Originaltitel - und ihre [un]passenden Übersetzungen

  • dass ich eigentlich den englischen Titel am besten finde: "The Girl with the Dragon Tattoo".

    Ja, der gefällt mir auch sehr gut.

    Und was mir auch unfassbar auf den Senkel geht: Thriller, die in der deutschen Ausgabe einen englischen Titel haben (am besten einen anderen als das Original) und dann noch einen reißerischen Untertitel à la "Sie war wie du. Und jetzt ist sie tot." Aaaahhhh!

    :totlach: Aber ich verstehe, was du meinst und bin da voll bei dir.

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Ich will niemanden langweilen, aber eins ist vielleicht wichtig zu sehen: Übersetzen besteht nicht nur darin, einzelne Wörter von einer in die andere Sprache zu übertragen, es geht auch um die Übertragung von Bildern und kulturellen Zusammenhängen.

    Beides ist schwerer als man denkt. Kann ich aus Erfahrung sagen.

    Beides ist sehr schwer, aber vielfach gehen Titelübersetzungen echt daneben. Ich find es spannend, wie schnell sich hier Beispiele finden. Und ich gehöre auch zu denen, die manchmal nur den Kopf schütteln. Aber ich fände es toll, wenn Du als jemand vom Fach hier weiter mit schreibst. :D

    Was ich sagen kann ist, dass Übersetzen ebenso individuell ist wie das Schreiben. Sicher steckt nicht die gleiche Kreativität dahinter, aber es gibt vielfältige Möglichkeiten, einen Titel oder einen Satz zu übertragen.

    Ein Beispiel: Den deutsche Titel des Buches von Barak Obama finde ich durchaus gelungen, weil meiner Ansicht nach sein Werdegang tatsächlich eine mustergültige Erfüllung des amerikanischen Traumes ist. Zumindest in der Interpretation, die wir im deutschen Sprachgebrauch anwenden. Aber natürlich kann man das auch ganz anders sehen.

    signed/eigenmelody

    Dear Life,

    When I said "Can my day get any worse?" it was a rhetorical question, not a challenge.

    -Anonymous

  • Mir fällt da auch ein exemplarisch grausliges Beispiel ein: Die Cassandra-Palmer-Reihe von Karen Chance. Ein Verlagsverantwortlicher fand es unheimlich toll den Reihenzusammenhang in Holzhammermanier mittels eines ständig wiederkehrenden Wortes - untot - aufzuzeigen. Die deutschen Titel (Untot mit Biss, Hinreißend untot, Für immer untot etc.) haben daher nichts mehr mit den OT (Touch the Dark, Claimed by Shadow, Embrace the Night) gemeinsam und klingen außerdem unerträglich albern. Das Herumreiten auf dem Wort "untot" führt auch noch in die Irre. Die Hauptfigur ist keineswegs untot und hat im Laufe der Bücher mit einem ganzen Kosmos von übernatürlichen Wesen zu tun und nicht nur mit Vampiren. :roll:

    :study: Georg Schmidt: Die Reiter der Apokalypse

    :montag: Wolfgang Will: Der Zug der 10 000

    :montag: Jürgen Paul: Zentralasien



    Geburtstage sind gut für die Gesundheit! Man hat herausgefunden, dass Menschen, die öfter Geburtstag haben, länger leben! (Uli Stein) :lol:

    Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht (Afrikanisches Sprichwort)

    Mögen hätt' ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut! (Karl Valentin)

  • Aber natürlich kann man das auch ganz anders sehen.

    Ich habe es gelesen und empfand es eher als Obamas Suche nach seinen Wurzeln denn als die Schilderung einer amerikanischen Traumerfüllung. Zumal das Buch erschien ehe er Präsident war und das, was man als deutscher Leser hinter dem Titel vermutet, überhaupt nicht Thema und Inhalt sind.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Aber natürlich kann man das auch ganz anders sehen.

    Ich habe es gelesen und empfand es eher als Obamas Suche nach seinen Wurzeln denn als die Schilderung einer amerikanischen Traumerfüllung. Zumal das Buch erschien ehe er Präsident war und das, was man als deutscher Leser hinter dem Titel vermutet, überhaupt nicht Thema und Inhalt sind.

