Shaun Hamill - Das Haus der finsteren Träume / A Cosmology of Monsters

  • Kurzmeinung

    Ambermoon
    Phantastik / Eine Mischung aus Familiendrama, Lovecraftschen Peter Pan und Coming-of-Age
  • Eher Familiendrama als Gruselroman - wobei hier der Horror ganz subtil eher von den Menschen selbst kommt ...


    Den Klappentext findet ihr dieses Mal unten, da er meiner Meinung nach ein etwas falsches Bild von der Geschichte zeichnet und auch ein wenig spoilert. Deshalb geh ich auch kurz auf die Handlung ein, die uns hier erstmal zurückversetzt in die Zeit vor der Geburt des Erzählers Noah, nämlich ins Jahr 1968, in dem sich seine Eltern kennenlernen.

    Während man also die Entwicklung in der Familie verfolgt, wie es zur Heirat kam, wie Noah mit seinen beiden Geschwistern aufwächst und wie der Drang seines Vaters Harry, ein Spukhaus zu bauen, immer größer wird, gibt es zwischendurch Abschnitte, die man anfangs noch nicht so recht einordnen kann. Durch sie spürt man, dass etwas Seltsames vor sich geht, was der Autor aber auch immer wieder mit kleinen Details in die Handlung einbaut.


    Zum Gruseln hat es mich nicht gebracht, dennoch spürt man immer wieder eine Atmosphäre, die von Unheimlichem durchdrungen ist.

    Viel mehr allerdings hat mich hier das Drama der Familie bewegt, deren Mitglieder jeder für sich seinen ganz persönlichen "Horror" durchmacht mit Situationen in ihrem Leben, die sie an den Rand tiefer Abgründe bringen.


    Zuerst scheint es noch realtiv "banal" zu sein wie ein unerwünschter Schwiegersohn und Geldsorgen - doch die Probleme kristallisieren sich im Laufe der Zeit deutlicher heraus und wirken teilweise sehr verstörend. Psychische Krankheiten, gestörte Verhältnisse zwischen den Familienmitgliedern, die Suche nach Liebe und die Flucht in verschiedene Auswege, um die Hilflosigkeit zu kompensieren, gipfeln schließlich in viele kleine Dramen.


    Es erinnert einiges an die Erzählungen des Horrorautors Lovecraft, dennoch hab ich dieses gewisse Gefühl von Grauen vermisst. Trotzdem war ich sehr gefesselt von der Geschichte, den Ideen und dem Aufbau, auch wenn ich mir letztendlich etwas mehr erwartet hatte.


    Vor allem das "Spukhaus", das erst recht spät seine zentrale Rolle einnimmt, wirkte auf mich meist eher an den Rand gedrängt, dabei ist es ein wichtiger Aspekt, den ich aber nicht so ganz greifen konnte. Ich bin sicher, dass der Autor hier noch mehr damit ausdrücken wollte, dieses Überwinden der überstandenen Ängste, oder auch die Faszination, selbst diese Schrecken zu verbreiten während man sich hinter einer Maske verbirgt ... aber ich bin nicht wirklich zu dem tieferen Sinn vorgedrungen.

    Dennoch hält die Geschichte einiges bereit und auch die Monster haben am Ende ihren Auftritt.


    Vor allem dringt für mich immer wieder durch, wie sehr sich jeder nach Liebe sehnt und wie tragisch die einzelnen Lebensschicksale sind, die auf ihrer Suche nicht immer das finden, was sie eigentlich wollten.


    Zitat

    Wenn der Nachspann läuft, wenn die Leser das Buch zuklappen, wenn unsere Gäste heute Abend nach Hause gehen, setzen alle ihr Leben wie gewohnt fort. Weil sie die Finsternis gesehen haben, wird morgen die Sonne ein wenig heller scheinen, und die Monster im wirklichen Leben sind nicht mehr ganz so schlimm.

    Zitat Seite 117


    Klappentext


    Die USA in den 1960er-Jahren: Harry Turner, ein geradezu fanatischer Verehrer von H. P. Lovecraft, macht sich an die Verwirklichung eines gewaltigen Vorhabens. Auf seinem Grundstück soll ein Geisterhaus entstehen, und zwar das größte und unheimlichste, das Amerika je gesehen hat. Harrys komplette Familie arbeitet an dem Projekt mit, obwohl seine pragmatisch veranlagte Frau und seine beiden Töchter die Augen vor der gruseligen Wahrheit verschließen: Die Monster, die im Geisterhaus der Turners ihr Unwesen treiben, sind echt. Der einzige, der diese Tatsache akzeptiert, ist der jüngste Turner-Spross Noah. Doch als er eines Tages beschließt, den Ungeheuern die Tür zu öffnen, wird das Leben der Turners zum Albtraum ...



