Monika Helfer - Die Bagage

  • Kurzmeinung

    Gabi5
    Berührend, einfühlsam aber leider sprachlich (für mich) sehr holprig und nicht immer ansprechend
  • Kurzmeinung

    Maesli
    Es hat für mich nicht die Intensität wie "Vati".
  • MONIKA HELFER
    DIE BAGAGE


    INHALT (lt. amazon)

    „Von uns wird man noch lange reden.“ Monika Helfers neuer Roman „Die Bagage“ – eine berührende Geschichte von Herkunft und Familie


    Josef und Maria Moosbrugger leben mit ihren Kindern am Rand eines Bergdorfes. Sie sind die Abseitigen, die Armen, die Bagage. Es ist die Zeit des ersten Weltkriegs und Josef wird zur Armee eingezogen. Die Zeit, in der Maria und die Kinder allein zurückbleiben und abhängig werden vom Schutz des Bürgermeisters. Die Zeit, in der Georg aus Hannover in die Gegend kommt, der nicht nur hochdeutsch spricht und wunderschön ist, sondern eines Tages auch an die Tür der Bagage klopft. Und es ist die Zeit, in der Maria schwanger wird mit Grete, dem Kind der Familie, mit dem Josef nie ein Wort sprechen wird: der Mutter der Autorin. Mit großer Wucht erzählt Monika Helfer die Geschichte ihrer eigenen Herkunft.


    Über die Autorin (entnommen von Lovelybooks)

    Monika Helfer, 1947 in Au / Bregenzerwald geboren, lebt als Schriftstellerin mit ihrer Familie in Vorarlberg. Sie hat Romane, Erzählungen und Kinderbücher veröffentlicht. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Michael Köhlmeier veröffentlichte sie 2010 »Rosie und der Urgroßvater«. Für ihre Arbeiten wurde sie unter anderem mit dem Robert-Musil-Stipendium (1996) und dem Österreichischen Würdigungspreis für Literatur (1997) ausgezeichnet. Bei ars vivendi wirkt sie als Autorin an der Sechs Sterne-Reihe mit, 2015 erschien der erste Band zum Thema Reisen. Mit "Schau mich an, wenn ich mit dir rede!" ist sie 2017 für den Deutschen Buchpreis nominiert.



    Meine Rezension:

    SCHÖNHEIT - FLUCH UND SEGEN

    Auf nur 159 Seiten präsentiert Monika Helfer die einzigartige, ungewöhnliche Lebensgeschichte ihrer Familie mütterlicherseits. Die Hauptperson ist ihre Großmutter Maria, die permanent über ihre große Schönheit definiert wird und die ihr mehr Fluch als Segen ist.


    Was will mir das Geschehen sagen? Über 100 Jahre ist das her. Da ereignen sich die Dinge um die „Bagage“. Maria und Josef (wie aus der Bibel!) leben mit ihren noch vier Kindern außerhalb eines Bergdorfes in ärmlichen Verhältnissen. Sie werden gemieden, fast geächtet von den Bewohnern. Die Eltern indes scheinen sich selbst genug, obwohl von Liebe nie die Rede ist. Josef ist ein wortkarger Mann, kann gut mit Zahlen umgehen und macht sich beim Bürgermeister nützlich.

    Man schreibt das Jahr 1914, der erste Weltkrieg beginnt, und Josef Moosbrugger als alleiniger Ernährer der Familie wird in die Armee einberufen. Das ist der alles entscheidende Ausgangspunkt für die darauf folgenden Situationen. Maria bleibt mit ihren Kindern allein zurück. Sie sollen auf Josefs ausdrücklichem Wunsch vom Bürgermeister beschützt werden. Dann kommt ein gutaussehender, charismatischer Deutscher ins Dorf und mit Maria und ihrer Bagage in Kontakt. Wie alles in dem Büchlein werden die Begebenheiten sehr komprimiert erzählt. Die zeitlichen Abfolgen zwischen Josefs Fronturlaub, die Besuche von Georg legen Vermutungen nahe. Maria wird schwanger mit Grete, der Mutter der Autorin. Die Gerüchte kochen hoch und das Leben für die Familie wird noch härter.


    Erzählt wird skizzenhaft, auch mal zwischen den Zeilen, verschwommen wie das Cover, dass ein Gemälde des bekannten Malers Gerhard Richter zeigt.

    Nur in Andeutungen werden immer wieder die gleichen Aspekte der Familienmitglieder beleuchtet und doch ist es sehr komplex, was die Autorin über ihre Ahnen preisgibt. Von den Geschwistern ihrer Mutter erzählt sie, aber die Grete bleibt wie ein Phantom. Doch ist das weiter nicht verwunderlich, da sowohl sie als auch schon Mutter Maria jung sterben. Josef ebenso.

    Aus der Ich-Perspektive und im auktorialen Stil erfolgen die Abläufe in der Geschichte, wobei die Erzählstile auch des öfteren innerhalb eines Satzes wechseln. Das erforderte Aufmerksamkeit beim Lesen.


    Monika Helfer erzählt sehr speziell von ihrer eigenen Herkunft und führt den Leser von 1914 bis in die Gegenwart.


    Ich empfehle „Die Bagage“ und bewerte mit vier von fünf Sternen. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Maria und Josef Moosbrugger leben am äußersten, oberen Rand des Bergdorfes, gemeinhin kennt man die Familie als "die Bagage". Abgeleitet ist der Spitzname davon, dass frühere Generationen als Lastenträger arbeiteten, aber ein bisschen Abwertung schwingt hier und da schon auch mit. Die bildschöne Maria wird genauso argwöhnisch beäugt wie Josef, der mit dem Bürgermeister "Geschäftchen" macht, auch die Kinder haben wenig Anschluss.


    Als Josef 1914 zum Kriegsdienst eingezogen wird, soll der Bürgermeister ein Auge auf die Familie haben, nimmt das aber an gewissen Stellen ein wenig zu wörtlich. Als man Maria allmählich ihre fünfte Schwangerschaft anzusehen beginnt, mehren sich die Gerüchte, dass Josef wohl nicht der Vater des Kindes ist - etwas, das Josef der kleinen Margarethe, die schließlich zur Welt kommt, lebenslang übel nehmen wird.


    Auf nur knapp 160 Seiten zeichnet Monika Helfer ein vielschichtiges Porträt der Familie Moosbrugger, teils erzählt mit der Stimme der Enkelin von Maria und Josef, die wiederum von ihrer mittlerweile betagten Tante kurz vor deren Tod Familiengeheimnisse erfährt, die die Tante bis dahin stets gehütet hat. Die Sprache ist knapp und klar, reduziert und sehr deutlich österreichisch angehaucht, was gleichzeitig charmant und rauh wirkt und perfekt zu der Geschichte und ihren Figuren passt, Menschen, die mit dem Mut der Verzweiflung handeln und sich am Ende doch oft ins Unvermeidliche ergeben müssen.


    Und auch wenn ein Großteil dessen, was geschieht, trostlos und traurig und düster ist, hat mich das Buch auf eine ganz besondere Weise gefesselt und berührt. Der Erzählton ist oft eher sachlich und fast schon etwas distanziert, aber umso mehr Wirkung hat das, was geschildert wird oder auch zwischen den Zeilen anklingt.