Holger Karsten Schmidt - Die Toten von Marnow

  • Kurzmeinung

    Smoke
    vielleicht nicht immer glaubwürdig, aber von hohem Unterhaltungswert
  • Kurzmeinung

    Tefelz
    Alte Sünden der DDR und ein starkes Ermittlerteam
  • Verlagstext
    Ein höchst ambivalentes Kapitel deutsch-deutscher Geschichte als Start einer neuen Krimireihe. Der Jahrhundertsommer 2003. Gluthitze liegt über Marnow, dem malerischen Ort an der Mecklenburgischen Seenplatte. Die Kommissare Frank Elling und Lona Mendt ermitteln in einem Mordfall. Das Tatmotiv scheint klar, die Aufklärung nur eine Frage der Zeit. Doch nichts ist so, wie es scheint. So entpuppt sich das Tatmotiv als absichtlich gelegte Fehlspur des Mörders, der vermeintliche Routinefall als Beginn einer Mordserie mit brisantem politisch-historischem Hintergrund. Und mächtige Gegenspieler der Kommissare haben ein Interesse daran, die wahren Zusammenhänge im Dunkeln zu belassen. Je weiter Elling, der treu sorgende Familienvater, der auf recht großem Fuß lebt, und Mendt, die Unnahbare, die in ihrem Wohnmobil geheimnisvolle Besuche empfängt, in ihren Ermittlungen kommen, desto größer werden die Hindernisse, die sie überwinden müssen. Und desto häufiger lassen sie sich selbst zu moralisch höchst fragwürdigen Handlungen hinreißen. So zwingen die Ereignisse die beiden so unterschiedlichen Charaktere nach und nach, einander blind zu vertrauen – nicht zuletzt, um ihre eigene Haut zu retten. »In ›Die Toten von Marnow‹ wagt Holger Karsten Schmidt etwas Außergewöhnliches: Die säuberliche Trennung zwischen Ermittler und Täter ist aufgehoben, wir Leser wissen nicht immer genau, ob die Guten wirklich gut sind – und erwischen uns dabei, wie wir ihnen trotz ihrer Fehltritte fest die Daumen drücken.« Wolfgang Schorlau

    Der erste Fall der neuen Krimireihe von Holger Karsten Schmidt besticht durch einen abgründigen Plot um ein schreckliches Verbrechen, dessen Spur tief in die deutsch-deutsche Geschichte reicht. Und durch die moralischen Abgründe eines sympathischen Ermittlerduos, das am Ende keineswegs mit reiner Weste dasteht.


    Der Autor
    Holger Karsten Schmidt, geboren 1965 in Hamburg, ist seit vielen Jahren einer der erfolgreichsten Drehbuchautoren Deutschlands. Zuletzt wurde der Mehrteiler »Gladbeck«, für den er das Drehbuch geschrieben hat, mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. 2011 erschien sein Mittelalter-Thriller »Isenhart« bei Kiepenheuer & Witsch, 2017 folgte unter dem Pseudonym Gil Ribeiro der erste Band der »Lost in Fuseta«-Reihe, die in Portugal spielt. Holger Karsten Schmidt lebt und arbeitet in Asperg in Baden-Württemberg.


    Inhalt
    Im Jahrhundertsommer 2003 stirbt in der Hinterhofwohnung eines Rostocker Plattenbaus ein Mann in mittleren Jahren, den man für ein unbeschriebenes Blatt halten könnte. Als es zu einem vergleichbaren Todesfall bei einem wohlhabenden älteren Herrn kommt, führt die Spur die Ermittler Frank Elling und Lona Mendt an einen idyllisch gelegenen See in Mecklenburg. Eines der Todesopfer hat hier regelmäßig seinen Urlaub verbracht und erst kurz zuvor wieder einen Bungalow auf dem Campingplatz gemietet. Man könnte an einen Serienmörder oder einen Rachefeldzug denken, wenn die Opfer nicht aus zu unterschiedlichen Verhältnissen stammen würden. Schließlich ergeben sich Verbindungen, deren Sinn die Ermittler lange nicht durchschauen. Einige Beteiligte kannten sich seit ihrer Anfangszeit als junge Stasi-Offiziere und um den Marnower See herum gibt es offenbar weitere Seilschaften. Fragt sich nur, wer dort was zu verbergen hat und wem die Taten nützen. In 16 Kapiteln werden die 16 Tage bis zur Aufklärung des komplizierten Falls beschrieben.


    Frank Elling wirkt zunächst wie ein verantwortungsvoller Bürger und Polizeibeamter, dem am guten Verhältnis zu Kollegen und Nachbarn liegt. Elling lebt jedoch so offensichtlich über seine Verhältnisse, dass es genau den nahestehenden Menschen längst aufgefallen sein müsste. Ellings zwei Gesichter hätte ich allerdings spannender gefunden, wenn ich subtiler an ihm und manch anderem hätte zweifeln können. Lona Mendt hat sich aus Hannover nach Ostdeutschland versetzen lassen, was ihr anfangs einiges Misstrauen der neuen Kollegen einbringt. Wer ging schon freiwillig nach Rostock, fragen sie sich. Doch selbst die direkte Suche in der niedersächsischen Landeshauptstadt blieb ergebnislos, ob die Kollegin Mendt etwa von dort weggelobt wurde. So wundern sich die Rostocker Ermittler weiter, warum Lona im Wohnmobil lebt und nichts aus ihrem Privatleben preisgibt.


    Fazit

    Die Figuren wirken liebevoll ausgearbeitet; Elling und Mendt entwickeln darüber hinaus im Dienst einen besonderen Draht zueinander. Elling wird im Laufe der Ermittlungen darauf hingewiesen, dass er ja aus dem Osten stammt und von ihm Wissen darüber vorausgesetzt wird, wie manche Dinge damals liefen. Lona gibt wiederum die passenden Stichworte, damit ein paar Infos zur DDR-Geschichte für die unwissenden Leser eingeflochten werden können. Holger Karsten Schmidt sät von Beginn an Zweifel an der Integrität seiner Ermittler und damit auch an den Zielen ihrer Ermittlung. Als Leser kann man an die Verbindungen glauben, die sich anfangs zu ergeben scheinen, aber auch auf das ganz große Ding aus der DDR-Vergangenheit warten. Das Setting und ein Ermittler-Duo, das arbeitet, wo andere Leute gern Urlaub machen würden, finde ich als Serienbeginn sehr ansprechend. Der Spannung abträglich fand den für einen Krimi übertriebenen Showdown und Ellings für einen routinierten Ermittler unglaubwürdiges Verhalten, das gegenüber der Sortierung der Handlungsfäden zu viel Raum einnahm. Beim Blick auf Logik und Ausdruck ging dem Lektorat zum Ende des Texts die Luft aus, hier könnte der an sich sehr gute Plot noch erheblich gewinnen.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Weber - Bannmeilen (Paris)

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Elling und Mendt


    Wow, was für ein Ritt! Diese Rezension schreibt sich nicht „mal so eben weg“. Das Buch hat für mich erfolgreich etliche Kategorien umdefiniert. Es ist kein ganz handelsüblicher Thriller. Vor allem die Figurengestaltung, der Detailreichtum, und die moralischen Implikationen haben mir sehr gefallen!


    Es fängt ja schon mit dem Cover an, das mich von Anfang an vage an ein Gemälde von Caspar David Friedrich erinnert hat. Was wohl nicht ganz unbeabsichtigt ist, zeigt doch sein berühmtestes Werk die Kreidefelsen von Rügen, also eine ostdeutsche Szene. Und dann erst die Namen der Hauptpersonen! Elling! Der heißt unter Garantie nicht ohne Absicht so … an dieser Stelle eine Verbeugung in Richtung Ingvar Ambjörnsen. In anderer Hinsicht hat mich dieser Kommissar aber auch an „Kühn“ von Jan Weiler erinnert. Beide haben ganz ähnliche Probleme, und ähnliche Flausen im Kopf. Und dann Lona… wenn man den Namen englisch ausspricht, klingt das wie „loner“, also genau das, was sie ist… eine Einzelgängerin.


    Ich finde, dass man dem Buch sehr deutlich anmerkt, dass sein Autor geübter Drehbuchschreiber ist. Das spiegelt sich wider in den recht schnellen, aber nicht zu schnellen, lebendigen Schnitten, im Detailreichtum der Darstellung, den unkomplizierten Dialogen – es ist einfach sehr „filmisch“ geschrieben. Man, bzw. ich, kann sich alles sofort bildlich vorstellen. Nur am Ende ist dann mit der Action eine Winzigkeit übertrieben worden.


    Ich finde es gut gelöst, wie hier deutsch-deutsche Geschichte in den Krimi eingewoben wird. Es ist nicht zu dick aufgetragen, nicht zu politisch. Diese Geschichte hätte wohl auch in anderen sozialistischen oder kommunistischen Staaten stattfinden können… doch die Details sind schon so gewählt, dass man sich als Deutscher wiedererkennt. Besonders die Ort- und Landschaften sind teils liebevoll porträtiert. Gut gemacht auch, dass einer der Kommissare aus dem Osten, und einer aus dem Westen kommt.


    Ich merke schon, ich drücke mich die ganze Zeit vor einer Inhaltsangabe. Das war für mich aber auch nicht wesentlich an diesem Buch. Das kann jeder Interessierte im Klappentext nachlesen.

    Das Buch beginnt auf einem eher gemütlichen Ton. Man lernt Elling kennen, und hat recht schnell erfasst, wie er tickt. Er verschuldet sich heillos, um seiner Familie alles zu bieten. Doch von Anfang an habe ich gezweifelt. Ob in dieser Familie wohl alles Gold ist, was glänzt…? Und ich sollte Recht behalten. Durch ein paar Beinahe-Zufälle wird nun Elling mittendrin und sehr persönlich in den laufenden Fall verstrickt. Mehr als verstrickt. Er wird zu einem Teil davon. Und seine Kollegin Lona steht vor der Frage, ob sie das deckt, oder nicht. Doch nur wenige Seiten später… und schon steht auch sie mit nicht mehr ganz reiner Weste da. Und das wird sich bis zum Ende für beide nicht mehr ändern. Eher im Gegenteil.


    Erstaunlich für einen deutschen Thriller ist eventuell die Brutalität, mit der hier vorgegangen wird. Der Autor ist in seinen Schilderungen wahrlich nicht zimperlich. Sehr zart besaitet darf man also nicht sein. Wenn ich so zurückdenke, dann war das allerdings auch bei „Isenhart“ schon so – ein Buch, das ich sehr mochte!


    Die Spannungskurve lässt im Weiteren Verlauf wirklich nichts zu wünschen übrig. Die Ereignisse geschehen in flüssiger Folge, Langeweile kommt zu keinem Zeitpunkt auf. Besonders schön ist, wie bereits angedeutet, dass die Ermittler eben nicht nur Ermittler sind. Sie gehören schon bald – persönlich betroffen – mit zum Geschehen. Und auch privat kommen sie einander näher, obwohl sie doch so gegensätzlich sind. Doch Holger Karsten Schmidt begeht nun nicht den Fehler, das Ganze zu süßlich werden zu lassen. Am Ende bleiben ein paar sehr (!) interessante Leerstellen. So dass ich mich schon auf weitere Teile der Reihe freue. Dieses Buch hatte alles, was ich mir nur wünschen konnte: Spannung. Vielschichtige Charaktere. Lebendige Beschreibungen. Und es warf moralische Fragen auf, denen ich mich nicht entziehen konnte. Trotz des etwas übertriebenen Endes vergebe ich voller Überzeugung 5 Sterne.

    "Ein Mensch, der Ideale hat/
    Der hüte sich, sie zu erreichen!/
    Sonst wird er eines Tags anstatt/
    Sich selber andern Menschen gleichen."
    (Erich Kästner) :):)

  • Mir völlig unbekannt als Autor oder auch, da ich kaum den Fernseher anstelle als Drehbuchschreiber habe ich nach dem Klappentext gedacht. Entweder wieder die 90.Auflage eines Regionalkrimis und vielleicht einer der besseren Tatortserien (Münster).Völlig überrascht ob des hohen Niveaus war ich schwer beeindruckt....

    Geschichte: Ein möglicher Mörder besucht das Opfer um festzustellen, dass dieser bereits umgebracht wurde und legt eine falsche Spur. Elling, Komissar der über seine Verhältnisse lebt und alles für seine Familie macht, auf der anderen Seite Lona , Komissarin aus Hannover , die sich nach Rostock hat versetzen lassen und als Single im Wohnmobil lebt. Als kurze Zeit später wieder ein Mord geschieht und beide Opfer eine Verbindung haben, geht die Ermittlung erst richtig los....

    Es ist heute sehr schwer noch neue und nicht ausgelutschte Ermittlerduos zusammen zu stellen, doch Herr Schmidt hat es geschafft aus 2 völlig verschiedenen Typen eine einzigartige Kombination zu bilden. Wird man am Anfang noch nicht so warm, steigert sich das bis zum Ende so stark, dass man laut Beifall klatschen möchte. Jeder von Beiden hat natürlich entweder eine Vergangenheit oder eine aktuelle Macke, die aber wunderbar in die Geschichte passen. Hier stimmt alles vom Aufbau, über den Hintergrund bis zum grandiosen Showdown und vor allem die Menschlichkeit und die Gerechtigkeit.

    Zudem wird an historischem Hintergrund der DDR eine kaum zu gaubende Geschichte aus dem Hut gezaubert, die absolut plausibel klingt und vermutlich sogar so statt fand. Der Leser muss sehr oft entscheiden, ob die Taten des Duos die eigene Moral rechtfertigen oder ob das Ergebnis die Moral wanken lässt.

    Fazit: Empfehlung für alle Krimifans als auch Thriller Fans werden nicht zu kurz kommen, da es sich wirklich bis zum Ende hin steigert. Das Buch habe ich 2 Tage sacken lassen und es hat mich beeindruckt, also geht nichts unter 5 Sterne !:bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Es handelt sich um den Beginn einer neuen Krimireihe, in denen die Kommissare der Frank Elling und Lona Mendt der Kripo Rostock ermitteln.


    In ihrem ersten gemeinsamen Fall müssen sie den Mord an Alexander Beck aufklären. Er war arbeitslos, 47 Jahre, wohnte in einem Plattenbau. Ihm wurde die Kehle durchgeschnitten und es gab Anzeichen für eine Folterung. Anschließend wurde er im Badezimmer aufgehängt. Auf seinem PC werden verdächtige Bilder gefunden, dadurch scheint die Richtung, in die ermittelt wird, klar. Eine Spur führt sie nach Marnow, denn hier war sein Handy vor kurzem für 2 Tage eingeloggt, im Gegensatz zu den Vorjahren, in denen er immer für längere Zeit auf dem Campingplatz Urlaub machte. Dann kommt es zum nächsten Leichenfund. Einem alten, gut situierten Herrn wird in einem Seniorenheim ebenfalls die Kehle aufgeschnitten. Die Hinweise auf Marnow verdichten sich und es stellt sich die Frage, wo liegt die Gemeinsamkeit der beiden Opfer? Es werden falsche Fährten gelegt, aber dann müssen Elling und Mendt erkennen, daß sie es mit hochrangigen, einflußreichen Gegnern zu tun haben.


    Frank Elling, Familienmensch, der pünktlichst Feierabend macht, liebt seine Frau Susanne und Tochter Mareike, baut gerade den größten Pool in seiner Straße und lebt damit über seine Verhältnisse. Seine demente Mutter wohnt in einem Seniorenheim und hier muß er jeden Monat einen Zusatzbeitrag aufbringen.


    Kollegin Lona Mendt, kürzlich aus Hannover nach Rostock versetzt, sehr zurückhaltend, fährt mit ihrem Motorrad zu den Einsätzen, lebt in einem Wohnmobil und kämpft mit unbekannten Dämonen aus der Vergangenheit.


    Gemeinsamkeit der beiden – ihr Baugefühl trügt sie selten. Allerdings arbeiten sie nicht immer moralisch einwandfrei, sie setzen sich auch über Gesetze hinweg und vor allem Elling handelt teilweise für einen Polizisten recht fragwürdig.




    Ich habe schon etliche Bücher des Autors – auch als Gil Ribeiro – gelesen und sein Schreibstil ist stets flüssig und spannend. Seine Idee, dieses brisante deutsch-deutsche Thema zu einem Krimi zu verarbeiten, fand ich sehr gut. Wie in allen seinen Büchern beschreibt er die Atmosphäre (hier des heißen Sommers 2003) und die Schauplätze anschaulich und bildhaft, man sieht alles vor sich. Die Ermittler wurden detailliert charakterisiert, so daß man als Leser eine präzise Vorstellung von ihrer privaten Situation und auch ihrem geschäftlichen Miteinander bekam. Schlußendlich finden sie zu einem homogenen Team zusammen, das sich absolut vertrauen kann. Der Showdown am Ende wirkte für mich etwas überzogen, der Epilog war dann ein runder Abschluß.


    Ein Krimi, der mir wegen des Themas bestimmt noch länger im Gedächtnis bleiben wird und der zu Diskussionen anregt. Von mir bekommt er eine Leseempfehlung!

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  • :bewertung1von5::bewertung1von5:

    Langweilig und konstruiert

    Der Jahrhundertsommer 2003. Gluthitze liegt über Marnow, dem malerischen Ort an der Mecklenburgischen Seenplatte. Die Kommissare Frank Elling und Lona Mendt ermitteln in einem Mordfall. Das Tatmotiv scheint klar, die Aufklärung nur eine Frage der Zeit. Doch nichts ist so, wie es scheint. So entpuppt sich das Tatmotiv als absichtlich gelegte Fehlspur des Mörders, der vermeintliche Routinefall als Beginn einer Mordserie mit brisantem politisch-historischem Hintergrund. Und mächtige Gegenspieler der Kommissare haben ein Interesse daran, die wahren Zusammenhänge im Dunkeln zu belassen. Je weiter Elling, der treusorgende Familienvater, der auf recht großem Fuß lebt, und Mendt, die Unnahbare, die in ihrem Wohnmobil geheimnisvolle Besuche empfängt, in ihren Ermittlungen kommen, desto größer werden die Hindernisse, die sie überwinden müssen. Und desto häufiger lassen sie sich selbst zu moralisch höchst fragwürdigen Handlungen hinreißen. So zwingen die Ereignisse die beiden so unterschiedlichen Charaktere nach und nach, einander blind zu vertrauen – nicht zuletzt, um ihre eigene Haut zu retten.

    Als ich den Klappentext zu „Die Toten von Marnow“ von Holger Karsten Schmidt gelesen habe, wurde in mir direkt die Hoffnung auf einen richtig schön spannenden Krimi geweckt. Leider wurde diese Hoffnung in großen Teilen enttäuscht.

    Der Autor hat hier einen Krimi erschaffen, der wirklich verzwickt ist. Das muss man ihm lassen. Ich wusste bis zu den letzten hundert Seiten nicht, wer in den Fall verwickelt ist und wer genau welche Rolle spielt.

    Zu diesem verworrenen Fall hat er zwei Ermittler kreiert, die wohl in die Gruppe „Anti-Held“ fallen. Besonders KHK Elling baut einen Bockmist nach dem anderen, um sich seinen eigenen Vorteil zu sichern. Er hat nie böse Absichten dabei, lässt mich aber doch immer wieder mit dem Kopf schütteln. KHK Mendt hält in Punkto „moralisch höchst fragwürdige Handlungen“ recht gut mit Elling mit, obwohl sie von ihm in vieles nur hineingezogen wird. Trotz alledem haben beide auch eine recht sympathische Seite.

    Leider konnte mich dieser Krimi überhaupt nicht für sich gewinnen. Der Fall wirkt auf den ersten Blick wirklich interessant und lädt zum Grübeln ein. Doch grade durch die vielen Abzweigungen und Wirrungen wurde es mir im Endeffekt einfach zu konstruiert. Das Wort konstruiert trifft auch auf einige Handlungen der Figuren zu. Unrealistisch war ebenfalls ein Wort, welches mir öfter durch den Kopf ging.

    Dazu hält der Autor sich oft mit den privaten Problemen der Ermittler auf. Ich verstehe, dass einige Dinge davon nötig waren, um gewisse Handlungen zu rechtfertigen. Trotzdem haben mich diese Nebenhandlungen einfach nur gelangweilt. Ich hätte sie am liebsten übersprungen.

    Dieser Krimi hat eine wirklich gute Grundidee und auch das Setting ist wirklich nicht schlecht. Leider hat mich die Umsetzung komplett enttäuscht. Einen Stern gibt es für die Grundidee und einen für die ungewöhnlichen Charaktere (ihre Handlungen ausgenommen).

    Ich würde diesen Krimi nicht weiterempfehlen.

  • Das Buch beginnt mit einem Mord dem bald ein weiterer folgt. Im Gegensatz zu den Ermittlern ist für den Leser klar, dass zwei verschiedene Personen den Tod wollen. Lange ist aber das Motiv der Mordserie unklar. Genauso die Akteure der Gegenseite.

    Die beiden Ermittler Elling und Mendt sind grundverschieden. Elling ist ein Spießer der die Gesetze gern mal zu seinen Vorteil auslegt. Außerdem hat er sich finanziell etwas übernommen, so dass er einer Bestechung nicht widerstehen kann. Lona ist dagegen oberflächlich gesehen unabhänig und ein Freigeist. Sie kann ihr Trauma gut überspielen. Während der Ermittlungen verstehen sie sich immer besser und werden ein Team.

    Anfangs hat mich der einfache Schreibstil gestört, aber nach einigen Seiten hat mich dann die Geschichte gefangen genommen. In dem Buch wird die Spannung hoch gehalten. Es mischen die verschiedensten Akteure mit und man weis lange nicht, wie alles zusammenhängt. Auch die DDR-Vergangenheit wird differenziert dargestellt. Zum Glück wird die Stasikeule nicht geschwungen, obwohl es natürlich Stasimachenschaften gibt. Den Countdown fand ich dann doch etwas überzogen, aber hier kommt dann vielleicht der Drehbuchautor durch, denn in einen Film macht er sich gut.

    Mir hat das Buch gut gefallen. Ich werde die Reihe weiter verfolgen.

    Sub: 5539:twisted: (Start 2024: 5533)

    Gelesen 2024: 10

    gelesen 2023: 55/ 2 abgebrochen / 26075 Seiten

    gelesen 2022: 65 / 26292 Seiten

    gelesen 2021: 94 / 1 abgebrochen / 35469 Seiten


    :montag: Rafik Schami - Wenn du erzählst erblüht die Wüste

    :montag: Eva Almstädt - Akte Nordsee- Der Teufelshof


    Lesen... das geht 1 bis 2 Jahre gut, aber dann ist man süchtig danach.

  • Es ist sehr heißt im Jahrhundertsommer 2003. Die Kommissare Frank Elling und Lona Mendt ermitteln in einem Mordfall, der in Marnow an der Mecklenburgischen Seenplatte geschah. Doch der Fall ist kompliziertes, als es zunächst den Anschein hatte. Die Sache zieht immer größere Kreise und führt in die Vergangenheit und in den Westen - und dann es gibt weitere Tote. Außerdem sind da mächtige Gegenspieler, deren Interesse es ist, alles unter der Decke zu halten und den Ermittlungen ein Ende zu setzen.


    Es ist ein komplexer und spannender Krimi.


    Elling und Mendt könnten nicht unterschiedlicher sein. Lona Mendt ist erst recht kurz in Rostock. Sie wohnt in einem Wohnmobil und scheint vor ihrer Vergangenheit zu flüchten. Den Kollegen gegenüber gibt sie nicht viel über sich preis. Frank Elling hat Familie und lebt über seine Verhältnisse. Der Fall verlangt ihnen einiges ab und daher gehen sie manchmal etwas fragwürdig vor. Auch wenn sie so verschieden sind, so wird ihnen immer mehr klar, dass sie als Team einander vertrauen müssen.


    Dieser Kriminalfall lässt einen immer wieder daran zweifeln, wer Gut und wer Böse ist. Jeder scheint seine dunklen Geheimnisse zu haben. Dazu gibt es immer wieder Wendungen, die die Spannung hochhalten und so manches Mal auch richtig Action bringen. Am Ende tun sich wirkliche Abgründe auf.


    Ein packender Krimi mit interessanten Ermittlern.

  • Zwei tote Männer, auf die gleiche Weise getötet, doch wo ist die Verbindung? Lona Mendt und Frank Elling werden auf den Fall angesetzt, der auf einen Serienmörder hindeutet. Oder doch nicht? Vor allem beim ersten Opfer ergeben sich seltsame Tat(ort)spuren, und es scheint auch ein Motiv zu fehlen, obwohl die Art der Tötung auf etwas Persönliches hindeutet. Schließlich deuten Spuren nach Marnow, einem Ort in Mecklenburg-Vorpommern.


    Die ermittelnden Polizisten sind beide keine einfachen Charaktere, Lona Mendt lies sich erst vor kurzem aus Hannover nach Rostock versetzen, der Grund dafür wird aber erst im Laufe des Romans enthüllt. Sie lebt in einem Wohnmobil, die Freiheit, Ungebundenheit und Standortunabhängigkeit scheint ihr wichtig zu sein. Frank Elling, den jeder nur Elling nennt, ist ein eher spießiger, nicht immer motiviert scheinender Eigenheimbesitzer, der sich gerade einen großen Pool bauen lässt und dessen Ehe eingeschlafen zu sein scheint. Lona und Elling harmonieren gut, obwohl sie sich noch kaum kennen. Beide zeigen sich aber als Polizisten, wie man sie sich eher nicht wünschen würde – warm wurde ich mit ihnen nicht, zumal sie sich machmal ziemlich dumm anstellen, dann wieder nicht nachvollziehbar handeln, auch mitfiebern konnte ich mit ihnen nur begrenzt.


    Der Fall ist interessant, und er war es, der mich bei der Stange hielt, es baut sich eine gewisse Spannung auf, und ich war auch gespannt, wie sich alles auflöst, zumal sich auch noch das LKA einmischt, in Form des unsympathischen und zwielichtigen Stefan Krohn, den der Leser bereits zu Beginn in einer ganz anderen Situation erlebt. Die Geschehnisse um ihn entwickeln sich sehr merk- und wenig glaubwürdig, hier kam ich aus dem Kopfschütteln kaum noch heraus.


    Dem Autor scheint Action wichtiger gewesen zu sein als Glaubwürdigkeit, was wahrscheinlich auch daran liegt, dass er auch als Drehbuchautor unterwegs ist, und auch der Roman bereits verfilmt wurde – wahrscheinlich hatte der Autor die Verfilmung bereits im Kopf. Auf viele der „Actionszenen“ hätte ich verzichten können, manche wirkten auf mich auch aufgesetzt bzw. unglaubwürdig. Der sprachliche Stil des Autors hat ist sehr holprig und mich von Anfang gestört. Manche Worte oder Sätze wirkten auf mich merkwürdig bis falsch, und ich wurde immer wieder aus dem Lesefluss geworfen.


    Die Auflösung ist nachvollziehbar und hat wohl leider einen realen Hintergrund – gut finde ich daher, dass der Roman, der im Jahr 2003 spielt, daran erinnert bzw diesen ins Gedächtnis bringt.


    Der Roman lässt mich zwiegespalten zurück, vieles erschien mir beim Lesen unglaubwürdig, die Protagonisten, viele ihrer Handlungen und eine ganze Reihe Situationen brachten mich zum Kopfschütteln, der Sprachstil ist überhaupt nicht meins – und dennoch hielt mich eine gewisse Spannung und ein Interesse an der Auflösung bei der Stange. Ich vergebe gerade noch 3 Sterne, bin mir aber nicht sicher, wem ich den Roman empfehlen soll.