Jojo Moyes - Ein ganzes halbes Jahr / Me Before You

  • Inhalt

    Die Wege von Louisa Clark und Will Traynor hätten sich wohl nie gekreuzt, wenn Wills Leben so geblieben wäre, wie es vor dem Unfall war, und Louisa nicht dringend einen neuen Job gebraucht hätte. Zu unterschiedlich sind ihre Lebenswelten, die des reichen, vom Erfolg verwöhnten Will, und die der aus einfachen Verhältnissen stammenden Lou. Ohne richtige Ausbildung schlägt sich die junge Frau durchs Leben und unterstützt auch noch ihre Familie, ehe sie als Betreuungshilfe für den querschnittgelähmten Will zu arbeiten beginnt.

    Noch kann Louisa nicht ahnen, welche Herausforderungen sie an Wills Seite erwarten sollten.


    Meine Meinung

    Es beginnt wie eine vorhersehbare Liebesgeschichte zwischen einem vom Schicksal schwer getroffenen reichen jungen Mann und einem armen Mädchen, das allein Zugang zu seinem verhärteten Herzen findet.

    Fantasie- und gefühlvoll hat Jojo Moyes diese Idee zu einem der schönsten Romane ausgearbeitet, die mir jemals untergekommen sind. Sie lotet das schwierige Thema einer starken körperlichen Behinderung in allen Höhen und Tiefen aus, und zwingt den Hörer geradezu sich intensiv damit auseinanderzusetzen. Unvermutet wie Louisa wird er mit dem Sinn eines Lebens konfrontiert, in dem kein Handgriff ohne fremde Unterstützung möglich ist. Wills Bewegungsradius ist auf seinen Rollstuhl reduziert, ständige Infektionen schwächen nicht nur seinen Körper, sondern auch seinen Lebenswillen. Immer wieder wechselt man beim Zuhören unwillkürlich die Perspektive, versetzt sich in Wills Lage und versteht seine Argumente, um im nächsten Augenblick mit Louisas Ansichten zu sympathisieren, mit ihr zu hoffen, zu bangen, zu leiden und zu verzweifeln. Zärtlich und doch leidenschaftlich beschreibt die Autorin in diesem wunderbaren Roman eine Liebe, die nur durch Berührungen, ohne Aussicht auf körperliche Erfüllung ihr Auslangen finden muss. Louisa lässt nichts unversucht, um Will ins Leben zurückzuführen, und doch bleibt bis zum Schluss unklar, ob und wie ihr dies gelingen wird.

    Aber auch auf die Situation von Wills und Lous Eltern wird eindringlich eingegangen, die in ihrer Rat- und Hilflosigkeit sehr berührend und glaubwürdig dargestellt werden.

    Jojo Moyes ist es hervorragend gelungen sämtliche Regungen der menschlichen Gefühlsskala in ihren Roman einfließen zu lassen, ohne in Sentimentalitäten abzugleiten. Wunderschön erzählt, habe ich die Geschichte von der ersten bis zur letzten Minute genossen, und wollte einfach immer nur weiterhören, um zu erfahren, wie es Will und Lou ergangen ist.

    Die Sprecherin Luise Helm hat mit dem Part der Louisa den Hauptanteil am Vortrag übernommen. Eine eindrucksvollere Stimme hätte man dafür kaum finden können, obwohl mir auch Ulrike Hübschmann und Reinhard Kuhnert in ihren Rollen gut gefallen haben.

    "Ein ganzes halbes Leben" ist ein Roman von unglaublicher Intensität, gefühlvoll, tiefsinnig, humorvoll, todtraurig und doch wieder voller Hoffnung, weil der Hörer erahnen kann, was es bedeutet wirklich zu lieben.