Hye-Young Pyun – Der Riss / 홀 / Hol

  • Verlagstext

    Kann das Leben einen so tiefen Riss bekommen, dass man durch ihn hinabstürzt und darin verschwindet? Ogi hat Schuld an dem Unfall, durch den seine Frau getötet wurde. Im Haus seiner Schwiegermutter vegetiert er nun schwer verletzt vor sich hin. Seine Welt schrumpft zu dem Bett, in dem er liegt. Im Inneren halten beunruhigende Gedanken an seine Frau ihn gefangen. Draußen verwandelt sich ihr üppiger Garten in einen welken Orten, entstellt von dunklen Löchern, die die Schwiegermutter wie besessen gräbt. Was verbirgt sich hinter der unheimlichen Obsession für den Garten? Ein so kafkaesker wie hypnotisierender Roman von den verstörenden Rissen, die Einsamkeit, Schuld und Entwurzelung im Leben hinterlassen können.


    Die Autorin

    Hye-young Pyun wurde 1972 in Seoul geboren. Nach drei Universitätsabschlüssen arbeitete sie als Büroangestellte, bevor sie 2000 mit einer Kurzgeschichte debütierte, die in Korea sofort große Beachtung fand. Für ihr Werk wurde sie mit den renommiertesten Literaturpreisen Südkoreas ausgezeichnet, darunter dem Dong-in Literary Award 2011, Yi-sang Literaturpreis 2014 und den Hyundae Munhak Award 2015. Sie veröffentlicht Kurzgeschichten u.a. im New Yorker und Harper's Magazine. Sie lebt in Seoul, Korea.


    Inhalt

    Ogi ist gemeinsam mit seiner Frau mit dem Auto verunglückt. Seine Frau, die namenlos bleibt, überlebt den Unfall nicht. Der ehemalige Geografie-Professor liegt bewegungsunfähig im Bett und kann sich nur durch Blinzeln verständigen. Seine Schweigermutter hat die Regie übernommen und eine Pflegerin eingestellt. Offenbar verwaltet sie auch Ogis Vermögen. Er kann sich jedenfalls nicht mit ihr über seine Wünsche verständigen. Sein Leben zieht an Ogi vorbei, in dem seine Schwiegereltern namenlos bleiben und seine ehemaligen Kollegen nur mit einem Anfangsbuchstaben unterschieden werden. Offenbar sind zwischen ihm und seiner Frau viele Dinge ungesagt geblieben und er zeichnete sich nicht gerade durch Empathie aus. Im Garten, den seine Frau anlegen wollte, und in der Vorgeschichte der japanischen Schwiegermutter verbirgt sich gewaltige Symbolik, ähnlich den unsichtbaren 7/8 eines Eisbergs. Von koreanischen Lesern wird vermutlich erwartet, dass sie den verdrängten japanisch/koreanischen Konflikt erkennen können. Ich fand für asiatische Werte ausgesprochen treffend, wie im Garten der Ehefrau „keine einzelne Pflanze heraussticht“ und Ogi das offensichtlich schätzt und billigt, und wie nach ihrem Tod die Ranken in „schmarotzender Grausamkeit“ die Herrschaft übernehmen.


    Fazit

    Wie Ogi von der altersgebeugten und doch durchsetzungsfähigen Schwiegermutter völlig abhängig und sich seiner aussichtslosen Situation immer bewusster wird, das lässt sich in knapper, ernüchternder Sprache wie ein Psychothriller lesen aber auch wie eine groteske Gesellschaftsstudie, die viel über das Verhältnis von Mann und Frau in Süd-Korea zu erzählen hat.

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Ravik Strubel - Blaue Frau

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Buchdoktor

    Hat den Titel des Themas von „Hye-Jung Pyun – Der Riss / 홀 / Hol“ zu „Hye-Young Pyun – Der Riss / 홀 / Hol“ geändert.