    Mein Fazit: 4 Sterne


    Weltenwanderer

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Shaun Hamill - Das Haus der finsteren Träume /“ zu „Shaun Hamill - Das Haus der finsteren Träume / A Cosmology of Monsters“ geändert.
  • Die USA in den 1960er-Jahren: Harry Turner, ein geradezu fanatischer Verehrer von H. P. Lovecraft, macht sich an die Verwirklichung eines gewaltigen Vorhabens. Auf seinem Grundstück soll ein Geisterhaus entstehen, und zwar das größte und unheimlichste, das Amerika je gesehen hat. Harrys komplette Familie arbeitet an dem Projekt mit, obwohl seine pragmatisch veranlagte Frau und seine beiden Töchter die Augen vor der gruseligen Wahrheit verschließen: Die Monster, die im Geisterhaus der Turners ihr Unwesen treiben, sind echt. Der einzige, der diese Tatsache akzeptiert, ist der jüngste Turner-Spross Noah. Doch als er eines Tages beschließt, den Ungeheuern die Tür zu öffnen, wird das Leben der Turners zum Albtraum ... (Klappentext)


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    "Hier werden die Wände dünn, die Verwirrung nimmt zu. Es gibt Türen, wo früher nur Wände waren, und wo Licht brannte, greifte die Dunkelheit um sich. Der einzige Weg nach draußen führt hier hindurch auf die andere Seite."

    (S. 200)


    Ich möchte gleich einmal damit beginnen, dass der Klappentext irreführend ist und daher völlig falsche Erwartungen weckt. Aufgrund dessen habe ich nämlich mit einer spannenden und gruseligen Horrorstory über ein Spukhaus mit grauenerregenden Monstern gerechnet.

    Ja, es kommt ein Spukhaus vor, jedoch nur am Rande. Im Grunde ist es auch kein Spukhaus, sondern nur ein Hobby und eine Einnahmequelle für die Familie. Und Ja, es kommt ein Monster darin vor, jedoch keineswegs grauenerregend und angseinflößend. Ergo - es ist definitiv kein Horrorroman!

    Obwohl meine Erwartungen diesbezüglich nicht erfüllt wurden, habe ich dieses Buch innerhalb von zwei Tagen verschlungen.

    Doch um was geht es denn nun in diesem Roman?


    Es begann alles mit der Begegnung von Harry und Margeret. Harry, ein Büchernarr, Fan von Horrorfilmen und vor allem Horrorromanen und glühender Lovecraft-Bewunderer. Er arbeitet bei McDonalds und kümmert sich nebenher um seine schizophrene Mutter. Margeret hingegen kommt aus gutem Hause, studiert und ihre Eltern wünschen sich für sie eine gute Partie und somit finanzielle Sicherheit.

    Margeret wirft ihre sichere Zukunft über Bord, um mit ihrer großen Liebe, dem Büchernerd Harry, ein einfaches aber glückliches Leben zu führen. Es scheint auch alles gut zu laufen. Sie leben in einem kleinen Haus, Margeret hat ihr Studium hingeschmissen und ist nun Hausfrau und Mutter zweier Mädchen, die vom Charakter und Temperament her nicht unterschiedlicher sein könnten.

    Doch plötzlich beginnt sich Harry zu verändern und sich seltsam zu benehmen. Er möchte sich auf Biegen und Brechen einen Kindheitstraum von einem Spukhaus im eigenen Garten erfüllen - eine Attraktion für die Nachbarn, ähnlich einer Geisterbahn. Er steckt all seine Energie und alles Geld in diesen Wunschtraum, scheint wie besessen. Auch Margaret ist nicht mehr glücklich in ihrer Ehe und ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter.

    Hier scheint das Schicksal seinen Lauf zu nehmen und zwar keinen guten. Das einzig halbwegs Gute, was dann noch passierte, war die Geburt ihres Sohnes Noah.

    Doch sah Margaret nicht schon viel früher das Monster an ihr Fenster klopfen?


    "Das Kratzen am Fenster war so sachte wie ein sanfter Stupfs gegen die Schulter. Wäre ich älter oder vorsichtiger gewesen, oder hätten die Erwachsenen in meiner Kindheit besser auf mich achtgegeben, dann hätte ich mir vielleicht Sorgen gemacht, dort draußen erwischt zu werden. Aber ich war daran gewöhnt, unsichtbar zu sein, und es fiel mir sowieso schwer, mir wegen irgendetwas Sorgen zu machen, sobald mein Freund da war."

