Dogmen, Postulate, Schreibregeln - und deren Relevanz

  • Liebe Forianer,


    ich habe eine Menge Autorenratgeber gelesen - von locker formulierten Tipps bis zu knallhart postulierten Dogmen im Sinne von "Wenn du das so und so machst, ist dein Buch reif für die Tonne" - etwas überspitzt formuliert. Sicherlich waren gute Dinge dabei, und ganz bestimmt habe ich eine Menge gelernt. Es kam aber der Punkt, wo ich das alles beiseite gelegt und mir vorgenommen habe: "Jetzt machst du dein eigenes Ding." Einfach, weil ich nicht in eine Schreib-Zwangsjacke gesteckt werden und quasi ferngesteuert bestimmten Paradigmen folgen wollte, die gerade angesagt sind oder meinetwegen auch schon immer angesagt waren.


    Vor allem stellt sich mir die Frage, welche praktische Relevanz gewisse Postulate haben. D.h.: Wie gehen "normale" Leser*innen damit um, die vielleicht nicht den Anspruch haben, sich in Hochliteratur zu laben, sondern einfach unterhalten werden wollen. (Nichts gegen Literaten, zu denen ich mich allerdings definitiv nicht zähle.)


    Also frage ich mal ganz konkret (und dabei auch verkürzend) und beschränke mich dabei auf fünf Aspekte:


    (1) "Show, don´t tell!", heißt ein Paradigma. Situationen, Situationen, Situationen, stark vereinfacht. Wenig Erzählendes. Wie seht ihr das?

    (2) Wenig Adjektive. Ich glaube, es war Mark Twain, der mal gesagt hat "Wenn du ein Adjektiv siehst, hat es platt." Sinngemäß, ich habe das jetzt nicht gegoogelt. Wirklich?

    (3) Der auktoriale Erzählstil ist out. Personal ist angesagt. Ja? Keine auktorialen Einschübe?

    (4) Rückblenden? Am besten weg damit.

    (5) Der beste Prolog ist der, der nicht geschrieben wird.


    Wie steht ihr als Leser*innen dazu?


    Vielen Dank und beste Grüße

    Dirk Möller

  • "Show, don´t tell!", heißt ein Paradigma.

    Von den fünf Aspekten, die Du auflistest, hat dieses für mich absolute Priorität und ist in meinen Augen ein Muss, v.a. im Bereich der Unterhaltungsliteratur. Die anderen vier Aspekte finde ich nicht unbedingt wichtig. Es kommt halt auf den Autor an. Und sein Thema.

    Wenig Erzählendes.

    Umgekehrt. Wenig Erzähltes ("tell"), sondern lieber Erzählendes ("show").


    Eine Überfrachtung mit Adjektiven kann blumig und übertrieben wirken, aber ganz ohne ist sinnlos. Allein zur Unterscheidung braucht man sie. (Großer Baum - kleiner Baum, gutes Essen - schlechtes Essen, ...)

    Der durchgehend auktoriale Stil wird in unserer Zeit nicht mehr so oft verwendet, aber er behält seine Gültigkeit.

    Rückblenden müssen mitunter sein, z.B. dann, wenn eine Figur sich an Vergangenes erinnert.


    Ich denke, dass es sich bis auf (1) nicht um Gesetze handelt, sondern um Vorschläge, die man umsetzen kann, aber nicht muss. Wichtiger als Prolog oder nicht Prolog / Zahl der Adjektive, usw. sind die Beherrschung von Orthografie und Grammatik.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • (1) "Show, don´t tell!", heißt ein Paradigma. Situationen, Situationen, Situationen, stark vereinfacht. Wenig Erzählendes. Wie seht ihr das?

    Das habe ich schon immer anders verstanden.
    +

    (2) Wenig Adjektive. Ich glaube, es war Mark Twain, der mal gesagt hat "Wenn du ein Adjektiv siehst, hat es platt." Sinngemäß, ich habe das jetzt nicht gegoogelt. Wirklich?

    Ja.

    Statt: Der alte, gebeugte, weißhaarige Mann ging die abgenutze, steile Treppe hinauf.

    besser: Mühsam zog sich X am Treppengeländer ins obere Stockwerk hinauf, seine weißen Haare fielen ihm dabei ins Gesicht.

    Je schlanker eine Geschichte ist, je sparsamer Adjektive verwendet werden, um so eleganter. Figuren nicht etikettieren, sondern handeln lassen und deine Leser ihre Schlüsse selbst ziehen lassen, was du zeigen willst.


    (3) Der auktoriale Erzählstil ist out. Personal ist angesagt. Ja? Keine auktorialen Einschübe?

    Da bin ich leidenschaftslos, Hauptsache, du hältst den Spannungsbogen straff gespannt in der Hand. NIchts ist schlimmer, als wenn ich mich auf Seite 500 von 700 frage - wohin soll das Ganze führen?


    (4) Rückblenden? Am besten weg damit.

    Nein, die R. sollen mich ja fest bei der Sache halten, während ich auf die Infos warte, die du häppchenweise preisgibst.

    Bei komplizierten Konstruktionen mit mehr als 2 Zeitebenen gern eine exakte Kennzeichnung mit Ort und Zeit.


    (5) Der beste Prolog ist der, der nicht geschrieben wird.

    Nein. Für Krimis, Fantasyschmöker z. B. jederzeit oder um mich an die Figur im Prolog zu binden.

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Weber - Bannmeilen (Paris)

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Sagen wir es mal so: Es gibt Autoren, die solche Ratschläge missachten und dabei hervorragende Werke abliefern. Das ist aber eher die Ausnahme als die Regel, zumal sich dafür auch nicht immer Leser finden. Wer so schreibt, muss es können! Darum ist Schreibanfängern, die ihr Handwerk erst noch erlernen müssen, zu raten, dass sie sich besser doch an die Tipps aus den Schreibratgebern halten. Die meisten Geschichten gewinnen dadurch (im Übrigen auch durch das Weglassen zu vieler Füllwörter – diese überfrachten den Text häufig).

    Das heißt allerdings nicht, dass man sich immer sklavisch daran halten muss. Es gilt herauszufinden, wo man gewisse Regeln missachten kann, während sie an anderer Stelle Beachtung finden sollten. Wenn ich einen Text überarbeite, überlege ich bei praktisch jedem Wort, ob es sinnvoll ist, es dort zu setzen, oder eher nicht. Ich suche nach Wortwiederholungen und Worten, die ich unter anderem beim Reden besonders häufig verwende, überlege, ob die benutzten Adjektive wirklich dort stehen müssen. Oftmals stelle ich fest, dass ich vieles getrost streichen kann, ohne dass der Text dabei verliert. Meine Lektorin freut's und meine Leser erst recht :)

    Natürlich bin ich nicht nur Autorin, sondern auch Leserin (in diesem Jahr bereits über 120 gelesene Bücher). Und hier stelle ich schnell fest, dass mir die Bücher am besten gefallen, deren Worte überlegt gesetzt und nicht einfach nur heruntergeschrieben wurden.

    Die personale Erzählperspektive gefällt mir ebenso wie die Ich-Perspektive (mit einer Ausnahme) persönlich am besten, aber ich komme auch, wenn es gut geschrieben ist, mit der auktorialen Perspektive zurecht. Die ist mittlerweile aber recht selten geworden. Mischungen mag ich dagegen nicht. Ein personaler Erzähler (wie auch der Ich-Erzähler) ist in seiner Sicht eingeschränkt und wird schnell unglaubwürdig, wenn er plötzlich Dinge weiß, die er eigentlich gar nicht wissen kann.

    Du hast zwar nicht danach gefragt, aber weil ich oben eine Einschränkung bei der Ich-Perspektive erwähnt habe: Zeitlich mag ich Bücher im Präsens nur selten und noch seltener, wenn Präsens und Ich-Erzähler kombiniert sind. Es gibt nur ganz wenige Autoren, die mit dem Ich-Erzähler in dieser Zeitform so gut schreiben können, dass mir die Texte gefallen.

