Jean-Paul Dubois – Jeder von uns bewohnt die Welt auf seine Weise / Tous les hommes n'habitent pas le monde de la même façon

  • Kurzmeinung

    claudi-1963
    Ein Buch das mich nicht in allen Belangen überzeugen konnte. Humor recht trocken, ebenso oft auch Pauls Vergangenheit.
  • Klappentext/Verlagstext
    Warum sitzt ein unauffälliger Mensch wie Paul Hansen im baufälligen Gefängnis von Montréal? Der in Frankreich aufgewachsene Sohn eines dänischen Pastors und einer Kinobesitzerin hatte schon einiges hinter sich, bevor er seine Berufung als Hausmeister in einer exklusiven Wohnanlage in Kanada fand. Ein Vierteljahrhundert lang lief alles rund – die Heizungsanlage ebenso wie die Kommunikation, bis Paul eines Tages die Sicherung durchbrennt. Nun erträgt er mit stoischer Ruhe seinen Zellengenossen Patrick, einen Hells-Angels-Biker, der sich jedoch von einer Maus ins Bockshorn jagen lässt. Paul hat viel Zeit zum Nachdenken – Zeit für tragikomische Lebenslektionen und unerwartetes Glück.


    Der Autor
    Jean-Paul Dubois, geboren 1950 in Toulouse, studierte Soziologie und arbeitete zunächst als Sportreporter für verschiedene Tageszeitungen. Später berichtete er für den ›Nouvel Observateur‹ aus den USA. Er hat über zwanzig Romane veröffentlicht und wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem renommierten Prix Femina und dem Prix Goncourt, den wichtigsten französischen Literaturpreis. Er zählt zu den wichtigsten französischen Autoren der Gegenwart.


    Inhalt
    Paul Hansen, Sohn eines dänischen Pastors und einer Kinobesitzerin aus Toulouse, sitzt in Montréal im Gefängnis - vermutlich wegen eines Kapitalverbrechens. Das Condo, eine Zwei-Mann-Zelle, teilt er mit dem Hells-Angels-Mitglied Patrick: zwei Betten, zwei Fenster und eine gemeinsame Toilette. Patrick will Paul darin bestärken, keinen Kniefall vor dem Gutachter zu machen, der über Pauls Hafterleichterung zu entscheiden hat. Keine Reue bitte, keine Auseinandersetzung mit der Tat und der eigenen Biografie. Patrick läuft mit seinem Appell offene Türen ein, denn Paul bereut nicht. Als Icherzähler mit präzisem Erinnerungsvermögen hinterlässt der Gefangene den Eindruck eines klugen, selbstironischen Mannes, der sich der eigenwilligen Persönlichkeit seiner Eltern bewusst ist. Die Kinobesitzerin, die sich zurzeit der Studentenunruhen in Frankreich zur revolutionären Avantgarde zählt und in ihrem Kino Diskussionsveranstaltungen organisiert, und der dänische Pastor aus einer Fischerfamilie, der auf Französisch predigt, in Frankreich aber nie Fuß fassen wird. In der Familie Hansen lernte man, mit kapriziösen Automodellen und grillenhaften Menschen umzugehen. Doch Anna Hansen hat die Dinge auf die Spitze und ihren Johanes in die Emigration getrieben. Er bewirbt sich in der Methodistenkirche einer Bergarbeitergemeinde in den kanadischen Appalachen, Sohn Paul folgt dem Vater. Wie Paul schließlich Hausmeister in einer Anlage mit Eigentumswohnungen und den Bewohnern unentbehrlich wurde, erzählt er in Rückblenden mit feinem Sinn für Ironie und präziser Kenntnis der jüngsten kanadischen Geschichte.


    Fazit

    In jener Nacht verließ der Mann von Skagen die Wohnung, um sich irgendwo im Sand seines Zorns zu begraben.“ Wie gerät ein Mann, der solche Sätze formuliert, in die Situation, ein Verbrechen zu begehen, wer hat seinen schwachen Punkt getroffen, fragt man sich als Leser. Jean-Paul Dubois setzt mit Paul Hansen einem besonderen Menschen ein Denkmal. Er zeigt mit der Wohnanlage eine Welt im Miniaturformat, durch Pauls Ehe mit einer Algonqin zugleich ein Stück Kanada „in the nutshell“. Allgemeingültig, schlüssig, so philosophisch wie anrührend. Dubois‘ kurzer Roman wird nicht jedem Leser gefallen, ich finde ihn unbedingt preiswürdig.