    (S. 169)


    Noah ist der Erzähler dieser Geschichte und man begleitet ihn über mehrere Jahrzehnte hinweg.

    Mit ihm taucht man in eine Familiengeschichte voller Abgründe ab. In eine Familie, in der jeder mit sich selbst beschäftigt und mit seinen eigenen Problemen und inneren Dämonen zu kämpfen hat.

    Und auch Noah sieht das Monster, freundet sich mit diesem jedoch an. Diese Kreatur wird zu seinem einzigen Freund, hilft ihm mit einigen Schicksalsschlägen zurechtzukommen und öffnet ihm das Tor zu einer anderen Welt - im wahrsten Sinne.


    "In einer Familie zu leben, die unter einem Verlust leidet, an den man sich selbst nicht erinnern kann, ist ungefähr so, als säße man im Kino hinter einem großen Menschen. Rundherum lachen oder weinen die Zuschauer und reagieren irgendwie, aber man hat keine Ahnung, was da vorne los ist."

    (S. 145)


    Wie man eventuell erkennen kann, fällt es mir schwer eine aussagekräftige Inhaltsangabe zu schreiben, denn es ist eine komplexe Story, die so viel mehr enthält und welche sich erst am Ende vollends entfaltet.

    Es ist kein Horrorroman, sondern eine Story, welche dem Subgenre Phantastik zugeordnet werden kann.

    Eine Story in der ein Wesen die Familie von Beginn an zu verfolgen scheint und das mysteriöse Verschwinden von Kindern in der Umgebung der Turners beinhaltet.

    Es ist aber auch gleichzeitig eine Geschichte über eine Familie in der Geheimnisse und das Schweigen innerhalb einer Familie, Verdrängung und das Flüchten in eigene Welten ebenso thematisiert werden, wie auch gleichgeschlechtliche Liebe und der Kampf um Akzeptanz. Aber auch Krebs, Depression und Suizid sind Inhalt der Story. Daher kommt das Buch auch nicht gänzlich ohne Triggerwarnung aus.

    Und überall begegnen einem H.P. Lovecraft und seine Geschichten. Er scheint der rote Faden dieser Story zu sein - er und sein Tor zur Anderswelt.


    "Da erhellt ein Blitz, der anscheinend im Park einschlug, den grauen Tag. In diesem Moment wirkt der Absprungplatz wie ein riesiger pechschwarzer Turm, so glatt wie Vulkanglas, der sich in den flüchtig erhellten Himmel reckt. Die Oberfläche sieht ölig und schmierig aus wie frischer Teer."

    (S. 358)


    Der Schreibstil ist einfach und flüssig und die Erzählweise äußerst packend. Doch vor allem besticht die Story durch seine bedrückende Atmosphäre, welche einem von Anfang bis Ende umgibt wie dichter Nebel, der sich erst am Ende zurückzieht und einem die Story als Ganzes verstehen lässt.


    Fazit:

    Dieses Buch enthält keinen Horrorroman, sondern eine Mischung aus Familiendrama, Lovecraftschen Peter Pan und Coming-of-Age. Gleichzeitig ist es eine Story der modernen Phantastik, eine Hommage an H.P. Lovecraft und allgemein eine Hommage an Bücher.

    Diejenigen, welche also furchteinflößenden Geisterhorror erwarten, wie der Klappentext durchaus suggeriert, werden enttäuscht sein. Doch wer bereit ist, sich auf die Story und die Phantastik einzulassen und auch Geduld mitbringt, dem kann es durchaus passieren, sich in der Story zu verlieren.


    ">>Kommen Sie sich nicht albern vor? Sollten Sie nicht eher Bücher für Erwachsene Lesen?<<

    >>Ich halte Horrorgeschichten für die wichtigsten Bücher der Welt<<, entgegnete er."

    (S. 39)


    © Pink Anemone (inkl. Leseprobe und Autoren-Info)

  • Meine Rezension:


    Shaun Hamill nennt seinen Debütroman in der Danksagung einen "Hybrid aus mehreren Genren", und das trifft es sehr gut. Man findet Fantasy, ein paar Gruselaspekte (Horror ist es für mich nicht), ebenso mystische und romantische/ erotische Elemente und evtl. kann man zu manchen Szenen 'Psychothriller' sagen.. Sehr cool fand ich all die Erwähnungen zu H.P. Lovecraft und Stephen King, man merkt, dass Hamill zu diesen Schriftstellern aufsieht.

    Wir begleiten die Familie Turner etwa ein halbes Jahrhundert lang und lernen so die Familienmitglieder in unterschiedlichen Abschnitten ihres Lebens kennen. Dennoch wird die Geschichte größtenteils aus der Ich-Perspektive der Hauptfigur erzählt, was mir sehr gut gefallen hat. Somit gibt es hier und da ein wenig foreshadowing, also dass es Andeutungen bzgl. der Zukunft gibt. Das hebt aus meiner Sicht die Spannung an und lässt einen schnell neugierig werden und zu rätseln beginnen. Tatsächlich wurde ich auch geschickt auf eine falsche Fährte gelockt!

    Die Atmosphäre ist oft drückend, geheimnisvoll, mystisch und lauernd, was vor allem sehr gut durch den Schreibstil hervorgerufen und gehalten wird und dieser gefällt mir richtig gut! Sehr flüssig zu lesen. Für viele schwierige Szenen werden die richtigen Worte (natürlich angepasst an die Charaktere) gefunden, wodurch man noch tiefer in die Geschichte hineingezogen wird. Vieles wird sehr direkt beschrieben und nimmt dadurch den Leser schon ein wenig mit, denn, dies sei gesagt, das Buch bearbeitet viele harte Themen. Der Familie widerfährt über die Jahrzehnte alles schrecklich erdenkliche (ohne zu viel zu spoilern, keine Sorge): Von Krankheit, Armut und Arbeitslosigkeit über Verlust, Depressionen und Selbstmord. Diese Themen werden schonungslos, aber nicht übertrieben oder unrealistisch, dargestellt, was den Leser so auf unterschiedliche Weise fesselt und beschäftigt.

    Nicht nur einzelne Szenen und der Schreibstil sind überzeugend, auch den Charakteren wurde viel Leben eingehaucht, sodass sie mich alle überzeugen konnten. Allein schon Harrys Faszination für seine Horrorbücher ist dem Autor super gelungen! Die Familienmitglieder wirken so real auf mich, ebenso wie diverse Nebenfiguren wie Nachbarn, Freunde etc. Echt klasse! Nur einzig mit dem 6-jährigen Noah hatte ich kleine Schwierigkeiten, weil er mir manchmal für sein Alter zu erwachsen vorkam. Jedoch muss ich zugeben, es gibt wirklich solche Kinder, die früh eins und eins zusammenzählen und bestimmten Gedankengängen folgen können. Außerdem stört sein Verhalten nicht der Handlung, es trifft eher das Gegenteil zu.

    Die Abfolge der Handlungen ist gut durchdacht und einzelne Szenen haben mich packen können, dennoch konnte mich die Handlung im Gesamtbild nicht richtig fesseln. Ich hatte keine Langeweile, doch echte Spannung tauchte nur hier und da auf und gruselig/ unheimlich wurde mir nie.. Der Anfang zog sich, denn die Einleitung nimmt fast die gesamte erste Hälfte des Buches ein. So fühlte es sich für mich jedenfalls an. Allerdings hat die Vorgeschichte wirklich einen sehr großen Umfang, den man auch wirklich braucht, um den Rest zu verstehen. Für mich war die Mitte des Buches der beste und spannendste Teil, bevor mich dann nach einem etwas enttäuschenden Abschnitt (ca Seite 300 bis 400) die letzten paar Seiten nochmal ziemlich an Tempo und Spannung gewannen. Das Ende passt gut zum Rest des Buches, auch wenn es mir etwas geschmerzt hat. Dabei hätte es sogar gerne schlimmer sein können, hätte der Geschichte ganz gut getan. Na ja, ich mag/liebe das Ende trotzdem so wie es ist.

    Zum Worldbuilding: Die erschaffene Welt der Monster ist geheimnisvoll, kreativ und mystisch, doch hier und da hätte ich noch ein paar Fragen. Allerdings kann ich mir gleich eine Antwort dazu liefern, denn diverse Fakten zu den Monstern mit allem drum und dran spielen nur begrenzt eine wichtige Rolle, daher gibt der Autor auch nicht viel Auskunft.

    Ich denke, in erster Linie dreht sich das Buch um die Menschen. Um das Erwachsen werden, Entscheidungen zu treffen, Verantwortung zu übernehmen und einfach mal mutig sein oder bei etwas nicht so tollem die Zähne zusammenzubeißen und über sich selbst hinauszuwachsen. Was erwarte ich vom Leben, wie will ich leben, wer oder was hat Bedeutung für mich und, nun ja, wer bin ich eigentlich?

    Das Haus der finsteren Träume wird mich sicherlich noch eine Weile beschäftigen, denn die Figuren sind mir teils sehr unter die Haut gegangen und die Botschaft(en) und Kommentare des Erzählers fand ich hervorragend! Die Handlung insgesamt konnte mich leider nicht ganz packen und überzeugen, weshalb das Werk 4/5 Sterne erhält! :)