    In Rückblenden, z.B. in Form von Erinnerungen, sehe ich kein Problem, so sie nötig sind. Nicht immer ist es sinnvoll, immer nur in der Zeit vorwärts zu laufen. Man sollte es allerdings vermeiden, etwas bereits Erzähltes ein weiteres Mal in einer Rückblende zu bringen, denn dann fühlen sich Leser veralbert, weil sie es zumeist schon beim ersten Mal verstanden haben.

    Zum Thema Prologe hatte ich mich bereits geäußert. Sie können sinnvoll sein, sind es aber häufig nicht. Ich habe auch schon bei einigen Geschichten den Prolog lediglich überflogen, weil er mich genervt hatte, und habe ihn im Folgetext nicht vermisst. Wenn es so ist, kann man als Autor auf einen Prolog genauso gut verzichten.

    "deine beschreiebung alleine lässt vermuten, dass es sich um schmöckerroman einzigartiger klasse handelt, nämlich übertriebenem bullshid, der mit der wirklichkeit keinene hinreichenden effekt auf die wirklichkeit erstreckt." (Simon Stiegler)

    Stimmt! Ich schreibe spannende Unterhaltungsliteratur, die den Leser aus der Wirklichkeit entführt, bis zum Ende gelesen wird und bei der der Leser am Ende fragt: Wann erscheint der nächste Band? Schreiben will halt gelernt sein

  • Danke für die Einschätzungen.


    Ich sehe das so:


    (1) "Show, don´t tell!"


    Prinzipiell gut. Vermeidet, dass eine Geschichte zum Bericht wird und damit gäääääääähnend langweilig. Allerdings verstoße ich manchmal bewusst dagegen. Häufig, wenn ich schnell Zeit überbrücken will. Das geht entweder durch (harte) Schnitte oder durch kurze Erzählpassagen, wobei die Betonung dann wirklich auf kurz liegt.


    (2) Wenig Adjektive.


    Hm. Kommt darauf an. Überflüssige Adjektive, vor allem, wenn sie Redundanz erzeugen gehören weg. Auch Wortakrobatik versuche ich zu vermeiden. Aber manchmal sollen meine Darsteller eben nicht "die Tür öffnen", sondern "die schwere Eichentür mit der wuchtigen Klinke". Mir fällt gerade kein besseres Beispiel ein.


    (3) Der auktoriale Erzählstil ist out.


    Mit dem personalen Erzähler - konsequent von vorne bis hinten durchgezogen - stehe ich auf Kriegsfuß, gebe ich zu. Im Prinzip schreibe ich eine Mischform aus auktorial und personal. Aber bestimmte Dinge weiß nur dieser Erzähler, und diese Dinge gehören in den Text. Man könnte auch sagen: Ich bevorzuge auktoriale Einschübe in eine ansonsten personale Erzählweise, wobei die Personen, aus deren Perspektive erzählt wird, bei mir wechseln - nicht hektisch und immer hin und her springend, aber doch wechselnd.


    (4) Rückblenden?


    Mache ich, wenn sie Hintergründe erhellen sollen.


    (5) Prolog


    Habe ich keine Hemmungen, allerdings nur in dem Sinne, dass der Leser sofort in die Handlung geworfen wird, nicht wie bei "Herr der Ringe", wo in epischer Breite eine Vorgeschichte ausgefaltet wird. Allerdings gehört bei zu einem Prolog auch ein Epilog, und beide Rahmen den Plot ein.


    So weit meine Sicht der Dinge.


    Viele Grüße

    Dirk

  • Mir ist eigentliche jegliche Regel egal, wenn es nicht gerade Rechtschreibung, Grammatik etc ist.

    Wichtig ist es einen eigenen Stil zu entwickeln. Schreibst du viel mit Adjektiven um die Welt zu beleben? Gerne, mach es so!

    Schreibst du gerne mit Rückblenden, um Licht in die Vergangenheit des Charakters zu bringen? Gerne, mach es so!

    Schreibst du gerne vulgär, weil deine Bücher eher an eine erwachsene Zielgruppe gerichtet ist? Gerne, mach es so!


    Meiner Meinung nach sollte das Buch deinen Stempel haben. Viele Ratgeber versuchen nur selbst Geld zu verdienen oder gewisse Trends darzustellen.

    Doch was ist das heimtückische an Trends? Richtig, jeder macht es so!

  • Ich glaube nicht, dass man es allen recht machen kann, und sich innerhalb eines gewissen Rahmens zu bewegen schadet sicherlich nicht, aber ein Autor sollte sich meiner Meinung nach auch nicht völlig verbiegen, nur damit sein Projekt massentauglich wird. Wenn es ihm selbst nicht mehr gefällt, ist damit auch niemandem geholfen.


    Divina sagte, die Worte sollen wohl gesetzt sein. Ich bin mir nicht ganz sicher ob wir das gleiche meinen, wenn ich sage, der Schreibstil muss zum Buch (der Geschichte) passen.

    Und auch KF_Maynard hat recht, Trends führen zu massentauglichem Einheitsbrei (siehe den Hype um Vampire oder Shades of Grey etc.). Und ich glaube, wenn man damit selber gar nicht so viel anfangen kann, bringt das eh nichts.

  • Divina sagte, die Worte sollen wohl gesetzt sein. Ich bin mir nicht ganz sicher ob wir das gleiche meinen, wenn ich sage, der Schreibstil muss zum Buch (der Geschichte) passen.

    Wie man Worte setzt, hat nicht direkt mit dem Schreibstil zu tun. Ich meinte damit eher, dass ein Text auf den ersten Blick oft gut aussieht, wenn ich ihn frisch geschrieben habe. Auf den zweiten Blick finde ich aber eine Formulierung, die effektiver ist, und ändere das; oder ich bemerke, das der gleiche Satz an einer anderen Stelle eine bessere Wirkung erzielt, also verschiebe ich ihn; oder mir fällt auf, dass etwas fehlt, also wird es ergänzt. Möglicherweise ändere ich das beim dritten Blick noch einmal. Dadurch ändert sich noch nicht mein Schreibstil, wohl aber hat es Auswirkungen auf den Leser, weil bereits das die Spannung erhöhen kann.


    Beispiel aus einer Geschichte, an der ich gerade schreibe:
    Der ursprüngliche Satz lautete:

    Ich musste erst fünfunddreißig werden, um am eigenen Leib zu erfahren, dass solche Geschichten auch selbst erlebt werden konnten.


    Dabei ist mir dann aufgefallen, dass der Leser bei dieser Angabe nicht unbedingt davon ausgehen kann, dass dieses Ich jetzt gerade 35 Jahre alt ist. Also habe ich das durch ein Ereignis ergänzt, das der Leser gerade mitbekommen hat:

    Ich musste erst fünfunddreißig werden und einen Fremden in einer dunklen Einfahrt aufsammeln, um am eigenen Leib zu erfahren, dass solche Geschichten auch selbst erlebt werden konnten.


    Manchmal tausche ich ein Wort gegen ein anderes aus, weil das ursprünglich geschriebene Wort nicht den Bedeutungsumfang hat, den ich eigentlich ausdrücken wollte, ein anderes Mal lösche ich Teile des Satzes und wieder ein anderes Mal stelle ich nur ein paar Worte um. Im Grunde ist es als nichts anderes als das, was auch ein Lektorat macht. Nur nehme ich das in diesem Fall vorweg, dann hat meine Lektorin im Nachhinein nicht mehr so viel zu tun. Und ob ein Text lektoriert ist oder nicht, kann darüber entscheiden, ob das Buch Leser findet oder nicht :wink:


    Und auch KF_Maynard hat recht, Trends führen zu massentauglichem Einheitsbrei (siehe den Hype um Vampire oder Shades of Grey etc.).

    Du vergleichst hier gerade gleiche Inhalte (=Einheitsbrei) mit dem Vermögen, ein Buch gut schreiben zu können. Das sind aber zwei vollkommen unterschiedliche Dinge. Die Geschichten, die hinter dem Geschriebenen stehen, sind eine Sache, die Art und Weise, wie diese Geschichten den Lesern präsentiert werden, eine andere.


    Als bestes Beispiel dafür ziehe ich mal den lieben Herrn aus meiner Signatur heran, der hier vor längerer Zeit einmal sein Buch* vorgestellt hatte. Er bekam Tipps, wie er besser schreiben könnte, wie die Sätze besser klängen, damit er überhaupt einmal Leser fände. Doch er hat sich mit Händen und Füßen gewehrt, gemeint, niemand, der die Geschichte nicht gelesen hätte, dürfe sich ein Urteil darüber erlauben. Er bezeichnete sein Buch als Kunst. Nun ja, mit einem Kunstprojekt war er in einem Bücher- bzw. Leserforum am falschen Ort. Hier lesen Menschen Bücher, die sie aufgrund ordentlich gesetzter Worte als lesbar erachten – und das gaben seine Bücher nun einmal nicht her.


    Ein Buch ist mehr als nur eine Ansammlung von Worten. Schreiben ist unter anderem eine Kunst und gewiss findet so ziemlich jede Form von Kunst ihre Anhänger. Insofern hat der Herr Stiegler sogar recht. Aber schreiben ist auch eine Form, Geschichten zu erzählen. Wer glaubt, den Menschen wirklich etwas mitteilen zu können, sollte sich zumindest an gewisse Grundregeln halten, damit diese auch zuhören. Ansonsten geht das Werk nämlich unter und findet niemals die Beachtung, die es womöglich verdient.


    * Jeder möge sich selbst ein Urteil darüber bilden ... Hier der Link zum Buch.

    "deine beschreiebung alleine lässt vermuten, dass es sich um schmöckerroman einzigartiger klasse handelt, nämlich übertriebenem bullshid, der mit der wirklichkeit keinene hinreichenden effekt auf die wirklichkeit erstreckt." (Simon Stiegler)

    Stimmt! Ich schreibe spannende Unterhaltungsliteratur, die den Leser aus der Wirklichkeit entführt, bis zum Ende gelesen wird und bei der der Leser am Ende fragt: Wann erscheint der nächste Band? Schreiben will halt gelernt sein

  • Und jetzt hoffe ich, dass ich dich nicht schon wieder nicht richtig verstanden habe und wir aneinander vorbei reden.


    Worauf ich hinauswollte: jeder Autor sollte im Rahmen der Grundregeln einen Stil finden, der zu ihm und seinen Geschichten passt, und sich dabei nicht von Trends, Hypes oder detailverliebten "so schreibst du richtig" Ratgebern in eine Richtung drängen lassen, die nicht seine ist.

  • Worauf ich hinauswollte: jeder Autor sollte im Rahmen der Grundregeln einen Stil finden, der zu ihm und seinen Geschichten passt, und sich dabei nicht von Trends, Hypes oder detailverliebten "so schreibst du richtig" Ratgebern in eine Richtung drängen lassen, die nicht seine ist.

    Es kommt natürlich auf den entsprechenden Ratgeber drauf an, auch da gibt es Unterschiede. Die guten zeigen einem die Grundrichtung auf, sie schreiben keinen Stil vor, sondern geben Hinweise, den eigenen Stil zu verbessern. Das anzunehmen ist nicht verkehrt.

    Natürlich sollte man sich nicht in eine Richtung drängen lassen, die einem nicht liegt, aber wenn man nur imstande ist, Sätze zu formen, bei dem sich einem anderen die Gehirnwindungen verknoten, wenn er sie liest, sollte man doch einmal überlegen, den Rat solcher Ratgeber anzunehmen, oder aber die Geschichten besser nicht veröffentlichen. Nicht alles, was geschrieben wird, muss auch unter die Leute gebracht werden, schon gar nicht für Geld. Zum Üben bieten sich dagegen Plattformen wie Bookrix, Neobooks oder ähnliche an, wo man kostenlos veröffentlichen kann, ohne die Bücher gleich zu verkaufen, und sich Hinweise von seiner Leserschaft holen kann. So habe ich im Übrigen auch begonnen und dabei sehr viel gelernt. Meinen Schreibstil habe ich immer noch, und trotzdem schreibe ich jetzt erheblich besser als früher.

    "deine beschreiebung alleine lässt vermuten, dass es sich um schmöckerroman einzigartiger klasse handelt, nämlich übertriebenem bullshid, der mit der wirklichkeit keinene hinreichenden effekt auf die wirklichkeit erstreckt." (Simon Stiegler)

    Stimmt! Ich schreibe spannende Unterhaltungsliteratur, die den Leser aus der Wirklichkeit entführt, bis zum Ende gelesen wird und bei der der Leser am Ende fragt: Wann erscheint der nächste Band? Schreiben will halt gelernt sein

  • Worauf ich hinauswollte: jeder Autor sollte im Rahmen der Grundregeln einen Stil finden, der zu ihm und seinen Geschichten passt, und sich dabei nicht von Trends, Hypes oder detailverliebten "so schreibst du richtig" Ratgebern in eine Richtung drängen lassen, die nicht seine ist.

    Es kommt natürlich auf den entsprechenden Ratgeber drauf an, auch da gibt es Unterschiede. Die guten zeigen einem die Grundrichtung auf, sie schreiben keinen Stil vor, sondern geben Hinweise, den eigenen Stil zu verbessern. Das anzunehmen ist nicht verkehrt.

    Natürlich sollte man sich nicht in eine Richtung drängen lassen, die einem nicht liegt, aber wenn man nur imstande ist, Sätze zu formen, bei dem sich einem anderen die Gehirnwindungen verknoten, wenn er sie liest, sollte man doch einmal überlegen, den Rat solcher Ratgeber anzunehmen, oder aber die Geschichten besser nicht veröffentlichen.

    Ich habe auch schon völlig gegensätzliche Ratschläge gelesen. A sagt "so wenig Adjektive wie möglich", während B sagt "in jedem Absatz sollten alle 5 Sinne angesprochen werden". Obwohl ich "bloß popelige Fanfictions" :lol: schreibe, hab ich mich da durch verschiedene Blogs, Ratgeber etc, gelesen und ich verbessert (zumindest in meinen Augen).


    Jeden Hinweis und guten Ratschlag abzulehnen ist natürlich auch verkehrt, um Gottes Willen, es gibt genug furchtbare Werke da draußen. Ich bin auf den kostenlosen Plattformen, auf denen ich mich so tummel, auch schon oft genug für meine Kritik angegangen worden, aber ich finde, es gibt durchaus einen Unterschied zwischen "theoretisch nachweisbar schlecht geschrieben" und "ist nicht mein Geschmack".

  • Genau darum ging es mir. Einen einzigartigen Stil, der trotzdem für jedermann lesbar ist. Unabhängig von den meisten Ratgebern, die dich oft in eine falsche Richtung leiten.

  • Ich möchte gern mal einhaken und zwei Fragen stellen. Die erste betrifft ein Postulat, die zweite eher eine Vorgehensweise, die sich durch Dogmen das Verständnis erschwert.


    1. Nebensätze

    Ich bin der Meinung, dass Nebensätze niemals nach vorne kommen. Wenn irgendwo ein Satz mit 'Dass' beginnt, kräuseln sich mir die Zehennägel.

    Sicher, rein grammatikalisch ist das richtig, aber ich empfinde es als schlechtes Deutsch. Was denkt ihr darüber?


    2. Das Ende vor dem Weg haben

    Ich habe mE das Problem, dass ich oft Ideen habe, die das Ende des Romans beschreiben, oder vielleicht zwei 'Gipfel' in einer Geschichte definieren.

    Meist bereite ich Rollenspiele mit Freunden vor, daher denke ich bei dem Fall relativ wenig über den Aufbau nach, weil die Spieler schon von sich aus die Handlung antriggern und Ideen aufwerfen, und ich relativ gut improvisieren kann. Aber das ist halt der Unterschied : die Ideen kommen nicht von mir.

    Was könnt ihr mir hierzu empfehlen, wenn ich Enden Spinne aber keinen Haken oder Leine habe?

  • Wenn irgendwo ein Satz mit 'Dass' beginnt, kräuseln sich mir die Zehennägel.

    Wenn das Entscheidende im Nebensatz ausgedrückt wird, würde ich ihn nach vorne setzen.


    Ich erfinde mal irgendeinen Beispielsatz:

    "Dass er heute morgen so gut gelaunt war, wunderte sie" klingt anders als "Es wunderte sie, dass er heute morgen so gut gelaunt war".


    Meiner Meinung nach liegt die Betonung im ersten Fall auf IHM, im zweiten auf IHR. Ist nur mein persönliches Sprachgefühl; kann sein, dass ich daneben liege. :-k

    Wenn das Entscheidende im Nebensatz ausgedrückt wird, würde ich ihn nach vorne setzen.

    edit: das wäre ja schon auch ein Beispiel mit vorangestelltem Nebensatz. :)

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    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • 1. Nebensätze

    Ich bin der Meinung, dass Nebensätze niemals nach vorne kommen. Wenn irgendwo ein Satz mit 'Dass' beginnt, kräuseln sich mir die Zehennägel.

    Sicher, rein grammatikalisch ist das richtig, aber ich empfinde es als schlechtes Deutsch. Was denkt ihr darüber?

    Jein. Es kann sinnvoll sein, um ewig gleiche Satzanfänge, die genauso nerven, zu umgehen. Gerade dann, wenn an den Satzanfängen gehäuft Pronomina auftreten, kann der Beginn eines Satzes mit »dass« eine Wohltat fürs Auge sein. Noch besser wird es aber, wenn der Satz im Anschluss noch weitergeführt wird.

    Wenn man mal von Marie s Beispiel ausgeht, dann klingt der Satz alleinstehend zwar nicht besonders gut, wenn er aber weitergeführt wird, sieht die Sache schon wieder etwas anders aus:

    Dass er heute morgen so gut gelaunt war, wunderte sie, denn das Wetter war nicht gerade ideal für den Surfwettbewerb, den er zu gewinnen trachtete.

    Natürlich könnte man den gesamten Satz umstellen:

    Das Wetter war nicht gerade ideal für den Surfwettbewerb, den er zu gewinnen trachtete, sodass sie sich wunderte, dass er so gut gelaunt war.

    oder ihn teilen:

    Das Wetter war nicht gerade ideal für den Surfwettbewerb, den er zu gewinnen trachtete. Sie wunderte sich, dass er so gut gelaunt war.

    Bei der ersten Umstellung finde ich den Satz erheblich schlimmer als den vorigen mit »dass« am Anfang, bei der mit getrennten Sätzen beginnt einer davon wieder mit einem Pronomen, was ich ja zu vermeiden versucht habe. Es ist also nicht generell besser, Sätze nicht mit dass beginnen zu lassen. Im Grunde hat die Umstellung, Sätze mit dem Nebensatz beginnen zu lassen, den Sinn, einen Einheitsbrei durch ewig gleich geschaltete Satzanfänge zu vermeiden.

    2. Das Ende vor dem Weg haben

    Dir fehlt also der rote Faden? Ganz ehrlich: Den habe ich höchstens bei Kurzgeschichten. Bei Romanen ist es bei mir anders herum als bei dir, denn ich habe meist einen Anfang und weiß noch gar nicht, in welche Richtung sich meine Geschichte bewegen will.


    Die meisten Autoren sind Plotter. Sie haben möglicherweise ein Ende, überlegen sich, wo sie beginnen und dann, wie sie vom Anfang zum Ende kommen. Dabei bildet sich der rote Faden, der durch das Buch führt. Oder es ist anders herum und sie haben den Anfang vor dem Ende. Aber in beiden Fällen entwickeln sie den Plot bereits vor dem eigentlichen Schreibbeginn.


    Dann gibt es noch die Pantser wie ich einer bin. Ich habe eine Idee zu einer Geschichte und fange einfach an zu schreiben. Je nach Charakter meiner Figuren entwickelt sich die Geschichte durch die handelnden Personen. Bei manchen Romanen weiß ich tatsächlich erst ein paar Kapitel vor dem Ende, wo Schluss sein soll. Ich hatte es einmal gehabt, dass ich ein Ende vor dem Anfang geplant hatte, dann hatte ich einen Anfang und am Ende war es ein anderer Schluss als ursprünglich gedacht :lol: Ähnlich ergeht es im Übrigen einer mir gut bekannten Autorin, die das hier mal sehr schön beschrieben hat.


