Alison Weir - Anne Boleyn: Die Mutter der Königin / Anne Boleyn, A King´s Obsession

  • Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)
    The young woman who changed the course of history.
    Fresh from the palaces of Burgundy and France, Anne draws attention at the English court, embracing the play of courtly love.
    But when the King commands, nothing is ever a game.
    Anne has a spirit worthy of a crown - and the crown is what she seeks. At any price.


    Autorin (Quelle: amazon)
    Alison Weir is the top-selling female historian (and the fifth-bestselling historian overall) in the United Kingdom, and has sold over 2.7 million books worldwide. She has published eighteen history books, including her most recent non-fiction book, Queens of the Conquest, the first in her England's Medieval Queens quartet. Alison has also published several historical novels, including Innocent Traitor and The Lady Elizabeth.
    Katheryn Howard, The Tainted Queen is Alison Weir's tenth published novel and the fifth in the Six Tudor Queens series about the wives of Henry VIII, which was launched in 2016 to great critical acclaim. All four books in the series are Sunday Times bestsellers.
    Alison is a fellow of the Royal Society of Arts and an honorary life patron of Historic Royal Palaces.


    Allgemeines
    Zweiter Band einer Reihe um die sechs Ehefrauen des Henry VIII
    Erschienen am 11. Januar 2018 bei Headline Review als TB mit 544 Seiten
    Gliederung: Stammbäume des europäischen und englischen Herrscherhauses - Roman in vier Teilen mit insgesamt 28 Kapiteln – Autorennachwort – Personenverzeichnis – Zeitleiste - „Reading Group Questions“
    Erzählung in der dritten Person aus der Perspektive Anne Boleyns
    Handlungsorte und -zeit: Frankreich und England, 1512 bis 1536


    Inhalt und Beurteilung
    Der zweite Band der Reihe um die sechs Ehefrauen des englischen Königs Henry VIII (1491 – 1547) ist ein biographischer Roman über Anne Boleyn (ca. 1501 – 1536).
    Die Handlung beginnt im Jahr 1512, als Anne ins Ausland geschickt wird, um ihr Französisch zu vervollkommnen und eine Erziehung zu erhalten, die sie für eine Anstellung als Hofdame bei Königin Katharina qualifiziert. Nachdem Anne bei Margarete von Österreich und Königin Claude von Frankreich „gedient“ hat, kehrt sie 1521 nach England zurück. Als der König sich für sie zu interessieren beginnt und sie zu seiner Geliebten machen will, lehnt sie dies vehement ab, sie will nicht das Schicksal ihrer Schwester Mary, einer der abgelegten Gespielinnen des Königs, teilen. Für Henry empfindet sie nichts, aber die Aussicht auf die Krone reizt die ehrgeizige Frau sehr. Es dauert Jahre, bis der König einen Weg findet, sich von seiner ersten Frau Katharina zu trennen. Da die Katholische Kirche ihm keine Scheidung, bzw. Annullierung seiner Ehe gewähren will, bricht Henry mit Rom und erklärt sich selbst zum Oberhaupt der Kirche in England.


