Anne Griffin - Ein Leben und eine Nacht / When all Is Said

  • Kurzmeinung

    Kapo
    Zwiespältige Geschichte mit einem unsympathischen Ich-Erzähler
  • Kurzmeinung

    drawe
    Ein leise erzählter Roman über ein ganzes Menschenleben.
  • Zum Produkt:

    320 Seiten

    Aus dem Englischen übersetzt von Martin Ruben Becker

    Originaltitel: When all is said

    Kindler Verlag

    auf Deutsch erschienen September 2019


    Zur Autorin (Quelle: Rowohlt)


    Anne Griffin ist eine irische Schriftstellerin. Sie erhielt für ihre Kurzgeschichten den JohnMcGahern Award for Literature, außerdem stand sie u. a. auf der Shortlist für den Hennessy New Irish Writing Award und den Sunday Business Post Short Story Award (was immer das für Preise sind…).Ihr Romandebüt „Ein Leben und eine Nacht“ wurde in zahlreiche Länder verkauft, u. a. in die USA, nach Kanada, Frankreich und Holland und stand auf Platz 1 der irischen Bestsellerliste. Anne Griffin lebt in Irland.


    Klappentext (Quelle: Rowohlt)


    Fünf Drinks, fünf Menschen, ein ganzes Leben.
    Der hochgelobte Nr.-1-Bestseller aus Irland
    In einer irischen Kleinstadt sitzt Maurice Hannigan, 84 Jahre alt, an einer Hotelbar und blickt auf sein Leben zurück. Fünf Mal wird er im Lauf der Nacht sein Glas erheben, um auf die Menschen anzustoßen, die ihm am meisten bedeutet haben: seinen Bruder Tony, der jung verstarb, seine geliebte Tochter Molly, seine Schwägerin Noreen, der er vieles zu verdanken hat, seinen Sohn Kevin, der mittlerweile in den USA lebt – und seine Frau und große Liebe Sadie. Maurice erzählt von Momenten der Freude und des Zweifels. Und von der Tragödie seines Lebens, die er vor allen verborgen hielt...

    Ein Roman über Liebe und Verlust. Traurig und tröstend zugleich hallt die Stimme seines Helden noch lange nach.


    Mein Leseeindruck


    „Ich bin hier, um mich zu erinnern an alles, was ich gewesen bin und alles, was ich nie wieder sein werde“, sagt der 84jährige Ich-Erzähler. Das äußere Geschehen dieses Romans umfasst daher nur eine Nacht, in der allerdings das ganze Leben des Ich-Erzählers im Rückblick ausgebreitet wird, und zwar in Form einer Zwiesprache mit seinem fernen Sohn.


    Die Struktur des Romans hat mir sehr gut gefallen. In fünf Kapiteln wendet sich der Erzähler fünf Menschen zu, die sein Leben geprägt haben, und stellt sie seinem Sohn vor. Mich hat die Geschichte um seinen älteren Bruder Tony besonders berührt: in vielen eindringlichen Bildern erfährt der Leser die fürsorgliche, bedingungslose Liebe seines großen Bruders zu ihm, die ihn sein Leben lang begleitet. Ich habe schon lange keine Tränen mehr verdrückt beim Lesen, aber hier musste ich schniefen…In allen Kapiteln spielt seine Frau Sadie eine Rolle, und so ist dieser Roman zugleich eine große Liebesgeschichte. Die fünf Kapitel werden zusammengebunden durch die Geschichte einer Münze, was gelegentlich etwas gewollt und nicht immer überzeugend wirkt. Aber immerhin kann die Autorin mit diesem Symbol den inneren Zusammenhang der einzelnen Kapitel deutlicher machen.


    Die Geschichte beginnt eher langweilig und nimmt erst langsam Fahrt auf. Dann aber lernen wir einen Menschen kennen, der seine Ecken und Kanten hat und der nicht frei von Schuld ist. Ein Mensch, dessen Leben durch Entbehrung, großen Fleiß, Glückliches und zutiefst Trauriges, Maßlosigkeit, Reue und Bedauern und auch durch Rache und Hassgefühle geprägt ist.


    Die Autorin kann genau und zugleich einfühlsam beobachten und ebenso genau und einfühlsam formulieren, sie spürt den Emotionen ihrer Figuren nach und zeigt sie dem Leser in schönen, sehr eindringlichen Bildern, die mir im Kopf geblieben sind.


    Und genau hier setzt auch meine Kritik an.


    Wieso belässt sie es nicht bei den Bildern?? Wieso muss sie die Gefühle auch noch benennen, wieso das Verhalten bewerten? Besonders auffällig wird dieses Verfahren bei der Beschreibung eines Trauerzuges, der in berührenden Bildern die Mutter des Verstorbenen zeigt. Der Trauerzug wird unterbrochen durch die aufdringliche Arbeitgeberin der Mutter. Gut. Da braucht man als Leser nicht mehr den Hinweis auf die Unsensibilität etc. dieser Person. Hier gleitet der Roman ins Geschwätzige ab.


    Insgesamt lässt sich diese Redseligkeit zu oft beobachten. Z. B. formuliert der Ich-Erzähler, dass er nicht gelernt hat zu reden und sich mitzuteilen, dass er ein wortkarger und in sich gekehrter Mensch sei. Mal abgesehen davon, dass das zum Grundkonzept des Romans nur bedingt passt, passt es auf keinen Fall zu den gegen Schluss gehäuft auftretenden Wiederholungen und den Larmoyanzen, bei denen der Roman Gefahr läuft, nicht nur ins Geschwätzige, sondern auch noch in Kitsch abzurutschen.


    Unbestritten ist aber die Erzähl- und Formulierkunst der Autorin in diesem Debut-Roman. Der Erzählton bleibt immer ruhig und gelassen. In diesem Roman gibt es nichts Reißerisches, Plakatives oder Lautes. Der Roma bleibt auch bei reißerischen Themen eher still und leise. Die klare Sprache hat mir gut gefallen, und daher bin ich neugierig auf einen zweiten Roman der Autorin.


    Daher trotz der störenden Redseligkeit

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Sehr störend: die häufigen Rechtschreibfehler. Muss das sein?



    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Anne Griffin - Ein Leben und eine Nacht“ zu „Anne Griffin - Ein Leben und eine Nacht / When all Is Said“ geändert.
  • "Ein Leben und eine Nacht" ließ sich gut lesen, Anne Perry hat einen flüssigen und angenehmen Schreibstil. Auch mir hat die Struktur gefallen, in einzelnen Abschnitten über die wichtigsten Personen aus dem Leben des Protagonisten erzählt zu bekommen. Das war doch mal ziemlich außergewöhnlich. Aber es gab einfach ein paar Dinge, die mir nicht so gut gefallen haben. Ich kann es gar nicht genau benennen, aber einige Details kamen mir zu ausgeschmückt rüber, z.B. die Sache mit der Münze. Das war mir zu abstrakt und symbolbehaftet und mir deutlich zu unrealistisch. Und auch mit dem Ich-Erzähler hatte ich so meine Probleme. Die Autorin hat sich bemüht, ihn als zwar zwiespältigen, aber doch gutherzigen Menschen zu vermitteln. Ich mochte ihn aber nicht: er war in meinen Augen rachsüchtig, nachtragend, selbstverliebt, egoistisch, wichtigtuerisch unfreundlich und hatte einen miesen Sinn für Humor. Nichts gegen derartige Charaktere, ich mag streitbare Figuren. Aber ich hatte das Gefühl, dass Anne Griffin das eigentlich größtenteils gar nicht so rüberbringen wollte.

    Knappe :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: