Philip Pullman - Ans andere Ende der Welt / The Secret Commonwealth

  • Klappentext


    Lyra, die Heldin aus Philip Pullmans Erfolgsserie "His Dark Materials", ist nun eine junge Studentin. Doch die Abenteuer ihrer Kindheit lassen sie nicht los. Ihr Dæmon, Pantalaimon, wird Zeuge eines brutalen Mordes, der Lyra an ihrer eigenen Vergangenheit zweifeln lässt und einen tiefen Zwist zwischen ihr und Pantalaimon auslöst.
    Lyra macht sich auf die Suche nach einer Stadt, in der Dæmonen herumgeistern sollen, und einer Wüste, die angeblich die Wahrheit über den geheimnisvollen Staub birgt. Wird Lyra das Rätsel endlich lösen können?


    "Ihr werdet nicht verstehen, was es mit der Fantasie auf sich hat, wenn ihr nicht erkennt,

    dass es nicht darum geht, sich etwas auszudenken, sondern darum, etwas wahrzunehmen."

    Zitat Seite 187


    Meine Meinung


    Was habe ich mich gefreut, als ich erfahren habe, dass Philip Pullman eine Fortsetzung zur Trilogie um den goldenen Kompass schreibt! So oft habe ich mir überlegt, wie die Geschichte um Lyra wohl weitergehen könnte - aber ich hatte auch Bedenken, ob der Autor nach 20 Jahren wieder so gut an die Handlung anschließen kann: Ja, er kann! Ich bin mega begeistert!


    Lyra ist mittlerweile 20 Jahre alt, eine junge Erwachsene, und immer noch im Jordan College in Oxford integriert. Ihre besondere Beziehung zu ihrem Dæmon Pantalaimon hat sehr gelitten, was nicht nur an den früheren Ereignissen liegt, sondern auch an der Entwicklung, die Lyra momentan durchmacht. Es kursieren zwei kontroverse Bücher, die die Rationalität als einzig gültige Weltsicht propagieren, als auch den profanen Standpunkt, das nichts mehr ist als das, was es ist.


    Das klingt jetzt vielleicht im ersten Moment nicht wirklich verhängnisvoll, wird aber in Beziehung gesetzt mit dem Glauben an Magie, an Vorahnungen, dem Gefühl für das Außergewöhnliche, dem Staunen über das Unbegreifliche, dem Glauben an die Fantasie.
    Dieser Streitpunkt treibt eine tiefe Kluft zwischen Lyra und Pan und führt zu einer folgenschweren Entscheidung.


    "Du lebst in einer Welt voller Farben, doch du willst sie in Schwarz-Weiß sehen.

    Als wäre Gottfried Brande eine Art Zauberer, der dich alles vergessen ließe, was du geliebt hast,

    alles Geheimnisvolle, alle Orte, wo sich die Schatten aufhalten." Seite 216


    Natürlich spielt auch die mächtige Organisation des Magisteriums wieder eine wichtige Rolle und ein rätselhaftes Rosenöl, dessen geheimnisvolle Wirkung die Aufmerksamkeit verschiedener Parteien auf sich zieht.


    Pullman wechselt zwischen verschiedenen Sichtweisen, so dass man Lyras aufgewühltes Gefühlsleben gut miterleben kann, den Weg, den Malcom auf sich nehmen muss (den man aus der Vorgeschichte "Über den wilden Fluss" kennt) und die Intrigen der hohen Regierungsbeamten, die ihre gebeutelte Machstruktur wieder aufbauen wollen.
    Die Gedanken über die Philosophie des Lebens, die Fantasie, den Glauben - Wahrheit oder Wirklichkeit - spielt hier wieder eine tragende Rolle. Auch wenn ich den Austausch in den Dialogen nicht immer gleich durchblickt oder verstanden habe, was dahintersteckt, spürt man in jedem Gespräch eine tiefe Bedeutung mitschwingen, was mich ungemein fasziniert!


    Ich fand auch das Thema Freundschaft sehr schön demonstriert, wie sie sich verändert, wenn man sich weiterentwickelt, wie Diskussionen und Meinungen Personen zusammenführen können, oder sich immer weiter voneinander entfernen lassen.


    Auch gibt es neue Entwicklungen in der Beziehung Mensch und Dæmon, die ja in Lyras Welt wesentlich und eine Trennung der beiden -eigenlich- nicht möglich ist. Die Idee der Dæmonen hat mich ja an der Reihe schon immer begeistert, dieses Seelentier als Begleiter, der ein Teil von dir ist und doch ein eigenständiges Wesen, das keine Einsamkeit zulässt oder durch das man sich verstanden fühlt.
    Noch ist ja nichts absolut geklärt, da noch ein weiterer Band folgen wird, aber die vielen Anspielungen, Andeutungen und aufgeworfenen Fragen haben mich zum Nachdenken angeregt und zum Rätseln, wohin er uns damit führen möchte.


    Am Anfang hab ich mich ja noch gefragt, warum da eigentlich ein Zug auf dem Cover ist, aber die Reisen spielen dann tatsächlich jede für sich eine wichtige Rolle, auch wenn es nicht bei jedem gleich ersichtlich ist. Pullman spricht auch andere aktuelle Themen an wie z. B. die Flüchtlingskrise und anderes, und ich hab in einigen (englischen) Rezensionen gesehen, dass manche Standpunkte angeprangert wurden bzw. aus meiner Sicht nicht wirklich verstanden - das verstecke ich euch hier aber im



    Auch scheint einigen die Einordnung als Jugendbuch gegen den Strich zu gehen, nicht nur wegen mancher Szenen sondern auch wegen dem Verständnis der tiefgründigen Philosophien. Das war allerdings auch schon im Goldenen Kompass so, aber die Handlung wirkt hier definitiv eher an Erwachsene gerichtet - wobei eben auch schon in der vorherigen Trilogie das Denken herausgefordert wird, was durchaus schon Jugendliche schaffen ;)

    Wichtig finde ich hier wirklich, dass man die Bücher der Reihe nach lesen sollte, am besten so, wie ich es unten in der Liste aufgeführt habe. Ohne Vorkenntnisse ist "Ans andere Ende der Welt" sicher schwer zu verstehen. Vor allem kommen auch viele Charaktere aus den vorherigen Teilen vor und ich denke nicht, dass man die Zusammenhänge verstehen würde.


    Mein Fazit: 5 Sterne



    1 - Der goldene Kompass - His Dark Materials #1
    2 - Das magische Messer - His Dark Materials #2
    3 - Das Bernsteinteleskop - His Dark Materials #3
    0 - Über den wilden Fluss - The Book of Dust #1
    4 - Ans andere Ende der Welt - The Book of Dust #2
    5 - noch nicht erschienen - The Book of Dust #3

  • Leider wieder einige Längen, aber trotzdem eine einfach tolle Geschichte



    Klappentext


    „Lyra, die Heldin aus Philip Pullmans Erfolgsserie, ist nun eine junge Studentin. Doch die Abenteuer ihrer Kindheit lassen sie nicht los. Ihr Dæmon, Pantalaimon, wird Zeuge eines brutalen Mordes, der Lyra an ihrer eigenen Vergangenheit zweifeln lässt und einen tiefen Zwist zwischen ihr und Pantalaimon auslöst. Allein macht Lyra sich auf die Suche nach einer Stadt, in der Dæmonen herumgeistern sollen, und einer Wüste, die angeblich die Wahrheit über den geheimnisvollen Staub birgt. Wird Lyra das Rätsel endlich lösen können?“



    Gestaltung


    Mit dem Zug, der auf den Betrachter des Covers zukommt, wurde meiner Meinung nach ein Cover erschaffen, dass nicht nur zu der Neuauflage der Trilogie passt, sondern das auch den Buchinhalt schön wiederspiegelt. Mir gefällt sehr gut, wie geheimnisvoll das Cover aussieht. Ein wenig so, als wäre alles in Nebel oder Staub gehüllt, weil beispielsweise das Zuglicht sehr diffus aussieht. Auch die dunkelblaue Farbe gefällt mir sehr gut, weil hier durch die hellblauen Lichtreflexe der Zug schön betont wird.