    „Anne Boleyn, A King´s Obsession“ ist ein äußerst gründlich recherchierter Roman, dessen agierende Figuren fast ausnahmslos historische Persönlichkeiten sind. Die Handlung ist sehr komplex und erfordert es bei Lesern mit wenigen Vorkenntnissen zur Geschichte der Tudors möglicherweise, sich im angehängten Personenverzeichnis zu orientieren. Die Autorin arbeitet die Charakterdarstellung ihrer Figuren detailliert aus, die Charakterisierung der Protagonistin Anne ist großartig gelungen: äußerst differenziert und ohne Schwarzweißmalerei! Anne, die wie ihre Geschwister für ihren ehrgeizigen Vater Thomas Boleyn nur eine Schachfigur zur nutzbringenden Verwendung ist, wird mit ca. 11 Jahren an den Hof der Margarete von Österreich nach Mechelen geschickt. Bei seiner gebildeten Herrin lernt das junge Mädchen nicht nur Französisch, sondern auch die Regeln des höfischen Lebens und die Grenzen, die sie Männern gegenüber einzuhalten hat, damit später die bestmögliche Heirat ermöglicht wird. Erst nachdem später in England eine Liebesgeschichte und angestrebte eheliche Verbindung zwischen Anne und einem jungen Adeligen aus dem Norden von Kardinal Wolsey und König Henry zunichte gemacht wird, entwickelt sich Anne zur rachsüchtigen und ehrgeizigen Frau.
    Auch die Ablehnung, die sie über Jahre vom englischen Volk, das nur Katharina als Königin anerkennt, erfährt, trägt dazu bei, aus ihr eine verbitterte Frau zu machen, die dem König gegenüber immer häufiger fordernd und zänkisch auftritt – eine verhängnisvolle Entwicklung!
    Der Roman ist in einer flüssigen und anschaulichen Sprache verfasst, dabei wird sehr detailreich und ausführlich berichtet, Leser mit nur oberflächlichem Interesse an der Thematik könnten stellenweise unnötige Längen sehen.
    Das Buch kann einzeln gelesen werden, grundsätzlich ist es jedoch sinnvoll, den ersten Band über Königin Katharina zuvor zu lesen.


    Fazit
    Ein gründlich recherchierter biographischer Roman mit hilfreichem Zusatzmaterial, fesselnde und informative Unterhaltung für Tudor-Fans und -Kenner!

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    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Am 30. Oktober 2020 erscheint die deutsche Ausgabe unter dem Titel "Anne Boleyn: Die Mutter der Königin".

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Alison Weir - Anne Boleyn, A King´s Obsession“ zu „Alison Weir - Anne Boleyn: Die Mutter der Königin / Anne Boleyn, A King´s Obsession“ geändert.
  • Mit ihrem historischen Roman "Anne Boleyn. Die Mutter der Königin" schenkt uns die britische Historikerin Alison Weir uns den zweiten Band aus ihrer erfolgreichen Reihe "Die Tudor-Königinnen". Im Mittelpunkt steht Anne Boleyn, die faszinierende zweite Gemahlin des englischen Königs Heinrichs VIII, deren tragisches Schicksal die Welt nach wie vor in Atem hält.


    England, Anfang des 16. Jahrhunderts: Als Anne Boleyn als Hofdame von Königin Katharina an den englischen Hof kommt, ist König Heinrich sofort hingerissen von ihr. Sie wird seine Obsession. Um mit Anne zusammen sein zu können, nimmt er Skandale in Kauf. Weil sie sich weigert, seine Mätresse zu sein, lässt sich Heinrich von seiner ersten Ehefrau Katharina scheiden und reformiert die religiöse und politische Tradition Englands. Was er nicht weiß: Anne wird seine Liebe niemals erwidern. Als auch sie ihm keinen männlichen Erben schenken kann, fällt sie in Ungnade.

    Das Cover des zweiten Bandes aus der Reihe "Die Tudor-Königinnen" ist in Anlehnung an den bereits erschienenen ersten Band gestaltet worden. Es zeigt ein zeitgenössisches Portrait von Anne Boleyn, welche als anmutige dunkelhaarige Schönheit dargestellt wird.

    Nach wie vor polarisiert Anne Boleyn. Man kann diese ehrgeizige, kluge und selbstbewusste Frau, die nicht nur eine austauschbare Maitresse, sondern eine englische Königin sein wollte, entweder lieben oder hassen. Eins ist klar: Kalt lassen wird sie keinen Menschen, der sich mit ihrer Biographie beschäftigt.

