Suzanne Collins - Das Lied von Vogel und Schlange / The Ballad of Songbirds and Snakes

  • Kurzmeinung

    jala68
    Ein MUSS für alle Fans der Panem Trilogie
  • Kurzmeinung

    Emili
    Für Fans der Reihe sehr interessant. Wie alles begann...
  • Inhalt:


    "Ehrgeiz treibt ihn an. Rivalität beflügelt ihn. Aber Macht hat ihren Preis. Es ist der Morgen der Ernte der zehnten Hungerspiele. Im Kapitol macht sich der 18-jährige Coriolanus Snow bereit, als Mentor bei den Hungerspielen zu Ruhm und Ehre zu gelangen. Die einst mächtige Familie Snow durchlebt schwere Zeiten und ihr Schicksal hängt davon ab, ob es Coriolanus gelingt, seine Konkurrenten zu übertrumpfen und auszustechen und Mentor des siegreichen Tributs zu werden. Die Chancen stehen jedoch schlecht. Er hat die demütigende Aufgabe bekommen, ausgerechnet dem weiblichen Tribut aus dem heruntergekommenen Distrikt 12 als Mentor zur Seite zu stehen – tiefer kann man nicht fallen. Von da an ist ihr Schicksal untrennbar miteinander verbunden. Jede Entscheidung, die Coriolanus trifft, könnte über Erfolg oder Misserfolg, über Triumph oder Niederlage bestimmen. Innerhalb der Arena ist es ein Kampf um Leben und Tod, außerhalb der Arena kämpft Coriolanus gegen die aufkeimenden Gefühle für sein dem Untergang geweihtes Tribut. Er muss sich entscheiden: Folgt er den Regeln oder dem Wunsch zu überleben – um jeden Preis."


    Quelle: Amazon


    Meine Meinung:


    Ich war in letzter Zeit in einigen dystopischen Welten oder Fantasy Szenarien unterwegs und brauchte ein paar Seiten, um wieder in Panem anzukommen.

    Das ging dann aber doch recht schnell, der "Ach ja, so war das" - Effekt setzte ein und zog mich wieder in den bekannten Bann.

    Zuerst war ich allerdings ein wenig von der Zeitlinie irritiert, denn ich hatte mich im Vorfeld absichtlich nicht groß über das Buch informiert.

    Anfangs musste ich dann auch ständig gegen den Drang kämpfen, meine Neugierde (vor)schnell zu befriedigen.

    Natürlich wusste ich noch einiges aus den ursprünglichen Romanen und glaubte kommende Ereignisse bereits zu kennen oder auszuschließen.

    Das stellte sich dann glücklicherweise als Irrtum heraus, aber lest am besten selbst! :wink:


    Zunächst einmal hat das düstere Panem, errichtet auf den Ruinen des alten Amerikas, nichts von seiner Faszination eingebüßt.

    Trotzdem zeichnet Suzanne Collins hier erstmal ein vollkommen anderes Bild des übermächtigen Kapitols.

    Vom rauschenden Luxus, dem abstoßenden Überfluss, skurrilen Maskeraden, medialer Allmacht oder der allgegenwärtigen (Überwachungs-) Technologie ist noch wenig zu sehen bzw nicht viel übrig geblieben.

    Denn das Kapitol steht auf tönernen Füßen.

    Vom Krieg gebeutelt, ausgebombt, von der Versorgung abgeschnitten, haben die einst so glamourösen Bewohner mit denselben Problemen zu kämpfen, wie die Menschen in den besiegten Distrikten.

    Die Lage ist angespannt, unübersichtlich und selbst die alten Adelsfamilien haben Mühe den Schein des sozialen Status und der einstigen Macht aufrecht zu erhalten.

    Sie hungern in ihren Seidenkleidern und Marmorpalästen, stets bemüht nach außen Normalität vorzuspielen, um ja keine Angriffsfläche zu bieten. Denn schon streben neue Familien nach Macht und Einfluss, es gibt tektonische Verschiebungen in der sozialen Rangordnung.

    Davon betroffen ist auch ehemals reiche Adelsfamilie Snow, deren Besitztümer zusammen mit Distrikt 13 im atomaren Feuer verglüht sind.

    Coriolanus Snow hat beide Eltern verloren und lebt nun mit seiner Großmutter und seiner Cousine Tigris im schicken Familiensitz des Hauses Snow. Doch die hübsche Fassade kann kaum noch über die Realität hinwegtäuschen:

    Die wenigen teuren Kleider, die übrig gelieben sind, wurden inzwischen hundertfach geflickt, die Möbel ihres marmornen Penthouses sind längst verkauft oder wurden im harten Winter verheizt.

    Familie Snow hungert und ist auf staatliche Zuwendungen und Almosen angewiesen.

    Tigris verdient ein spärliches Zubrot als Schneiderin, während Coriolanus zur Schule geht und versucht ein Stipendium für die Hochschule zu ergattern. Nur die Großmutter hat sich von der neuen Realität entkoppelt, züchtet weiterhin auf dem Dach ihre Rosen und betrachtet quasi alle anderen Familien von oben herab.

    Die Lage ist wirklich prekär, bis sich anlässlich der 10. Hungerspiele eine scheinbare Aufstiegschance bietet. Zum ersten Mal soll es bei den Spielen Mentoren geben und eine TV Show nebst Sponsoren System etabliert werden.

    Coriolanus macht sich große Hoffnungen, selbst dann noch als er ein Mädchen aus Distrikt 12 zugeteilt bekommt, die kaum Siegchancen hat. Denn wenn er eines kann, dann ist das verkaufen. da er ist er sich sicher.

    Und tatsächlich entpuppt sich Lucy Gray bereits am Tag der Ernte als Überraschung, als sie nicht nur die Zuschauer verzaubert, sondern auch das Herz ihres Mentors für sich gewinnt.

    Dies ist der Ausgangspunkt einer tollen Geschichte, die gar nicht so sehr auf das große Spektakel abzielt, sondern sich viel Zeit für seine ambivalenten Figuren nimmt und moralische Fragen aufwirft, ohne zu langweilen oder zu werten.

    Dabei nehmen die Spiele weniger Raum ein als ich gedacht habe und auch die Action hält sich in Grenzen. Hier wird viel mehr das Entstehen eines brutalen Regimes gezeichnet, von dem anfangs selbst die privilegierten Bewohner nicht sonderlich begeistert sind.

    Genau darum mochte ich das Buch auch so, denn Collins geht weg von den skurrilen, stets maskierten und überdrehten Kapitol Bewohnern und stellt sie uns als Menschen vor.

    Die Kinder sind nicht unbedingt mit den Spielen einverstanden, sehen das Grauen und erleben am eigenen Leibe, dass dieses brutale System auch vor ihnen nicht Halt macht.

    Leider ziehen daraus nicht alle die richtigen Schlüsse, aber auch das gehört dazu. Das alles ist noch weit weh von dem bis in den letzten Winkel durch choreographierten Terror eines allmächtigen Staates.

    Vor allem diese Aspekte haben "Die Tribute von Panem X" für mich so greifbar gemacht, vielleicht weil noch Hoffnung bestand.

    Aber auch weil man sich sofort die Frage aufdrängt, wie Menschen die Krieg, Hunger und sogar den Tod der eigenen Kinder erlebt haben, so ein System etablieren, stützen und gut heißen können.

    Was die nachfolgenden Bände umso furchtbarer erscheinen lässt und ihre Wucht unterstreicht.


    Fazit:


    Das Prequel ist gut gelungen und wertet die ursprünglichen Bücher tatsächlich nochmal um einiges auf!

    Anders als bei M. Atwoods "Handmaids Tale" gab es hier glücklicherweise keine filmische Vorlage, die das Schaffen der Autorin beeinflussen konnte, was dem Roman ausgesprochen gut getan hat.

    Suzanne Collins gelingt es auf ganz wunderbare Weise, den finsteren Präsidenten Snow aus seiner Rolle als Abziehbild Bösewicht zu befreien und ihm ein Profil zu verleihen.

    Oh, wie sie mich auf`s Glatteis geführt hat, denn ich mochte diesen Coriolanus Snow, fast bis zur letzten Seite!*

    Überhaupt muss man es erstmal schaffen, eine LeserIn der ersten Bände noch zu überraschen, die ja glaubte schon alles zu wissen. Aber hier ist wirklich nichts wie es scheint und die Hauptcharaktere sind wunderbar ambivalent.

    Beeindruckt hat mich auch das Terror Regime Panem, in seinem unvollendeten Zustand. Hier wirkt vieles noch zufällig, wenig ausgearbeitet, der Terror ist noch im Werden Begriffen

    Ständig hatte ich beim Lesen das Gefühl, auf einer Schwelle zu stehen, an der es auch gut in die andere Richtung hätte gehen können. Was die folgenden Bände nur umso tragischer erscheinen lässt.

    Ich gebe dem Buch 4.5 Sterne und bin sehr froh darüber, es mir sofort gekauft zu haben. Normalerweise warte ich ja immer.

    Besonders das Ende fand ich überaus gelungen. Auch weil ich bis zur letzten Seite keine Ahnung hatte, wie Collins das auflösen würde und sie mir dann nochmal richtig einen mitgegeben hat.

    Der buchstäblich letzte Satz hat das gesamte Buch nochmal um einiges aufgewertet, und zwar auf eine grauenhafte und zynische Art und Weise. Ich musste regelrecht laut lachen, während es mir gleichzeitig im Halse stecken blieb.

    Großartig! :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:


    *

    "Ich bin eitel, hochmütig, tyrannisch, blasphemisch, stolz, undankbar, herablassend - bewahre aber das Aussehen einer Rose" Pita Amor

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Das Lied von Vogel und Schlange : Die Tribute von Panem X“ zu „Suzanne Collins - Das Lied von Vogel und Schlange / The Ballad of Songbirds and Snakes“ geändert.
  • Sushan Zu deinem Spoiler:

    Mich bzw. meinen Mann und mich hat das Ende auch eiskalt erwischt, damit hatten wir nicht gerechnet.

    Uns hat das Buch insgesamt allerdings mit vielen Fragezeichen zurück gelassen. Ich habe nicht das Gefühl, die Figur Snow nun besser zu verstehen oder zu kennen :-k Zwischenzeitlich haben wir uns schon gefragt, ob wir etwas verpasst bzw. nicht richtig aufgepasst haben, weil Snow plötzlich Dinge tut oder sagt, die verstörend sind und nicht zu dem zu passen schienen, was davor passierte.



    Insgesamt fand ich, das Buch hat stark und interessant begonnen und dann leider sehr nachgelassen. Die Geschichte zog sich wie Gummi, vieles wirkte auf mich nicht ganz durchdacht bzw. viel zu stark konstruiert. Der Schreibstil war auch bei weitem nicht so packend wie in der Trilogie. Die Beschreibungen der Hungerspiele - auch wenn diese nicht im Mittelpunkt der Handlung standen - wirkte lahm. Es gab keinen Moment in der Geschichte, in dem ich irgendwie mitgefiebert hätte - mit wem auch immer. Damit meine ich nicht nur die Hungerspiele, sondern die gesamte Geschichte.


    Es ist in Ordnung für mich die Geschichte nun zu kennen, gebracht hat sie mir leider gar nichts. Im Gegenteil verstehe ich jetzt weniger als vorher. Etwas gestrafft und spannender geschrieben hätte es sicher ganz gut werden können. Von mir gibt es sehr wohlwollende :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:.

  • Uns hat das Buch insgesamt allerdings mit vielen Fragezeichen zurück gelassen. Ich habe nicht das Gefühl, die Figur Snow nun besser zu verstehen oder zu kennen


    Zwischenzeitlich haben wir uns schon gefragt, ob wir etwas verpasst bzw. nicht richtig aufgepasst haben, weil Snow plötzlich Dinge tut oder sagt, die verstörend sind und nicht zu dem zu passen schienen, was davor passierte.


    Ich habe hinterher auch darüber nachgedacht, ob er letztlich zu diesem Verhalten getrieben wurde - im Sinne von Menschlichkeit vs. (Karriere in) Panem - oder ob er schon immer so gewesen ist und alle getäuscht hat. Vielleicht ist es ja sogar eine Melange aus beidem.

    Am Ende bin ich zu dem Schluss gekommen, dass sie ihm einen Großteil seiner Faszination geraubt hätte, wenn alle Fragen beantwortet werden und seine Person nachvollziehbar wird.



    Aber vielleicht nehme ich Suzanne Collins da auch zu sehr aus der Verantwortung, denn ich kann Deine bzw. eure Sichtweise durchaus nachvollziehen.

    Ich war ja, ob der plötzlichen Wendung auch etwas geplättet und es hätte gut passieren können, dass diese Volte bei mir überhaupt nicht verfängt.

    Danke für Deine Antwort, ich finde es immer sehr spannend, andere Eindrücke zu hören.

    "Ich bin eitel, hochmütig, tyrannisch, blasphemisch, stolz, undankbar, herablassend - bewahre aber das Aussehen einer Rose" Pita Amor

  • Ich habe nun das Buch auch gelesen, an sich sehr gutes Prequel, das spannend zu lesen war. Allerdings gab es auch ein Paar Längen, wo die Geschichte sich zog und nicht vom Platz kam. Doch alles in allem hat es mir gut gefallen.

    Ich konnte den Hauptprotagonisten Snow nun besser verstehen, allerdings habe ich ihn nicht gemocht, und es kam keine Sympathie dem gegenüber auf. Der ist doch ein unmöglicher Mensch, der nur auf eigenen Vorteil bedacht ist. :wuetend:Die Liebesgeschichte war auch recht interessant, und das Mädchen Lucy Gray war mir auch sympathisch.

    Die Autorin hat es geschafft mich zu überraschen, aber diese Story ist nicht notwendig um die ganze Reihe besser zu verstehen, man kann darauf verzichten.

    Doch wenn man noch etwas länger in der Welt vom Panem verweilen möchte, ist diese zu empfehlen. :) Ist gut zu lesen. :thumleft:

    2024: Bücher: 73/Seiten: 32 187

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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  • Das Buch kommt ja nicht bei allen Lesern so gut an - aber dennoch war ich als Fan der Panem Trilogie neugierig, welche Entwicklungen die Hungerspiele genommen haben und vor allem auch auf Coriolanus Snow. Ihn kennt man ja als gefühllosen Diktator, der mit Angst und Schrecken im Kapitol herrscht - einem Staat in Nordamerika in einer Zukunft, in dem sich ein Gesellschaftsmodell entwickelt hat, das auf absoluter Macht aufgebaut ist.


    In dieser Geschichte lernt man Coriolanus kennen, als er 18 Jahr alt ist. Seine Familie ist zwar immer noch angesehen und lebt im reichen Viertel des Kapitols, doch er, seine Cousine Tigris und seine "Großmadame" haben seit Jahren täglich mit Hunger zu kämpfen und es fällt ihm zusehends schwer, nach außen seinen Status aufrecht zu erhalten.

    Behütet als Kind war es für ihn ein einschneidendes und weitreichendes Erlebnis, als die Rebellion der Distrikte in einen Krieg mit dem Kapitol ausgeartet ist. Angst und Hilflosigkeit haben viele Jahre seines Lebens geprägt und den Hass gegen die Menschen aus den Bezirken außerhalb geschürt. Ein täglicher Kampf ums Überleben, auch nach dem Triumph des Kapitols, da die Geldmittel seiner Familie aufgebraucht sind, hat ihn zu einem kühlen, berechnenden Menschen werden lassen.

    Andere Familien haben jedoch natürlich Kapital aus dem Sieg geschlagen und um die Macht der Herrscherklasse immer wieder zu demonstrieren und nicht vergessen zu lassen, wer das Sagen hat, wurden die Hungerspiele eingeführt; ein grausamer Kampf auf Leben und Tod in der Arena, die zu der damaligen Zeit noch lange nicht die Ausmaße hatte, wie man sie aus der Trilogie kennt.


    "Im Kapitol legte man Wert darauf, dass sich alle die Spiele ansahen, doch viele drückten sich davor. Die Herausforderung bestand darin, sie für die Zuschauer spannender zu gestalten."

    Zitat Seite 24


    Snow wird als Mentor eines der Tribute eingesetzt - eine Chance für ihn, ein Stipendium und damit ein Preisgeld zu ergattern, die einzige Möglichkeit, weiter aufzusteigen und seine Familie wieder zu Ruhm gelangen zu lassen.

    Da die Idee, Mentoren einzusetzen, noch relativ neu ist, passieren jedoch einige Patzer, die tödliche Folgen haben, was das Interesse der Öffentlichkeit an den Spielen schürt. Auch andere Neuerungen sollen die Beteiligung der Zuschauer fördern und dem ganzen einen neuen Reiz verleihen.


    Obwohl Snow von Kindheit an durch Angst und Hunger gelernt hat, die Menschen in den Bezirken außerhalb des Kapitols zu hassen, verspürt er ein gewisses Unbehagen. Er ist hin- und hergerissen zwischen Mitleid und der Ungewissheit seiner eigenen Zukunft, was seinen Mut zum Handeln sehr eingrenzt. Trotzdem kommt es zu kompromittierenden Aussagen, wie ungerecht und verabscheuungswürdig die Hungerspiele sind und ich hab mich während dem Lesen immer wieder gefragt, wie es dazu gekommen sein mag, dass er sich in einen so kaltherzigen und abgebrühten Menschen entwickelt, wie man ihn aus der Trilogie kennt. Denn auch wenn er emotionslos wirkt kommen doch immer wieder Gefühle in ihm auf, die aus dem Dunst seiner Beherrschtheit ausbrechen wollen. Die tief sitzende Furcht gewinnt allerdings immer wieder die Oberhand...


    "Ihre Niederlage hatte ein bis dahin nicht gekanntes Gefühl der Sicherheit mit sich gebracht, und das war wunderbar gewesen. Die Sicherheit, die nur durch Übermacht entstehen konnte. Durch die Fähigkeit zu herrschen. Ja, das war das Schönste gewesen."

    Zitat Seite 217


    Auch seine anderen Mitschüler sind nicht alle begeistert über die Demütigungen und dem brutalen Reiz der Hungerspiele, haben aber kaum eine Chance, sich dagegen zu wehren. Im Grund wissen die meisten nämlich ganz genau, wie falsch das alles ist, aber sie scheinen mir hilflos, als wäre jeder Protest sinnlos und auch gefährlich. Dazu trägt vor allem auch die Spielemacherin Dr. Gaul bei, die für mich hier die wahre Antagonistin ist, die im Hintergrund ihre Fäden zieht. Ihre Lehre, den Krieg niemals beenden, sondern beherrschen zu müssen, lässt sie gekonnt in die Gedanken der Schüler einfließen und setzt damit den Grundstock für Verachtung und Hochmut.


    "All ihre guten Manieren, Erziehung, familiärer Hintergrund, alles, worauf Sie stolz sind - im Bruchteil einer Sekunde fortgewischt, und übrig bleibt nur, was Sie eigentlich sind. Ein Junge mit einem Stück Holz, der einen anderen Jungen totschlägt. So ist der Mensch in seinem Naturzustand."

    Zitat Seite 288


    Es hat mich sehr gefesselt, auch wenn grade anfangs keine großen Spannungsbögen vorhanden waren, bis es plötzlich zu einem Vorfall kommt, der mich so unerwartet und kalt erwischt hat, wie ich es von Suzanne Collins gewohnt bin. Vor allem, da das ganze in einem so nüchteren Stil erzählt wird, dass die Brutalität so unvermittelt und überraschend kommt und das Bild wieder scharf stellt.

    Die großen Gefühle dafür blieben bei mir jedoch aus, was wirklich schade ist, aber das monotone Schema macht es fast unmöglich für mich.


    Dieser Band gibt dennoch einen sehr guten Einblick auf die Geschichte von Panem und die Entwicklungen dieser Gesellschaft. Auch wenn Snow´s Charakter mich nicht animiert, ihn als Freund haben zu wollen, kann ich ihn definitiv besser verstehen und seine Beweggründe nachvollziehen. Ein gutes Beispiel, wie Propaganda funktioniert und wie leicht Manipulationen umzusetzen sind.


    Ich bin gespannt, wie die Trilogie jetzt, mit dem "Vorwissen" auf mich wirkt und freu mich schon auf den re-read! :)


    Mein Fazit: 4 Sterne


    Weltenwanderer

  • Mmh, so, ich habe die Geschichte nun auch durch und es war schon ein soludes Stück Erzählkunst. Die Sicht auf die menschliche Natur, die Coryo sowohl während der Hungerjahren im Krieg entwickelt...


    ... und die durch seine Erfahrungen als Mentor der Hungerspiele und Friedensbewahrer in Distrikt 12 hinterfragt und weiterentwickelt wird, ist ja leider nicht solitär, wie wir immer wieder beim Hören, Sehen oder Lesen der Nachrichten erfahren müssen. Wenn man vor diesem Menschenbild Ruhe und Frieden bewahren möchte, dann erscheinen radikale, restriktive Maßnahmen immer gerechtfertigt - auch wenn Wellen von Solidarität in Krisenzeiten wieder ein anderes Bild der menschlichen Natur zeichnen.


    Mit viel Symbolik und sprechenden Namen (nicht nur in Distrikt 12) betont dieser Roman zur Erklärung Snows (und anderer autokratischer Herrscher) die Angst vor der menschlichen Natur, die es dringend zu kontrollieren gilt. Eine Auffassung, die von der folgenden Trilogie in Frage gestellt wird.


    Nette - wenn auch nicht unbefingt notwendige - Ergänzung zu den 'Hungerspielen.'

  • Kurzmeinung


    Insgesamt hat es sich wirklich gut gelesen.

    Hauptperson ist natürlich Coriolanus Snow und seine oft widersprüchlichen oder auch gegensätzlichen Gedanken und Handlungen.

    Er ist mit 18 noch ziemlich jung, lebt im Kapitol in ärmlichen Verhältnissen mit mehr Schein als Sein und weiß anfangs noch nicht so richtig, wohin mit sich und seinen Hormonen, will seinen Weg finden, ist oft noch unsicher und abhängig.

    Er weiß aber, dass er eigentlich zur Elite des Kapitols gehört und mit allen Mitteln auch weiter gehören will.

    Die Entwicklung hin zu der Person, die er in der Panem-Trilogie geworden ist, ist bereits in dem jungen Alter am Ende gut erkennbar und lief über einen erstaunlich kurzen Zeitraum ab.

    Die Hungerspiele waren zu der Zeit noch nicht so "durchgestylt", aber natürlich nicht weniger tödlich.


    Leider haben alle anderen Charaktere rund um Herrn Snow wenig Tiefe und bleiben oberflächlich, was ich besonders bei Lucy Gray sehr schade fand und für mich unverständlich ist.


    Alles in allem hätte es die Geschichte so, wie sie erzählt wurde, für mich jetzt nicht gebraucht.


    Von mir gibt es :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    Irrlicht und Hexe (7. Hexenregel: Unterschätze nie die Kraft des Wortes - es hat eine besondere Kraft, es kann befreien, anstoßen und verändern, aber auch verletzen und zerstören)