    Ich denke also, dass es dafür kein generelles Rezept gibt. Manche Geschichten entwickeln sich erst so nach und nach und es gibt Autoren, die können es auf die eine Art besser und andere auf die andere Art. Wenn du also etwas eigenes schaffen möchtest, ohne auf die Hilfe von Mitspielern zuzugreifen, dann vermute ich, dass dir das besser gelingt, wenn du dir erst einmal einen Ausgangspunkt suchst, an dem du beginnst, und die Figuren dann einfach handeln lässt. Vielleicht wirst du ja überrascht :)

    "deine beschreiebung alleine lässt vermuten, dass es sich um schmöckerroman einzigartiger klasse handelt, nämlich übertriebenem bullshid, der mit der wirklichkeit keinene hinreichenden effekt auf die wirklichkeit erstreckt." (Simon Stiegler)

    Stimmt! Ich schreibe spannende Unterhaltungsliteratur, die den Leser aus der Wirklichkeit entführt, bis zum Ende gelesen wird und bei der der Leser am Ende fragt: Wann erscheint der nächste Band? Schreiben will halt gelernt sein

  • Bei all diesen Hinweisen kommt es letztlich darauf an, die Gründe zu verstehen, aus denen dazu oder davon abgeraten wird. Sofern man sich als Autor nicht daran hält, tut man gut daran, die Fallstricke davon sorgsam zu umgehen und auch zu wissen, warum ein anderes Vorgehen im speziellen Fall eben doch eine gute Idee sein könnte.

    Prologe bringen zum Beispiel ein generelles Problem mit sich: Statt einmal steht ein Autor gleich zweimal hintereinander vor der Herausforderung, seine Leserinnen und Leser in die Geschichte hineinzuziehen. Misslingt es einmal, ist der Start vermasselt. Zudem muss der Prolog der Leserschaft noch gegenwärtig sein, wenn darauf später wieder Bezug genommen wird und das kann zweifelhaft sein, wenn man zwischendurch ganz in der "eigentlichen" Geschichte aufgegangen ist. Ganz zu schweigen von der verbreiteten Unsitte, Prologe als Deponie für allerlei Vorinformationen zu missbrauchen.
    Dennoch kann es gute Gründe geben, dieses Element zu nutzen. In meinem letzten Roman wird beispielsweise mit dem Prolog einerseits ein Bezug zum Vorgängertitel in der Reihe hergestellt, andererseits rahmt er zusammen mit dem Epilog die Hauptgeschichte ein, gibt ihr einen weiter gefassten Kontext und ändert die Stimmung der aktuellen Erzählung (insbesondere ihres Endes), indem er Folgen der Handlung spürbar macht.

    Ich möchte hier und jetzt nicht jeden der 5 Punkte so ausführlich abhandeln und mich lediglich noch zur Abschlussfrage äußern:
    Als Leser* ist es nicht meine Aufgabe, zu analysieren, warum eine Passage oder ein ganzer Text besser oder schlechter auf mich gewirkt hat. Ich zähle keine Adjektive, nehme aber wahr, wenn mich die dadurch zu langen und oft unpräzisen Formulierungen nicht in ihren Bann ziehen können. Ich frage mich überhaupt nicht, ob der Erzähler gerade auktorial oder personal ist, ich merke aber, wenn (was bei auktorialer Erzählweise leichter passiert) die Nähe zu den handelnden Personen fehlt. Als Leser frage ich nicht, ob da show oder tell drin steckt, aber wenn es mit dem "tell" übertrieben wurde, werde ich eventuell nicht in die Handlung gezogen.
    Als Autor dagegen tue ich gut daran, zu wissen was ich tue und warum und Anfängern, die das noch nicht durchblicken oder im Gefühl haben, würde ich in der Tat raten, die genannten Hinweise erst einmal einfach zu befolgen. Das sind beileibe keine unumstößlichen Dogmen ohne Ausnahmen, aber die dabei lauernden Probleme sind durchaus geeignet, eine Erzählung zu verderben oder zumindest weniger gut zu machen.

    *Mitlerweile bin ich natürlich IMMER auch Autor und werde all das doch direkt bemerken, aber das ist nicht der Punkt.