    Alison Weir beleuchtet ihre Entwicklung von der jüngsten Tochter eines aufstiegsorientierten, machthungrigen englischen Adligen, welches dank der guten Beziehungen seines Vaters an zwei wichtigen europäischen Höfen erzogen wurde, zu einer schlagfertigen, selbstbewussten jungen Frau, welche nach ihrer Rückkehr nach England auf viele Männer eine magische Anziehungskraft ausübte. In dieser Phase ihres Lebens war sie eine klare Sympathieträgerin; sie ließ sich nicht auf flüchtige Affären ein, sondern wahrte die Contenance und strebte eine Beziehung an, die von Liebe bestimmt sein sollte. Durch das hartnäckige Werben des englischen Königs Heinrich VIII. wurde sich Anne Boleyn ihrer Macht bewusst; sie wollte nicht eine austauschbare Maitresse werden, sondern strebte eine rechtmäßige eheliche Verbindung an, was ihr wider Erwarten gelingen sollte. Bedingt durch die mangelnde Akzeptanz und den auf ihr lastenden Druck, einen männlichen Thronfolger gebären zu müssen, entwickelte sie im Laufe der folgenden Jahre gewisse Charakterzüge, die sie in einem negativen Licht erscheinen lassen. Vor allem ihr extremer Hass auf Maria, die einzige überlebende Tochter (und mögliche Thronerbin) Heinrichs VIII: und Katharina von Aragon, ist schwer zu ertragen, auch wenn man ihre allgegenwärtige Angst aufgrund ihrer eigenen angreifbaren, schwachen Position verstehen kann. Nach ihrem tiefen Sturz zeigte sie menschliche Größe, von der Königin zur Hure erklärt, darf man sie als Opfer in einem grausamen Spiel begreifen.

    Für mich war dieser mitreißende historische Roman ein echtes Leseerlebnis, das ich allen Menschen, die sich für die wechselvolle englische Geschichte (und Frauengeschichte) interessieren, ans Herz legen möchte.

  • "Der Henker ist, glaube ich, sehr erfahren, und mein Hals ist schmal." (Anne Boleyn)

    16. Jh. England. Anne Boleyn zieht als Hofdame der Königin Katharina von Aragon an den Hof Heinrich VIII., wo sie schnell die Aufmerksamkeit des Königs erregt, der kein Kostverächter ist. Schon bald drängt er Anne dazu, seine Mätresse zu werden, was die junge Frau ihm mit Blick auf das Schicksal ihrer Schwester Mary konstant verweigert, aber auch, weil sie unter dem Druck ihres Vaters Thomas Boleyn steht, der mehr Einfluss am Hof haben möchte. So greift Heinrich VIII. zu drastischeren Mitteln, verlangt vom Papst eine Annullierung der Ehe, um Anne zu ehelichen, was ihm verweigert wird und lässt sich am Ende von Katharina scheiden, nachdem er den Bruch mit der Katholischen Kirche und Rom gebrochen hat, um sich selbst als Oberhaupt der englischen Kirche auszurufen. Anne heiratet Heinrich VIII., auch wenn es von ihrer Seite aus keine Liebesheirat ist, vielmehr strebt die ehrgeizige junge Frau nach Macht und vor allem Ansehen, was ihr aber das englische Volk mit Respekt auf Katharina von Aragon verwehrte. Wer hoch strebt, fällt auch tief, so erging es auch Anne Boleyn, die weder den ersehnten Thronfolger hervorbrachte noch Heinrich VIII. Gunst lebenslang halten konnte. Am Ende verlor sie ihren Kopf….


    Alison Weir hat mit „Anne Boleyn: Die Mutter der Königin“ einen eindrucksvollen historischen Roman vorgelegt, der sich nicht nur durch eine akribische Recherche auszeichnet, sondern von Beginn an zu fesseln weiß. Der flüssige und bildhafte Erzählstil führt den Leser an den Hof Heinrich VIII., wo er die Geschehnisse hautnah miterleben kann. Anne Boleyn wird schon als sehr junges Mädchen in den Niederlanden durch die Beziehungen ihres Vaters Thomas zur Hofdame von Margarete von Österreich und wechselte danach zum französischen Königshof, wo sie als Hofdame von Claude de France diente, nebenbei ihre Ausbildung vervollkommnete und 1521 nach England zurückkehrte. Der Aufbau dieses Romans ist sehr geschickt gemacht, denn während als geschichtsinteressierter Leser einiges über Anne Boleyn und ihre Ehe mit Heinrich VIII. kennt, erfährt man hier auch einiges über ihre Kinder- und Jugendjahre sowie ihre Ausbildung, wobei sie schon sehr früh Verantwortung übernehmen musste und dies nachhaltig ebenso ihren Charakter geprägt hat wie die harte und fordernde Erziehung ihres Vaters. Obwohl ihr unrühmliches und trauriges Ende bekannt ist, schafft es die Autorin, Anne Boleyns Werdegang spannend und abwechslungsreich an den Leser zu bringen, der während der Lektüre regelrecht einen Film vor Augen hat und einer Geschichtsstunde leibhaftig beiwohnt, wobei er zwischen Sympathie und Ablehnung hin- und hergerissen ist.


    Weir zeichnet ein sehr intensives Gesellschaftsbild jener Zeit, vor allem ihre Charakterstudie zu Anne Boleyn ist einzigartig, weil so nachvollziehbar. Während man als Leser die junge Anne um die interessanten Erfahrungen als Hofdame beneidet, die ihr Kenntnisse in verschiedenen Sprachen sowie exzellente Umgangsformen und spannende Begegnungen bescheren, führt man für die Zeit am Hofe Heinrich VIII. automatisch etwas Abstand herbei. Dies mag an daran liegen, dass Anne für die damalige Zeit nicht nur äußerst selbstbewusst war, sondern auch sehr ehrgeizig und manipulativ, was ihr nicht negativ ausgelegt werden sollte. Sich gegenüber der Männerwelt und ihren Ansichten zu behaupten, war bestimmt nicht einfach, zumal, wenn man als Marionette für politische Machtgefüge missbraucht wurde. Ihr Schutzpanzer, bestehend aus einer teils arroganten und überheblichen Art, brachte ihr wenig Sympathien ein. Dass sie Heinrich VIII. geheiratet hat, obwohl sie keine Liebe für ihn empfand, zeigt ihr großes Opfer gegenüber dem Vater sowie ihren eigenen Anspruch an Ansehen, der sie allerdings durch Ränkeschmiede und zänkischen Starrsinn bei Heinrich VIII. in Ungnade fallen ließ und sie schlussendlich den Kopf kostete. Rückblickend gesehen gilt Anne Boleyn als eine der schillerndsten Ehefrauen des berüchtigten Tudorkönigs.


    „Anne Boleyn: Die Mutter der Königin“ ist ein exzellent recherchierter historischer Roman, der den Leser nicht nur auf eine spannende Zeitreise mitnimmt, sondern gleichzeitig eine Geschichtsstunde par excellence liefert. Absolute Leseempfehlung!!!


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    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Das Schicksal einer Königin


    Im Jahre 1501 wird Anne Boleyn geboren. Gemeinsam mit ihren Geschwistern verlebte sie eine schöne Kindheit, nichts ahnend, dass sie einst die Welt verändern sollte. Schon mit 12 Jahren muss sie die Heimat verlassen, um auf ein Leben als Ehefrau und Mutter vorbereitet zu werden. Für ihren Vater zählt nur die Frage, wie kann ich meine Töchter gewinnbringend an den Mann bringen? Anne stehen Jahre des Wartens bevor, doch dann fällt sie Henry VIII. auf. Der König verliebt sich in die junge Frau und setzt alles daran, sie auch zu bekommen. Seine Ehe mit Katharina stellt er dafür infrage. Ein zäher Kampf beginnt. Ein Kampf um Anne, ein Kampf gegen seine Frau und ein Kampf gegen die Traditionen Englands und der Kirche.


    Die tragische Geschichte von Anne Boleyn ist vermutlich allen bekannt. Ich spoilere also nicht, wenn ich hier das Ende verrate, denn diese Liebe des Königs hatte keine Zukunft.


    Alison Weir lässt Anne ihre Geschichte selbst erzählen. Man ist also direkt bei dieser jungen Frau. Erlebt sie als junges Mädchen im Ausland, lernt ihre erste Liebe kennen und auch ihre Gefühle für den König bleiben nicht unerwähnt. Sicher ist es schade, dass es nicht mehr Briefmaterial von Anne gibt und man so wohl nie ganz klären kann, inwieweit sie freiwillig die zweite Frau von Henry geworden ist.


    Die Darstellung dieser Autorin hat mir jedenfalls gut gefallen. Sie zeigt Anne als Frau, die dazu erzogen wurde, gehorsam zu sein und nichts, was ihr Vater angeordnet hat, infrage zu stellen. Erst am Königshof von Margarete von Österreich lernt sie, dass es auch eine andere Sicht der Dinge geben könnte. Leider wird sie später erfahren müssen, dass sie als Frau nicht wirklich etwas zu sagen hat.


    Dann folgen die Jahre, in denen Henry um sie wirbt und ihr seine Liebe versichert. Anschaulich schildert Alison Weir, wie die Chancen für Anne standen. Eigentlich hatte sie gar keine andere Wahl, als sich für den König zu entscheiden. Die Autorin schafft es spielend, dass man beim Lesen Mitleid mit Anne bekommt. Mir ging es so. Ich hätte mir ein ums andere Mal gewünscht, Anne hätte sich gewehrt und wäre so ihrem Schicksal entkommen. Aber auf der anderen Seite war die Aussicht auf die Krone für sie wohl auch zu verlockend, um sich nicht auf den König einzulassen. Das Spiel um Macht und Liebe hatte begonnen, wobei die Liebe in diesem Fall wohl doch eine weniger große Rolle gespielt hat.


    Erschreckend fand ich, wie lange es letztendlich dann gedauert hat, bis die beiden heiraten konnten. In diesem Roman wird dies erst richtig deutlich. Die Höhen und Tiefen, die Intrigen, den Hass und letztendlich die eigenen Gefühle der jungen Frau hat Alison Weir wirklich gut in Szene gesetzt.


    In einem umfangreichen Anhang ist alles vorhanden, was man bei einem guten historischen Roman wohl erwartet. Ein Nachwort, welches Fiktion und Wahrheit trennt, ein Personenregister, in dem man die einzelnen Charaktere nachlesen kann und sogar eine Zeittafel für die Übersicht der Abläufe ist vorhanden. Mir gefällt so was ja immer gut.


    Fazit:

    Dieser zweite Teil über die Ehefrauen Henry VIII. hat mir wieder gut gefallen. Diesmal war es Anne Boleyn, die ihre Geschichte erzählen durfte. Der Autorin ist es gelungen ein glaubhaftes Bild dieser Königin zu erzählen und hat mich damit gut unterhalten, auch wenn ich es etwas schwächer fand als Band 1. Katharina war mir einfach näher, aber auch mit Anne konnte ich mitfühlen und mitleiden. Vor allem die letzten Seiten hatten es mir angetan und dieses wundervolle Gedicht am Ende. Zitat: „Du Glocke sei nun still; wohl kündigt dein Geläut den Tod, wie Gott es will“.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Anne Boleyn ist noch sehr jung, als sie die Chance bekommt, nach Belgien und Frankreich zu gehen und dort im Haushalt von Margarete von Österreich und später auch am französischen Königshof zu leben. Anne ist hübsch und aufgeweckt, interessiert an Kunst, Kultur und Politik und genießt das Leben im Ausland in vollen Zügen. Als die politischen Umstände dafür sorgen, dass sie nach England zurück muss, ist sie zunächst gar nicht begeistert davon, erscheint ihr Heimatland ihr doch gegenüber dem glamourösen Frankreich langweilig und altbacken.


    Doch es dauert nicht lange, bis sie am englischen Königshof von Heinrich VIII. landet, einem Hof voller Lustbarkeiten, Musik, Tanz, Maskenbälle, Turniere und auch häufiger Flirts im Sinne der höfischen Liebe. Davon, dass der junge König plötzlich Annes Schwester Mary schöne Augen macht, ist sie gar nicht begeistert, und als er seine Avancen plötzlich auf Anne verlagert, ist sie damit zunächst eher überfordert, bis sie erkennt, dass sie Heinrichs plötzlich entbrannte Leidenschaft durchaus zu ihrem Vorteil einsetzen könnte, vor allem, als klar wird, dass Königin Katharina wohl keinen Erben mehr gebären können wird.


