Daniel Wolf - Im Zeichen des Löwen

  • Kurzmeinung

    Firkraag
    Routiniert. Zu viel Familien-Drama und zu wenig Hanse. Und bei den Charakteren ging der Autor oft etwas zu simpel vor.
  • Kurzmeinung

    Abroxas
    Viel Flair, konventionelle Handlung; ein leichter Schmöker zum Abtauchen
  • Klappentext


    Friesland 1351: Schiffe zu bauen – das war schon immer der Traum des jungen Zimmermanns Jann Wilken. Mit seinen genialen Ideen will er die Seefahrt revolutionieren und sich in den Häfen der Hanse einen Namen machen.


    Aber Jann hat es nicht leicht. Er ist der uneheliche Sohn des mächtigen Wilke Tammen Osinga, der den Bastard verabscheut und täglich erniedrigt. Der jähzornige Wilke führt eine Blutfehde gegen seinen Erzfeind Enne Rycken und zieht seine Söhne in den Konflikt hinein. Jann ist seit langem heimlich in seine Jugendfreundin Jorien verliebt. Doch als er ihr endlich seine Gefühle gestehen will, kommt zu einer Katastrophe ...


    Meine Meinung


    Ich liebe es, wenn ich in einer historischen Vergangenheit so eintauchen kann, dass die Seiten nur so dahinfliegen - und genau das hat Daniel Wolf geschafft. Knappe 1000 Seiten voller Spannung und Abenteuer im Friesland des 14. Jahrhunderts, angesiedelt in Warfstede, mit den Hauptakteuren der Familie Osinga.
    Die Fehde mit der Familie Rycken zieht sich durch das ganze Buch wie ein roter Faden, aber es gibt noch so viel mehr, was mir diese Zeit und diese freiheitsliebenden Friesen ans Herz hat wachsen lassen.


    Der Schiffbau ist ein großes Thema, aber auch das Leben, das Land und die Leute, die sich mit groß angelegten Deichen vor den schlimmen Stürmen der See schützen müssen. Leider bleibt einigen die stürmische Wut von Wilke Tammen Osinga ebenfalls nicht erspart, unter der vor allem sein Bastard Sohn Jann und sein leiblicher Sohn und Krüppel Abbe leiden müssen.
    Der Autor spinnt hier eine immer weitreichendere Geschichte, schickt seine Figuren nach Bremen und Lübeck, erzählt vom blühenden Handel, vom kommenden Krieg, der überstandenen Pest und der leidigen Inquisition. Manches wird nur angeschnitten, manches ausführlich in die Geschichte eingefügt und ergibt insgesamt ein wunderbar anschauliches und farbenprächtiges Bild dieser Zeit.


    Ich hab mich durchweg super unterhalten gefühlt, ob während den Spannungsbögen oder den Momenten mit ruhigerem Tempo. Beim Schreibstil gab es eine schöne Balance zwischen der Atmopsphäre der damaligen Zeit und der flüssigen, angenehmen Ausdrucksweise, die sehr unterhaltsam ist.
    Man muss viel mitleiden mit den Figuren, denn wie "im richtigen Leben" werden ihnen ständig Steine in den Weg gelegt. Jedes Mal wenn man denkt und sich darüber freut, dass etwas gutes passiert, kommt etwas unvorhergesehenes, dass das Ruder wieder herumreißt. Einzig das viel gebeutelte Liebesglück hat meine Geduld sehr auf die Probe gestellt, aber das wird andere Leser sicher nicht stören und war auch absolut passend für den Verlauf der Handlung.
    Überhaupt sind viele Wendungen vielleicht nicht überraschend gekommen, haben aber zu unverhofften Entwicklungen geführt, die die Spannung geschürt haben.


    Das Leben war damals sicher kein leichtes und vieles, was "normal" war, wäre heutzutage undenkbar. Dennoch gleicht sich doch mehr als man denkt und so sind Vorurteile und generationsübergreifender Hass leider immer noch aktuell. Hier hat Daniel Wolf am Ende eine schöne Lanze gebrochen für etwas mehr Herz und ja, auch Verstand - und auch wenn es kaum möglich erscheint, vielleicht doch die bessere Lösung ist und tatsächlich, wenn auch nicht sofort, für mehr Frieden sorgen könnte.


    Ein großartiger Roman mit einer Menge Abwechslung, interessanten Charakteren und vielfältigen Einblicken in das friesische Leben im 14. Jahrhundert - absolut lesenswert!