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Toibin - Long Island

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • "Das Excelsior war wie Zahnpasta, schnell dabei, aus der Tube zu quellen, doch wenig bestrebt, wieder in sie zurückzukehren." (Buchauszug)

    Paul Hansen sitzt im Gefängnis in Montreal in einem baufälligen, heruntergekommenen Condo, das sie zu zweit belegen. Sein Mitinsasse Hells Angel Biker Patrick, ein Hüne von Mann hat genauso seine Eigenheiten wie Paul selbst. So bekommt er zum Beispiel von einer Maus regelrecht Panik. Wir gehen zurück in Pauls Vergangenheit nach Frankreich, wo er als Sohn eines dänischen Pastors und einer französischen Mutter und Kinobesitzerin zur Welt kam. Doch nach der Scheidung ihrer Eltern zieht der Vater nach Kanada, wo später auch Paul sein neues Leben beginnt. Als Hausmeister im Excelsior fristet er sein Leben, zwischen Swimmingpool, Heizanlagen und alten Menschen. Lediglich seine Frau Winona und Hund Nouk geben seinen Leben einen Sinn.


    Meine Meinung:

    Das preisgekrönte Buch des Franzosen Jean-Paul Dubois, hat mich durch den Klappentext neugierig gemacht, den bisher kannte ich diesen Autor noch nicht. Besonders weil es ausgezeichnet wurde, wollte ich gerne mehr von Paul Hansens Vergangenheit wissen. Der Schreibstil ist einfach, allerdings nicht gerade so, dass man dieses Buch nebenher lesen kann. Den der Inhalt ist schon teilweise recht technisch, kompliziert und durchaus auch mal trocken. Ich war schon etwas enttäuscht, den ich hatte doch teilweise eine etwas andere Vergangenheit erwartet. Sei es die Lebensgeschichten der Eltern, die unterschiedlicher nicht sein kann, sie scheitert dann auch irgendwann an ihren recht verschiedenen Interessen. Leidtragender aus dem Ganzen ist natürlich wie immer der Sohn in dem Fall Paul. Zudem wirkt Dubois Humor in diesem Buch oft auf mich recht trocken und nicht immer kann ich mich darüber amüsieren. Besonders wenn viele Einlagen den Gastrointestinaltrakt betreffen, fand ich das schon ein wenig schräg. Doch mitunter bringt er auch recht humorvolle Einlagen, sei es die Haare schneiden bei Zellengenosse Patrick. Dieser hat deshalb eine regelrechte Phobie, bei der bis auf seine Mutter, seither jeder gescheitert ist. Überhaupt gefallen mir die Abschnitte, bei denen ich Paul im Gefängnis erlebe besonders gut. Dagegen sind viele Szenen aus der Vergangenheit regelrecht überladen mit technischen Details oder für mich einfach zu belanglos. Am ehesten gefiel mir noch die Zeit, wo er als Hausmeister und Mädchen für alles im Excelsior arbeitet. Dieses Gebäude, das für mich ein wenig wie ein exquisites Altenheim vorkommt, bestimmt immer mehr Pauls Leben. Den mit den Jahren ist er nicht nur Hausmeister, sondern übernimmt immer mehr zeitaufwendige Tätigkeiten für die älteren Insassen. Dieses Buch ist eine Geschichte, die man wirklich in Ruhe lesen sollte. Man darf sich dabei nicht ablenken lassen, sonst überliest man recht schnell die kleinen Details, die der Autor hier gerne mit einbaut. Es gibt wenig Höhepunkte, sondern Pauls Leben plätschert im Grunde so dahin, wie es begonnen hat. Wenn überhaupt, dann vielleicht erst am Schluss, als man erfährt, warum er in Haft ist. Für mich war es allerdings wenig überraschend, da ich gegen Ende zu mir schon fast denken konnte, warum er im Gefängnis war. Die Charaktere sind zwar alle recht gut durchdachte, doch für mich blieben sie teilweise zu oberflächlich. Trotz einiger Enttäuschungen und anderen Erwartungen, konnte mich dieses Buch dann doch noch etwas begeistern, deshalb von mir 3 1/2 von 5 Sterne. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: