Brigitte Giraud – Jour de courage

  • Kurzmeinung

    tom leo
    Ein Vortrag vor der Abiklasse über den Sexologen und Homosexuellenverteidiger Hirschfeld wird für Livio zum coming out..
  • Original: Französisch, 2019


    INHALT :

    Während eines Vortrages im Rahmen des Geschichtsunterrichtes über die ersten Bücherverbrennungen unter den Nazis, geht Livio anhand des Beispiels von Magnus Hirschfeld vor. Dieser war ein jüdisch-deutscher Arzt der Anfang des XX.Jahrhunderts für die Gleichheit von Mann und Frau als auch die Rechte von Homosexuellen kämpfte.Dieses Wort aber, « homosexuell », hatte Livio nie aussprechen können, um von sich selbst zu reden : sei es vor seiner Freundin Camille, sei es vor seiner harschen Mutter, und seinem Machovater. Wie wird sich diese Geschichtsstunde gestalten ?


    BEMERKUNGEN :

    Der erste und bei Weitem längste Teil spielt während eines Tages, Anfang 2019 in einer Abiklasse in Lyon. Livio, italienischen Ursprungs, 17 Jahre alt, hatte als Vortragsthema für den Geschichtsunterricht über die Nazi-Periode die Bücherverbrennungen gewählt, und dabei dann sein Augenmerk auf https://de.wikipedia.org/wiki/Magnus_Hirschfeld gerichtet. Dieser 1868 in Kolberg geborene deutsch-jüdische Arzt studierte als Erster die menschliche Sexualität auf wissenschaftliche Weise und gründete das Institut für Sexologie in Berlin. Er war ein Vorreiter im Kampf für die Gleichberechtigung von Mann und Frau, aber vor allem auch für die Aufhebung der diskriminierenden Gesetze gegen Homosexuelle. Sein Institut wurde kurz nach Machtübernahme der Nazis geschlossen, und in einer der ersten Bücherverbrennungen kamen auch jene aus der stattlichen Bibliothek auf die Scheiterhaufen.


    Während Livio in seinem Vortrag fortschreitet, werden wir Zeugen der Reaktionen seiner Mitschüler. Und verstehen rasch, dass sich hinter diesem Exposé wie ein « coming out » verbirgt. In Rückblenden werden auch Teile aus dem Werdegang Livios erzählt in seiner eigentlich ihn kaum wahrnehmenden Familie. Camille, seine ihn liebende Freundin, wird erschreckend Zeuge eines Wahrheit, die sie nicht sehen wollte.


    In einem kurzen zweiten Teil werden die Folgestunden und -tage beschrieben.


    Ich möchte nicht alles sagen, aber Giraud scheint manche Grundthemen und -aussagen nicht spannend hinziehen zu wollen. Es handelt sich insofern nicht um einen Thriller und ein absolut unerwartetes Ende etc. Vielleicht ist das Wesentliche in gewissem Sinne schon auf den ersten Seiten ahnbar. Aber in diesem ihrem eigenen Ton von Distanziertheit und Empathie handelt es sich wohl nahezu um ein Zeugnis : welche Schwierigkeit, selbst in unserer ach so liberalen Gesellschaft sein Anderssein auszusprechen, zu leben.


    Kann man sich einen anderen Umgang damit vorstellen ? Haben wir zur rechten Zeit das passende Wort, die gute Geste gefunden um jemanden Stütze zu sein ?


    Prima !


    AUTORIN :

    Brigitte Giraud wurde 1960 in Sidi-Bel-Abbès, Algerien, geboren und ist eine französische Schriftstellerin. Nach Kindheit und Jugend in den Banlieues von Lyon, studierte sie Englisch und Deutsch und arbeitete als Buchhändlerin, Übersetzerin und Journalistin. Für ihr erstes Buch "La chambre des parents" (1997) erhielt sie den Prix Littéraire des Étudiants sowie für "Nico" den Prix Lettres frontière. Sie lebt heute in der Nähe von Lyon.


    Inzwischen gewann sie mehrere bedeutende Preise für verschiedene Werke. Dieser hier rezensierte Roman ist ja gerade erst auf Französisch erschienen. Vielleicht später auf Deutsch ? Das Thema eignete sich eigentlich dafür...


    Mehrere ihrer Bücher sind schon auf Deutsch erschienen! Siehe auch: https://www.amazon.de/s/ref=nb…-keywords=brigitte+giraud


    Broché : 160 pages

    Editeur : FLAMMARION (21 août 2019)

    Collection : LITTERATURE FRA

    Langue : Français

    ISBN-10 : 2081469774

    ISBN-13 : 978-2081469778