Elizabeth Strout - Das Leben, natürlich / The Burgess Boys

  • Klappentext:
    Shirley Falls ist eine typische Kleinstadt in Maine: hohe Arbeitslosigkeit, viele Alte, wenige Junge, wirtschaftlicher Niedergang, in neuester Zeit auch noch Aufnahmeort für muslimische Flüchtlinge aus Somalia. Als einzige der drei Burgess-Geschwister ist Susan hiergeblieben, ihr Mann hat sie schon lang verlassen, der 19-jährige Sohn Zachary wohnt bei ihr in dem eiskalten, ungemütlichen Häuschen. Als der verschlossene, einsame Junge eines Tages einen halb aufgetauten Schweinekopf in die behelfsmäßige Moschee rollen lässt, ist die kleine Gemeinde erschüttert. Ein rassistisches Verbrechen? Auf jeden Fall ein Skandal, mit dem Susan allein nicht fertig wird. Und so bittet sie ihre Brüder Jim und Bob um Hilfe, die als Anwälte in New York arbeiten. Unterschiedlicher könnten diese beiden Brüder nicht sein: Jim, der reiche Karriere-Jurist, lebt mit seiner Frau Helen in einem schönen großen Haus. Bob hingegen war noch nie besonders erfolgreich, ist geschieden, und seine beste Freundin ist immer noch die Exfrau. Nichts zieht die Brüder mehr nach Shirley Falls zurück. Aber natürlich folgen sie dem Hilferuf der Schwester, nicht ahnend, dass ihre Rückkehr nach Maine ihr bisheriges Leben vollkommen umkrempeln wird. - Amazon


    Zur Autorin:
    Elizabeth Strout wurde 1956 in Portland, Maine, geboren. Für ihren Roman »Mit Blick aufs Meer« bekam sie 2009 den Pulitzerpreis. »Die Unvollkommenheit der Liebe« wurde für den Man Booker Prize 2016 nominiert. »Alles ist möglich« wurde 2018 mit dem Story Prize ausgezeichnet, erhielt ein überwältigendes Presseecho in den USA und stand in allen großen Medien auf den Empfehlungslisten. Die Übersetzungsrechte ihres neuen Romans wurden in bisher 17 Länder verkauft. Elizabeth Strout lebt in Maine und in New York City. - Amazon


    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: The Burgess Boys
    erstmals erschienen 2013 bei Random House, New York
    aus dem Amerikanischen übersetzt von Sabine Roth und Walter Ahlers
    aus der Sicht eines unbeteiligten Beobachters geschildert
    Prolog; Buch 1-4, jedes in nummerierte Kapitel unterteilt
    395 Seiten


    Meine Meinung:
    Drei Geschwister: Jim, der Älteste, der Begabte, der Erfolgreiche, der Vorzeige-Bruder, - Ehemann, -Vater und -Anwalt; dann das Zwillingspaar Bob und Susan. Bob, der mit der Schuld lebt, als Kind den Tod des Vaters verursacht zu haben, der als Jurist und kinderloser Geschiedener immer in Jims Schatten steht. Und Susan, die sich von einem hübschen Mädchen zu einer verhärmten, antriebslosen und besorgten Frau und Mutter wandelt.
    Zach, ihr Sohn, macht eine Dummheit: Einen Schweinekopf, mitgenommen aus einer Schlachterei, wirft er während des Freitagsgebets in eine Moschee – ein Dummerjungenstreich, der Politiker und Beamte auf den Plan ruft, die Rassismus, Islamfeindlichkeit und Gesinnungsverbrechen wittern. Susan, deren Mann sie vor ein paar Jahren verlassen hat, steht ohne Rückendeckung in dem kleinen Ort und ruft ihre Brüder zur Hilfe. Bob kommt sofort, Jim später.


    Die Realität, die einfache banale Alltäglichkeit ist es, die die Autorin in ihren Romanen abbildet, und in dem vorliegenden geht es um Geschwisterliebe, -neid und Verbundenheit in der Kinderzeit bis ins Erwachsenenalter.

    Wer kennt die Situation nicht? Auch wenn das Kind längst sein eigenes erwachsenes Leben führt, kann es die Eltern, sobald es heimkommt, mit dem gleichen Verhalten auf die Palme bringen wie als pubertärer Rotzbengel. Und die Kinder-Streitereien mit den Geschwistern erleben eine Neuauflage.
    So geht es auch Familie Burgess. Der Große Bruder, der den jüngeren verspottet – früher im Kinderzimmer, heute in ernsthaften Auseinandersetzungen. Oder der gutmütige Zwillingsbruder, der immer für andere da ist, sich selbst klein macht, zum Bruder aufsieht und die Zwillingsschwester beschützt.


    Als Außenstehender, Leser also, versteht man vieles nicht. - Wie im realen Leben, wo man selbst weiß, wie man sich verhalten würde oder aus Situationen herauskäme, in denen ein Nachbar oder Freund steckt. Die eigenen Probleme sind halt am schwersten zu bewältigen, und die eigenen Beziehungen fesseln am kompliziertesten. -
    Aber nichts ist festgeschrieben, und jederzeit ist ein Wandel möglich, vor allem, wenn die Leichen im Keller und die Lügen der Jahrzehnte an den Tag befördert werden. Dann können sich Rollen verändern und festgefahrene Muster gelockert werden.


    Von nichts anderem erzählt das Buch. Es erzählt ruhig und in leisen Tönen; nicht die Handlung erzeugt die Spannung, sondern die Figuren, ihre Vergangenheit, ihre Beziehung zueinander, ihre Ziele und ihr Scheitern. Solche Geschichten muss man als Leser mögen, andernfalls ist Langeweile angesagt.


    Warum aber hat die Autorin ihrer Erzählung einen Prolog vorangestellt? In diesem Prolog beschließt eine Ich-Erzählerin im Gespräch mit ihrer Mutter, - beide tauchen als Figuren nicht mehr auf -, die Geschichte der Burgess-Familie aufzuschreiben. Ein paar überflüssige Seiten ohne Sinn oder Bedeutung für die Handlung und ohne in einem Epilog aufgegriffen zu werden. Was soll das? :-k


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Marie

    Hat den Titel des Themas von „Elizabeth Strout - Das Leben, natürlich /“ zu „Elizabeth Strout - Das Leben, natürlich / The Burgess Boys“ geändert.
  • Warum aber hat die Autorin ihrer Erzählung einen Prolog vorangestellt? In diesem Prolog beschließt eine Ich-Erzählerin im Gespräch mit ihrer Mutter, - beide tauchen als Figuren nicht mehr auf -, die Geschichte der Burgess-Familie aufzuschreiben. Ein paar überflüssige Seiten ohne Sinn oder Bedeutung für die Handlung und ohne in einem Epilog aufgegriffen zu werden. Was soll das? :-k

    Ich habe bisher ja nur "Alles ist möglich" gelesen, aber da taucht die New Yorker Autorin Lucy Barton auf. Diese wiederum ist die Protagonistin in "Die Unvollkommenheit der Liebe". Vielleicht schließt sich hier eine Art Kreis der Figuren?:-k

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • die New Yorker Autorin Lucy Barton

    Die Ich-Erzählerin des Prologs hat keinen Namen. Man weiß nur: Sie stammt aus Shirley Falls, ist verwitwet, trifft sich mit ihrer Mutter in Hotels in Maine oder New York, kennt die Burgess-Geschwister. Daher auch meine Verwirrung wegen des Prologs: Warum stattet man eine Figur mit diesen Details aus und umreißt sie genau, wenn sie keine Funktion in der Handlung erhält? ?(


    Vielleicht hast Du irgendwann eine Möglichkeit, das Buch zu lesen und kannst meine Fragen beantworten. :lol:

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  • Mit dem Buch hatte ich Mühe, ich habe lange für die knapp 400 Seiten gebraucht. Die Geschichte hat mich nicht wirklich gepackt, die eigentlich ja sehr interessanten Themen kamen mir unzusammenhängend vor: die Geschichte der Burgess-Geschwister und das Thema Migration und (In-)Toleranz in der amerikanischen Gesellschaft. Die Figuren fand ich schwierig und in ihren selbstzerstörerischen Verhaltensweisen und Dialogen bei allen Problemen oft überhaupt nicht nachvollziehbar.

    Es gab aber auch viele schöne Gedanken und sprachlich tolle Beschreibungen von Erleben und Emotionen. Daher hat es mich auch nicht gelangweilt.

    Der Prolog ist mir auch rätselhaft. Ich habe zwischendurch zurück an den Anfang geblättert und ihn nochmal gelesen.

    Warum aber hat die Autorin ihrer Erzählung einen Prolog vorangestellt? In diesem Prolog beschließt eine Ich-Erzählerin im Gespräch mit ihrer Mutter, - beide tauchen als Figuren nicht mehr auf -, die Geschichte der Burgess-Familie aufzuschreiben. Ein paar überflüssige Seiten ohne Sinn oder Bedeutung für die Handlung und ohne in einem Epilog aufgegriffen zu werden. Was soll das? :-k

    Der Prolog ist mir auch rätselhaft. Ich habe zwischendurch sogar zurück an den Anfang geblättert und ihn nochmal gelesen, weil ich dachte, dass mir etwas entgangen war. Er dient aber offenbar nur der Perspektive des Rückblicks von außen allerdings ohne wirklichen Zusammenhang der Personen und ohne dass sie - außer der Zugehörigkeit zu der Kleinstadt - einen besonderen Zugang dazu haben. Es passte dann aber auch zu meinem Eindruck des fehlenden inneren Zusammenhangs an vielen Stellen.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: gab's von mir. :winken:

  • Dein Beitrag Juliannah erinnert mich, dass ich darauf schon einmal antworten wollte.

    Warum aber hat die Autorin ihrer Erzählung einen Prolog vorangestellt? In diesem Prolog beschließt eine Ich-Erzählerin im Gespräch mit ihrer Mutter, - beide tauchen als Figuren nicht mehr auf -, die Geschichte der Burgess-Familie aufzuschreiben. Ein paar überflüssige Seiten ohne Sinn oder Bedeutung für die Handlung und ohne in einem Epilog aufgegriffen zu werden. Was soll das? :-k

    Ich hatte überhaupt nicht der Eindruck von etwas überflüssigen, denn eigentlich ist es eine kurze Geschichte in der Geschichte. Ich dachte gar nicht daran dass diese beiden Personen nochmals in der Geschichte in Erscheinung treten sollten. Auch hatte ich gar nicht das Bedürfnis diesen Personen nochmals zu begegnen


    Da war die Mutter welche sie im vierten Jahr als Lehrerin in Katholizismus unterrichtete. Bobby und Susanne waren hin und wieder der Babysitter der Tochter. Somit bestand, wenn auch nur, eine lose Verbindung zwischen diesen Familien. Mit ihrer Art haben die „Ragazzi Burgess“ einen bleibenden Eindruck hinterlassen welche als Erinnerungen in ihren Gesprächen immer wieder auftauchen. Es sind eigene persönliche Gedanken welche sich Mutter und Tochter machen, dessen was passiert ist. Was dazu führt dass die Geschichte erzählt wird.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter