Peter Grandl - Turmschatten

  • Kurzmeinung

    Chattys Buecherblog
    Die Story mag zwar interessant sein, aber dieses ganze Nazi/Facho-Geschwafel ist einfach nicht meins.
  • Kurzmeinung

    Mojoh
    Spannender Thriller mit tollen Charakteren, wirklich gut erzählt.
  • Ich habe es an anderer Stelle schon erwähnt: Für mich ist TURMSCHATTEN ein Thriller in bester Stephen King Manier.


    Vier Neonazis (einer davon noch 13) wollen einen alten, jüdischen Mitbürger, der plant, den Neubau einer Synagoge zu finanzieren, einschüchtern. Nur kommt alles anders, der Überfall mißlingt, und am Ende sind drei der vier Neonazis in der Gewalt des Mannes - Ephraim Zamir. Dieser wiederum ruft nun im Internet zu einer Abstimmung auf. Finden sich pro Geisel eine Million Menschen, die für die Tod voten, droht er mit Hinrichtung.


    Das klingt jetzt erst einmal sehr reisserisch - und hätte sicher, straff erzählt, vielleicht hundert Seiten gefüllt. Nun, Grandl´s Roman hat aber 600 Seiten - und das ist gut so, denn sie vergehen wie im Flug. Im Laufe der Handlung erfahren wir viele Vorgeschichten der wichtigsten Protagonisten. Ob das die Bewährungshelferin ist, ein Medienmacher, der NPD-Vorsitzende oder Zamir und seine Geiseln. Und jede dieser spannend mit der Haupthandlung verwobenen Geschichten sind so fesselnd, dass man TURMSCHATTEN eigentlich nicht mehr aus der Hand legen kann.


    Irgendwann steht auch nicht mehr die Geiselnahme im Mittelpunkt der Geschichte, sondern der unglaubliche und teils eiskalte Medienzirkus, der sich um die Geiselnahme dreht und absurde Ausmaße annimmt. Und ständig stell sich einem die Frage, wie würde man selbst entscheiden. Ich für meinen Teil habe mich dabei ertappt, von Kapitel zu Kapitel meine Meinung zu ändern.


    ZAMIR führt Gespräche mit jedem der drei Neonazis, die er ins Netz streamt. Dabei entlarvt er nicht nur abstoßendes Gedankengut, sondern deckt auch Verbrechen auf, die jeder drei in seiner Vergangenheit begangen hat (und die es tatsächlich gab.. kann man alle googeln). Aber wer jetzt denkt, es ginge nur darum den Haß zu schüren auf diese drei Verbrecher, der irrt. Man folgt Grandl bereitwillig auf ein Karussell der Gefühle. Hat man das Buch fertig gelesen (mit echten jahrhundert-Twist am Ende), braucht man eine Zeit um sich wieder zu fangen.


    Im Augenblick sind wir zwar alle mit dem Corona-Virus "beschäftigt, aber der VC geht wieder, die Nazis bleiben.


    Ein wichtiges Buch, toll geschrieben und absolut empfehlenswert.

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „TURMSCHATTEN von Peter Grandl“ zu „Peter Grandl - Turmschatten“ geändert.
  • Peter Grandls Debütroman TURMSCHATTEN, nach fünf Jahren Arbeit, eine Mischung von Fiktion und gut recherchierten Fakten ist nicht nur ein herausragender Thriller, sondern bedrückt ebenso mit seinem Realismus.

    Als Marketingfachmann versteht es Peter Grandl, das Interesse an seinem Thriller bereits mit Intro auf dem Buchrücken zu wecken: Selbstjustiz und Neonazis. Doch es ist weit mehr, viel umfassender und tiefgehender.

    Auf 37 Kapiteln, von 1945 bis in die Jetztzeit des Thrillers 2010, 65 Jahre im Leben des 72jährigen Ephraim Zamir, Überlebender des Holocaust. Er hat in einem kleinen Städtchen einen alten Turm für seine Wohnzwecke und seine junge Haushälterin Esther umbauen lassen. Er möchte dort den Bau einer Synagoge finanzieren. Vier Neonazis wollen Zamir im Turm „einen Besuch abstatten“. Mit List gelangen sie in den schwer gesicherten Turm, nur Esther ist anwesend und wird erschossen, den 13jährigen Mörder schicken sie nach Hause, die anderen Drei wollen Zamir ebenfalls töten. Doch es kommt völlig anders, als es sich die drei Neonazis vorgestellt haben. Zamir ein ehemaliger Agent des israelischen Mossad kann die drei überwältigen und stellt alle drei vor sein privates Gericht: Der „Prozess“ wird live im TV übertragen mit Publikumsabstimmung TOD oder LEBEN für ihre Verbrechen (Ähnlich dem Voting bekannt aus den TV-Serien mit: „Castle“, „Gone” und “Profiling Paris”).

    Vor dem Turm geben sich nun ein Stelldichein: Polizei, LKA, BKA, BND, der Innenminister (sehr spät, hat wahrscheinlich lange nach dem richtigen Outfit gesucht) und das Militär mit „interessiertem“ Publikum. Die Frage lautet: „Turm stürmen, wer, wann und wie?“ Eindeutig der Hinweis, dass im Militär offener Antisemitismus verbreitet ist.

    Grandl legt aber auch Schwerpunkt auf den Hintergrund und der persönlichen Entwicklung der vier Neonazis. Es entsteht der Eindruck, dass die Neonaziszene alles andere als eine homogene Gruppe ist. Sehr wohl wird das eigene Handeln hinterfragt und es existieren Ausstiegsgedanken. Auf die nicht chronologischen Datumsangaben unter der Kapitelüberschrift ist zu achten, denn es handelt sich hierbei um Rückblicke in das Leben der Protagonisten.

    Genüsslich lässt sich Grandl über die Sensationsgeilheit des Programmdirektors des Privatsenders, der den „Prozess“ überträgt aus und über die im wahrsten Sinn des Wortes „wildesten Spekulationen der Pseudoexperten.“ Aber solange dieser Trash ein Fernsehpublikum findet und Quoten erreicht werden, gilt das Prinzip: Nachfrage erfordert Angebot. Seitenhieb auf die Auswahl von Moderatorinnen, ausschlaggebend für ein Engagement seien die „hervorragenden“ Körperteile, ... Marc macht dieses Prinzip zu seiner Maxime: 90 % nonverbal und 10% verbal.


    Fiktion-Realität-Dilemma: Fiktion gibt dem Autor völlige Freiheit für das Script, gemäß dem Motto: „Personen und Handlung sind frei erfunden und Ähnlichkeiten mit lebenden Personen weder beabsichtigt noch zufällig, sondern unvermeidlich.“ Es gibt für den Leser nicht den geringsten Grund den Inhalt des Romans zu kritisieren. Es ist, wie es geschrieben ist. Eine Handlung mit Realitätsbezug lässt sich vom Leser genau recherchieren und kontrollieren, der Autor hat keine schriftstellerische Freiheit und muss sich an die Fakten halten. Es ist, wie es geschehen ist. In Richtung Sachbuch mit Quellenverzeichnis.


    Selbstjustiz: In einem Rechtsstaat kann man nicht dafür sein. Und dort wo der Rechtsstaat versagt? Filmtipps zum Thema: „Catos Land“, „Kill Bill“ und „John Wick.“

    Aufklärende Literatur über die Neonazi-Szene in Norwegen ist Pflichtlektüre in deren Schulen.

    Peter Grandls Triller TURMSCHATTEN ist für mich ein literarisches Highlight, thematisch ein Schlaglicht auf die Neonazi-Szene wirft, aber nicht oberflächlich, sondern mit Tiefgang, der den betroffenen Leser zum Nachdenken zwingt.

    Selbst wenn Grandl die verbrecherische Neonazi-Szene anonymisiert hätte ohne nachprüfbare Fakten, es wäre ein herausragender Thriller entstanden.


    „Ausländer raus aus Deutschland, raus aus Europa, und übrigens, es gibt zu viele Ausländer auf der Welt“ (NN).

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Der beste Politthriller bis jetzt in meinem Leben!

    Ich habe in meinem Leben schon einige Politthriller gelesen,aber ich kann sagen,dass "Turmschatten"von Peter Grandl definitiv bis jetzt der beste ist.

    Ich bin immer noch beeindruckt von dem Buch .

    Der Autor hat es geschafft,mich auf den kompletten 581 Seiten zu fesseln.

    Mir wurde Hochspannung geboten,so habe ich es noch nie erlebt.

    Dieser Thriller ist so erschreckend nahe an der bundesrepublikanischen Realität geschrieben,ich habe hier sehr deutlich gelesen,dass sich fünf Jahre Recherche gelohnt haben.

    Wenn ich die Zeit gehabt hätte,dann hätte ich den Thriller in einem durch gelesen.

    Ich bin durch die 581 Seiten geflogen und war wirklich traurig,als ich das Ende erreicht hatte.

    Eine grossartige Geschichte,Peter Grandl bietet hier keine Verschnaufpausen an.

    Die Spannung ist von der ersten Seite an da und steigert sich von Kapital zu Kapitel.

    Der Schreibstil ist flüssig und extrem detailliert .

    Ich konnte mich in den perfekt ausgearbeiteten Protagonisten sehr gut hineinversetzen.

    Es gibt einige Protagonisten,die einzelnt vorgestellt wurden.

    Die Kapitel werden nach den verschiedenen Personen genannt,

    so hatte ich ein perfektes Bild der jeweiligen Charactere vor Augen.

    Ich habe deren Vergangenheit bzw.Beweggründe kennengelernt,ich bin erschüttert,wozu Menschen in der Lage sind. Im Buch wie in der Realität.

    Hier liest man,dass Menschen zu Bestien gemacht werden.

    Manipulation ist hier ein grosses Thema.

    Es gab Momente,wo ich einfach nur mit dem Kopf schütteln musste.

    Ich habe Momente voller Abscheu erlebt,aber auch genau so viele emotionale Momente.

    Der Autor schreibt die ungeschönte Wahrheit,die einfach erschreckend ist.

    Mitleid mit den drei Neonazis in "Turmschatten"hatte ich nicht.

    Den Hauptprotagonisten Ephraim Zamir konnte ich sehr gut kennenlernen.

    Ich habe einiges über sein Leben und seine erschreckende Vergangenheit erfahren,die mich teilweise richtig mitgenommen hat.

    Er hat mich mit seiner Art und seinen überraschenden Wendungen oft beeindruckt.

    Auch wenn ich oft einige seiner Handlungen nicht nachvollziehen konnte,hat mich sein Character überzeugt.

    Im Keller seines Turms wird der jüdische Protagonist von drei brutalen Neonazis überfallen.

    Doch sie haben nicht mit Zamirs Gegenwehr gerechnet und die Tat misslingt.

    Er nimmt die drei als Geiseln und schafft es,dass die Öffentlichkeit bei seinem geschickten Online-Voting mitmacht.

    Sie sollen entscheiden,ob er die Nazis freilassen oder hinrichten soll.

    Währenddessen versucht die Polizei verzweifelt,diese Katastrophe unter Kontrolle zu halten,während Fernsehsender ihre Quotenhits feiern.

    Jede Situation in "Turmschatten"hat mich gepackt.

    Das Ende hat mich überrascht und ich konnte meiner Fantasie freien Lauf lassen.

    "Turmschatten"ist für mich persönlich ganz klar einer der besten Thriller überhaupt. Ein Highlight in diesem Jahr.

    So realitätsnah und erschreckend.

    Fünf Sterne sind hier einfach zu wenig.

  • Inhalt (Quelle: Klappentext)

    Es ist ein spektakulärer Fall von Selbstjustiz, der sich im Keller eines Turms abspielt. Drei Neonazis überfallen den alten jüdischen Mann Ephraim Zamir - doch die Tat misslingt, er nimmt die drei als Geiseln und fordert die Öffentlichkeit zum Online-Voting auf: Freilassung oder Hinrichtung? Die Polizei setzt alles an eine Befreiungsaktion und die Fernsehsender feiern mit der Übertragung Quotenhits. Sie alle wissen nicht, wie weit der Geiselnehmer bereit ist zu gehen... Ein packender Thriller, der die Grenzen von Gut und Böse aufhebt.


    Mir gefällt

    Das umfangreiche Buch mit dem ansprechenden Cover besteht aus überschaubar langen Kapiteln, die nach der jeweiligen Hauptfigur benannt sind. Es folgt dem chronologischen Ablauf der Geiselnahme; vergangene Ereignisse werden nachgeliefert, die die Sicht des Lesers auf bestimmte Figuren verändern. Diese sind durchweg ambivalent gestaltet. Der Thriller ist fesselnd, das Thema ist aktuell; der Autor hat zahlreiche Informationen recherchiert. Immer wieder wird der Leser auch auf Überraschendes und Schockierendes stoßen.


    Mir gefällt nicht

    Zu der Orientierung der Kapitel an einzelnen Figuren hätte meiner Meinung nach ein konsequent personaler Erzähler aus der jeweiligen Sicht noch besser gepasst, um die jeweiligen Gedanken und Gefühle zu vermitteln. Die Zahl der Figuren ist recht hoch, sodass es passieren kann, dass ein Leser die Übersicht verliert. Am meisten gestört haben mich leider zahlreiche sprachliche Fehler; das Lektorat hat keine sehr gute Leistung abgeliefert.


    Fazit

    Die Stärken des Politthrillers liegen in seinem inhaltlichen Bereich; empfehlen kann ich ihn allen Lesern, die sich für dieses Genre interessieren.

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Meine Meinung:


    Das große Gerüst von Inhalt, Setting und Idee ist definitiv gelungen. Es gibt definitiv auch ein paar Randbemerkungen die das Lesevergnügen durchaus leicht trüben können, auch wenn man bzw. ich drüber hinweglesen kann, sind viele 'Flüchtigkeitsfehler' auffällig. Ich persönlich fand auch die Anzahl der Personen die mit Vor- und Zunamen vorkamen etwas zu viel und auch sonst hatte ich stellenweise eine andere Meinung zur Nutzung von Begriffen, aber im Groß und Ganzen sticht die Idee als solche heraus und bietet auf mehreren Ebenen Diskussionspotenzial zu Vorurteilen, zu Toleranz, zur Politik, zu den Medien, zu Rache, zu Recht und Unrecht. Das macht das Buch durchaus zu etwas Besonderem und zu einem Buch was man empfehlen kann.


    Fazit:


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    :study: 13 Gebote (Mortimer Müller) 274 / 426 Seiten

    :study: Einfach Mensch sein (Sy Montgomery) 32 / 208 Seiten


    SUB: 857

  • ACHTUNG: Ich habe versucht, meine Rezension spoilerfrei zu schreiben, bin mir aber nicht ganz sicher, ob mir das wirklich gelungen ist.



    Kurzbeschreibung:
    Ein spektakulärer Fall von Selbstjustiz versetzt eine Kleinstadt in Aufruhr. Drei Neonazis werden im Keller eines Turms festgehalten, der Geiselnehmer überträgt das Ganze live im Netz und fordert seine Zuschauer zum Voting auf: Freilassung oder Hinrichtung? Gleichzeitig beginnt eine großangelegte Befreiungsaktion. Womit die Polizei nicht gerechnet hat: Sie haben es mit einem ehemaligen Mossad-Agenten zu tun, der nicht bereit ist zu verhandeln … Ein packender Thriller, der die Grenzen von Gut und Böse aufhebt. Wer hat das Recht auf seiner Seite, und wo fängt Unrecht an? Was muss ein Mensch getan haben, um den Tod zu verdienen? (Quelle: Verlagswebsite)


    Autor:
    Peter Grandl, geboren 1963, war als Filmregisseur sowie als Marketingleiter bei Senator Film tätig. Er rief die Musiker-Plattform AMAZONA.de ins Leben und ist bis heute als Chefredakteur für das Magazin tätig. Für sein Romandebüt »Turmschatten« recherchierte er fast fünf Jahre lang über die rechtsradikale Szene, jüdisches Leben in Deutschland und die Macht der Medien. (Quelle: Verlagswebsite)


    Allgemeines:
    »Turmschatten« ist im Februar 2020 im Verlag Das Neue Berlin, einem Imprint der Eulenspiegel Verlagsgruppe, erschienen.
    Hardcover mit Lesebändchen.
    592 Seiten, 36 Kapitel, eingerahmt von Prolog und Epilog. Dazu Non-Fiction-Facts und eine Danksagung.
    Erzählt wird aus wechselnden Perspektiven in der dritten Person.
    Handlungsort ist das Randgebiet einer Metropole in Deutschland, Handlungszeit: Oktober 2010 mit Einschüben aus der Vergangenheit.


    Meine Meinung:
    Um es vorauszuschicken: dies ist ein sehr spannender und auch sehr gut recherchierter Thriller. Auch wenn er viele politische Aspekte beinhaltet, würde ich ihn dennoch nicht als Polit-Thriller bezeichnen, denn es geht nicht um Politiker, Regierungen oder Machtkämpfe um politische Entscheidungen. Es geht um einen Mann auf seinem ganz persönlichen Rachefeldzug. Dass es sich hier um einen Juden als Geiselnehmer mit Neonazis in seiner Gewalt handelt ist der Rahmen der Geschichte. Wie es zu dieser Konstellation kam, werde ich an dieser Stelle nicht ausführen. Es wird schnell klar, dass der Geiselnehmer Zamir auf alles vorbereitet war und einen kaltblütigen Plan verfolgt: er will, dass die „Öffentlichkeit“ in Gestalt der Internet-User das Urteil fällen, dass er vollstrecken möchte. An der Form, wie er die Befragung seiner Opfer durchführt, macht deutlich, wie sehr in der Lage ist, die Meinung zu beeinflussen. Apropos Opfer: schnell stellt man sich in dieser Geschichte die Frage, wer hier Opfer und wer Täter ist. Die Grenzen verschwimmen ständig mehr und am Ende muss ich dem Autor recht geben, der gesagt hat, dass es in seinem Buch nur Opfer gibt.

    Eine herausragende Stellung nimmt auch die Rolle der Medien, hier im speziellen des Fernsehens, ein. Leider sind auch die Passagen, in denen wir die quotengeilen Redakteure ertragen müssen, so glaubhaft und realistisch dargestellt, dass man sich nur angewidert abwenden kann.
    Die ganze Story ist wirklich sehr spannend und glaubhaft hergeleitet. Was mir sehr gut gefallen hat, sind die Rückblenden, in denen wir die einzelnen Personen nach und nach besser kennen und ihre Beweggründe besser verstehen lernen. Ob es die Jungs sind, die von ihren Großvätern die „Deutschland-über-alles- Mentalität“ eingetrichtert bekamen, das gemobbte Kind, dass einfach irgendwo dazugehören will und so in der Gemeinschaft der Neonazis landet oder eben der jüdische Geheimdienstagent, der mit Hingabe gemordet hat. Und so gibt es auch kein Schwarz-Weiß in diesem Buch. Aber alle Charaktere sind glaubhaft und vor allem in auch in ihren Fehlentscheidungen oder -handlungen sehr realistisch.

    Das Buch entwickelt sich mit fortschreitender Handlung immer mehr zum Page-Turner. Verschiedenste Szenarien für die Auflösung des Ganzen bieten sich zwischenzeitlich an, auch hatte ich mir zumindest teilweise ein Wunsch-Ende vorgestellt. Das tatsächliche Ende war allerdings so weit weg von all diesen Szenarien, dass ich, nachdem ich das Buch zugeklappt hatte, erstmal ziemlich fassungslos war. Und das ist auch mein einziger echter Kritikpunkt: dieser konstruierte Schluss (der sich mit den Auflösungen mancher Fitzek-Romane messen kann), hat mir das Lesevergnügen für den Moment ziemlich getrübt. Im Nachhinein hat sich dieses Gefühl wieder gelegt, aber einen Stern Abzug gibt es dafür trotzdem. So sind es immerhin aber noch :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: und eine klare Leseempfehlung an Thriller-Fans und alle, die sich mit der rechten Szene auseinandersetzen.


    Last but not least ein herzliches Dankeschön an den Verlag für die Bereitstellung der Freiexemplare und vor allem an den Autor Peter Grandl für die Begleitung unserer Leserunde im BücherTreff.


    Fazit:
    Spannender Thriller um die rechte Szene in Deutschland. Keine leichte Kost, aber lesenswert, auch wenn das Ende ziemlich konstruiert ist.

    Gelesen in 2024: 7 - Gehört in 2024: 5 - SUB: 598


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Also um was gehts: Drei Neonazis wollen den Bau einer Synagoge verhindern, wollen dem Geldgeber Angst einjagen, landen aber am Ende als Geiseln in seinem Keller. Der Mann heißt Ephraim Zamir und hat seine ganze Familie im Holocaust verloren. Er fordert nun im Internet zu einer Abstimmung auf, ob er die Geiseln hinrichten soll.
    Das wars aber noch nicht, denn neben diesem Hauptstrang gibt es zB die Geschichte von Esther, seiner taubstummen Haushälterin die eine ganz fürchterliche Vergangenheit hinter sich hat, oder von der Stadträtin Seligmann, die Opfer eines Überfalls wird und schließlich in Talk-Shows landet, oder Marie, die als Bewährungshelferin bei einem der Neonazis versagt hat und den Überfall hätte verhindern können.
    Die Wendungen sind absolut nicht vorhersehbar, wirken aber auch nicht konstruiert. So bleibt die Geschichte bis zum Schluss extrem spannend. Hat man das Buch dann durch, muss man sixh erst mal wieder sammeln.
    Turmschatten ist mit Sicherheit das beste Buch, dass ich seit Jahren gelesen habe. Was für ein Debüt - großartig, Hoffentlich bringt Grandl bald das nächste Buch heraus.

    Von mir deshalb Höchstwertung: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Ich werde mich auch auf meine Meinung beschränken, Informationen zu Inhalt und Autor gibt es ja oben zu genüge.

    Ebenfalls vorwegschicken möchte ich einen Dank an den Verlag und an Peter Grandl, denn auch ich durfte an der erwähnten Leserunde teilnehmen, die ich als äußerst bereichernd empfand und durch die enge und liebenswerte Begleitung durch den Autor einen deutlichen Mehrwert gegenüber der "blossen" Lektüre hatte.


    Zum Buch: Ein wirklich sehr spannender, gut konstruierter Thriller, der mit äußerst interessantem Personal aufwartet. Die Charaktere sind allesamt logisch und nahbar gestaltet. Zwischendurch stellte ich mir zwar die Frage, ob wirklich jeder Charakter mit seinem Hintergrund und den damit verbundenen individuellen Problemen und Problemchen vorgestellt werden musste, aber ich bin für mich zu dem Ergebnis gekommen, dass unter anderem gerade diese Tatsache ja auch die Tiefe des Buches bildet und somit eher positiv zu bewerten ist. Es hat auch nicht wirklich gestört, sondern war vielmehr interessant, so viel wie möglich des jeweiligen Hintergrundes zu erfahren.

    Es werden viele Themen sozialkritisch behandelt, oberflächlich natürlich das große Thema rechte Szene, Neonazismus und Antisemitismus einerseits und mediale Berichterstattung andererseits. Aber unter der Oberfläche schwelen so viel mehr Themen, die moralisch und ethisch ans Eingemachte gehen: die Konzepte Rache und Vergebung, Rechtfertigung, Selbstbetrug und Selbstvorwürfe, biografische Erklärungsversuche für Entgleisungen und Fehlerrecherchen, Massenvoyerismus, das explosive Trio aus Mut, Feigheit und Scham und vieles mehr.

    Was die große Stärke des Buches ausmacht, ist das Malen in Grautönen, will heißen, bis auf wenige Ausnahmen gibt es kein nur Gut oder nur Böse, nur Opfer oder nur Täter. Der Autor beschreibt und der Leser wird gezwungen, selber Stellung zu beziehen fernab von Stereotypen wie alle Nazis sind scheiße und immer Täter etc. Die Machtverhältnisse werden in diesem Buch wiederholt auf den Kopf gestellt, und überraschende, teils schockierende Wendungen gehören zum allgegenwärtigen Leseerleben.

    Ebenfalls unbedingt erwähnenswert ist die große und meiner Meinung nach wirklich gute Recherchearbeit des Autors, ich kam mir in allen historischen und aktuell sozialen Zusammenhängen äußerst umfassend und schlüssig informiert vor. Die Gratwanderung zwischen historischen Fakten und schriftstellerischer Freiheit ist absolut gelungen.

    Was den Schluß angeht muß ich mich grundsätzlich meiner Vorrezensentin Hirilvorgul anschließen. Der kam so plötzlich aus einer Richtung, mit der ich nicht gerechnet habe und für mich auch nicht zum Grundtenor, der sich durch das gesamte Buch zog, passend. Von der Handlung her auch durchaus schlüssig und daher mit Abstand betrachtet nicht wirklich schlimm - für mich persönlich allerdings enttäuschend. Das ist der einzige Wermutstropfen auf einem grundsätzlich tollen Leseerlebnis, das mit seinen Themen und Eindrücken definitiv nicht endet, wenn man das Buch zuklappt.

    Für das Ende einen halben Stern Abzug bleiben immernoch verdiente und sehr gute :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    "Imagination, rather than mere intelligence, is the truly human quality."


    "Chaos is found in greatest abundance wherever order is being sought. It always defeats order, because it is better organized."

    Terry Pratchett

    "The person, be it gentleman or lady, who has not pleasure in a good novel, must be intolerably stupid."

    Jane Austen


    :study:

    Alex Haley - Roots

    Andrew Jefford - Whisky Island

    Randale Munroe - What if 2


    :bewertung1von5: 2024: 5 :bewertung1von5:

  • Nach all den unzähligen Lobpreisungen im Netz war ich dann doch neugierig geworden auf das Buch. Das oft gelesene Credo war "spannungsgeladen, gut recherchiert und extrem realistisch". Also auf in den nächsten Buchladen (noch bevor diese durch Corona geschlossen wurden), aber nix gewesen außer Spesen. Für den nächsten Laden quer durch die Stadt gefahren - aber das selbe Bild. Dann halt doch bei amazon bestellt. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam dann die Nachricht "nicht lieferbar". Bitte?? Langer Rede - kurzer Sinn, es sind 4 Wochen vergangen, bis ich das Buch endlich bekommen habe, aber es hat nur drei Nächte gedauert, bis ich es durch hatte.


    Ich bin jetzt noch platt und reihe mich ein in die Menge der Fans und kann nur sagen - ganz großes Kino. Ich habe selten einen Roman in den Fingern gehabt, der mich 600 Seiten lang so gefesselt hat, dass ich alles andere um mich herum vergessen habe. Fiktion und reale Ereignisse werden hier so geschickt miteinander verwoben, dass einem die toll erzählte Story dermaßen unter die Haut geht und am Ende sprachlos bleibt. Apropos Ende: (ein ganz klein wenig Spoiler) - es geht eigentlich nicht besser. Der Twist am Ende ist der Hammer. Warum es hier zwei Rezensenten gibt, denen das Ende nicht gefällt, kann ich absolut nicht nachvollziehen. Gerade der Schluss war für mich die einzig logische Konsequenz, aus dieser wahnsinnigen Achterbahnfahrt wieder herauszukommen.


    Am liebsten würde ich es gleich nochmal lesen, geht aber nicht - denn inzwischen hat es sich meine Freundin unter den Nagel gerissen und ich fühle mich ein, zwei Tagen wie ein Einsiedler. Warum bloß...


    Ganz klar meine Wertung VOLLE PUNKTZAHL - gerne aber auch mehr: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Hoffentlich kommt von Peter Grandl bald das nächste Buch.


    Tipp an den Buchhandel: Unbedingt auf Vorrat nehmen ;)

  • TURMSCHATTEN ist ein grandioses Buch - und das sage ich nicht nur deshalb, weil der Autor mein Schwiegersohn ist. Ich schicke das bewusst voraus, damit sich jeder Leser sein eigenes Bild von der Relevanz meiner Rezension machen kann.


    Ich bin nun knapp 81 Jahre alt und darf mich als echter Büchernarr bezeichnen. Bücher waren immer ein wichtiger Bestandteil in meinem, sowohl privat als auch beruflich. Wie es so schön heißt, „Schriftsteller kommen selbst in den besten Familien vor“. Nun, so scheint es, auch bei uns - und nach der Lektüre von TURMSCHATTEN muss ich schlußfolgern, auch noch ein richtig guter.


