Ernest Hemingway - In einem andern Land/A Farewell to Arms

  • Der Amerikaner Frederic Henry kämpft im 1. Weltkrieg auf Seiten der Italiener und ist recht bald desillusioniert von der schmutzigen, blutigen Realität der Auseinandersetzungen in den Bergen. Er lernt dort die schottische Krankenschwester Catherine kennen und begegnet ihr unverhofft wieder, als er selbst verwundet wird und in einem behelfsmäßigen Lazarett landet. Die beiden verlieben sich trotz der widrigen Umstände, ohne groß an eine gemeinsame Zukunft zu denken, doch dann wird Catherine schwanger, und Frederic ist sich immer sicherer, dass er nicht mehr an diesen Krieg glaubt.


    In "Der alte Mann und das Meer" hat mich Hemingway überzeugt, dass er sich großartig in Menschen hineinversetzen kann, die in einer Extremsituation stecken, und teilweise blitzt dieses Können auch in diesem Buch auf, in ein paar wirklich starken Szenen mitten im Kampf oder bei dem vergeblichen Versuch, ein paar klapprige Ambulanzwagen über schlammige Straßen zum nächsten Verbandsplatz zu schaffen oder auch, als Frederic Catherine und sich selbst in Sicherheit bringen will.


    Leider besteht das Buch aber vor allem in der ersten Hälfte zu weiten Teilen aus Besäufnissen und mehr oder weniger alkoholisiertem Geplauder unter Soldaten, das zu viele Anspielungen enthielt, die sich wohl nur Zeitgenossen oder sehr guten Kennern der Umstände erschließen und auf mich eher belanglos bis unverständlich wirkten, und auch die Liebesgeschichte hat mich nicht ganz überzeugen können. Für mich kam die Anziehung zwischen den beiden nur selten wirklich rüber, die große Leidenschaft wurde zwar angesprochen, aber ich konnte sie nicht spüren. Die Dialoge zwischen Henry und Catherine empfand ich insbesondere anfangs auch als ziemlich schrecklich, sie erscheint darin häufig regelrecht dümmlich mit ihren ständigen Fragen, ob sie ihm denn auch eine gute Frau sei.


    Die zweite Hälfte der Geschichte gefiel mir wesentlich besser (wobei "gefallen" bei diesem insgesamt eher deprimierenden Buch wohl der falsche Begriff ist), hier wurden die beiden auch als Paar und als Menschen lebendiger und greifbarer und es gab auch einige unvorhergesehene Wendungen, die mich teilweise wirklich kalt erwischt haben. Man kann auch davon ausgehen, dass man mit dem Wissen um den Ausgang das Buch mit anderen Augen lesen würde - die Emotionslosigkeit und manchen zähen Dialog hat das für mich aber trotzdem nicht wettgemacht.

  • Seltsam: unter dem englischen Titel war es mir bekannt, unter dem deutschen nicht. Ob es aber - wie es im Klappentext heißt - der berühmteste Roman Hemingways ist - darüber ließe sich streiten. Der alte Mann und das Meer und auch Wem die Stunde schlägt habe ich zB sehr hoch eingeschätzt. Da ist Deine Meinung zu diesem Buch doch etwas verhaltener.


    Danke für die Rezi!

  • Ich hätte mir ein bisschen mehr davon erwartet - mir hat "Der alte Mann und das Meer" um Längen besser gefallen.

  • Ich muss Magdalena leider in allen Punkten zustimmen. Vor Jahrzehnten hatte ich mit Begeisterung alles von Hemingway gelesen, und soweit ich mich erinnere auch gut gefunden. Klar, "Wem die Stunde schlägt" und auch "Der alte Mann und das Meer" sind herausragend und im Gedächtnis geblieben, aber "In einem anden Land" fand ich bei erneutem Lesen recht mittelmässig. Insbesondere die beiden ersten Drittel nervten mich das belanglose Geplapper der Soldaten. Und auch die Liebesgeschichte wird doch recht platt und gefühllos geschildert. Das naive Weibchen, deren grösste Sorge es ist, dem Mann zu gefallen. Okay, das waren damals andere Zeiten, und auch die Männer in den Schützengräben waren eher zu derben Spässchen als zu philosophischen Gedanken aufgelegt - aber weiterempfehlen würde ich den Roman heutzutage nicht mehr.

    Immerhin gefiel mir der Schluss dann doch noch ganz gut, aber das erneute Lesen früherer Lieblingsstücke ist manchmal sehr ernüchternd.

  • Der Amerikaner Frederic Henry ist im ersten Weltkrieg Sanitäter in Italien, wo er die britische Krankenschwester Catherine Barkley kennenlernt, deren Verlobter an der Somme gefallen ist. Die beiden beginnen eine Affäre, obwohl Frederic davon überzeugt ist, dass er Catherine nicht liebt.


    Nach einem Angriff wird Frederic so schwer verletzt, dass er in das amerikanische Lazarett in Mailand verlegt werden muss. Catherine folgt ihm und wird im selben Lazarett verpflichtet. Frederic erkennt, dass sich seine Gefühle für sie geändert haben: er hat sich in sie verliebt. Die Affäre der beiden bleibt nicht ohne Folgen: Catherine wird schwanger.


    Nach seiner Genesung muss Frederic zurück an die Front, aber während des Rückzugs nach dem Durchbruch der Österreicher desertiert er, um Catherine und das ungeborene Kind in Sicherheit zu bringen. Gemeinsam gehen die beiden in einen kleinen Ort am Lago Maggiore, aber nachdem er als Deserteur erkannt wird und die Verhaftung droht, flüchten die beiden über den See in die Schweiz, um dort die Geburt ihres Kindes abzuwarten.


    Mein FazitAm Anfang hatte ich Probleme mit dem Stil der Erzählung. Frederic beschreibt seine Erlebnisse im Krieg sehr distanziert. Nichts scheint ihn zu berühren. Auch Catherine und ihre offensichtliche Zuneigung zu ihm sind ihm daher lästig als angenehm.


    Trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, schafft es der Autor, die Schrecken des Kriegs sehr eindrücklich zu vermitteln. Ich hatte beim Lesen ständig Bilder im Kopf, so dass es mir manchmal mehr vorkam, als ob ich einen Film sehen statt ein Buch lesen würde. Die Schrecken des Kriegs waren sehr präsent.


    Erst als Frederic verwundet wird, zeigt er Gefühle. Vielleicht war es das erste "echte" Gefühl der eigenen Sterblichkeit, vielleicht die Einsamkeit im Lazarett: auf einmal ist Catherine nicht nur die seltsame Britin, sondern er sieht sie wirklich als seine Partnerin an. Aber dann wird sie schwanger und wieder kommt mir Frederic so vor, als ob im die ganze Angelegenheit eher lästig ist. Aber nach und nach habe ich erkannt, dass es für ihn unmöglich ist, sich mit dem Vaterwerden auseinander zu setzen, wenn rings um ihn die Menschen sterben. Erst nach der gelungenen Flucht lässt er Gefühle zu.


    Trotzdem konnte ich die kalte Art, in der Frederic seine Geschichte erzählt, nicht begreifen. Erst ganz zum Schluss habe ich verstanden, warum das so ist und seine Geschichte in einem ganz anderen Licht gesehen.


    Auch wenn mir das Buch gut gefallen hat, kann ich die Kritik von meinen VorrednerInnen verstehen.