Clare Empson - Zweimal im Leben / Him

  • :study: Eine Geschichte über Missbrauch aller Art und ihre Folgen



    Inhaltserzählung:


    Ich fühle mich wie in einem Glaskasten. So laut ich auch schreie, niemand wird mich hören. Mein Weinen, die Schreie sind nur ein Strudel, in dem ich untergehe. Am Boden überall Wörter, Ströme von Buchstaben, die aus meinem Hirn quellen. All die Fragen, die ich nicht stellen kann, all die Antworten, die ich nicht geben kann. Als dein Name fällt, verlangsamt sich wie immer die Welt, die Luft wirkt kühler, und einen Moment lang verliere ich das Gefühl für Wörter und ihre Bedeutung. Und vielleicht beginnt in diesem Moment unsere Geschichte aufs Neue, nach fünfzehn Jahren. Als dein Name auftaucht und die Entfernung zwischen uns überbrückt.


    (Catherine, Seite 20 und 269)



    Nirgendwo sehe ich dich, spüre dich aber immer noch. Wie dein Haar über mein Gesicht weht, wie deine Hand sich in meine fügt. Nachts wache ich auf und höre dich leise atmen. Du bist nicht mehr bei mir, aber dennoch immer da.


    (Lucian, Seite 17)




    Autorin:

    Clare Empson ist eine britische Schriftstellerin und Journalistin. Sie arbeitete viele Jahre lang für renommierte Zeitungen und schrieb zahlreiche Artikel und Kolumnen. Später gab sie das stressige Großstadt-Leben jedoch auf und zog aufs Land. Dort gründete sie ihren Kultur- und Lifestyle-Blog Countrycalling. Zu dieser Zeit fing sie dann an, inspiriert von der idyllischen Landschaft, erste Geschichten und Romane zu schreiben. Schließlich gab sie ihr Debüt als Autorin mit ihrem Roman „Zweimal im Leben“, in dem sie die dunklen Seiten des Paradieses beleuchtet. Heute lebt Empson zusammen mit ihrer Familie zwischen Wiltshare und Dorset.



    Übersetzerin:

    Sibylle Schmidt



    Bewertung:


    Erstmal muss ich mich für die lange Wartezeit zur Rezension entschuldigen. Leider brauchte ich viel Abstand zum Buch, um eine Rezension schreiben zu können. Dies ist der Autorin und dem Verlag geschuldet, die mit dem irreführendem Klappentext und der irreführenden Aufmachung nicht nur völlig falsche Erwartungen geweckt haben, sondern auch keinerlei Triggerwarnung beigefügt haben. Das hat bei mir dazu geführt, dass ich während und nach dem Lesen völlig verstört war und die Geschichte mir unangenehm nachging. Dieses Buch braucht dringend eine Triggerwarnung bezüglich Missbrauch aller Art! Das seelische Wohlbefinden muss über das bisschen Spoiler, was einem erwartet, an vorderster Stelle stehen!


    "Ach, komm schon, du hast doch bestimmt zwei Stunden Zeit für 'ne Mittagspause, oder nicht?"

    "Es ist einfach so, dass ich gerade eine neue Beziehung angefangen habe."

    "Weiß ja nicht, was du dir vorgestellt hast, aber ich dachte wirklich nur an Lunch. Fisch und ein Glas Wein."

    "Heute nicht", sagte ich dann, als weise ich einen Staubsaugvertreter an der Haustür ab.

    "Dann probieren wir's morgen noch mal", war deine Antwort.

    (Seite 14)


    Das Cover passt sich dem Eindruck der Geschichte an; nicht zu kitschig, sondern leicht modern, aber doch auch klassisch. Ich bin begeistert davon, dass hier auf Glitzer, Schnickschnack und nackte Menschen verzichtet wird. Die Schrift ist im durchschnittlichen Vergleich anderer Bücher groß. Gefällt mir sehr gut, ebenfalls die Gesamtaufmachung Außen und Innen. Das Buch beweist auch wieder, dass es nicht teuer sein muss; es ist ein Klappenbuch mit überdurchschnittlich vielen Seiten und kostet dennoch nur 10,00 €. Die allermeisten Bücher in diesem Format kosten 12,95 € bis 14,00 €. Es geht also ohne Überteuerung.


    Menschen wie sie verschwinden nicht einfach. Ich hoffe, du glaubst mir das.

    (Lucian, Seite 429)


    Was mir merkwürdig und unnötig vorkommt, ist der Aufkleber auf dem Cover. Eine Drei-Wörter-Meinung von Rosie Walsh. Erstens: Wer ist Rosie Walsh? Und zweitens: Was soll das? Könnte genauso gut zu den anderen nichtssagenden Meinungen am Buchrücken außen oder innen gedruckt werden. Warum so ein unnötiger Aufkleber vorne? Was sollen eigentlich diese nichtssagenden Einwürfe im Buchrücken innen? "Ich konnte nicht aufhören zu lesen!" oder "Ein Pageturner, der einem das Herz bricht!" ... was sagen die bitte aus? Das gibt mir doch keinen Hinweis, ob ich das Buch lesen möchte oder nicht! Was für ein Schwachsinn. Wenn sie schon Leser zitieren möchten - wogegen ich gar nichts habe - dann bitte auch richtige Aussagen über das Buch!


    "Mein Leben hat noch gar nicht richtig angefangen", sagte ich damals, und zum ersten Mal bogen sich deine Mundwinkel nach oben.

    "Vielleicht fängt es genau jetzt an", hast du gesagt.

    (Catherine und Lucian, Seite 59)


    Es gibt drei verschiedene Zeiteinteilungen; einmal das Heute, vor 4 Monaten und vor 15 Jahren. Die verschiedenen Zeiteinteilungen finde ich sehr gut gemacht, es wird mächtig Spannung und Neugier aufgebaut. Ich wollte die ganze Zeit wissen, wie es weitergeht, was vorgefallen ist und fantasierte herum. Allerdings kann ich die Kritik einiger meiner Lesekumpanen bezüglich der vielen Zeittonen nachvollziehen. Wenn drei verschiedene Zeiträume aufeinandertreffen und das in kurzen Kapiteln ... kann es sich anfühlen wie ein Schleudertrauma. Mir persönlich gefiel es sehr gut, besonders, weil die Kapitel kurz sind, sonst hätte ich den Durchblick verloren und vergessen, in welcher Zeit ich denn gerade war. So wusste ich das immer und musste nicht angestrengt lesen. Nach dem ersten Drittel wurde ich aber doch was ungeduldig und fragte mich "was ist denn nun passiert?!".


    Es ist ein Tag der Abschiede. Mein Kopf ist voller Worte, die ich nicht aussprechen werde. Geh nicht. Bitte bleib. Ohne dich bin ich verloren.

    (Lucian, Seite 280)


    Ich fand es störend, dass während der Erzählung in die Vergangenheit (vor allem die von "Vor fünfzehn Jahren") die Erzählung an sich hin und herspringt- also die Anrede; erst "Du" dann "Er" (allgemein erzählt), entweder erzählt Catherine in Du-Form ("Du hattest ...") und springt dann im nächsten Satz wieder zur Ich-Form bzw. Allgemein-Form ("Er nahm das wahr ..."). Mit "Du" und "Er" ist Lucian gemeint, und eben auch allgemein andere. Ich finde das irritierend und sprunghaft. Kommt mir unkorrigiert vor.


    "Man muss die Verantwortung übernehmen, für das Schlechte ebenso wie für das Gute."

    (Catherine, Seite 163)


    Ich fand weder Catherine noch Sam besonders sympathisch! Die geben ein tolles Paar ab, die nehmen sich gegenseitig nichts an Antisympathie weg. Der Einzige, der bei mir gerade gut ankam, war Lucian. Bei den Nebencharakteren mochte ich tatsächlich Jack - einen Schwerenöter-Ruf haben sie ja fast alle. Daher ist das für mich kein Ausschließkriterium. Und Rachel ist mir auf ihre Art ebenfalls sympathisch gewesen. Aber Sam und Catherine? Vor allem Sam ... betrügt sie und benimmt sich da dann ganz typisch Mann! Das muss man wirklich anerkennen! Aus Spoilergründen kann ich mich nicht näher dazu äußern. Die Clique von Lucien ist in jedem Fall ziemlich problembelastet udn jeder der Charaktere kämpft mit seinen eigenen Dämonen. Hier ist die Devise "Ignorieren und Weitermachen" untereinander geregelt. Niemand möchte sich wirklich mit seinen Dämonen oder den der anderen auseinandersetzen. Das hat die Autorin sehr deutlich hervorheben können.


    Du hast dich mir hingegeben und ich mich dir, und wir waren uns einig und wollten nichts anderes. Warum auch?

    (Lucian, Seite 369)


    Im Bezug auf Catherines großes Geheimnis hatte ich zunächst die naheliegendste Vermutung, in meinen Augen. Das verwarf ich wieder, weil die Autorin Catherine dafür untypisch erscheinen ließ. Ab der Mitte des Buches war es mir jedoch klar, was passiert ist. Trotzdem wurde ich mit kleinen Wendungen überrascht.


    Wie das oft so ist zwischen uns: Was wir nicht aussprechen, tönt am lautesten.

    (Lucian, Seite 55


    Letztendlich habe ich mich aber über meine Lesekumpanen etwas aufgeregt, da diese ihre persönlichen Erwartungen an das Buch mit der Geschichte an sich gleichgestellt haben. Was kann die Autorin oder die Geschichte dafür, dass ich etwas bestimmte erwarte? Und nur, weil es nicht nach meinen Erwartungen geht, bewerte ich das Buch schlecht. Es wurde teilweise die realistische Darstellung von Handlungen kritisiert, weil das nicht erwartet wurde ... Das finde ich unfair und völlig konträr.




    Fazit:

    Das Ganze erinnert mich stark an Nicholas Sparks "Wie ein einziger Tag". Es zeigt deutliche Parallelen, was weder gut noch schlecht bedeutet. Jedoch ist diese Version deutlich düsterer und dramatischer. Es gab für mich auch einige Ungereimtheiten, die nebensächlich waren, aber dennoch nicht richtig erklärt. Da haben meine Lesekumpanen und ich etwas rätseln müssen.


    Der größte Minuspunkt ist aber die fehlende Triggerwarnung bezüglich der missbräuchlichen Handlungen, da mich das sehr verstört hat und nicht nur mich. Selbst eine Tauschpartnerin auf Tauschticket hat mir zum Buch geschrieben und mir für die Triggerwarnung gedankt, da sie mit solchen Geschichten nicht umgehen kann. Eine Riesenfahrlässigkeit oder ekelhaftes kahlkühl von Autorin und Verlag! Wer Schwierigkeiten mit Missbrauchgeschichten hat, sollte die Finger hiervon lassen.


    Ansonsten hat die Autorin es geschafft, meine Neugier aufrecht zu erhalten, die Charaktere sehr schön ausgeschrieben und die frustrierende Atmosphäre bis zum Ende beizubehalten. Daher vergebe ich hier noch 3,5 Sterne.


    "Dummerchen", hast du gesagt. "Warum rechnest du immer mit dem Schlimmsten?"

    Das lag eigentlich nahe. Denn das Beste war so wunderbar, so berauschend unfassbar wundervoll, dass ich niemals mehr darauf verzichten wollte.

    (Lucien und Catherine, Seite 273)




    Zuletzt möchte ich mich beim wasliestdu-Team und dem Verlag für das Lese-Exemplar bedanken. Die Leserunde war zum Teil sehr erfreulich.

    :study: In Büchern zu lesen bedeutet zu träumen :study:

    :friends:Lesen & lesen lassen :friends:

    :-,Reich bestückte Scheichin mit einem exklusiv vielseiteigen Harem:-,

    :twisted: Wer zu viel ironiert, bekommt einen Sarkasmus! :twisted:


    :queen: Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht. :king:

    (Abraham Lincoln)




  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Clare Empson - Zweimal im Leben“ zu „Clare Empson - Zweimal im Leben / Him“ geändert.
  • Ich wurde heute Nacht mit dem Buch fertig. Das Buch hat mir von der ersten Seite an gut gefallen und ich fieberte ständig dem weiterlesen entgegen, konnte aber jederzeit aufhören. Nicht so heute Nacht, denn zum Ende hin ging einfach alles plötzlich enorm schnell und ich wollte unbedingt wissen, wie das Buch endet...


    Mit hat es sehr gut gefallen, dass das Buch aus drei verschiedenen Zeitzonen erzählt. Die jeweiligen Kapitel fand ich von der Länger her wirklich gut, manchmal hätten sie länger sein können.


    Catherine und Sam - hmmm... ich habe bis zum Schluss nicht wirklich einen guten Draht zu den beiden als Paar gehabt. Hier ging es mir viel zu sehr um die Tatsache, dass Sam Catherine über alles liebt, alles für sie tun würde und viel zu sehr selbst verloren geht. Catherine wiederum weiß genau das alles, nimmt es hin, nutzt es meiner Meinung nach etwas aus und macht es sich etwas zu einfach für meinen Geschmack.


    Catherine und Lucien - wow! Bei den beiden prickelt alles, man liest eine innere Zufriedenheit und absolute Harmonie heraus - obwohl die beiden grundverschieden sind. Trotzdem haben sie für mich ein tolles Paar abgegeben und ich habe die Passagen über die beiden gerne gelesen - auch wenn plötzlich und vor allem zum Ende alles anders kommt...


    Lucien´s Freunde, die einen großen Teil des Buches ausmachen - schwierig... eigentlich mag ich dieses übertrieben protzige Jet-Set-Leben nicht besonders. Trotzdem passen sie eben genau in diese Geschichte und jeder hat einen für die Geschichte wichtigen Part.


    Zu Anfang dachte ich schnell, dass es ein 5-Sterne Buch wird. Im Mittelteil ging meine Meinung eher zurück zu 3-4 Sternen. Ich mag in meinem Privatleben keine Lügen, keinen Betrug, keine Intrigen, daher möchte ich genau solche Themen nicht in meiner Freizeit lesen. Allerdings haben mir die Wendungen dann doch immer gut gefallen und ich habe immer wieder auf ein Happy-End gehofft. Heute geistert mir das Buch ständig wieder im Kopf herum und da es mir letztendlich einfach doch sehr gut gefallen hat, habe ich 5 Sterne vergeben :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: