Angeregt durch Marie fange ich hier mal ein Thema an, in dem wir uns darüber unterhalten können, wie wir überhaupt auf Ideen zu den Büchern und insbesondere zu den Protagonisten bekommen, und wie wir sie entwickeln. Das ist natürlich ein sehr weitreichendes Thema, das sehr umfassend geführt werden kann. Allein ich kann damit bestimmt schon etliche Seiten füllen, versuche aber, mich zunächst einmal kurz zu halten und werde dann, wenn Fragen auftauchen, gerne weiter ins Detail gehen.
Zunächst einmal: Wie kommt man überhaupt auf die Idee für ein Buch?
Bei mir ist es total unterschiedlich. Die Idee für meinen ersten Roman (die Bienenkönigin) hatte ich bereits in jungen Jahren. Es war eine Fantasie, ein Traum, um mich von der Realität abzulenken. Ich habe mich in die Figur geträumt, um etwas Besonderes zu sein. Darum hat die Protagonistin auch viele Komponenten, die ich mir in jungen Jahren zugeschrieben hatte.
Zum zweiten Roman (Der Vamp) haben zwei Komponenten geführt. Zum einen hatte mein Mann sich beschwert, dass es so lange dauert, bis es zur Sache geht, was in mir den Gedanken ausgelöst hat, ein Buch zu schreiben, in dem es in jedem Kapitel mindestens einmal »zur Sache« gehen muss, zum anderen gab es ein Ereignis, das mich dann letztendlich auf die Idee gebracht hat, eine neue Form von Vampir zu entwickeln. Und zwar hatte ich mich an einem Abend vollkommen ermattet in die Arme meines Mannes gekuschelt und merkte, wie ich immer wacher wurde, während er plötzlich eingeschlafen ist. Die Idee zum Energievampir war geboren
Der dritte Roman (Folgen einer Reifenpanne) hatte sich aus einem Wortspiel entwickelt. Es gab fünf vollkommen unerotische Wortvorgaben (Fuchsschwanzsäge, Wohnzimmerschrankwand, Farbbeutel, Wagenheber, roter Heringssalat), aus denen jeder in einer Gruppe, in der ich aktiv beteiligt war, eine erotische Kurzgeschichte entwickeln sollte. Das hatte uns so viel Spaß gemacht, dass schon kurz darauf die nächsten fünf Worte folgten. Ich hatte mir gedacht, warum etwas Neues entwickeln? Ich hatte bekannte Protagonisten, also schrieb ich einfach mit den vorhandenen Begebenheiten die Geschichte weiter und verarbeitete die neuen Wörter gleich mit. Das kam so gut an, dass ich das fortsetzte, bis sich das irgendwann verselbstständigt hatte.
Irgendwann hatte ich mal an einem Schreibwettbewerb für Erotikgeschichten teilgenommen, dessen Oberthema »Frühlingsgefühle« war. Es gab eine Seitenzahlvorgabe, die eingehalten werden musste, ansonsten war das Thema frei. Ich fand hierzu das Thema »Wiederfinden einer Jugendliebe« passend, und so bekam die Geschichte den Untertitel »Erwachende Sehnsucht«. Diese Geschichte war rein meiner Fantasie geschuldet, aber den Ausschlag dazu hat, wie gesagt, der Wettbewerb gegeben. Gewonnen habe ich ihn nicht, aber immerhin hat es mich gestört, dass ich nun eine Jahreszeitengeschichte hatte, ohne die anderen Jahreszeiten zu berücksichtigen, also musste ich für die auch noch etwas schreiben, sodass ich das Buch »erotische Jahreszeiten« nennen konnte. Somit entstanden »Sommerglut – Der verhinderte Urlaub«, in dem ich einen selbst erlebten Wildunfall mit verarbeitet habe (natürlich mit anderen Wendungen als im Buch ), »Herbstgeflüster – Alles wegen Jacko«, eine Geschichte mit Hund, und »Wintermacht – Fabelhafter Störenfried«, in dem eine Frau in einer Waldhütte Abstand von ihrem schief gelaufenen Leben sucht und einen Draufgänger im Schnee findet.
An meinem Roman »Hausmeisterpflichten« ist wiederum mein Mann schuld, weil er sich beschwert hatte, dass die meisten Männer in meinen Geschichten eher groß, gut gebaut und mit außerordentlichen Berufen waren. Also habe ich seinen Job, seinen Urlaubsvertreter und sein Objekt als Grundgerüst genommen, um daraus einen Roman zu spinnen, der etwas lebensnaher ist.
