Klappentext/Verlagstext
München zur Jahrhundertwende. Es ist die Zeit der pferdegezogenen Trambahnen, der riesigen Bierpaläste und der gebratenen Kapaune. Und es ist der Beginn einer jungen Wissenschaft namens Kriminalistik. Wilhelm Freiherr von Gryszinski zieht von Preußen nach Bayern, um als Sonderermittler für die Königlich Bayerische Polizeidirektion tätig zu werden und den Beamten Errungenschaften wie den Fingerabdruck und die Spurensicherung am Tatort näherzubringen. Sein erster Fall: Ein stadtbekannter Bierbeschauer wird tot an der Isar gefunden – eingehüllt in einen kostbaren Federumhang, daneben der Abdruck eines Elefantenfußes. Gryszinski kommt bald einer Verschwörung nationalen Ausmaßes auf die Spur, die ihn vor eine unsägliche Wahl stellt: Ist er eher bereit, seine Ehre als bayerischer Beamter zu verletzen oder als preußischer Offizier?
Die Autorin
Uta Seeburg ist Berlinerin und lebt in München, wo sie als Redakteurin bei einer Zeitschrift arbeitet. Die promovierte Literaturwissenschaftlerin wohnt mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter in Haidhausen. »Der falsche Preuße« ist ihr erster Roman und Auftakt einer Krimireihe.
Inhalt
Wilhelm Freiherr von Gryszinski ist mit Frau und Kind frisch aus Berlin nach München zugezogen, um eine Stelle bei der Bayerischen Polizei anzutreten. Der Reserveoffizier der preußischen Armee und studierte Jurist interessiert sich besonders für die Sicherung von Spuren am Tatort, die im Kaiserreich ebenso wie Beweismittel-Archivierung noch in den Kinderschuhen steckten. Indem die Autorin einen Preußen 1894 nach Bayern versetzt, vermittelt sie ihren Lesern geschickt Münchens Atmosphäre zurzeit der Postkutschen und Pferdedroschken, als sich bedeutende technische Veränderungen bereits abzeichneten und als Thür und Thor noch mit th geschrieben wurden. Der „Preuße“ kann sein Talent für die Spurensicherung gleich am Fundort eines Toten in der Nähe des Maximilianeums einsetzen. Der Tote arbeitete als amtlicher Bierbeschauer. Die Recherche führt den adligen Preußen und sein Team ins Milieu der Brauereien und zu einem weiteren Preußen, der mit einer Brauerei-Erbin verheiratet ist. Villenbesitzer Lemke hat einen farbenfrohen Lebenslauf, der ihn bis nach Ostafrika führte, aber anders als der Ermittler keinen Adelstitel aufzuweisen. Mitten in die Ermittlungen in München grätscht der preußische Gesandte, dessen Regierung ein Interesse daran hat, Lemke des Hochverrats zu überführen. Er appelliert an von Gryszinski Offiziers-Ehre, droht ihm unverhohlen, so dass der Preuße in Bayern seine eigenen Ermittlungen zunächst hinter die Interessen Preußens zurückstellen muss. Schließlich kann ein Reserveoffizier kaum zwei Herren gleichzeitig dienen.
Von Gryszinski schwört auf die Ermittler-Weisheit, dass einige Dinge zu offensichtlich sind, um gesehen zu werden. Auf dieser Basis kann er in einem bühnenreifen Auftritt in Lemkes protziger Villa schließlich auch seinen eigenen Mordfall lösen. Als Fan von Ermittler-Krimis und der Beziehungsebene im Team war mir der Exkurs in die Lemke-Villa zu lang, zu laut und zu exzentrisch, während andere interessante Aspekte im Auftaktband der geplanten Serie nur eine Nebenrolle spielten. Ein informatives Nachwort klärt, welche Figuren vor authentischem
historischen Hintergrund im Roman fiktiv und welche real sind.
Fazit
Ein Preuße in München, dem noch niemand das Weißwurst-Essen beigebracht hat, eine lesende und diskussionsfreudige Ehefrau und ein junger Kriminalbeamter, der über einen unendlichen Schatz von Spezln verfügt, die ihm Informationen beschaffen, wecken jedenfalls meine Neugier auf die Fortsetzung der Serie.