    Meine Meinung


    Nachdem ich vor Jahren die „His Dark Materials“-Trilogie rund um Lyra und Will gelesen und geliebt habe und kürzlich in die Vorgeschichte eintauchen konnte, ist nun endlich der von mir sehnlichst erwartete vierte Band erschienen. In „Ans andere Ende der Welt“ wird nämlich Lyras Leben nach der Trilogie erzählt. Sie ist eine Studentin in Oxford und zweifelt an ihren Erlebnissen aus ihrer Kindheit. Dies löst einen Riss in der Beziehung zu ihrem Dæmon Pantalaimon aus und so begeben sich beide getrennt voneinander auf in ein Abenteuer…



    Ich habe ehrlich gesagt schon vor dem Lesen von „Ans andere Ende der Welt“ die leise Erwartung gehabt, dass es in diesem Band wieder Längen geben wird, dennoch war da auch eine Hoffnung, dass sie nicht so intensiv sein würden wie in manch einem Vorgängerband. Doch auch in diesem vierten Band fand ich, dass der Autor Philip Pullman an manchen Stellen durchaus hätte kürzen können. Für mich ist er manchmal einfach abgeschweift und hat zu stark philosophiert oder bestimmte Denkweisen dargelegt. So hat es mir dann zu lange gedauert, bis es wieder mit dem roten Faden der Handlung weiterging.



    Grundsätzlich finde ich es aber toll, was der Autor alles in einem Buch vereint. Er hat so viele Denkansätze und -anstöße, die dabei nicht nur wie in der Trilogie das Thema Glaube/Religion und Rationalität/Wissenschaft aufgreifen. Vielmehr geht es in diesem Band auch um aktuellere Themen und vor allem um Freundschaft. Ich finde, dass Herr Pullman die Entwicklung von Freundschaften richtig schön dargestellt hat. Er zeigt, dass auch Freundschaften sich entwickeln – zum Guten, aber auch zum Schlechten. Verschiedene Ansichten können beispielsweise hierein spielen oder einfach die Tatsache, dass man erwachsen wird und sich auseinanderlebt.



    Die Beziehung zwischen Mensch und Dæmon fand ich schon in der Trilogie so toll und in diesem Band wird sie nochmal weitergeführt. Auch wenn Lyra und Pan größtenteils getrennt voneinander sind, führt gerade diese Trennung dazu, dass ich tiefere Einblicke in beide Charaktere und ihre Gefühlswelten erhalten konnte. Ich fand vor allem Lyras Entwicklung spannend, denn man merkt hier richtig, dass sie erwachsen geworden ist. Sie ist grüblerisch und hinterfragt vieles. Pan hingegen ist mutiger geworden, draufgängerischer und er versucht Lyra ihren früheren Blick auf die Welt wieder nahe zu bringen.



    Nicht nur Lyra merkt man an, dass sie erwachsen geworden ist, auch „Ans andere Ende der Welt“ ist erwachsener geworden. Es hat eine düstere Stimmung und ist sehr komplex. Es reiht sich somit hinter dem dritten Band der Trilogie ein und verlangt dem Leser auch einiges an Konzentration ab, um die verschiedenen Erzählperspektiven, Organisationen, Figuren und Erlebnisse unter einen Hut zu bringen. Der rote Faden der Handlung war meiner Meinung nach richtig gut durchdacht und klar strukturiert, denn die Frage um den Staub wird weitergesponnen, aber noch nicht geklärt. Die Neugierde, die einen beim Lesen antreibt, bleibt also aufrechterhalten. Die Reise der beiden Charaktere ist nicht nur durch neue Erkenntnisse spannend, sondern auch durch all die Erlebnisse der Figuren und einige neu aufgeworfene Fragen, die mich hoffen lassen, dass Herr Pullman uns schneller als beim letzten Mal den nächsten Band liefert…



    Fazit


    Auch wenn „Ans andere Ende der Welt“ wieder einige Längen aufwies, in denen der Autor etwas vom roten Faden der Handlung abgeschweift ist, so hat er mit diesem Band dennoch wieder ein komplexes Werk erschaffen, das in eine magische Welt entführt. Das Rätsel um den Staub ist nach wie vor spannend und auch die Reise von Lyra und Pan hat mir gut gefallen, weil sie spannend war und tiefe Einblicke in die Figuren ermöglicht. Das Thema Freundschaft wird auch sehr schön aufgegriffen, ebenso wie wieder einige philosophische Gedankengänge verfolgt werden. Mit „Ans andere Ende der Welt“ knüpft Philip Pullman an „Das Bernstein-Teleskop“ an und erschafft einen Band, der eine erwachsenere Lyra zeigt. Nun bete ich, dass der Autor schnell den nächsten Band schreibt!


    4 von 5 Sternen!



    Reihen-Infos


    0. Über den wilden Fluss


    1. Der goldene Kompass


    2. Das magische Messer


    3. Das Bernstein-Teleskop


    4. Ans andere Ende der Welt