Dann hatte ich zwischendurch eine Idee zu einer Geschichte zwischen einem Punk um die 20 und einer Mittvierzigerin, hatte auch schon etliche Kapitel geschrieben, als ich im Autoradio das Lied E.T. von Katy Perry gehört hatte und mir aufgrund des Textes die Idee zu einer vollkommen anderen Geschichte, einem Science Fiction gekommen war. Noch während der Fahrt entwickelte sich die Grundsituation, dass eine Frau aus unserer Kultur kommend auf einem fremden Planeten wegen einer Notlandung in eine vollkommen andere, auf Sex orientierte Gesellschaft gerät und nur mit Hilfe dieser Leute überleben kann. Das war die Geburtsstunde von »Homo Serpentes«. Als Vorlage für die unbekannte Sozialstruktur dienten Bonoboaffen. Natürlich musste es einen Grund geben, warum die intelligente Spezies so lebte, und gerade an dieser Entwicklung hatte ich unwahrscheinlich großen Spaß – sogar so großen Spaß, dass das angefangene Buch ins Hintertreffen geriet und bis heute auf Halde liegt.
Als ich an einer Stelle bei »Homo Serpentes« etwas hängen geblieben war, war in unseren Zeitungen gerade das Thema Wölfe aktuell, sodass ich mich mehr mit deren Lebensweise beschäftigt habe. Eine nette Abwechslung, woraus die vier Wolfswandlergeschichten in dem Sammelband »Fluch der Bestimmung« erwachsen sind. Immer, wenn ich gerade bei meinem großen Roman eine Schreibblockade hatte, lenkte ich mich mit dem Schreiben einer anderen Geschichte zu diesen Wölfen ab. Die Vorgaben bei »erotische Jahreszeiten« fand ich dabei recht praktisch, weil ich mich dadurch nicht in ausschweifende Texte verlor, die mich möglicherweise ganz von meinem Hauptroman abgelenkt hätte. Es sollten also von vornherein vier Geschichten werden, die dieses Mal sogar einen winzigen Bezug zueinander haben – und natürlich eine Seitenzahlbeschränkung. Letztere hatte ich dann ein bisschen ausgeweitet, damit die Geschichten wirklich rund werden und sie nicht wie der erste Teil einigen Lesern zu wenig ausführlich wären.
Tja, dann wären da noch die Novelle »Das verwunschene Zimmer«, das entstanden ist, weil eine Bloggerin ein Buch mit einem Hotel lesen wollte.
Jetzt habe ich noch die angefangenen Geschichten und Romane, an denen ich zur Zeit arbeite, bei denen ich aber nicht einmal sagen kann, aufgrund welchen Anlasses ich auf die Ideen gekommen bin. Bei der einen Geschichte handelt es sich um einen Endzeitroman, den ich mittlerweile auf einen anderen Planeten verlegt habe, trotz der Ähnlichkeiten zur Gesellschaft hier auf der Erde, und auch die anderen beiden Geschichten sind Science Fiction. Cover hätte ich für zwei davon sogar schon, nur hatte mich diese ganze Coronageschichte dermaßen runter gerissen, dass ich lange gar keine Motivation mehr zum Schreiben hatte. Aber immerhin bin ich wieder dabei und es sieht so aus, als könnte in diesem Jahr sogar noch etwas fertig werden
Zweite Frage: Wie entwickele ich die Charaktere?
Würde ich nun noch auf die Entwicklung der Charaktere jedes einzelnen Buches eingehen, würde es viel zu ausschweifend, denn die sind so unterschiedlich wie wir alle, da ich mich nicht nur um die Erotik im Buch kümmere, sondern auch um die Psyche der Beteiligten, damit eine spannende Handlung entsteht und eben nicht ausschließlich die Erotik im Vordergrund steht. Ich frage mich immer wieder: »Warum ist derjenige so, wie er ist?«, und auch: »Wenn ich diesen Hintergrund hätte, wie würde ich mich in dieser oder jener Situation verhalten?« Das sind die Grundfragen, die ich mir stelle, und die Handlung ergibt sich dann aus Aktion und Reaktion mit anderen Charakteren.
Beispiele für das Verhalten suche ich mir im realen Leben. Was bewegt die Menschen und wie geht jeder Einzelne damit um? Viele Einblicke hatte ich über das Flirt- und Liebeforum bekommen, das ich über zehn Jahre moderiert hatte, aber auch das, was um mich herum passiert, beobachte ich sehr genau. In den wenigsten Fällen sind Menschen einfach nur böse oder gut, sondern eine interessante Mischung aus beidem und je nach Erziehung und Erfahrungen drängt sich das eine oder andere in bestimmten Situationen in den Vordergrund. Das gilt es darzustellen und dem Leser glaubhaft zu machen, insbesondere wenn es um Themen geht, mit denen die Leser so gut wie keine Erfahrung haben. Und wenn ich selbst damit keine Erfahrung habe, recherchiere ich, da es mir sehr wichtig ist, die Figuren so authentisch und nachvollziehbar wie möglich zu schaffen.
Jetzt habe ich also von meinen Ideen und Arbeitsweisen berichtet. Fragen dazu beantworte ich gern.
Da ich davon ausgehe, dass andere Autoren auch anders arbeiten, bietet sich nun die Gelegenheit, hier anzuknüpfen und von dem eigenen Vorgehen zu berichten. Wir schreiben Bücher Wie geht ihr vor?