Haruki Murakami - Mister Aufziehvogel / Nejimaki-dori-kuronikuru

  • Kurzmeinung

    Imagine
    nicht für schwache Gemüter, zumindest diese bestimmte Episode nicht.
  • Kurzmeinung

    Abroxas
    Übt eine Sogkraft aus, der sich schwer zu entziehen ist
  • (Klappentext)
    Toru Okada ist unzufrieden mit sich und der Welt. Er fühlt sich wie ein Spielzeugvogel, der von wer weiß wem aufgezogen wird. Der30jährige gibt seinen Job in einer Tokyoter Anwaltskanzlei auf, um sich in Ruhe über einen Neuanfang klar zu werden. Nach seinem Ausstieg aus der Alltagswelt tun sich diesem "Mister Aufziehvogel" plötzlich Wirklichkeiten auf, von denen er bisher nichts ahnte: erotische, ökonomische und politische. Selbst über seine eigene Ehe drängen sich dem Helden schwindelerregende Vermutungen auf. Er erkennt, dass unter dem Alltagsleben der großstadtgesellschaft andere, geheime Kräfter wirken.



    Also dieses Buch hat mich wirklich verwirrt :scratch:. Die ganze Zeit über tauchen irgendwelche mysteriösen leute auf, werden Geschichten erzählt und geschehen mit normalem Verstand nicht erklärbare Dinge. Man wartet die ganze Zeit über, dass die Fäden irgendwann mal zusammengeführt und alles entwirrt wird.... Aber ich weiß bis heute nicht richtig worum es da eigentlich ging. Okay, die Hauptstory wird natürlich aufgeklärt, aber da bleiben einfach zu viele Fragen offen.
    Um es aber nicht ganz mies zu machen: Manchmal ist es schon sehr spannend und das Mädchen May (meiner Meinung nach die normalste Figur in dem Buch) finde ich irgendwie sympatisch. :cat:


    Ein Buch reicht wahrscheinlich nicht, um sich gleich ein Bild über den Autor zu bilden, aber ich bin doch erstmal abgeschreckt . :|

    "Es ist besser für das was man ist gehasst, als für das was man nicht ist geliebt zu werden."


    auf dem Nachttisch :study::
    Darren Shan - "Fürst der Schatten"

  • Ich bin zwar noch nicht durch mit dem Buch, aber bis jetzt gefällt es mir wirklich sehr gut. :thumleft: Ich find es sehr gut und vor allem spannend erzählt, ich fühle mich beim Lesen direkt in diese Welt hinein versetzt. Natürlich ist es teilweise verwirrend, aber da Murakamis Büchern dieser Ruf ja schon vorauseilt kann ich mich da gut drauf einlassen. Liegt vielleicht auch daran, dass ich sonst meistens nur Fantasy lese :wink:


    Also ich bin jedenfalls wieder sehr begeistert von dieser Mischung aus Realität und Traum/Mystik (wie man es auch bezeichnen mag) und kann es nur weiter empfehlen!

  • Ich mochte bisher alle Bücher von Murakami, nur mit dem Aufziehvogel komme ich irgendwie nicht klar. Ich hatte es vor vier Jahren schon mal begonnen zu lesen, scheiterte aber nach ungefähr zweihundert Seiten, weil ich es langweilig und verworren fand. Jetzt habe ich nochmal damit angefangen, habe aber den Eindruck, mich damit nur zu quälen. Andererseits sage ich mir, vielleicht wird es ja noch besser, auf Seite fünfhundert oder so... :-k

  • Du wirst es nicht glauben, aber um die Seiten 200 hatte ich auch einen Durchhänger (und zwar da, wo Leutnant Mamiyas Geschichte erzählt wird)


    Davor fand ich es allerdings schon ganz gut, trotzdem bin ich der Meinung, dass es sich steigert (und nicht erst ab Seite 500 ;) ).

  • Kementari
    Oh ja, nach dieser Stelle wurde mir teilweise noch zwei Tage später schlecht, wenn ich nur daran gedacht habe :puker:.

