André Heller - Uhren gibt es nicht mehr

  • ### Inhalt ###

    André Heller, laut Wikipedia ein österreichischer Künstler und Kulturmanager, hat in diesem Buch insgesamt 18 Gesprächsprotokolle zwischen ihm und seiner Mutter Elisabeth Heller in ihrem 102. Lebensjahr kurz vor ihrem Ableben aufgeschrieben. Es geht in den Gesprächen um Rückblicke über das gemeinsam Erlebte, über die Familie, die Menschen, die die Familie kannte, über den Wandel von Kultur und Umgangsformen, die die alte Dame erlebt hat, einfach um alles Ungesagte und Bedeutende, was noch einmal gesagt werden muss, damit seine Mutter gelassen sterben kann.


    ### Meinung ###

    Ich interessiere mich schon länger für das Denken und Fühlen von sehr alten Menschen kurz vor ihrem Ableben. Dieses Buch ist eine reiche Fundgrube darüber, worauf es ankommt, wenn man zurückblickt. In dem Buch sind Fotos der Familie Heller, die meisten von Elisabeth Heller. In dem Buch unterhalten sich Mutter und Sohn. Das Buch ist teilweise ein Frage-Antwort-Spiel, teilweise ein Dialog, in dem beide ihre Gedanken zum Ausdruck bringen. Es scheint es Wort-für-Wort-Aufzeichnung zu sein. Im Allgemeinen kann man sagen, dass diese Gespräche zwischen Mutter und Sohn auch ein Abschiednehmen und ein Begleiten sind, bei dem Ungeklärtes und Ungesagtes nochmal ans Licht kommt und auch damit die Mutter nicht alleine ist in ihren letzten Tagen.

    Das Buch umfasst gerade mal um die hundert Seiten, aber es stecken so viele wichtige Ideen und Gedanken drin auch zwischen den Zeilen, dass es unmöglich ist, hier einen umfassenden Überblick zu geben. Ich gehe hier nur auf wenige interessante Einsichten ein, teilweise zitiere ich:


    Frau Heller hat mit Gott abgeschlossen, da er Kriege zugelassen hat. Das Feuer und der Lärm und die Explosionen hallen in ihr immer noch nach.

    Sie schämt sich, nichts gegen den Krieg gemacht zu haben. Sie erinnert sich an einen Fall, bei dem sie einem sterbenden Soldaten einen Kuss verweigert hat. Das wäre eine Geste gegen den Krieg und für den Frieden gewesen.


    Ihre Gebrechlichkeit ist sehr deprimierend für sie.


    Was würde sie anders machen, wenn sie nochmal am Anfang stünde? Arbeiten! Unabhängig, selbstbestimmt und frei von einem Mann sein.


    Nachrichten sind nur Wiederholungen von Dummheit und Hass und Neid.


    "Zum Altwerden braucht man Disziplin. Richtig schlamperte und unachtsame Leute werden nicht alt. Die Disziplin ist eine Paketschnur, die einen zusammenhält, vor allem die Gesundheit."


    "Man soll überhaupt sehr dankbar sein, dem Regen, dass er regnet, den Vogerln, dass sie fliegen und zwitschern, den Kastanienbäumen, dass sie so schön blühen, ist doch alles nicht selbstverständlich. Eigentlich ist gar nichts selbstverständlich."


    "Ich glaube Verständnis wäre gut, man ist oft unverständig."


    "Genießen ist gescheit, das Schöne auskosten"


    "Gütig sollte man sein, aufmerksam auch und sich nie für was besseres halten."


    "Stil und Manieren sind fast gänzlich abgeschafft"


    Was müssten Menschen dringend lernen: Bescheidenheit und Güte


    "Konsequent umzusetzen, was man bereits zutiefst als richtig und notwendig erkannt hat, ist oft sehr schwierig."


    "Es ist schrecklich wie manche Leute sich gehen lassen."


    Ihre Geliebten haben sich nie zu ihr bekannt. Sie hatte nie vertrauensvolle Beziehungen zu ihnen. Aus ihrer Sicht ein bedauerliches Versäumnis.


    "Ich war zu wenig eigenständig sichtbar."


    ### Fazit ###

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    Eine reiche Fundgrube tiefer Einsichten einer Frau, die über hundert Jahre gelebt hat.

    Der ideale Tag wird nie kommen. Der ideale Tag ist heute, wenn wir ihn dazu machen. -- Horaz


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