    Vorne und hinten im Bucheinschlag sind Karten einmal vom Ort Warfstede und vom Aufbau eines Schiffes, was ich schön fand - zum authentischen Hintergrund hat der Autor dieses Mal nichts im Anhang vermerkt, dafür war seine "maritim unterlegte" Danksagung am Ende amüsant :)


    Mein Fazit: 5 Sterne

  • Neue großartige Familiensaga


    Jann Wilken hat nur einen Wunsch, er will Schiffe bauen. Schiffe die größer und schneller sind als alles, was sie je gebaut haben. Er verbringt seine Zeit auf der Baustelle in Warfstede. Sein Vater aber legt ihm Steine in den Weg, denn Jann ist nur der Bastard von Wilke Tammen Osinga. Dieser regiert sein Kirchspiel mit harter Hand und schreckt auch nicht davor zurück, die eigene Familie zu erniedrigen. Zudem treibt der Jähzorn den Mann in eine blutige Fehde gegen Enne Rycken, der schon seit jeher als Feind betrachtet wird. Als Jann gerade seine wahren Gefühle für Jorien, die Tochter des Schiffsbauers entdeckt, geschieht eine Katastrophe und nichts ist mehr, wie es einmal war.


    „Im Zeichen des Löwen“ ist der Start einer neuen Reihe des Autors Daniel Wolf. Erzählt wird die Geschichte der Friesen im 14. Jahrhundert. Im Mittelpunkt steht die fiktive Familie Osinga aus Warfstede. Ihr Leben und wirken wird glaubhaft geschildert. Das Leben geht seinen Weg oft auf ungewöhnlichen Weise, gerade Jann bekommt dies deutlich zu spüren. Der junge Mann wird auf eine harte Probe gestellt.


    Eine Vielzahl von Protagonisten prägen das Bild und lassen ein längst vergangenes Friesland auferstehen. Ich habe sehr gern von Jann und seiner Familie gelesen. Nicht nur die grausame Fehde ist Bestandteil dieser Geschichte, auch die Entstehung der Hanse und ihre Zusammenhänge werden erläutert. Der Schiffsbau dieser Zeit nimmt einen großen Teil dieser Handlung ein und der Handel wird auch nicht außer Acht gelassen. Der Autor hat seine fiktiven Charaktere wunderbar mit den historischen Fakten verwoben und eine vergangene Epoche lebendig werden lassen. Friesland erscheint einem fast, wie ein fernes Land, dabei liegt es ja quasi vor der Haustür.


    Der Erzählstil von Daniel Wolf ist nicht nur leicht und flüssig zu lesen, sondern bildhaft und facettenreich. Ich konnte das Buch nur schwer aus der Hand legen, so sehr war ich gefesselt von der Geschichte rund um Jann und seiner Familie. Der Autor hat es verstanden, ein aussagekräftiges Bild dieser Epoche zu beschreiben. Dabei hat er nicht nur grausame Schlachten beschrieben, sondern auch davon erzählt, wie sich das Leben gestaltet hat. Über Liebe und Krieg und auch Umweltsünden ist alles vorhanden, was es braucht um gut zu unterhalten.


    Fazit:


    „Im Zeichen des Löwen“ ist ein aufregender historischer Roman, der mich nicht losgelassen hat. Dieser Roman umfasst ca. 900 Seiten, die sich aber weg gelesen haben, wie nichts. Viel zu schnell war das Buch zu Ende. Jetzt heißt es wieder warten, bis der nächste Teil erscheint.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Kurzmeinung


    Schöner historischer Schmöker über das mittelalterliche Leben an der Nordsee, der ziemlich Lust auf einen Ausflug ans Meer macht. :drunken: Man kann gut in die Geschichte eintauchen und erfährt viel über den harten Alltag mit den Naturgewalten, über den Schiffsbau oder das damalige Handelswesen. Beim Lesen wurde mir so richtig bewusst, wie lange damals alles gedauert hat - sei es der jahrelange und mühselige Bau einer Kogge oder die wochenlange Seereise von Lübeck nach Bergen. Sehr gut gefiel mir der persönliche Bezug zum Buch, da ein Teil der Handlung in meiner Wahlheimat spielt und ich die Schauplätze so richtig schön vor Augen hatte. Ein wenig anstrengend fand ich das Geschmachte zweier Figuren nacheinander - die eine macht sich auf den Weg, um der anderen um jeden Preis ihre Gefühle zu gestehen und als die Chance dann da ist, ziert sie sich dann doch #-o...das zog sich für meinen Geschmack etwas zu sehr dahin :roll: und hätte gar nicht sein müssen. Davon abgesehen hat die Geschichte viele gute und sympathische Charaktere, mit denen man mitbangt bei Herausforderungen und Misserfolgen und sich über deren Triumphe und Erfolge freut. Eine schöne Geschichte zum Eintauchen und Mitfiebern, die von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: bekommt.

    Vorne und hinten im Bucheinschlag sind Karten einmal vom Ort Warfstede und vom Aufbau eines Schiffes, was ich schön fand - zum authentischen Hintergrund hat der Autor dieses Mal nichts im Anhang vermerkt, dafür war seine "maritim unterlegte" Danksagung am Ende amüsant :)

    Ich hätte mir statt der Karte mit dem Aufbau einer Kogge lieber eine Karte der Küsten, Inseln und Seewege gewünscht, um die spannenden und abenteuerlichen Reiserouten der Charaktere bildhaft nachvollziehen zu könnten. Gut fand ich auch das Personenregister am Anfang, das den Überblick über die zunächst etwas ungewöhnlichen friesischen Namen erleichterte. :thumleft: Die "maritime" Danksagung hat mir auch super gefallen. :applause:

    Liebe Grüße,
    Tine


    :study: Ken Follett - Die Waffen des Lichts

    :study: Taylor Jenkins Reid - Daisy Jones & The Six

  • Ich mag solche historische Schinken sehr gerne. Auf 900 Seiten erfahren wir die Lebensgeschichte des jungen Zimmermanns Jann aus Friesland. Aber auch die ganze Dorfgemeinschaft, das Entstehen der Hanse, Schiffsbau und der ständige Kämpf zweier verfeindeter Familien werden thematisiert.

    Den Inhalt könnt ihr weiter oben bereits nachlesen.

    ich habe mich ganz prima ins Mittelalter hinein fühlen können und habe mit Jann und Jorien mitgelebt und mitgelitten.

    Wunderbar ausgearbeitete Nebencharaktere, historisch korrekte Abläufe und menschlich Leidende und Liebende machen das Buch einem Lesevergnügen.

    Von mir: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Nicht jeder, der das Wort ergreift, findet ergreifende Worte :-,


    (frei nach Topsy Küppers)


  • Die Bücher von Daniel Wolf habe ich bisher immer sehr gerne gelesen; der vorliegende Roman gehört leider nicht dazu.

    Von Anfang an bin ich in die Geschichte nicht so recht hineingekommen, fand die Figuren teils überzeichnet, teils klischeehaft und oberflächlich, manche von ihnen auch zu modern dargestellt. Mit ihren Gedanken und Handlungen entsprechen sie meiner Ansicht nach meist nicht dem Zeitgeist des 14. Jahrhunderts. Eine Frau mit 50 Jahren war damals schon sehr alt, und hatte nach einem mühevollen Leben in diesem Alter gewiss kein intensives Liebesleben mehr.

    Vor dem bewegten historischen Hintergrund, den ich ganz interessant fand, verläuft der Spannungsbogen ziemlich flach. Für meinen Geschmack fehlte es vor allem an überraschenden Wendungen. Im Prinzip verläuft alles so, wie man es als Leser schon erahnen kann, wodurch sich die Geschichte mit über 900 Seiten sehr träge dahinzieht. Bei manchen Szenen hatte ich das Gefühl, sie werden nur so weitschweifig ausgebaut, um eine gewisse Seitenanzahl zu erreichen.

    Die Beschreibung der landschaftlichen Schönheiten dieses einsamen Landstrichs in Friesland, der bildhaft vor den Augen des Lesers ersteht, hat mir hingegen sehr gut gefallen.

    Erzählerisch hat mich der Roman ebenfalls nicht gepackt, weshalb ich auf den 2. Teil der Friesensaga ganz gewiss verzichten werde.

    Liebe Grüße von Lorraine :)


    "Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen." (Karl Kraus) :study:

  • Game of Thrones auf Friesisch?


    Der erste Band der Friesen-Saga entführt uns in das ostfriesische Harlingerland des 14. Jahrhunderts. Die sich über fast zwei Jahrzehnte erstreckende Familiengeschichte wird größtenteils, aber nicht ausschließlich aus der Sicht dreier Figuren erzählt. Jann Wilken ist der uneheliche Sohn des Wilke Tammen Osinga, einem reichen und einflussreichen Hofbesitzer im stolzen Friesenland, das keinen anderen Herren über sich sieht als den Kaiser selbst. Als sogenannter Bastard zählt Jann in den Augen seines Vaters wenig, seine Leidenschaft ist der Schiffbau, den er beim örtlichen Meister erlernt hat. Ebenfalls nicht wohl gelitten ist sein Halbbruder Abbe. Dieser ist zwar legitimer Sohn des Familienoberhaupts, aber von Geburt an durch einen Buckel und krummen Gliedmaßen gezeichnet und daher trotz seiner Intelligenz verachtet und verschmäht. Die dritte im Bunde ist Jorien, die aufgeweckte Tochter des Schiffsbaumeisters, deren Weg sie in das Bremer Beginenkonvent führt, wo sie ihre ganz eigene Geschichte schreibt.

