Tracy Chevalier - Violet / A Single Thread

  • Kurzmeinung

    Biografiefan
    Ein wunderbares leises lautes Buch, das viel zu sagen hat.
  • Kurzmeinung

    Ambermoon
    Einer der stillen und atmosphärischen Romane mit Tiefgang.
  • Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)
    It is 1932, and the losses of the First World War are still keenly felt. Violet Speedwell, mourning for both her fiance and her brother and regarded by society as a 'surplus woman' unlikely to marry, resolves to escape her suffocating mother and strike out alone. A new life awaits her in Winchester. Yes, it is one of draughty boarding-houses and sidelong glances at her naked ring finger from younger colleagues; but it is also a life gleaming with independence and opportunity. Violet falls in with the broderers, a disparate group of women charged with embroidering kneelers for the Cathedral, and is soon entwined in their lives and their secrets. As the almost unthinkable threat of a second Great War appears on the horizon Violet collects a few secrets of her own that could just change everything...


    Autorin (Quelle: amazon)
    Tracy Chevalier is the author of ten novels, including At the Edge of the Orchard, Remarkable Creatures and Girl with a Pearl Earring, an international bestseller that has sold over five million copies and won the Barnes and Noble Discover Award. Born in Washington DC, in 1984 she moved to London, where she lives with her husband and son.


    Allgemeines
    Erschienen am 5. September 2019 bei HarperCollins Publishers als HC mit 352 Seiten
    Gliederung: 25 Kapitel – Danksagung mit Bibliographie - Nachwort
    Erzählung in der dritten Person aus der Perspektive von Violet Speedwell
    Handlungsort und -zeit: Winchester, 1932 bis 1934


    Inhalt
    Violet Speedwell hat im Ersten Weltkrieg ihren Verlobten verloren und ist – wie viele Frauen ihrer Generation unverheiratet geblieben. Inzwischen 38 Jahre alt, zieht sie nach Winchester um, da sie es mit ihrer verwitweten, ewig nörgelnden Mutter, bei der sie bisher gewohnt hat, nicht mehr aushält. Ihr neues Leben ist unspektakulär – sie lebt in beengten finanziellen und räumlichen Verhältnissen in einem „boarding house“ für alleinstehende Frauen und arbeitet als Schreibkraft in einem Versicherungsbüro – aber es ist zumindest endlich ein eigenes, unabhängiges Leben! Beim Besuch der Kathedrale von Winchester gerät Violet in eine Sitzung der „broderers“, Frauen, die Kissen und Kniepolster für die Gottesdienste in der Kathedrale herstellen und kunstvoll besticken. Violet schließt sich der von Louisa Pesel geleiteten Gruppe an und findet in der kreativen Arbeit eine stille Freude.
    Außerdem lernt sie den wesentlich älteren, verheirateten Arthur Knight kennen, der in der Kathedrale zusammen mit seinen Kollegen die Glocken läutet und dabei kunstvolle „Melodien“ hervorbringt. Sowohl der ruhige, zuverlässige Mann als auch die Kunst des Glockengeläuts faszinieren sie und geben ihrem Leben einen neuen Inhalt…


    Beurteilung
    Der Roman schildert in einem ruhigen Erzählstil das Leben einer Frau, die aufgrund des Verlusts zahlloser Männerleben im Ersten Weltkrieg alleinstehend geblieben ist. Ihr ältester Bruder ist ebenso wie ihr Verlobter im Krieg gefallen, auch der Vater ist verstorben und der jüngere Bruder Tom, der ein verheirateter Familienvater ist, findet es ganz normal, dass Violet bei der recht übellaunigen Mutter lebt und sich von dieser drangsalieren lässt. Indem sie sich aus diesem Leben befreit, um in Winchester eine eigene, wenn auch bescheidene, Existenz aufzubauen, macht sie nicht nur ihrem Bruder einen Strich durch die Rechnung, sondern rebelliert auch gewissermaßen gegenüber gesellschaftlichen Konventionen.
    Die Autorin beschreibt eindringlich und anschaulich das eher triste Dasein einer Frau, an der ein Großteil des Lebens schon vorbeigegangen ist, die aber nicht aufgibt und doch noch etwas aus ihren reiferen Jahren machen will. Violet ist eine willensstarke Persönlichkeit, die unter den gegebenen Umständen das Beste aus ihrem Leben macht und sich dabei auch nicht scheut, gegen den Strom zu schwimmen.
    Der Leser erfährt Interessantes über die Herstellung von Kissen für die Gottesdienste in der Kathedrale von Winchester, diese Kissen sind immer noch im Gebrauch, und auch über die Kunst des Glockenläutens mit mehreren Glocken.
    Der Roman besticht durch seine Glaubwürdigkeit und den Verzicht auf emotionale Übertreibungen, er vermittelt den Eindruck, dass man auch ohne ein großes Happy End einen persönlichen Weg zu einem stillen Glück finden kann.


    Fazit
    Ein lesenswerter, ruhig erzählter Roman über das Leben einer bemerkenswerten (fiktiven) Frauenpersönlichkeit, der außerdem wenig bekannte künstlerische Betätigungen im Umfeld der Kathedrale von Winchester thematisiert!

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Am 4. Januar 2020 erscheint die deutsche Ausgabe unter dem Titel "Violet".


    Kurzbeschreibung (amazon)

    England, dreißiger Jahre. Die Abende, an denen Violet mit einer Gruppe ungewöhnlicher Frauen wunderschöne Stickereien für die Kathedrale in Winchester anfertigt, sind der Aufbruch in eine neue Welt. Sie zeigen Violet, dass sie mit ihrem Auszug aus dem mütterlichen Zuhause die richtige Entscheidung getroffen hat. Schnell lernt und schätzt sie die Kunst des Stickens und lässt sich von Arthur in die des Läutens der Kirchturmglocken einweihen. Violet gewinnt durch das starke Band der Freundschaft zwischen den Frauen und die wachsende Nähe zu Arthur an Lebensmut und überwindet die Lebenskrise infolge des Ersten Weltkriegs. Und die Kirchturmglocken könnten wahrhaftig ihr neues Leben in Winchester einläuten…


    Bei vorablesen kann man sich in der laufenden Woche um diesen Roman bewerben.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Tracy Chevalier - A Single Thread“ zu „Tracy Chevalier - Violet / A Single Thread“ geändert.
  • Berührendes Frauenschicksal in England zwischen den Weltkriegen


    Zunächst klang der Klappentext etwas dröge, da Stickarbeiten für die Kathedrale von Winchester und Glockenläuten wesentliche Aspekte des Romans sind.

    Die Leseprobe zu diesem Buch hat mich aber überzeugt. Die achtunddreißigjährige Violet hat im Ersten Weltkrieg ihren Verlobten und ihren geliebten Bruder verloren. Um nicht noch länger bei ihrer ewig nörgelnden Mutter leben zu müssen, zieht sie von Southampton nach Winchester. Ihr mageres Gehalt als Schreibkraft reicht gerade für ein Zimmer zur Untermiete und einmal wöchentlich für eine warme Mahlzeit. Bei den jüngeren Kolleginnen gilt sie bereits als alte Jungfer. Als Violet sich den Broderinnen anschließt, die mit ihren kunstvollen Stickarbeiten Kissen für die Kathedrale anfertigen, scheint es, als bestätige diese Beschäftigung noch das altjüngferliche Dasein.

    Das Gegenteil tritt aber ein, denn Violet findet Bestätigung, Anerkennung und Freunde. Ein neues Selbstbewusstsein nimmt von ihr Besitz, das sie auch nach und nach auf die anderen Bereiche ihres Lebens ausweitet.


    Der Autorin ist ein berührendes Frauenporträt gelungen, das stellvertretend für eine ganze Generation steht. Die Abhängigkeit alleinstehender Frauen vom Wohl und Wollen der Familie, der Arbeitgeber, ja sogar von der Vermieterin, wird hier anschaulich geschildert. Violets Schicksal zeichnet nach, wie schwer es damals war, selbstbestimmt zu leben.

    In einer bildreichen Sprache erfährt der Leser Details über die Künste des Stickens von Kniekissen und das Läuten der Kirchenglocken. Harmonisch hat Tracy Chevalier historische Personen und Begebenheiten in ihrer Geschichte verwoben und damit Louisa Pesel, der Initiatorin der Winchester Broderinnen, ein Denkmal gesetzt.

    Über das hoch komplizierte Wechselläuten der Kirchenglocken, das über mehrere Stunden dauern kann, hatte ich vor Jahren bereits gelesen - in einem Krimi. Tatsächlich wird „Der Glocken Schlag“ von Dorothy L. Sayers auch bei den Quellen zu dem vorliegenden Buch genannt.


    Der Roman hat mich sehr gut unterhalten. Er ist atmosphärisch geschrieben und hat die Zeit der dreißiger Jahre vor meinen Augen aufleben lassen. Violet ist ein sympathischer Charakter, mit dem man mitgefiebert hat. Einzig die Figur des Jack Wells erschien mir etwas konstruiert.

    Dass der englische Titel „A Single Thread“ (Ein einzelner Faden) wesentlich besser zu der Geschichte passt, werden alle erkennen, wenn er auf Seite 295 zitiert wird. Er bezieht sich auf wesentlich mehr als das Sticken.

  • Klappentext

    England, dreißiger Jahre. Die Abende, an denen Violet mit einer Gruppe ungewöhnlicher Frauen wunderschöne Stickereien für die Kathedrale in Winchester anfertigt, sind der Aufbruch in eine neue Welt. Sie zeigen Violet, dass sie mit ihrem Auszug aus dem mütterlichen Zuhause die richtige Entscheidung getroffen hat. Schnell lernt und schätzt sie die Kunst des Stickens und lässt sich von Arthur in die des Läutens der Kirchturmglocken einweihen. Violet gewinnt durch das starke Band der Freundschaft zwischen den Frauen und die wachsende Nähe zu Arthur an Lebensmut und überwindet die Lebenskrise infolge des Ersten Weltkriegs. Und die Kirchturmglocken könnten wahrhaftig ihr neues Leben in Winchester einläuten…

    Meinung

    Eine übrig gebliebene Frau die den Mut findet sich ein eigenes unabhängiges Leben auf zu bauen. In einer Zeit in der der Lebenszweck einer Frau im verheiratet sein besteht, hat eine fast Witwe einen schweren Stand. Alles was sie tut wird misstrauisch beobachtet ob es den bestehenden Regeln entspricht.

    Violet bricht aus, sie versucht ein selbstbestimmtes Leben unabhängig von der Familie zu führen.

    Sie lernt neue Menschen kennen, eine neue Aufgabe und einen sehr viel älteren Mann.

    Am Anfang ist das Buch stark, es erzählt genau das was ich erwartet hatte, die Menschen sind sehr detailliert gezeichnet ihre Handlungen nachvollziehbar.

    Dann entwickelte sich Violet zu einer weniger interessanten aber zickigen Person, da dieser Charakter eigentlich von ihrer Mutter besetzt ist, störte das die Geschichte.

    Am Ende flachte das Buch weiter ab, etwas enttäuschend weil ich von der Autorin etwas anderes gewöhnt war.

  • Romane, die zwischen den Weltkriegen spielen gibt es derzeit eine ganze Reihe. Nachdem ich den ein oder anderen (gerne) gelesen habe, scheinen mir jedoch viele austauschbar, zumindest der Kurzbeschreibung nach, so dass es mir erst mal „gereicht“ hat :-?.
    Mit „Violet“ hegte ich die Hoffnung auf eine Geschichte abseits des Mainstream, schon allein durch das Cover (mal keine Rückenansicht einer Frau in wehendem Kleid oder Mantel, die sich augenscheinlich im Aufbruch befindet) - und ich wurde tatsächlich nicht enttäuscht.

    Tracy Chevaliers Roman hat mir von der ersten Seite an Freude bereitet, obwohl ich jetzt nicht der ganz große Fan von Sticken und Glockengeläut bin :geek:. Ruhig und voller Empathie erzählt sie von Violet und anderen jungen, oder nicht mehr ganz jungen Frauen, denen der inzwischen einige Jahre zurückliegende Krieg die Männer genommen und die Zukunftsperspektiven geändert hat. Mit diesem „Frauenüberhang“ müssen sie sich irgendwie arrangieren.

    Violet ist 38 Jahren alt und zählt damit schon zu den „nicht mehr ganz Jungen“. Als die Geschichte einsetzt, hat sie gerade den Mut gefunden, aus ihrem Elternhaus in das einige Meilen entfernte Winchester zu ziehen um dem unbefriedigenden Zusammenleben mit ihrer verwitweten, ewig nörgelnden Mutter zu entkommen. Eine Stelle als Schreibkraft bei einer Versicherung sichert ihr das Lebensnotwendigste, doch ihre dortigen Lebensumstände sind sehr bescheiden und mit großen persönlichen Einschränkungen verbunden, so ist sie z.B. ständig hungrig und friert. Sie nimmt es einigermaßen stoisch hin, denn ihre Unabhängigkeit bedeutet ihr enorm viel. Als diese ihr zu entgleiten droht, kämpft sie um deren Erhalt. Denn gerade als sie in Winchester so etwas wie ein Leben für sich aufgebaut, ihren Platz unter den Stickerinnen gefunden und vorsichtige Freundschaften geschlossen hat, erkrankt die Mutter. Und wie selbstverständlich wird von der unverheirateten Tochter erwartet, dass sie die Pflege der übernimmt, ungeachtet dessen ob sie es will und was sie dafür aufgeben muss. Dabei gäbe es auch noch ihren Bruder und dessen Familie….

    Wie Tracy Chevalier ihre Figuren zeichnet, hat mir außerordentlich gefallen. Dabei spielt sie ein wenig mit dem ein oder anderen Klischee, ohne dass diese „klischeehaft“ wirken. Eine männliche Nebenfigur gibt es, für die das nicht ganz zutrifft (vielleicht einem gewissen Spannungsmoment geschuldet), ansonsten fühlen sich allesamt echt an mit ihren Stärken und Schwächen, Nöten und Gefühlen.
    Auf den ersten Blick scheint Violet ein bisschen spröde in ihrer zurückgenommenen Art, sie hadert mit sich und ihren Ängsten. Doch für ihren Mut, diese zu überwinden und neue Wege zu beschreiten, kann man sie nur bewundern. Eine weibliche Hauptfigur wie ich sie mag, neugierig, lebensklug, ein wenig selbstironisch und mit feinem, trockenem Humor, der gelegentlich aufblitzt.


    Wie der Kurzbeschreibung zu entnehmen ist, spielen Stickereien für die Kathedrale von Winchester eine wichtige Rolle. Louisa Pesel, die zentrale Figur für die Stickerinnen, hat es tatsächlich gegeben und mit diesem Aspekt der Geschichte wollte die Autorin ihr und ihrem Wirken ein Denkmal setzen, schreibt sie im Nachwort. Auf der Homepage von Tracy Chevalier gibt es wunderschöne Bilder dieser gestickten Kunstwerke zu sehen hier. Sie haben tatsächlich Jahrzehnte überdauert und damit die Wünsche der fleißigen Stickerinnen erfüllt. Die Informationen zum Glockenläuten fand ich jetzt nicht ganz so spannend, aber durchaus interessant, gerade weil davon so gar keine Ahnung hatte.

    Tracy Chevalier erzählt in ebenso eloquentem wie angenehm zu lesenden Stil, verzichtet dabei auf die ganz großen Emotionen und auch in „Liebesdingen“ legen ihre Figuren einen wohltuenden Pragmatismus an den Tag, der mir ausnehmend gut gefallen hat.

    Insgesamt ein wirklich schöner Roman, in dem die historischen Details um die Stickereien der Kathedrale von Winchester und Louisa Pesel wunderbar mit der Entwicklung Violets und ihrer Freundinnen verwoben wird. Aus einer Zeit, in der althergebrachte Rollen und gesellschaftliche Strukturen die Frauen noch einengen, aber doch zunehmend in Frage gestellt werden.

    Wunderbar unaufgeregte, angenehme Unterhaltung.

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Violet ist inzwischen 38 Jahre alt. Ihren Verlobten hat sie im ersten Weltkrieg verloren. Praktischerweise lebte sie bei ihrer verwitweten Mutter. Aber sie will auf eigenen Beinen stehen und nimmt einen Job als Schreibkraft in Winchester an. Doch das Leben ist nicht einfach, denn das Geld reicht vorne und hinten nicht. Auch das Alleinsein in der kleinen Wohnung ist nicht schön. Violet schließt sich einer Gruppe Frauen an, die Stickereien für die Kathedrale in Winchester anfertigen. Und dann gibt es da noch den Glöckner Arthur…

    Der Schreibstil ist sehr detailliert, aber angenehm zu lesen. Allerdings gibt es dadurch auch ein paar Längen. Die Geschichte hat mir, obwohl sie recht ruhig verläuft, von Anfang an gefallen.

    Die Charaktere sind lebendig und gut dargestellt. Violet hat lange mit ihrer Mutter, die immer verbitterter wird, zusammengelebt. Sie ist bescheiden und warmherzig. Nun aber will Violet ihr eigenes Leben gestalten. Das ist mutig von ihr, denn in jener Zeit ist sie noch vielen Konventionen unterworfen, doch sie wird dadurch aus selbstbewusster. Sie fühlt sich zu Arthur hingezogen, aber der ist verheiratet. Im Kreis der Stickerinnen findet sie Gesellschaft und Freundschaft. Jede der Frauen hat ihr Päckchen zu tragen, aber gemeinsam ist doch vieles leichter.

    Ein ruhiger Roman, den ich gerne gelesen habe.

  • 1932 England. Nach dem ihr Verlobter und ihr Bruder im ersten Weltkrieg gefallen sind, bietet sich der 38-jährigen Violet Speedwell nun endlich die Möglichkeit, ihr Elternhaus in Southampton und damit der verletzenden und verbitterten Art ihrer Mutter zu entfliehen. Violet nimmt ein Stellenangebot als Schreibkraft im benachbarten Städtchen Winchester an und kann sich von ihrem Gehalt zwar kaum ernähren, jedoch besitzt sie endlich ihre Unabhängigkeit. Da es ihr an der Gesellschaft von Freundinnen mangelt, schließt sie sich einer Gruppe Stickerinnen an, die ihr Handwerk in den Dienst der örtlichen Kathedrale gestellt haben. Bei ihnen findet Violet endlich die Aufnahme in eine Gemeinschaft und in der Stickerei auch einen Ausgleich zu ihrem Beruf. Die Begegnung mit dem verheirateten Glöckner Arthur weckt in Violet zudem Gefühle, die sie eigentlich aus ihrem Leben verbannt hatte und auch nicht sein dürfen…


    Tracy Chevalier hat mit „Violet“ einen tiefgründigen, gefühlvollen und atmosphärisch-dichten Roman vorgelegt, der mit einem detaillierten, bildhaften und teilweise sogar poetischen Erzählstil den Leser in den Bann zu ziehen weiß. Mit leisen Tönen beginnt die Geschichte und lässt den Leser Violets Lebenssituation kennenlernen. Als ledige 38-jährige Frau sieht sie sich einem Leben gegenüber, in dem sie sich um eine Mutter kümmern muss, die sie tagaus tagein mit Beleidigungen und Kränkungen überhäuft, bis das Maß gestrichen voll ist und sie endlich den Mut fasst, ihr Leben in die Hand zu nehmen. Auch wenn die neue Anstellung sie an den Rand des Existenzminimums bringt, ist dies ihr doch allemal lieber als sich weiterhin bevormunden und kränken zu lassen. An das Alleinsein muss sich Violet erst gewöhnen, oder vielleicht könnte man sagen, dass sie ihren neu gewonnenen Freiraum noch nicht so richtig zu füllen weiß, denn allein war sie auch mit ihrer unerträglichen Mutter, die ihr Selbstvertrauen regelrecht erstickt hat. Chevalier lässt den Leser an Violets Entwicklung teilhaben, zeigt ihren Weg auf wie eine Befreiung, während sie dies alles mit den Beschreibungen der Kathedrale, einigen Ausflügen, einer Einführung ins Stickhandwerk und dem Klang von Glocken verbindet. Aber die Autorin verbindet auch reale Personen mit ihrer fiktiven Handlung und gibt die damals herrschenden Standesdünkel und gesellschaftlichen Konventionen in ihrer Geschichte gut wieder.


    Die Charaktere sind mit individuellen Eigenheiten lebendig und glaubwürdig inszeniert, der Leser folgt ihnen nur zu gern während der Handlung und ertappt sich dabei, gerade mit Violet zu hoffen und zu fühlen. Violet ist eine Frau in den besten Jahren und ein Kind ihrer Zeit, von dem man erwartet, dass es sich um seine Eltern kümmert. Da sie nicht verheiratet ist, kommt ihr Ausbruch überraschend, doch eigentlich hat sie sich schon viel zu viel von ihrer Mutter gefallen lassen. Violet beweist vor allem Mut und Stärke, denn sie will wieder atmen können und sich von dem Korsett befreien, dass ihre Mutter immer enger geschnürt hat. Im Verlauf der Geschichte darf man als Leser miterleben, wie sie langsam aufblüht, an Selbstvertrauen gewinnt und sich Dinge zutraut, an die vorher nicht zu denken war. Ihre Mutter ist eine unzufriedene Frau, die vor allem anderen die Schuld für ihr Schicksal gibt. Niemand kann es ihr recht machen und schon gar nicht ihre Tochter. Violets Bruder Tom weiß alle um den Finger zu wickeln und sich seine Vorteile zu sichern. Louisa Pesel ist eine starke Frau mit großem Herzen und einem ansteckenden Optimismus. Aber auch die weiteren Protagonisten wie Arthur, Gilda, Majory oder Maude tragen ihren Teil dazu bei, dass die Geschichte immer im Fluss bleibt.


    „Violet“ ist ein wunderbarer historisch angehauchter Roman, der sich wie eine Stickerei erst nach und nach entfaltet und ein Frauenschicksal erscheinen lässt, dass den Leser unvergesslich mitten ins Herz trifft. Absolute Empfehlung für ein wahres Lesekunstwerk!


    Wunderbare :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
    _____________________________________________


    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Die englische Stadt Winchester in den 1930er-Jahren: Nach ihrem Auszug aus dem mütterlichen Zuhause stößt die Schreibkraft Violet Speedwell in der Kathedrale zufällig auf die Gruppe der Broderinnen. Die 38-Jährige mag die Abende mit den ungewöhnlichen Frauen, an denen sie zusammen unter Anleitung von Louisa Pesel Stickereien für das Gotteshaus anfertigen. Die Treffen sind für Violet der Aufbruch in eine neue Welt. Nach dem Tod ihres Verlobten Laurence während des Ersten Weltkrieges ist sie allein geblieben und hat wenig Anschluss. Bei den Abenden in der Kathedrale lernt sie nun nicht nur das Kunsthandwerk kennen, sondern von Arthur auch das Läuten der Kirchturmglocken. Kann sie durch die Freundschaft zwischen den Frauen und die wachsende Nähe zu Arthur ein neues Leben in Winchester beginnen?


    „Violet“ ist ein historischer Roman von Tracy Chevalier.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus 25 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Erzählt wird aus der Sicht von Violet in chronologischer Reihenfolge, allerdings mit einigen Rückblenden. Der Aufbau des Romans funktioniert gut.


    Der Schreibstil ist anschaulich, einfühlsam, atmosphärisch und unaufgeregt. Dank viel wörtlicher Rede und gelungenen Beschreibungen ist er allerdings auch recht lebhaft. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht. Sie nimmt jedoch nur langsam Fahrt auf.


    Mit Violet steht eine interessante Protagonistin im Vordergrund, deren Gedanke und Gefühle ich gut nachvollziehen konnte. Sie wird realitätsnah dargestellt. Trotzdem wurde ich nicht sofort mit ihr warm, da sie manchmal einen etwas unnahbaren und nüchternen Eindruck macht. Auch die übrigen Personen wirken authentisch.


    Der Roman ist vor allem als Porträt von Violet angelegt. Aber der Leser erhält zudem ein gutes Bild der damaligen Zeit und Stimmung. Der Frauenüberschuss, die gesellschaftliche Stellung unverheirateter Damen und einige Themen mehr werden auf unterhaltsame Weise vermittelt. Dies macht die Lektüre tiefgründig. Gut gefallen hat mir auch, dass das Sticken so präsent in der Geschichte ist und dieses besondere Kunsthandwerk viel Aufmerksamkeit erhält. Auf rund 350 Seiten hat der Roman allerdings auch stellenweise Längen.


    Das stimmungsvolle, nostalgisch anmutende Cover der deutschen Ausgabe gefällt mir sehr gut. Auch der Titel ist passend, obgleich ich die englischsprachige Originalversion („A Single Thread“) kreativer finde.


    Mein Fazit:

    „Violet“ ist ein unterhaltsamer Roman von Tracy Chevalier. Eine Geschichte, die mir schöne Lesestunden bereitet hat, aber mich nicht durchgängig berühren konnte.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • "Violet" hat mir richtig gut gefallen. Es liest sich so angenehm und leicht. Der Stil der Autorin ist fesselnd und lebhaft. Violets Alltag besteht aus mehr als nur dem Sticken und der Leser wird in einen intensiven Abschnitt ihres Lebens mitgenommen, erlebt Violet im Umgang mit den anderen Stickerinnen, aus denen Freundinnen werden, mit ihrer Familie, in der vor allem ihre Mutter es ihr oft nicht leicht macht, und dem einen oder anderen Vertreter des männlichen Geschlechts. Besonders toll finde ich, dass der Roman auf historischen Persönlichkeiten beruht und es der Autorin ganz wunderbar gelingt, die Erzählung mit spannenden historischen Fakten zu untermauern. So erlebt der Leser die Geschichte viel intensiver und wird in das England der Dreißigerjahre mitgenommen.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • England, dreißiger Jahre. Die Abende, an denen Violet mit einer Gruppe ungewöhnlicher Frauen wunderschöne Stickereien für die Kathedrale in Winchester anfertigt, sind der Aufbruch in eine neue Welt. Sie zeigen Violet, dass sie mit ihrem Auszug aus dem mütterlichen Zuhause die richtige Entscheidung getroffen hat. Schnell lernt und schätzt sie die Kunst des Stickens und lässt sich von Arthur in die des Läutens der Kirchturmglocken einweihen. Violet gewinnt durch das starke Band der Freundschaft zwischen den Frauen und die wachsende Nähe zu Arthur an Lebensmut und überwindet die Lebenskrise infolge des Ersten Weltkriegs. Und die Kirchturmglocken könnten wahrhaftig ihr neues Leben in Winchester einläuten… (Klappentext)


    ღღღღღ


    ">>Wissen Sie, es ist immer dasselbe Problem mit meinen Schreibkräften. Nach einer Weile gehen sie alle - entweder um zu heiraten oder weil sie sich um ihre Eltern kümmern müssen. Da frage ich mich, warum die Mädchen überhaupt erst arbeiten gehen wollen.<<
    Nur weil sie ihre Anstellung nicht aufs Spiel setzen wollte, verkniff sich Violet die Antwort >>Weil ich keine Sklavin mehr sein möchte!<<"
    (S. 271)


    Man schreibt das Jahr 1932, der 1. Weltkrieg ist zwar schon zwölf Jahre vorbei, doch sind die Nachwirkungen immer noch spürbar. Vor allem, wenn man, wie Violet, eine Frau von 38 Jahren und unverheiratet ist, hat man es nicht leicht, denn nur als verheiratete Frau hat man ausgesorgt oder man lebt weiterhin bei seinen Eltern.

    Violet hat ihren Verlobten im 1. Weltkrieg verloren und hat den Männern abgeschworen und auch bei ihrer nörgelnden und einnehmenden Mutter wollte sie nicht länger bleiben. Sie beschließt sich den verstaubten gesellschaftlichen Konventionen hinwegzusetzen, packt ihren Koffer, zieht von Southampton nach Winchester und arbeitet als Sekräterin einer Versicherungskanzlei.

    Mit ihrem kleinen Gehalt kommt sie zwar nur schwer über die Runden, doch dafür ist sie frei. Die Einsamkeit ist das Einzige was ihr zu schaffen macht. Die beiden jungen Kolleginnen in der Kanzlei sehen sie als alte Jungfer an, alle anderen Frauen sind verheiratet oder zumindest auf der Jagd nach einem Ehemann und haben daher nur dieses eine Thema im Kopf. Violet pendelt also zwischen Arbeit und ihrem kleinen Zimmer hin und her, ohne Abwechslung und erfrischender Gespräche. Tagein, tagaus.

    Bis sie eines Tages in der Kirche von Winchester in einen besonderen Gottesdienst stolpert und auf eine Gruppe von Frauen trifft, welche sich die Broderinnen nennen. Diese besticken farbenfrohe Kniekissen für die Kirche und sind eine eingeschworene Gemeinschaft. Obwohl Violet keine Ahnung von Sticken hat, fühlt sie sich von dieser Gruppe angezogen und Violet wäre nicht Violet, wenn sie nicht hartnäckig versuchen würde von dieser Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Dies führt schließlich zu einer großen Wende in Violets Leben.


    "Statt Formulare für Menschen zu tippen, die sie niemals kennenlernen würde, entstanden unter ihren Fingern bunte Muster. Sie begann vom Sticken zu träumen, von den winzigen quadratischen Löchern im Stramin, von gelben Farbfeldern, roten Reisstichen und gleichmäßigen Reihen mit rosafarbenen Gobelinstichen."
    (S. 88)


    Wer hier einen Liebesroman erwartet wird wohl enttäuscht sein. Am Rande wird zwar eine kleine Liebesgeschichte erzählt, jedoch nur leise und unaufdringlich.

    Das Hauptaugenmerk liegt hier auf der Protagonistin. Man begleitet Violet auf ihrem Weg zu einer freien, selbstbewussten und unabhängigen Frau, welche auf ihre eigene Art gegen die damaligen Gesellschaftsnormen rebelliert - anfangs nur still, doch im Verlauf immer lauter.


    Man taucht hier in die frühen 30er Jahre Englands ein, in denen die Nachwirkungen des 1. Weltkriegs noch spürbar sind - Frauenüberschuß, Männer, die sich wieder ihren Platz erkämpfen und mit den teils selbstbewussten Frauen, die der Krieg hervorbrachte, nicht umgehen können. Es werden Themen behandelt wie Verlust und Trauer, das Zusammentreffen von alten und neuen Sichtweisen, der Kampf der Frauen um Selbständigkeit und Freiheit und auch Homosexualität.


    "Sie hatte schon von Frauenbeziehungen gehört und kannte die Kommentare über ungesunde Frauenfreundschaften, die man für eine Folge des Männermangels hielt, ein verzweifeltes Aufbegehren dagegen, als alte Jungfer zu gelten. Doch wenn sie Gilda und Dorothy sah, spürte sie nichts von alldem. Die beiden sahen einfach so aus, als gehörten sie zusammen."
    (S. 210)


    Dies alles eingebettet in eine Story, welche vor allem diejenigen begeistern wird, welche gerne handarbeiten und sticken, denn diese Stickgruppe von Frauen ist der rote Faden in dieser Geschichte, im wahrsten Sinne.

    Ein kleines Schmankerl ist, dass diese Gruppe und deren Schirmherrin Louisa Pesel wirklich existierten und man diese Knie- und Sitzkissen immer noch in der Kathedrale von Winchester bewundern kann. Man sollte sich also auch unbedingt die Nachbemerkung, Quellen und Danksagung der Autorin zu Gemüte führen.


    Der Schreibstil ist klar und flüssig und die Erzählweise ruhig und unaufgeregt.

    Obwohl man das Gefühl hat der Roman würde einfach nur so dahinplätschern, wird man mit einem Sog in die Geschichte hineingezogen aus der man nicht mehr auftauchen möchte. Man ist von der Atmosphäre der 30er Jahre umgeben und begleitet Violet bei ihrer Entwicklung zu einer starken und unabhängigen Frau. Die Themen, welche behandelt werden, werden zwar ohne viel Drama erzählt, sie bleiben jedoch spürbar im Kopf und hallen lange nach. Manche Autorinnen/Autoren schaffen es eben auch ohne viel Pomp und Trara einen mitzureißen.


    ">>Man hat es nicht immer leicht als alleinstehende Frau<<, erklärte Violet nach kurzem Schweigen. >>Darüber scheint sich niemand Gedanken zu machen, obwohl es viele von uns gibt. Sie wissen schon, der 'Frauenüberschuß'. Eigentlich sollte es normal sein, dass eine Frau allein durch ein Feld geht oder ohne Mann in einem Pub einen Tee trinkt.<<"
    (S. 143)


    Das einzig trügerische ist der Klappentext, denn in diesem wird suggeriert, dass auch der 2. Weltkrieg eine wichtige Rolle in der Geschichte spielt, doch dem ist nicht so. Dieser wird nur am Rande erwähnt und das war es auch schon, ergo kein großer Einfluss, weder auf die Geschichte noch auf die Protagonistin.


    Fazit:

    Es gibt hier kein Liebesgedöns und kein Drama, denn dies ist einer der stillen Romane. Doch gerade deshalb konnte mich diese Geschichte begeistern, denn still heißt nicht unbedingt leise.

    Es ist ein locker-leichter und vor allem atmosphärischer Roman, der mich in die frühen 30er Jahre versetzte, der mich die Umgebung vergessen ließ und in dem ich noch ewig hätte lesen mögen. Ein Roman über eine starke Frau, die für ihre Unabhängigkeit und Freiheit kämpft und der wichtige Themen, wie Emanzipation und Homosexualität in den 30er Jahren, behandelt und welche nichts von ihrer Aktualität verloren haben.

    Selten, dass bei mir ein historischer Roman es schafft zu einem Highlight zu werden, doch dieser tat dies und dieses Buch wird eines der wenigen sein, welches ich noch zwei oder drei Mal lesen werde. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    © Pink Anemone (inkl. Book-Soundtrack, Leseprobe und zwei Rezepten zum Buch)

  • Angeregt durch die gestrige Frage im 365er habe ich nach Informationen zur Leiterin der Stickerinnen-Gruppe, Louisa Pesel, gesucht und dabei Fotos der gestickten Sitzkissen in der Kathedrale von Winchester gefunden: hier.


    Zum Buch: Ein Unterhaltungsschmöker, der mir ein rundherum gelungenes Lesevergnügen beschert hat. :thumleft:

    Aus früheren (John Nettles-)Zeiten, als ich noch die Barnaby-Serie geschaut habe, erinnere ich mich an "Glockenschlag zum Mord", daher kann ich mir die geschilderten Details dieses typisch angelsächsischen Brauchs lebhaft vorstellen, ansonsten wäre es ziemlich verwirrend, sich ein Bild davon zu machen, wer wann welches Seil zu ziehen hat und wie die Tonfolgen festgelegt und beachtet werden.


    Chevalier schafft es gut, gesellschaftliche Probleme anzureißen, die in den dreißiger Jahren moralischer Empörung ausgesetzt waren (Homosexualität, Ehebruch, uneheliche Schwangerschaft, u.a.), ohne ihren Roman damit zu überfrachten.

    Die Figuren sind lebensecht mit Ecken und Kanten dargestellt; sie sind individuell gezeichnet und handeln folgerichtig, daher ist die leichte Überzeichnung der Mutter zu verzeihen.


    Das Rollenbild der Frau und seine Entwicklung im Lauf des letzten Jahrhunderts schwingt als Hintergrundthema immer mit, und Violet ist die Protagonistin der Frauen, die durch ihr Selbstverständnis und ihr alltägliches Leben ruhig und beständig ihren Teil zum Wandel beitrugen.


    Ein schönes Buch. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Violet ist 38 und hat es vor kurzem endlich geschafft, aus ihrem Elternhaus auszuziehen. Nach dem Tod ihres Vaters konnte sie ihre ewig missgestimmte, nörglerische Mutter einfach nicht mehr ertragen, der man es nie recht machen kann, und obwohl sie sich die Miete für ein möbliertes Zimmerchen in Winchester buchstäblich vom Mund absparen muss, ist sie froh über dieses kleine Stückchen Unabhängigkeit. Ansonsten passiert nicht viel in Violets Leben, und die Hoffnung auf einen Partner hat sie schon lange aufgegeben. Seit ihr Freund Laurence im 1. Weltkrieg gefallen ist, der auch so viele andere junge Männer das Leben gekostet hat, gehört sie zur "Generation Frauenüberschuss" und glaubt kaum, dass sich daran noch etwas ändern wird.