    Danke für deinen Kommentar. Er belegt genau das, was ich meine. Anders als die anderen erwähnten Bücher, habe ich das gelesen und offensichtlich völlig anders als du.

    signed/eigenmelody

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    -Anonymous

  • Ich finde es toll, dass dieser Thread euch alle dazu animiert über die Originaltitel zu schreiben und eure Meinung dazu zu äußern. Ich hätte selbst nicht gedacht, dass das für viele ein so großes Thema ist. Mir stoßen auch in letzter Zeit diese vielen "Herzschmerz-verursachenden" Titel auf. Auch wenn es das bereits vor Jahren gegeben hat, das Bücher mit kitschigen Titeln versehen wurde, obwohl der Originaltitel schöner gewesen wäre. Ein Beispiel: "Weit wie das Meer" von Nicholas Sparks. Im Original "Message in a bottle". Noch immer irgendwie schmalzig, aber dennoch schöner und weniger kitschig. Hätte man den Titel nicht einfach dabei belassen können? Hat bei dem Film ja schließlich auch geklappt.

    "Das Problem an einem guten Buch ist, dass man es zu Ende lesen will, aber es nicht zu Ende lesen will."

  • Da mußte ich gleich an dieses Buch denken, mit einem Titel, den ich im Original sehr gelungen finde. Den Titel der deutschen Übersetzung "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" fand ich dagegen schon immer recht schwach.

  • Da hat Ayell ein großes Thema aufgemacht. Ich hätte nicht vermutet, dass so viele Leute mit der Übersetzung von Buchtiteln hadern.

    Ich auch nicht. Und ich gehöre wohl zur Minderheit die sich darum noch nie wirklich Gedanken gemacht hat. Ich achte da echt nicht drauf denn mich interessiert vorrangig der Inhalt, weniger der Titel.

    Obwohl ich mich hier bei einigen genannten Beispielen auch wundere. :lol:

  • Und ich gehöre wohl zur Minderheit die sich darum noch nie wirklich Gedanken gemacht hat. Ich achte da echt nicht drauf denni mich interessiert vorrangig der Inhalt, weniger der Titel.

    Naja, wenn ich einen Titel unterirdisch finde, lese ich nicht unbedingt den Klappentext. Mir wäre die oben erwähnte Reihe aus diesem Grund beinah durch die Lappen gegangen. Der Titel ist Blickfang und Lockmittel, und wenn dieser falsche Erwartungen weckt oder man ihn furchtbar findet, könnte man ausrufen: "Thema verfehlt, Sechs !":wink:

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    :montag: Jürgen Paul: Zentralasien



    Geburtstage sind gut für die Gesundheit! Man hat herausgefunden, dass Menschen, die öfter Geburtstag haben, länger leben! (Uli Stein) :lol:

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    Mögen hätt' ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut! (Karl Valentin)

  • Naja, wenn ich einen Titel unterirdisch finde, lese ich nicht unbedingt den Klappentext

    Dann lese ich ihn gerade :loool: Ausser es ist schon von vornherein ersichtlich dass es sich um eine Liebesschmonzette handelt. Diese lese ich generell nicht, auch nicht den Klappentext, egal wie toll oder nicht so toll da der Titel ist.

  • Auch scheußlich schön: "Die Zeitläufte des Eneas McNulty" von Sebastian Barry. Kein Wunder, dass das auf deutsch vergriffen ist!


    Das Original heißt "The Whereabouts of Eneas McNulty". Nicht ganz einfach, das schön zu übersetzen, aber "whereabouts" heißt ja so was wie Aufenthaltsort, und es geht um einen Mann, der vom Schicksal hierhin und dorthin getrieben wird und somit immer wieder an andere Orte gespült wird. Das (furchtbar hässliche) Wort Zeitläufte passt da für mich so gar nicht.

  • Auch scheußlich schön: "Die Zeitläufte des Eneas McNulty" von Sebastian Barry. Kein Wunder, dass das auf deutsch vergriffen ist!

    Da stimme ich dir zu, aber das Buch hört sich gut an.

    signed/eigenmelody

    Dear Life,

    When I said "Can my day get any worse?" it was a rhetorical question, not a challenge.

    -Anonymous

  • "Die Zeitläufte des Eneas McNulty"

    Na, da hast Du doch schon einen Kandidaten für Tag 353 (Donnerstag) im 365-Tage-Thread :lol:


    Ich scheue mich ein wenig, das Buch von T.C. Boyle 'Wenn das Schlachten vorbei ist' anzuhören. Ich fürchte, dass es da sehr grausam zugeht. Im Original heißt es allerdings nicht 'schlachten', sondern 'töten'. Für mch macht das einen deutlichen Unterschied.

    Na ja, mein erstes Buch von Boyle muss ja nicht unbedingt dieses sein :wink:

    Die Erfindung des Buchdruckes ist das größte Ereignis der Weltgeschichte (Victor Hugo).

  • Nachdem Es (engl.: It) von Stephen King in den 80ern so irre erfolgreich war, dachte man sich, warum soll man diese kurzknackigen Titel nicht beibehalten?

    So entstanden also Sie (Misery), Schwarz (The Dark Tower - viele aus der Dark Tower-Serie haben grottige Übersetzungen der Titel), Sara (Bag of Bones), Nachts (Four past Midnight)...


    Am Schlimmsten jedoch finde ich derzeit die Betitelung des Films zu Doctor Sleep (der "zweite Teil" von Shining). Nachdem der Titel des Buchs 1 zu 1 übernommen worden ist, wurde der Film zu "Doctor Sleeps Erwachen". #-o

    "Outside of a dog, a book is man's best friend. Inside of a dog, it is too dark to read."
    - Groucho Marx

  • Na ja, mein erstes Buch von Boyle muss ja nicht unbedingt dieses sein

    Als Fan, der fast alle Bücher von Boyle gelesen hat, kann ich Dich nur bestätigen: Nein, Dein erstes Buch von ihm muss nicht unbedingt dieses sein. :|

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Ich bin auch jemand, der eigentlich immer darauf achtet, wie der Originaltitel übersetzt wurde; hauptsächlich erstmal aus Neugier. Hin und wieder fallen mir dann aber auch Beispiele auf, wo ich mich frage, nach welchen Gesichtspunkten die Übersetzung gewählt wurde.


    Aktuell fällt mir da Nina LaCour ein. Englisches Original "We are okay" - ein direktes Zitat aus dem Roman. Deutsche Übersetzung "Alles okay" - warum? Das mag wie eine Kleinigkeit erscheinen, aber für mich verfälscht es den Sinn. Das eine ist Satz einer Freundin zur anderen, dass die Beziehung der beiden nach allem, was passiert ist, immer noch intakt ist. Die beiden sind (miteinander) okay und im Reinen. "Alles okay" kann man im Bezug auf die Handlung und das Leben der Protagonistin nun wirklich nicht sagen, denn eigentlich ist gar nichts "okay". Sie steht im Prinzip vor den Scherben des Lebens, das sie einmal hatte.


    Generell würde mich ja mal interessieren, was die Gedanken hinter deutschen Titelübersetzungen ist. Gibt es da eine Philosophie? Dinge, die im Deutschen gehen oder eben nicht?


    Beispiele aus meinen letzten Rezensionen:


    Things in Jars -> Die Ewigkeit in einem Glas (finde ich gelungen, ist ein direktes Zitat aus dem Buch)

    Where the crawdads sing -> Der Gesang der Flusskrebse (prinzipiell okay, aber wenn ich schon so nah am Original bleibe, warum dann nicht ganz?)

    On Earth we're briefly gorgeous -> Auf Erden sind wir kurz grandios (super!)

    Before she sleeps -> Die Geschichte der schweigenden Frauen (okay, das hat nicht mehr wirklich etwas miteinander zu tun)

    Not forgetting the Whale -> Der Wal und das Ende der Welt (eigentlich nimmt der deutsche Titel schon zu viel vorweg)


    Genrell habe ich das Gefühl, der Deutsche mag Untertitel. (Oder Verlage denken zumindest, wir brauchen sie.) Gerade bei Jugendbuchreihen ist das extrem, so als wüsste man sonst nicht, welche Bücher zusammengehören. Im englischsprachigen Raum ist das nicht so extrem - traut man dem Leser da eher zu, sich zu informieren? Im Deutschen hat so oft die gesamte Reihe einen Namen und jedes einzelne Buch dann einen möglichst langen, dramatischen Titel.


    Beispiel Scythe:


    Scythe. Die Hüter des Todes

    Scythe. Der Zorn der Gerechten

    Scythe. Das Vermächtnis der Ältesten


    Gerade diese grammatische Konstruktion ist sehr häufig. Auf Englisch super simpel:


    Scythe

    Thunderhead

    The Toll


    Und abschließend noch etwas, was ich kürzlich gelesen habe. (Ja, der Post ist irgendwie durcheinander...) Im Gegensatz zur britischen Ausgabe von Harry Potter Band 1 "Harry Potter and the Philosopher's Stone" lautet der US-Titel "Harry Potter and the Sorcerer's Stone", weil man annahm, dass es ansonsten keiner in den USA kaufen würde. Philosoph im Titel schreckt ab, nun ja...

  • Genrell habe ich das Gefühl, der Deutsche mag Untertitel. (Oder Verlage denken zumindest, wir brauchen sie.)

    Ich glaube eher Letzteres. Mir gehen sie unglaublich auf den Geist.