„Berlin: Rostiges Herz” von Sarah Stoffers (Dystopische Steampunk-Fantasy in einem zukünftigen Berlin)
Diversitätsthemen: lesbische Protagonistin, Setting ohne LGBTQ*- Feindlichkeit, People of Color
Klappentext:
„Sie war das eine Mädchen, das ich nicht haben konnte, und das seit vielen Jahren schon.“
Berlin, die rastlose Stadt am Meer. Hier ragen die Türme der Zauberer bis in den Himmel. Im Schein der Glühlichter werden rauschende Partys gefeiert. Zucker wird in Gold aufgewogen und die Geheimpolizei wacht über den zerbrechlichen Frieden zwischen Zauberern und Erfindern.
Die Erfinderin Mathilda liebt ausgerechnet Rosa, die Tochter des magischen Großmeisters von Berlin. Genau wie der Zauberlehrling Fidelio. Beide wollen Rosa auf deren Geburtstagsparty ihre Gefühle gestehen, doch sie sind nicht die einzigen mit Plänen für den Abend. Ein Mörder hat sich unter die Gäste gemischt. Die Erfinder planen eine Rebellion gegen die Zauberer. Und tief unter der Stadt liegt ein uraltes Geheimnis verborgen.
Eigene Meinung
Sarah Stoffers hat einen ganz eigenen Erzählstil, der mich in seinen Bann geschlagen hat. Er hat mich teilweise an Phantastikgrößen wie Neil Gaiman erinnert und auch – bei den humorvollen Stellen des Romans – an Terry Pratchett. Und ich vergleiche selten Autor*innen mit solchen Größen. Der komplexe Weltenbau besticht durch eine Vielzahl an mitunter skurrilen, sehr bunten Details, was mich wiederum ein wenig an „Alice im Wunderland” erinnert hat. Es ist trotz humorvoller Ansätze allerdings keine humoristische Fantasy. Das Magiesystem dieser Welt ist aufgeteilt auf verschiedene Spezialgebiete, z.B. gibt es Illusionszauberer wie Fidelio oder Wandler, die zum Beispiel Materie verändern können, und noch andere Spezialist*innen.
Die Idee, ein dystopisches, aber gleichzeitig sehr buntes Berlin als Kulisse für einen Steamfantasy-Roman zu nutzen, finde ich hier sehr gelungen umgesetzt.
Sehr gut gefallen hat mir auch die Idee, dass hier schon seit langer Zeit Erfinder gegen Zauberer sind und umgekehrt, was sich auch in Schimpfworten wie „Fingerschnipser” und „Rostfresser” niederschlägt und für allerhand Vorurteile und Diskriminierungen auf beiden Seiten sorgt.
An anderer Stelle wurde dankenswerterweise mit Diskriminierungen gespart: Es war für mich sehr angenehm zu lesen, dass hier eine lesbische Protagonistin einfach lesbisch sein kann, ohne dass das auch nur ansatzweise für dramatische Verwicklungen oder sonstiges Drama sorgt.
Die Geschichte ist absolut nicht vorhersehbar aus meiner Sicht – Mathilda gerät unter nach Rosas Tod unter Mordverdacht, muss sich verstecken und danach passieren allerhand unerwartete Wendungen und es gibt mehr als einen Plottwist.
Vor allem aber sind die beiden Protagonist*innen Mathilda und Fidelio so lebensecht mit all ihren Beweggründen, Emotionen, Stärken und Schwächen dargestellt, dass sie mir sicherlich noch lange im Gedächtnis bleiben werden - und auch das schaffen Protagonist*innen bei mir nicht oft.
Der Roman wird kapitelweise abwechselnd entweder aus Mathildas oder Fidelios Perspektive geschildert. Er endet nicht mit einem Cliffhanger, macht aber deutlich, dass eine Fortsetzung möglich ist, da noch etwas offen bleibt.