    Durch Zufall stößt sie auf einen Verein von Stickerinnen, die für die Kathedrale von Winchester kunstvolle Knie- und Sitzkissen herstellen. Die "Cathedral Broderers" wirken zunächst wie eine verschworene Gemeinschaft, in die man als Außenstehende nur zögerlich aufgenommen wird, doch es dauert gar nicht so lange, bis Violet sich dort mit der nicht auf den Mund gefallenen Gilda anfreundet, und bald sind die Stickereitreffen ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens.


    Über die Broderers lernt Violet auch die "bellringers" der Kathedrale kennen, die Männer, die per Hand auf kunstvolle Weise zu festlichen Anlässen die Glocken läuten, noch so eine oft vor fremden Blicken verschlossene und dabei faszinierende Welt, und es entsteht eine besondere Freundschaft zwischen ihr und dem Glöckner Arthur Knight, der sie in die Grundzüge seines Hobbys einweiht.


    Die Handlung klingt zusammengefasst schrecklich unspektakulär und fast schon hausbacken, aber "A Single Thread" ist keine fade Geschichte über eine alte Jungfer, die in erbaulichen Tätigkeiten im kirchlichen Umfeld ihre Erfüllung findet, ganz im Gegenteil. Tracy Chevalier gelingt in ihrem für mich bisher besten Buch ein behutsam und voller Einfühlungsvermögen gezeichnetes Porträt einer Frauengeneration, die es auf ganzer Linie nicht leicht hatte, weil die Emanzipation noch in den Kinderschuhen steckte, Frauenstimmen selten gehört wurden, nach dem Krieg auch noch die Partnerwahl massiv erschwert war und trotzdem von Frauen nicht mehr erwartet wurde, als brav zu heiraten, Kinder zu kriegen und den Männern nicht die Jobs wegzunehmen.


    Wie Violet ihr Leben immer mehr in die eigenen Hände nimmt, sich von ihrer grässlichen Mutter und der einen oder anderen verspießerten Moralvorstellung abnabelt und mit tatkräftiger Unterstützung durch ihre neu gewonnenen Freunde beiderlei Geschlechts (und manchmal auch durch Auseinandersetzungen mit ihnen) ihren ureigenen Weg findet, hat mich sehr berührt, und dass man als Dreingabe noch viel über die Stickarbeiten in der Kathedrale und über die Kunst des Glockenläutens erfährt, ohne dass die Themen die Handlung erschlagen, fand ich ebenfalls sehr schön.


    Ein Buch der eher leisen Töne, aber ganz und gar nicht ohne erzählerische Kraft.

  • Dass der englische Titel „A Single Thread“ (Ein einzelner Faden) wesentlich besser zu der Geschichte passt, werden alle erkennen, wenn er auf Seite 295 zitiert wird. Er bezieht sich auf wesentlich mehr als das Sticken.

    Den deutschen Titel finde ich auch doof, der ist ja völlig nichtssagend.

    Dann entwickelte sich Violet zu einer weniger interessanten aber zickigen Person,

    Wo ist denn Violet bitte zickig?

    ansonsten wäre es ziemlich verwirrend, sich ein Bild davon zu machen, wer wann welches Seil zu ziehen hat und wie die Tonfolgen festgelegt und beachtet werden.

    Es gibt bei Youtube einige Videos zum Thema, auch aus Winchester Cathedral.

  • Es ist mal wieder eine Geschichte die mich zwei geteilt zurück lässt. Auf der einen Seite mag ich den ruhigen, unaufdringlichen Schreibstil von Frau T. Chevalier. Sie schafft es einfach mit wenigen Worten mich zu begeistern und in die Geschichte einzutauchen.
    Auf der anderen Seite wäre es vielleicht für mich und die Geschichte besser gewesen, ich hätte mir das Buch viel eher vorgenommen zu lesen. In letzter Zeit hatte ich nämlich öfters mit Geschichten zu tun, die für mich unnötigerweise auf gebläht werden mussten und jetzt kommt es. Genauso empfand ich es hier auch mit der "kurz" Geschichte um Arthur

    ....und wenn schon so wie in der Geschichte, dann innerhalb einer Seite abgehandelt. Nein, das macht mir gerade ziemlich wütend.

    Was für mich noch positiv zu erwähnen wäre, mir gefiel auch die Entwicklungen die, die Nebencharaktere durch gemacht haben bzw. wie liebevoll sie von der Autorin heraus gearbeitet wurden. Dies ist auch ziemlich selten geworden das Nebencharaktere auch so viel Augenmerk bekommen.

    Das Buch hat mich recht gut unterhalten und ich vergebe :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Sobald wir lernen, uns selbst zu vertrauen, fangen wir an zu leben. ( Johann Wolfgang Goethe )


    Jede Begegnung , die unsere Seele berührt hinterlässt eine Spur die nie ganz verweht. ( Lore-Lillian Boden )