Ian McEwan - Die Kakerlake/ The Cockroach

  • Kurzmeinung

    BarbSie
    Seltsame Idee, die nicht überzeugt; sprachlich flach
  • Kurzmeinung

    serjena
    Unwürdig eines Autors den ich bis heute immer gerne gelesen habe, wohl das Schlechteste was er je geschrieben hat.
  • "Die Menschen müssen begreifen, dass sie das gefährlichste Ungeziefer sind, das je die Erde bevölkert hat." (Friedensreich Hundertwasser)

    Als Jim Sams am Morgen erwacht fühlt es sich anders an, er war in eine ungeheure Kreatur mit 4 Beinen verwandelt worden. Und was war mit seinem wunderschönen glänzenden Leib passiert und den Fühlern, das ihm als Kakerlake immer so gut stand? Dazu noch der glitschige Fleischlappen, der da in seinem Mund war, wo er nicht hingehörte. Natürlich wusste er das er in seinem alten Leben nicht anerkannt war, im Gegenteil er und sein Volk wurden bisher mit allen Mitteln bekämpft. Doch nun ist Jim plötzlich in der Lage der mächtigste Mann Englands zu sein und den Willen des Volkes umzusetzen. Weder von der Opposition noch von seinen anderen Gegnern möchte er sich aufhalten lassen. Sein Plan ist den Reversalismus dem Parlament schmackhaft zu machen und durchzubringen mit allen Mitteln. Sein größter Verfechter ist der Außenminister Benedict St John.


    Meine Meinung:
    Das Bild stellt den Unterleib der Kakerlake dar, könnte aber genauso gut die Fellmütze von den Wachen des Towers darstellen. Den Autor Ian McEwan kannte ich bisher noch nicht, doch den Klappentext fand ich sehr interessant. Ian McEwan schreibt hier in Anlehnung an Franz Kafkas Buch "Die Verwandlung" aus dem Jahre 1915, diese Geschichte in die Moderne der heutigen britischen Lage und Politik. Der Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig, den mitunter ist er doch sehr mühsam verfasst. Besonders da die Geschichte einiges an politischen Sprachgebrauch enthält. Trotzdem ich durchaus politisch interessiert bin, hatte ich dann doch etwas anderes bei dem Titel und Klappentext erwartet. Zwar fing sie durchaus satirisch, humorvoll an mit der Umwandlung der Kakerlake zum Menschen. Dabei sah ich einige Parallelen von David Safiers Buch "Mieses Karma" oder eben das Kafka Buch "Die Verwandlung". Wo aber Kafka eher dem Leser die Verwandlung nahebrachte, möchte McEwan das Chaos der Politik und des Brexits aufgreifen, das zurzeit in seiner Heimat Großbritannien herrscht. Da blieb dann allerdings die Verwandlung etwas auf der Strecke, schade den genau das war dies, was die Story so belebte und humorvoll machte. Natürlich habe ich beim Lesen viele Parallelen zum Brexit, aber auch zu anderen politischen Machenschaften und Gebaren festgestellt. Trotzdem wirkte auf mich das Buch am Ende unvollkommen, fast ein wenig abrupt beendet und ebenso erschloss sich für mich die Motivation der Kakerlaken den Reversalismus durchzuboxen nicht ganz. Genauso war es mir etwas zu unrealistisch, wie der anfänglich verwandelte, tollpatschige Jim Sams innerhalb kürzester Zeit, menschlich daher kam ohne Mühen und Schwächen. Ich hätte da doch mit mehr Problemen gerechnet, die man hier durchaus noch hätte einbringen können. Im eigentlichen Sinne geht es in diesem Buch jedoch um Politik, Macht, Beeinflussung und Manipulation, was wir sicher genauso heute im realen Leben wiederfinden. Man spürt vor allem das McEwan ein Brexit Gegner ist und ihm die chaotische, politische Lage Großbritanniens nicht gerade zusagt. Von daher denke ich das dieses Buch eher von Lesern bevorzugt wird, die politisch motiviert, engagiert sind und sich mit dem Brexit auseinandersetzen möchten. Insbesondere den Preis finde ich persönlich im Anbetracht der nicht einmal 150 Seiten zu teuer für das Buch. Ich konnte leider dieser Geschichte nur bedingt was abgewinnen, besonders weil mir einfach der britische Humor zu kurz kam. Darum gebe ich 2 1/2 von 5 Sterne für dieses sogenannte Buch der Stunde.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:[-(:thumbdown:

  • claudi-1963

    Hat den Titel des Themas von „Ian McEwan - Die Kakerlake“ zu „Ian McEwan - Die Kakerlake/ The Cockroach“ geändert.
  • Ian McEwan - Die Kakerlake



    Wenn Kakerlaken regieren



    Hier rechnet ein mit dem politischen Geschehen in Großbritannien unzufriedener Autor ab und dieses Abrechnen hat mir gefallen. Sehr sogar! Ich habe mich gut unterhalten gefühlt, teilweise hat dieses Buch eine gewisse Nuance Humor, aber es ist ein sehr eigener Humor, denn das Lachen bleibt schnell im Halse stecken. Denn eigentlich zeigt dieses Büchlein sehr viel Reales im schriftstellerischen Gewand. Alles ist etwas auf die Spitze getrieben, aber gerade durch dieses Überzeichnete/diese Satire kommt auch ein gewisser Widersinn des Geschehens zu tage. In meinen Augen kann man das Procedere des Romans auch auf andere Gebiete außerhalb von England anwenden, Das direkte Geschehen des Buches ist natürlich auf England gemünzt, aber das Verhalten der Politik im Buch ist mit vielerlei realem Geschehen vergleichbar. Und wenn McEwans weitere Werke viel dichter sind, bin ich schon sehr auf diese gespannt. Wieder einmal bin ich neugierig gemacht worden!


    Dabei ist dieses Abrechnen mit dem momentanen Geschehen in seiner Heimat in eine Geschichte gekleidet, die an kafkaeskes Geschehen erinnert, aber dies nur ganz leicht, denn das Geschehen des Romans verläuft gänzlich anders und mit einer anderen Priorität. Die "Seele" einer Kakerlake schlüpft in einen menschlichen Körper, und zwar nicht in irgendeinen menschlichen Körper, nein, es ist der Körper des Premierministers von Großbritannien, Jim Sams. Und dieser "neue" Jim Sams versucht in seinem Lande die politischen Weichen auf den Reversalismus einzustellen, einem System, in dem derjenige Geld bezahlen muss, der arbeitet und derjenige Geld bekommt, der einkauft, um dann noch mehr zu arbeiten, weil man das Geld wieder loswerden möchte, denn wer in diesem System Geld hat, der wird vom Staat bestraft. Bei seinem Tun bemerkt der Premierminister schnell, dass die meisten anderen Mitwirkenden in der englischen Politik, ebenso wie auch er, ihre seelischen Wurzeln in der Kakerlaken-Welt haben. Die meisten wohlgemerkt, nicht alle, es gibt auch Gegenspieler, wie z. B. den Außenminister. Funktionieren kann dieses System natürlich nur, wenn andere Staaten mitmachen, Verbündete werden also gesucht und beim amerikanischen Präsidenten Tupper gefunden und ebenso wird eine eventuelle Verwandtschaft zwischen Sams und Tupper vermutet. Politische Gegner werden über böse intrigante Machenschaften unter der Hilfe bestimmter Medien ausgeschalten. Was für ein herrliches Spie!?!? Ein Spiel, welches wir kennen?!?!


    Die Handlung erinnert sehr an reales Geschehen und verdeutlicht die Meinung des Autors. Nun mag dieses Buch Einigen nicht gefallen, weil Politiker mit Kakerlaken verglichen werden und/oder weil dieser Roman literarisch nicht so ausgefeilt daherkommt. Maybe. Gefallen hat mir dieses Geschehen aber allemal. Denn seicht empfand ich das Geschriebene durchaus nicht, man muss sich schon etwas im politischen Geschehen Englands und der Welt auskennen, um den ganzen Roman begreifen zu können. Und den Vergleich der Politiker mit Kakerlaken, nun gut, schön ist das nicht. Aber was soll man dazu sagen, wenn politisches Geschehen ein Szenario bewirkt, welches das Volk des betreffenden Landes schädigen wird? ...


  • Seit vielen Jahren mag ich McEwans Bücher. Sie sind thematisch aktuell, zeugen vom handwerklichen Können des Autors im Umgang mit Sprache, Aufbau und Handlungsfaden und treffen den angemessenen Ton zwischen dramatisch und ironisch.

    Wenn sich also ein Könner wie McEwan eines bekannten literarischen Stoffs annimmt und gleichzeitig der aktuellen politischen Lage in seinem Heimatland, darf ein Leser sehr gespannt sein und sich auf originelle Lesestunden freuen.


    Die Vorfreude war in diesem Fall der schönste Moment.


    Was hat McEwan hier gemacht? Es sieht so aus, als hätte er zu viel gewollt und zu wenig geplant: Zunächst war die grandiose Idee da, Kafkas Verwandlung umzudrehen. Und der Wunsch, die aktuelle politische Situation auszunutzen und sie durch den Kakao zu ziehen. Dazu stand ihm nur ein kleines Zeitfenster offen, dann hätte sich alles geändert, und McEwans schöner Romanstoff wäre nur noch Schnee von gestern, der niemanden mehr interessiert. So erfand er, um die Sache griffiger zu machen, den Reversalismus dazu. Doch der wirkt nur wie Klebstoff, der nicht hält.


    Das ganze Buch macht auf mich den Eindruck eines Mischmaschs aus Literatur-Recycling, Politsatire und Nonsens, das einzig McEwans routinierte Schreibkunst vor dem Verriss rettet.


    :bewertung1von5::bewertung1von5:

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • "Die Kakerlake" ist skurril, satirisch und böse - also ein Buch genau nach meinen Geschmack. Komplett überzeugen konnte es mich trotzdem nicht so recht.


    Mit „Die Kakerlake“ hat Ian McEwan kurzerhand Kafkas „Verwandlung“ umgedreht. Hat sich bei Kafka unfreiwillig ein Mensch in eine Kakerlake verwandelt, so ist es bei McEwan genau anders herum. Das war es dann aber auch schon mit den Parallelen. McEwans Geschichte versteht sich als Satire auf den Brexit, den er in seinem Buch durch den herrlich absurden Reversalismus ersetzt. Seine skurrilen Ideen und die sarkastischen Beschreibungen haben mir sehr gut gefallen. Leider flacht die sehr unterhaltsam beginnende Erzählung aber recht schnell ab. Die Verwandlung an sich gerät immer mehr in Hintergrund, was ich sehr schade finde, denn hier wäre noch mehr Potential vorhanden gewesen. Vielleicht ist das auch der Kürze des Buches geschuldet, das gerade mal 120 Seiten hat. Der schwarze Humor blitzt zwar immer wieder auf, doch auf der anderen Seite fehlten mir die Überraschungen und eine deutlichere Kritik. ⠀

    "Die klimatischen Bedingungen in der Hölle sind sicher unerfreulich, aber die Gesellschaft dort wäre von Interesse." (Oscar Wilde)