    Ich war sechs Jahre alt, als mein ältester Bruder als Flakhelfer dem Nazi-Regime helfen musste, das „Reich“ zu beschützen. Den Anfang des Buches, der von einem Bombenangriff auf eine deutsche Großstadt handelt, habe ich noch lebendig in Erinnerung.


    Wie sich aus der Geschichte des Turms, der diesen Luftangriff übersteht, am Ende eine weit verzweigte Geschichte über den Aufstieg der rechten Szene in Deutschland entwickelt, ist nach meiner Meinung nach so aufschlußreich und spannend geworden, dass keine der fast 600 Seiten zu viel ist.


    Wer auf Grund der Geiselnahme, von der man in allen Kurzrezensionen lesen kann, ableitet, dass dies der Kern der Geschichte ist, der irrt. Die Geiselnahme ist nur der rote Faden, anhand dessen Peter viele Einzelschicksale geknüpft hat - und zwar nicht nur männliche.


    Gerade die weiblichen Figuren sind sehr prägnant und gut ausgearbeitet. So ist es auch nicht verwunderlich, dass gerade die Frauen in TURMSCHATTEN wie Marie, Esther, Mareike, Karin, Carla oder Seligmann einen enormen Einfluß auf das Geschehen haben und dem Roman seine wahre Tiefe geben.


    Auch wenn ich den Autor persönlich sehr gut kenne, so kann ich dennoch mit bestem Wissen behaupten, dass TURMSCHATTEN ein ganz hervorragendes Erstlingswerk ist, dass einen ab der ersten Seite fesselt und bis zur letzten Seite in seinen Bann schlägt. Bravo.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Ich bin über einen Artikel in der SZ auf den Roman aufmerksam geworden, die dem Debüt im Juli 2020 den Aufmacher im Kulturteil gewidmet hat (findet man auch noch online). Gekauft war es schnell, aber dann lag der Wälzer (knapp 600 Seiten), ungelesen in meinem Bücherregal. Kurz nach Weihnachten habe ich mir dann die Lektüre aber vorgenommen. Innerlich hatte ich mich auf ein Langzeitprojekt eingestellt, aber es kam anders. Vor wenigen Tagen war las ich aufgewühlt die letzten Seiten. Und hätte mir meine Familie mehr Lesezeit gegönnt, wäre ich sicher auch noch schneller damit fertig gewesen.



    Wie der Klappentext schon andeutet, geht es um eine Geiselnahme von drei Neonazis durch einen alten Juden, Ephraim Zamir. Eigentlich sollte er das Opfer sein, doch zur Überraschung der Neonazis kommt alles ganz anders.


    Nacheinander vernimmt Zamir die drei Gefangenen im Keller seines Turms und überträgt die Gespräche live ins Internet. Er fordert seine Follower dazu auf, per "Like" über Leben und Tod der Geiseln zu entscheiden. Der Stream geht viral - und innerhalb weniger Stunden wird der Turm zum Schauplatz eines Medienspektakels.



    Aber das ist nicht alles, denn eigentlich scheint es Grandl nicht um die Geiselnahme selbst zu gehen, sondern um die Mechanismen die sie bei Presse, Politik und im Volk auslöst. An Hand verschiedener Protagonisten werden sehr detailliert die Ereignisse aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt. Dabei beleuchtet Grandl den Werdegang und die Konflikte jeder Person. Ob Bewährungshelferin oder Neonazi, ob Programmdirektor oder Journalistin.



    Das erstaunliche dabei ist, dass Grandl unzählige wahre Ereignisse in die Fiktion einwebt. Es gelingt ihm dadurch dem Roman eine unglaubliche Realität zu verleihen. Die zahlreichen Wendungen und vor allem das unvorhersehbare Ende, macheen TURMSCHATTEN für mich daher zu einem der besten Bücher des vergangenen Jahres.


    Daher meine Wertung: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:



    Ich bin sehr auf weitere Bücher des Autors gespannt.

  • Hallo allnightlong, willkommwn auf buechertreff.de.

    Es gibt Bücher, die man in einer Nacht durchlesen kann, hoffentlich sind das bei dir nicht allzu viele. Bücher, die dich berühren beschäftigen dich auch im Schlaf.

    Die besten Bücher sind diejenigen, deren Inhalt in Erinnerung bleibt, so wie TURMSCHATTEN.