    Die Geschicke aller drei nehmen eine dramatische Wendung, als die zwei übrigen Söhne von einer Handelsfahrt von der Insel Rungholt heimkehren. Der älteste tut dies nur als Leichnam, der Verantwortliche ist Enne Rycken Hylkena, dessen Macht ähnlich groß ist wie die Wilke Tammens. Letzterer schwört blutige Rache. Damit beginnt ein tragischer Kreislauf aus Hass und Gewalt.


    Ein historischer Schmöker: Viel Liebe fürs Setting, aber...


    Dieses Buch ist wohl das Richtige für solche, die sich in die Lebenswelt des Mittelalters (im norddeutschen Raum) einfühlen wollen, denn hierfür nimmt sich der Autor viel Zeit. Ich bin wahrlich kein Experte für die historische Authentizität der vielen Details, mit denen Daniel Wolf hier aufwartet, das mögen andere entscheiden. Ich schätze aber unbeeindruckt von meiner eigenen Ahnungslosigkeit, dass hier manchen Klischeevorstellungen vom "dunklen" Mittelalter entgegengewirkt wird und stattdessen die Vielgestaltigkeit hervorgehoben wird. (Und es kippt auch keiner den Inhalt eines Nachttopfs aus dem Fenster!)


    So gefällt mir die Darstellung des Zusammenlebens auf dem friesischen Lande, das im Spannungsverhältnis von Freiheit und ungern eingestandenen Abhängigkeiten (untereinander wie auch Auswärtigen gegenüber) steht. Auch präsentieren sich die Friesen nicht bloß als tumbe Bauern, sondern im Einzelnen als Kaufleute, Fachhandwerker und Machtmenschen (man möchte sagen: Politiker). Die Schauorte sind u.a. besagtes Ostfriesland sowie die Städte Bremen und Lübeck, deren eigenen Verwicklungen beiläufig miterzählt werden. Und da wäre eigentlich Stoff für einen ganz anderen Roman: Die Hanse beginnt sich unter Lübecks Führung zu formieren, der Machtzuwachs des dänischen Königs Waldemar Atterdag birgt Kriegspotenzial, der Bremer Erzbischof steht in Konflikt mit den führenden Bürgern der Stadt. Das ist nur Hintergrund, bezeugt aber einen gewissen Respekt gegenüber dem historischen Ausgangsmaterial.


    Wenn es dann doch so wirkt, als würde ein Klischee bedient werden (wie gesagt, ich spekuliere da nur), scheint es mir eher dem Drang geschuldet, eine konventionelle, abenteuerreiche Geschichte zu schreiben. Vielleicht hätten ein Bankert und ein Buckliger nicht all das machen können, was sie hier eben tun (das bekunden die Figuren stellenweise selber), vielleicht hat es gar nicht so viele Armbrüste in Friesland gegeben, vielleicht kann man gar nicht so schnell reich werden; aber irgendwie muss man eine Geschichte von zwei Underdogs nun mal spannend machen. Im Herzen ist es dann doch eine konventionelle Mischung aus Abenteuerroman und Coming of Age-Geschichte.


    Konventionell ist jedenfalls das treffende Wort für die Figuren und die Handlung. Die drei erwähnten Hauptfiguren sind insgesamt eher simple, brave Gemüter ohne große Ecken und Kanten, an denen man sich als Leser stoßen würde. Gegenspieler wirken zumeist eindimensional. Ausgerechnet einige der am Rande auftauchenden Nebenfiguren sind mitunter die interessanteren. Die Helden der Geschichte stellen sich den Herausforderungen, zweifeln ein bisschen und triumphieren dann doch, Ende gut, alles gut?


    Aber es funktioniert und manchmal reicht das doch auch. Daniel Wolfs Stil ist flüssig und bildhaft, man kann den Klopper angenehm wegatmen und ein wenig in eine lebhafte und facettenreiche Mittelalterwelt reinschnuppern. Man sollte nur keinen Tiefgang erwarten. So schaut's aus.


    Das gibt drei von fünf Koggen von mir.

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