Jan Costin Wagner – Sommer bei Nacht

  • Kurzmeinung

    Abroxas
    Lakonisch und grimmig, funktioniert aber nicht als Krimi
  • Kurzmeinung

    mapefue
    Diese Literatur muss der Leser aushalten
  • Die e-book-Ausgabe ist schon verfügbar.


    Klappentext/Verlagstext
    Was geschieht, wenn das Unfassbare geschehen ist?

    Ein Kind verschwindet. Dabei hat seine Mutter den Jungen nur für wenige Momente aus den Augen gelassen. Die Ermittlungen beginnen und schnell stößt die Polizei auf Verbindungen zu einem weiteren vermissten Jungen. Zum Auftakt seiner neuen Reihe erzählt Krimipreisträger Jan Costin Wagner eine spannungsgeladene Geschichte auf einmalig einfühlsame und literarisch meisterhafte Weise.
    Die Ermittler Ben Neven und Christian Sandner machen sich auf die Suche nach dem fünfjährigen Jannis. Zeugen erinnern sich, dass ein Mann mit einem Teddybär auf dem Arm das Kind während des Flohmarkts in der Grundschule angesprochen hat. Schnell wird Ben und Christian klar, dass sich die schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten. Und nicht nur das: es scheint einen direkten Zusammenhang mit der nie aufgeklärten Entführung eines weiteren Kindes in Österreich zu geben. Die beiden Polizisten stoßen auf finstere Abgründe.
    Jan Costin Wagner verarbeitet gleich mehrere brisante gegenwärtige Themen und rührt dabei tief an in uns allen schlummernden Ängste. Doch das Wagnis gelingt – weil Wagner den Spagat zwischen Empathie und Zurückhaltung beherrscht und literarische Kriminalromane schreibt wie kaum jemand sonst.


    Der Autor
    Jan Costin Wagner wurde 1972 geboren und lebt als freier Schriftsteller in der Nähe von Frankfurt und in Finnland, seiner zweiten Heimat. Seine Romane wurden vielfach ausgezeichnet und in 14 Sprachen übersetzt. Mit der Figur des jungen finnischen Polizisten Kimmo Joentaa schrieb er sich in die Herzen von Lesern wie Kritikern. Für sein Debüt „Nachtfahrt“ erhielt Wagner den Marlowe-Preis für den besten literarischen Thriller; die amerikanische Ausgabe von „Eismond“ - dem ersten Kimmo-Joentaa-Roman - wurde 2008 für den Los Angeles Times Book Prize nominiert. Für „Das Schweigen“ bekam er Deutschen Krimipreis verliehen.


    Inhalt
    Mitten aus dem Gewimmel eines Schul-Flohmarkts verschwindet Jannis, der jüngere Bruder der Schülerin Sarah. Zeugen werden später aussagen, dass sie kurz zuvor einen fremden Mann beobachtet haben, der nicht zur Schul-Familie gehört und sich zugleich so unauffällig in der Menge bewegen konnte, dass niemand Verdacht schöpfte. Die Ermittler der Kripo Wiesbaden müssen sich bei ihren Zeugenbefragungen zunächst in die Gedankenwelt von Kindern versetzen und lernen, deren Beobachtungen richtig zu lesen und einzuordnen. Der Austausch mit seinem pensionierten Kollegen Landmann vermittelt dem Kripo-Mann Ben Lederer schließlich einen entscheidenden Hinweis, als er Landmanns bildhafte Vorstellung vom Auftreten des Täters und von dessen Umfeld wahrnimmt. Als sich Verbindungen zu einem ähnlichen Fall in Österreich ergeben, läuten bei den Ermittlern die Alarmglocken. Was haben ein Flohmarkt für Kinderartikel und ein Rummelplatz in Österreich als Tatorte gemeinsam – und welchen Einfluss hat es auf Ermittlungen, wenn Eltern eines Entführungsopfers einen Asylantrag gestellt haben?


    Jan Costin Wagner lässt seine Leser direkt in die Gedankenwelt von Tätern, Opfern und Zeugen blicken. Schon im ersten Handlungsstrang hatte ich den Eindruck, dass die betreffende Person den Lesern damit mehr über ihre Emotionen und Motive preisgibt, als gut für sie ist. Da die Ermittler weniger wissen als die Leser, folgt man mit höchst ungutem Gefühl Ben und Christian bei ihrer Arbeit und erhält tiefen Einblick in die Psyche der Kriminalkommissare. Einsatzleiter Christian Sandner z. B. beschäftigt sich in Gedanken mit dem Tod. Er „hat seine Mitte verloren“, wie Kollege Ben über ihn sagt. Im Dienst agiert Christian dagegen selbstkritisch und mit Empathie für die Situation von Zeugen in einer Vernehmung.


    Fazit
    Auch wenn in diesem Roman ein Kind entführt und gefangen gehalten wird, empfinde ich die Vorgänge nicht als direkt grausam. Die Beunruhigung wächst eher subtil, je tiefer ich in die Motive der Figuren blicken kann. Da zwischen der Handlung und Straftaten an Kindern in der jüngsten Vergangenheit deutliche Bezüge herzustellen sind, sollten Betroffene mit Triggern rechnen. „Sommer bei Nacht“ ragt aus meiner Sicht heraus mit seinem Einblick in die Denkweisen der Beteiligten, eindrucksvoll besonders die der Kinder. Die Kimmo-Joentaa-Romane haben mir jedoch besser gefallen.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Naylor - Die Stimme der Kraken

    :musik: --


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Sätze flirren wie die Sommerhitze in Jan Costin Wagners neuem Roman Sommer bei Nacht, aber nicht nur der Stil ist besonders, auch die Geschichte. Ungläubig nimmt der Leser wahr, was er gelesen hat.


    Gedanken sind frei wird sich Jan Costin Wagner gedacht haben als er allen Protagonisten diese Gedankenfreiheit gewährt hatte und wir sie lesen dürfen. Von den Kommissaren bis zu den Tätern, die bereits am Anfang bekannt sind. Alle haben mit ihren Traumata zu kämpfen.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Squirrel ,

    kannst du die - gesamte - Rezension bitte in Spoiler setzen, wer den Roman noch nicht kennt, möchte sicher vorher nicht so viel verraten bekommen.

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Naylor - Die Stimme der Kraken

    :musik: --


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • mapefue Ich hab diverse Spoiler in deine Beiträge gesetzt, damit diejenigen, die hier in den Thread schauen, auch später noch Lust haben das Buch zu lesen. Mit Spoilern kann jeder selbst entscheiden, ob er große Teile des Inhalts bzw. wichtige Aspekte der Geschichte wissen will bevor er das Buch liest

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier