Klappentext/Verlagstext
Warum sitzt ein unauffälliger Mensch wie Paul Hansen im baufälligen Gefängnis von Montréal? Der in Frankreich aufgewachsene Sohn eines dänischen Pastors und einer Kinobesitzerin hatte schon einiges hinter sich, bevor er seine Berufung als Hausmeister in einer exklusiven Wohnanlage in Kanada fand. Ein Vierteljahrhundert lang lief alles rund – die Heizungsanlage ebenso wie die Kommunikation, bis Paul eines Tages die Sicherung durchbrennt. Nun erträgt er mit stoischer Ruhe seinen Zellengenossen Patrick, einen Hells-Angels-Biker, der sich jedoch von einer Maus ins Bockshorn jagen lässt. Paul hat viel Zeit zum Nachdenken – Zeit für tragikomische Lebenslektionen und unerwartetes Glück.
Der Autor
Jean-Paul Dubois, geboren 1950 in Toulouse, studierte Soziologie und arbeitete zunächst als Sportreporter für verschiedene Tageszeitungen. Später berichtete er für den ›Nouvel Observateur‹ aus den USA. Er hat über zwanzig Romane veröffentlicht und wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem renommierten Prix Femina und dem Prix Goncourt, den wichtigsten französischen Literaturpreis. Er zählt zu den wichtigsten französischen Autoren der Gegenwart.
Inhalt
Paul Hansen, Sohn eines dänischen Pastors und einer Kinobesitzerin aus Toulouse, sitzt in Montréal im Gefängnis - vermutlich wegen eines Kapitalverbrechens. Das Condo, eine Zwei-Mann-Zelle, teilt er mit dem Hells-Angels-Mitglied Patrick: zwei Betten, zwei Fenster und eine gemeinsame Toilette. Patrick will Paul darin bestärken, keinen Kniefall vor dem Gutachter zu machen, der über Pauls Hafterleichterung zu entscheiden hat. Keine Reue bitte, keine Auseinandersetzung mit der Tat und der eigenen Biografie. Patrick läuft mit seinem Appell offene Türen ein, denn Paul bereut nicht. Als Icherzähler mit präzisem Erinnerungsvermögen hinterlässt der Gefangene den Eindruck eines klugen, selbstironischen Mannes, der sich der eigenwilligen Persönlichkeit seiner Eltern bewusst ist. Die Kinobesitzerin, die sich zurzeit der Studentenunruhen in Frankreich zur revolutionären Avantgarde zählt und in ihrem Kino Diskussionsveranstaltungen organisiert, und der dänische Pastor aus einer Fischerfamilie, der auf Französisch predigt, in Frankreich aber nie Fuß fassen wird. In der Familie Hansen lernte man, mit kapriziösen Automodellen und grillenhaften Menschen umzugehen. Doch Anna Hansen hat die Dinge auf die Spitze und ihren Johanes in die Emigration getrieben. Er bewirbt sich in der Methodistenkirche einer Bergarbeitergemeinde in den kanadischen Appalachen, Sohn Paul folgt dem Vater. Wie Paul schließlich Hausmeister in einer Anlage mit Eigentumswohnungen und den Bewohnern unentbehrlich wurde, erzählt er in Rückblenden mit feinem Sinn für Ironie und präziser Kenntnis der jüngsten kanadischen Geschichte.
Fazit
„In jener Nacht verließ der Mann von Skagen die Wohnung, um sich irgendwo im Sand seines Zorns zu begraben.“ Wie gerät ein Mann, der solche Sätze formuliert, in die Situation, ein Verbrechen zu begehen, wer hat seinen schwachen Punkt getroffen, fragt man sich als Leser. Jean-Paul Dubois setzt mit Paul Hansen einem besonderen Menschen ein Denkmal. Er zeigt mit der Wohnanlage eine Welt im Miniaturformat, durch Pauls Ehe mit einer Algonqin zugleich ein Stück Kanada „in the nutshell“. Allgemeingültig, schlüssig, so philosophisch wie anrührend. Dubois‘ kurzer Roman wird nicht jedem Leser gefallen, ich finde ihn unbedingt preiswürdig.