noch lange nicht eine echte Atmosphäre. Auch der Milieu-Unterschied zwischen den Stadtteilen wird in meinen Augen nicht deutlich genug vermittelt. Es reicht nicht, permanent zu erwähnen, dass in Dialekt gesprochen wird, wenn man diesen nicht lesen kann.
    Zudem konnten mich weder die Figuren noch die Handlung wirklich fesseln. Giovanna, deren zerrissene Teenager-Welt zwar authentisch dargestellt wird, ist mir fremd geblieben wie auch ihr Umfeld. Einzig und allein ihre Tante hat mich interessiert, deren Charakter dann aber im Gesamten ein wenig untergeht.
    So habe ich das Geschehen im Verlauf als langatmig und stellenweise recht langweilig empfunden und ab Mitte des Buches nur noch quer gelesen.


    Unterm Strich war besagtes Buch von Elena Ferrante nicht wirklich meines, was aber nicht heißt, dass ihre anderen Werke nicht irgendwann den Weg zu mir finden werden.

  • Schroffer Abschied von einer wohlbehüteten Kindheit

    Im Alter von 13 Jahren ist Giovanna regelrecht schockiert, als sie ein Gespräch ihrer Eltern belauscht und ihren Vater sagen hört, dass sie hässlich sei. Er verweist darauf, dass sie immer mehr seiner Schwester Vittoria ähnelt, zu der die Familie jeden Kontakt meidet. Ausgelöst durch diese Beurteilung durch ihren Vater möchte Giovanna mehr erfahren über die Familie ihres Vaters und Tante Vittoria kennenlernen. Dort erfährt sie vieles, was ihren Vater, den sie immer als loyal und zuverlässig erlebt hat, im Ansehen sinken lässt. Für Giovanna bricht ihre heile Welt, in der sie bislang wohlbehütet gelebt hat, zusammen, denn nach und nach kommen immer mehr Ungereimtheiten und Lügen ans Licht. Sie erkennt, dass ihr Vater aus tiefen sozialen Schichten stammt und in einem verkommenen Haus in Neapels Problemviertel aufgewachsen ist, womit er nun nichts mehr zu tun haben will.

    Giovanna ist regelrecht fasziniert von ihrer vulgären Tante und weitere Treffen folgen. Nachdem sie gemerkt hat, dass ihre Eltern nicht ehrlich zu ihr waren, hat sie keine Hemmungen mehr, ebenfalls zu lügen, vor allem ihre Eltern sind die Opfer. Die Tochter fängt an, ihre Eltern zu hinterfragen, und auf der Suche nach weiteren Unstimmigkeiten, spioniert sie ihnen nach und stellt fest, dass ihre Mutter mit einem Freund der Familie eine Affäre hat.

    Wem kann sie denn noch trauen? Wer belügt sie nicht? Wer spielt ihr nichts vor? Eine sehr belastende Erfahrung im Leben eines Teenagers. Ganz spontan muss der Leser zurückdenken an seine eigenen Begegnungen mit Unwahrheiten und Manipulationen und wann diese Erkenntnis einsetzte. Ich bekam dadurch viele Impulse zur Reflektion über mein Leben.

    Diese Coming-of-Age Geschichte zeigt uns die Zerrissenheit der heranwachsenden Giovanna in den so turbulenten Phasen der Pubertät. Sie ist hin- und hergerissen zwischen ihrem Elternhaus und dem neuen Bösen, das sie nun kennt. Die Autorin bleibt hier nicht an der Oberfläche, sondern beleuchtet bis in tiefste emotionale Schichten die Persönlichkeit Giovannas und auch anderer Charaktere im Buch. Mich hat dies sehr beeindruckt, denn so wurden die einzelnen Szenen sehr atmosphärisch und ergreifend.

    Ebenso ist die menschliche Einsamkeit ein zentrales Thema. Nachdem das Mädchen ihren Eltern, die ihre Zuflucht, ihre Helfer, ihre Beschützer waren, nicht mehr traut, muss sie sich umorientieren. Aber ist ihre beste Freundin nicht auch eine Intrigantin? Das Misstrauen überwiegt. Giovanna flieht sogar in die Religion, obwohl sie an keinen Gott glaubt.

    Auch die meisten anderen Charaktere sind sehr komplex und beachtenswert.

    Sehr unrealistisch fand ich indes die Szene gegen Ende, als Giovanna nun endlich zur Frau werden will.

    Insgesamt hat mich das Buch sehr beeindruckt, mich zum Nachdenken angeregt und bleibende Gefühle hinterlassen. Eine eindeutige Empfehlung für Leser mit Vorliebe für tiefgründige Literatur.

  • Das Buch lässt mich zwiegespalten zurück.

    Es war mein erstes Buch der Autorin und der Schreibstil gefiel mir gut. Die Thematik fand ich auch sehr interessant: wir durchleben hier die Pubertät der Protagonistin Giovanna. Erzählt wird das Buch aus Sicht von Giovanna im Rückblick.


    Es wimmelt hier nur so vor unsympathischen Charakteren, was mich normalerweise sehr abschreckt und mir das Lesen vermiest. Doch in diesem Fall war es nicht so. Die Protagonisten werden so interessant beschrieben, dass ich immer weiterlesen und wissen wollte, warum die Personen so geworden sind, wie sie sind.


    Ich fand das Heranwachsen und die Veränderung, die Giovanna durchlebt, sehr interessant und bin ihr gerne gefolgt, auch wenn ich zeitweise doch etwas abgestoßen war und auch nicht ganz Giovannas Zuneigung zu ihrer Tante verstehen konnte. Doch leider habe ich besonders das Ende nicht verstanden - warum kam es so abrupt? Und warum erfährt der Leser nicht, wie es sich nun wirklich damals in der Familie von Giovannas Vater zugetragen hat? Irgendwie hatte ich am Ende das Gefühl, die Autorin hätte die letzten zwei oder drei Kapitel unterschlagen oder mir fehlten Seiten. Vielleicht ist mir aber auch etwas Wesentliches entgangen...


    Insgesamt gebe ich :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb: für ein Buch, das ich gerne gelesen habe, mit dessen Ende ich aber überhaupt nicht zufrieden bin.