    "Es ist besser für das was man ist gehasst, als für das was man nicht ist geliebt zu werden."


    auf dem Nachttisch :study::
    Darren Shan - "Fürst der Schatten"

  • So fertig. Also durchquälen durch das Buch musste ich mich auf keine Fall. Diese kleinen Zwischengeschichten von Leutnant Mamiya oder die Briefe von May lockern die Geschichte auf bzw. erweitern das Buch um die eigentliche Story. Vor so langen Episoden von Mamiya habe ich immer einmal tief Luft geholt oder ne Pause gemacht, besonders auch weil mich so geschichtliches eher nicht interessiert..
    Jini hat schon Recht, alles wird nicht aufgeklärt, aber das find ich nicht so schlimm, so bleibt dem Leser immer noch einges was er selber nachträglich dazudenken kann, so beschäftigt man sich automatisch länger mit dem Buch als nur die reine Lesezeit (obwohl, "Phantasie kann tödlich sein")


    Zitat

    "Das Reale muss nicht unbedingt wahr, und die Wahrheit nicht unbedingt real sein.


    Mir hat das Buch gut gefallen und ich bin gespannt auf mehr von dem Autor.

    "Wie soll auch eine Generation von Männern, die hauptsächlich von Müttern, Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen umsorgt und erzogen wurde, Frauen glücklich machen?"
    (Generation Doof)

  • Ich habe jetzt - nachdem ich es zweimal abgebrochen hatte - zum dritten Mal mit diesem Buch begonnen und finde es auf einmal wunderschön. Vielleicht muss Herbst sein, um es lesen zu können ? Graue Wolken, kreischende Vögel und kalter Wind, der totes Laub über die Straße weht... :-({|=)


    Auf jeden Fall lohnt es sich, Büchern, die man schon abgeschrieben hatte, noch eine Chance zu geben.


    Grüße von blackbird

  • Zitat

    Ich habe jetzt - nachdem ich es zweimal abgebrochen hatte - zum dritten Mal mit diesem Buch begonnen und finde es auf einmal wunderschön. Vielleicht muss Herbst sein, um es lesen zu können ? Graue Wolken, kreischende Vögel und kalter Wind, der totes Laub über die Straße weht... Geigenspieler )


    Schoen dass du dem Buch noch eine Chance gegeben hast!
    Ich denke, das hat sich gelohnt.
    Fuer mich selbst ist Mr Aufziehvogel ein ganz besonderes Buch, mein allerliebstes Buch ueberhaupt, wenn ich mich entscheiden muesste.
    Ich habe es angefangen und konnte es kaum aus der Hand legen, kein anderes Buch versetzte mich ein eine so schoen melancholische, bittersuesse Stimmung wie dieses.
    Eine Geschichte mit vielen kleinen weiteren Geschichten in der Story selbst, viele skurrile, sehr tiefgruendige Charaktere und die phantastische Story selbst, die nicht alle Fragen beantwortet, es aber auch nicht muss.
    Ein Buch, in welchem man sich einfach treiben lassen kann - bis auf den Grund des Brunnens und wieder hinauf :wink:
    Fuer mich ein ganz besonderes Meisterwerk.

    "Wenn ich einer Untergrundkultgemeinschaft beitrete, erwarte ich Unterstützung von meiner Familie!" (Homer Simpson)


    :montag:

  • Ich habe es angefangen und konnte es kaum aus der Hand legen, kein anderes Buch versetzte mich ein eine so schoen melancholische, bittersuesse Stimmung wie dieses.

    Genau so geht es mir mit diesem wunderbaren Roman auch. Schon von der ersten Seite an war ich wieder gefangen in Murakamis
    Welten. Sein Thema, die uns so selbstverständliche Realität zu durchbrechen und den Leser in jenseits dieser scheinbar festen
    Realitäten zu führen, ist auch in diesem Roman meisterhaft gelungen. Einer der wenigen Autoren denen es gelingt mich so zu fesseln,
    dass ich seine Bücher nur schwerlich aus der Hand legen kann. Wie Eol schon schrieb, ist die seinen Geschichten innewohnende Melancholie
    ein auch für mich ganz besonders faszinierender Aspekt. Nach 1Q84 und Kafka am Strand ein weiteres Highlight das ich nicht missen möchte.


    lg taliesin :winken:

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Ich habe "Mister Aufziehvogel" gestern zu Ende gelesen und war danach etwas verwirrt, weil viele Sachen am Ende nicht aufgeklärt werden. Z. B. blieb offen, wer der Junge war, der nachts die Männer aus dem Fenster beobachtet hat.


    Aber es hat richtig Spaß gemacht, das Buch zu lesen. Es ist total surreal und geheimnisvoll. Die Charaktere sind sympathisch. Ich würde es trotz meines unzufriedenen Gefühls am Ende weiterempfehlen.

  • Handlung
    Auf der Suche nach sich selbst hat Toru Okada seine relativ gute Arbeitsstellung in einer Anwaltskanzlei in Tokio verlassen und versucht nun, die Welt zu verstehen, um seiner Existenz einen Sinn zu geben. Ermöglicht wird ihm das durch seine Frau Kumiko, die die beiden einstweilen mit ihrem Job durchbringen kann - nicht einmal ihr Haus müssen sie verkaufen, auch wenn natürlich einige finanzielle Einschränkungen nötig sind. Toru übernimmt den Haushalt und ist nun ansonsten eher ein Beobachter des Alltagsflusses, dem er vor Kurzem noch selbst angehörte.
    Dabei lernt er verschiedenste Persönlichkeiten kennen, die alle ihre eigene Geschichte mitbringen und auf irgendeine Art und Weise in einer übergeordneten Ebene alle mit ihm und miteinander verbunden zu sein scheinen.


    Meine Meinung
    Wer Murakami kennt, weiß, dass seine Geschichten oftmals surreal, im klassischen Sinne phantastisch und meistens auch von einer gewissen Melancholie durchsetzt sind. Aber weil sie dennoch Interpretationsansätze anbieten und die Texte den Eindruck erwecken, trotz aller Meta-Ebenen verstanden werden zu wollen, lese ich seine Bücher so gerne. Und dazu gehört definitiv auch dieses Buch hier.


    Alleine schon der Titel lässt sich aus so vielen verschiedenen Perspektiven auf die Geschichte - oder besser: die Geschichten - beziehen. Am dominantesten war für mich dabei aber, ihn im direkten Zusammenhang mit Toru selbst zu lesen; Mister Aufziehvogel wird schließlich auch zu seinem Spitznamen. Dieser Name ist auch sehr passend für einen Menschen, der mehr oder weniger aus der Maschinerie des Alltags ausgestiegen ist und erst einmal kein Zahnrad in diesem Uhrwerk der Gesellschaft mehr sein kann. Und zwar so lange, bis er herausgefunden hat, was alles zusammen hält. Denn letztlich geht es auch in diesem Roman um die berühmte Frage nach dem Sinn hinter all dem Leben, nach der Frage, die schon Goethes Faust nicht zu beantworten in der Lage war.


    Dafür werden sehr viele Charaktere eingeführt, die alle gemeinsam haben, dass sie Toru ihre Geschichte erzählen und dadurch auch für den Leser plastischer werden. Da wäre zum Beispiel die kleine May, die von ihren reichen Eltern mehr oder weniger ignoriert wird und nicht weiß, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Also geht sie nicht mehr in die Schule, sondern sonnt sich im Garten. Und wenn ihr ganz langweilig ist, arbeitet sie für eine Perückenfirma in der Stadt. Toru lernt May kennen, als er auf der Suche nach seinem und Kumikos vermissten Kater ist. Mit diesem Kater überhaupt scheint die gesamte Geschichte zu beginnen - zumindest aber ist er der Anstoß für die skurrilen Geschehnisse, die in Torus Leben nun passieren und ihn zum Grunde seines Bewusstseins führen.


    So facettenreich das Buch ist, so schwierig ist es auch, eine angemessene Rezi darüber zu schreiben. Durch die unheimlich vielen Personen, die eingeführt werden und die alle ihre eigene Geschichte und ihre eigenen Arten, die Welt zu deuten, mitbringen, gibt es viele Themenkomplexe, die angeschnitten werden. Im Fokus steht dabei sicher die Beziehung eines Individuums zu seinem Körper und die Frage, ob sich das Bewusstsein vom Körper lösen und an eine anderen Stelle etwas "tun" kann. Es geht darum, dass die Wahrheit nicht immer in der Wirklichkeit greifbar ist und das, was wir die Wirklichkeit erscheint, nicht immer die Wahrheit enthält.


    Neben all diesem etwas abgehoben (im positiven Sinn!) klingenden Inhalt muss ich sagen, dass der Schreibstil für die Thematik untypisch geradlinig, wenig verschnörkelt und sehr klar ist. Also kein esoterisches Gequatsche. Gerade das ist an manchen Stellen etwas unangenehm; wenn zum Beispiel von verschiedenen Foltermethoden im Krieg die Rede ist und eben diese sehr exakt und neutral beschrieben werden. Das ist nichts für schwache Nerven; aber diese Passagen machen nur einen geringen Teil des Buches aus. Ansonsten schwingt immer - wie hier im Thread ja schon erwähnt - eine gewisse melancholische Grundstimmung mit, was mich dazu brachte, relativ lange für das Buch zu brauchen. Denn man muss sich darauf einlassen können, finde ich, damit sich die Wirkung des Textes entfalten kann.


    Abgesehen von der Handlung an sich fand ich auch die geschichtlichen Details zur Vergangenheit Japans und zu seiner Rolle im zweiten Weltkrieg sehr interessant. Mehr als die Umstände zu den Atombomben kannte ich davor nämlich nicht und habe deshalb die Informationen über die Verhältnisse zu Russland, den USA und China begierig aufgesogen.


    Für mich ist es also kein Buch, das ich locker weggelesen habe, sondern das mich lange beschäftigt hat und wahrscheinlich auch noch ein bisschen beschäftigen wird. Es ist sehr vielschichtig, was auf der einen Seite spannend und auf der anderen Seite eventuell überfordernd ist, weil man die Masse an Informationen zu den einzelnen Personen nicht vollkommen aufnehmen kann. Dennoch oder gerade deshalb gibt es von mir gute :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • In das Buch kam ich erstmal überhaupt nicht rein.


    Da war ich Anfang 20, also zehn Jahre jünger als die Hauptperson.


    Dann habe ich es später nochmal gelesen (mit Ende 20) - und es hat mich einfach umgehauen!



    Plötzlich war ich so tief drin im Geschehen, in dieser etwas fremden aber doch vertrauten Welt...


    Nicht ich habe das Buch verschlungen - sondern das Buch mich! Solche Erlebnisse hat man nicht häufig.

  • -> Ursula Gräfe zur Neuübersetzung

    1005 Seiten


    Ein unzufriedener Mann, ohne Arbeit, von seiner tüchtigen Frau zur Selbsterforschung ermutigt: So einer ist Toru Okada. In sein fades Dasein brechen plötzlich Unbekannte mit ihren Geschichten ein und verunsichern ihn in seinen Gewissheiten. Und selbst seine Frau erscheint ihm plötzlich fremd. Unter dem Alltagsleben der Großstadtgesellschaft wirken noch andere Kräfte: geheime Begierden, die Historie des japanisch-chinesischen Krieges oder gar so etwas Altmodisches wie das Schicksal.

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Ravik Strubel - Blaue Frau

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Irgendwie ist das Buch eine Art „Endgegner“. Einfach aufgrund der kleinen Schrift der Hardcoverausgabe. Ich habe teilweise doppelt so lange gebraucht wie bei normal großer Schrift. Dennoch hat mir das Buch sehr gut gefallen und hätte ich nicht schon die Übersetzung aus dem Japanischen gelesen, würde ich problemlos die Höchstpunktzahl vergeben. Jetzt bin ich aber unschlüssig. Die Neuübersetzung fand ich grandios und war für mich eher Murakami als diese gekürzte Übersetzung aus dem Englischen.


    Danke für das Interview Buchdoktor darin sieht man auch schön die sprachlichen Unterschiede der Übersetzung. Beim Lesen hatte ich das immer im Hinterkopf und das Gefühl, dass bei „Mister Aufziehvogel“ irgendwas nicht stimmt. Lesen würde ich nur noch die Neuübersetzung.