Ismail Kadare - Der Raub des königlichen Schlafs / Vjedhja e gjumit mbretëror

  • Autor: Ismail Kadare
    Titel: Der Raub des königlichen Schlafs
    Seiten: 500 Seiten bei 17 Erzählungen
    Verlag: Fischer
    ISBN: 9783250600480


    Autor: (von der Verlags-Homepage)
    Ismail Kadare, Albaniens berühmtester Autor, wurde 1936 im südalbanischen Gjirokastra geboren. Er studierte Literaturwissenschaften in Tirana und Moskau. Seine Werke wurden in vierzig Sprachen übersetzt. 2005 erhielt Kadare den Man Booker International Prize. 2015 wurde er mit dem Jerusalem Prize ausgezeichnet. Er lebt heute in Tirana und Paris.


    Inhalt: (Klappentext)
    Die 17 Kurzgeschichten und Kurzromane, die in dieser Anthologie erstmals auf Deutsch erscheinen, bilden eine eigene Schönheitskonkurrenz: Schillernd, bunt und prächtig balancieren sie auf der Grenze zwischen Mythos und Wirklichkeit. Der albanische Meistererzähler erweist sich auch hier als Seismograph und Chronist des spannungsreichen Ineinanders der Völker und Kulturen auf dem Balkan. Kadare spürt dieser besonderen Atmosphäre nach und erfaßt sie in verschiedenen historischen Konstellationen: vor sozialistischer Kulisse, als Panorama des Osmanischen Reiches, im Spiegel der griechischen Antike. Ob mythologisch, grotesk oder tragikomisch - Kadares Erzählungen sind stets Geschichten von der Geschichtlichkeit des Menschen und immer wieder aufs Neue eine fesselnde Lektüre.


    Meinung:
    Kadare gehört mit seinen Romanen seit einiger Zeit zu meinen Lieblingsschriftstellern. Nun also ein Band mit 17 Kurzgeschichten auf ca 500 Seiten, wobei die Seitenzahlen stark schwanken, weshalb der Verlag auch bei den längeren Kurzgeschichten von Kurzromanen spricht. Die Erzählungen wurden zwischen 1983 und 2000 geschrieben, und teilweise erst nach dem Fall der Diktatur veröffentlicht. Bei folgenden fünf Geschichten habe ich den Originaltitel und das Erscheinungsjahr gefunden, ansonsten gibt es meines Erachtens keine «gleiche Sammlung» im albanischen Original:


    Der Blendferman („Qorrfermani“, 1984 geschrieben und 1991veröffentlicht)
    Der Adler („Shkaba“, 1995)
    Der Raub des königlichen Schlafs („Vjedhja e gjumit mbretëror“, 1999)
    Vor dem Spiegel einer Frau („Përballë pasqyrës së një gruaje “, 2001)
    Agamemnons Tochter („Vajza e Agamemnonit“, 2003)


    Die Geschichten sind äußerst abwechslungsreich, spielen in verschiedenen Zeitaltern und an sehr unterschiedlichen Orten. Persönlich haben mir gerade die längeren Erzählungen besser gefallen als die kurzen, aber empfehlenswert ist die Sammlung durchaus, erst recht wenn man das breite Spektrum des Schriftstellers kennenlernen möchte.
    Thematisch geht es meist um Unterdrückung, Macht und Opportunismus. Ein gelungenes Beispiel hierfür ist «Der Blendferman»:
    Unglücke häufen sich, und Schuld daran ist der «Böse Blick». Der Sultan erlässt ein Dekret, wonach Menschen mit dem Bösen Blick auf verschiedene Art geblendet werden sollen. Das führt natürlich zu einer Denunziationswelle, in der kein Mensch mehr ruhig neben seinen Nachbarn wohnen kann. Viele zeigen sich auch selbst an, um eine «sanfte» Verblendungsmethode wählen zu können. Eine unglaublich eindringliche Erzählung, die aufzeigt, wie schnell Verunsicherung und Verrat entsteht, aber auch wie aus Mittätern Opfer werden. Für mich die beste Geschichte in der Sammlung!
    In der Erzählung «Die Kirche zur Heiligen Weisheit» trifft das Christentum auf das Islam als ein junger Architekt den Auftrag erhält, die Hagia Sophia in eine Moschee umzubauen.
    In der Parabel «Der Adler» fällt ein Mann in eine Art Parallelwelt, in der die «Gefallenen» des Diktators – aber das ist bereits Interpretationssache – dahinleben. Dieser Mann versucht, wieder zurück in die obere Welt, zu seiner Familie und seinem Beruf zu kommen. Eine Geschichte wie im Wahn, mit Magischem Realismus, Phantasie, und natürlich ausreichend Kritik auf Unterdrückung, nicht nur durch diktatorische Regimes, sondern auch das Verhalten der einzelnen Personen wird immer wieder thematisiert.
    Insgesamt, egal ob Parabel, Märchen, realistische moderne Schilderungen, oder auch historische, wie der Bau der Chinesischen Mauer – es sind auch häufig humorvolle Geschichten, die dennoch Kritik an den jeweiligen Systemen oder dem menschlichen Verhalten üben.
    Ich kann die Sammlung bedenkenlos weiterempfehlen, egal ob man Kadares Geschichten bereits kennt, oder ob man mal Literatur aus Albanien kennen lernen möchte.

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Ismail Kadare - Der Raub des königlichen Schlafs“ zu „Ismail Kadare - Der Raub des königlichen Schlafs / Vjedhja e gjumit mbretëror“ geändert.