    Damit beginnt eines der prägendsten Kapitel in der englischen Geschichte - Heinrich setzt alles daran, Anne ehelichen zu dürfen, und schreckt nicht davor zurück, selbst mit dem Vatikan zu brechen, um eine Annullierung seiner ersten Ehe zu erreichen.


    Der Original-Untertitel „A King‘s Obsession“ bringt es schon schön auf den Punkt, was in diesem Buch passiert. Anne Boleyn ist eine intelligente junge Frau, die sich nicht nur auf Mode, Vergnügen und Herumgeschäker versteht, sondern sehr viel über die Marginalisierung von Frauen nachdenkt und sich in Frankreich ein paar Ausnahmen von der Regel, dass Frauen nur hübsches Beiwerk sind, zum Vorbild genommen hat. Den König zu heiraten hätte sie sich in ihren kühnsten Träumen nicht ausgemalt, und ihre wahre Zuneigung gilt auch nie dem schillernden Heinrich, doch als klar wird, dass sie den Mann, für den sie tiefe Gefühle empfindet, nicht bekommen kann, beschließt sie, sich Heinrichs Obsession zunutze zu machen.


    Dass der für ihr Jawort alles riskiert und dabei auch viel Unfrieden und Leid über sein komplettes Volk bringt, hätte sie wahrscheinlich nicht vermutet ... und auch nicht, dass es, nachdem die Ehe endlich geschlossen wird, nicht mehr lange dauern wird, bis Heinrich ihrer überdrüssig werden wird.


    Auch in diesem Buch spürt man deutlich, dass Alison Weir Historikerin ist und sich bestens in der Materie auskennt. Anne ist hier nicht einseitig gezeichnet als die fiese Intrigantin, die sich mit Hilfe ihrer weiblichen Reize ins Herz des Königs kokettiert, sondern sie wird als reflektierte und gebildete Person dargestellt, die Heinrichs Leidenschaft erst einmal gar nicht will, aber dann auch durchaus etwas Berechnendes an sich hat, als sie merkt, dass sie daraus auch einige Vorteile ziehen kann.


    Wirklich sympathisch ist sie mir bei aller differenzierten Darstellung nicht geworden und auch nicht so nahe gekommen wie Katharina von Aragon im ersten Band, es blieb immer eine gewisse Distanz und ich konnte ihre Entscheidungen auch nicht immer gänzlich nachvollziehen.


    Aber dennoch ist auch der 2. Band der “Six Tudor Queens“ ein sehr lesenswerter historischer Roman über eine bewegte Zeit, mit vielen interessanten Details und hoher historischer Authentizität.

  • Wirklich sympathisch ist sie mir bei aller differenzierten Darstellung nicht geworden und auch nicht so nahe gekommen wie Katharina von Aragon im ersten Band, es blieb immer eine gewisse Distanz und ich konnte ihre Entscheidungen auch nicht immer gänzlich nachvollziehen.

    Besonders sympathisch ist sie mir auch nicht, aber sie hat in einer Zeit, in der Frauen kaum Möglichkeiten hatten, über ihr eigenes Leben zu bestimmen, für sich das Beste herauszuholen versucht. Und sie hat mir leidgetan - wer für seinen Vater und Onkel nicht mehr als eine Schachfigur zum gewinnbringenden Einsatz ist, hat von vornherein nicht das große Los gezogen.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Ja, das stimmt, ihre etwas berechnende Ader kommt sicher nicht von ungefähr. Vater und Onkel betreiben das ja mit erschreckender Perfektion :(


    Auf jeden Fall hat Alison Weir geschafft, dass ich Anne in diesem Buch deutlich wohlwollender gegenüberstand als in vielen anderen - und ich glaube auch fest, dass sie damit näher an der Wirklichkeit ist als viele Bücher, in denen Anne nur das Biest ist.

  • und ich glaube auch fest, dass sie damit näher an der Wirklichkeit ist als viele Bücher, in denen Anne nur das Biest ist.

    Davon bin ich auch überzeugt. Ich kann auch gut verstehen, dass sie zum "Giftzwerg" mutiert ist, nachdem man ihr ihre Liebe zu Henry Percy kaputtgemacht hat.

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