Edyta Zaborowska - Das Bildnis der Domina


  • Das Bildnis der Domina


    von Edyta Zaborowska


    Immer dann, wenn mich ein Buch auch noch lange Zeit nach dem Lesen gedanklich beschäftigt, dann weiß ich, dass es ein gutes Buch war. Das Bildnis der Domina ist eines davon. Obwohl in dem vorliegenden Roman die Erotik - speziell SM - im Vordergrund steht, bewegt sich alles in einer sehr intelligent aufgebauten und zudem sehr spannenden Rahmenhandlung.


    Zur Erotik: Peitschen, Dominas und Sklaven, Folter, Latex und Leder ... sowohl SM-Szenen als auch "normale" Sexszenen zwischen Mann und Frau(en), Frau und Frau, Frau(en) und Transsexuellen sind so anschaulich und lebhaft beschrieben, dass man sich als Leser stets fühlte, als wäre man mitten im Geschehen.


    Zur Rahmenhandlung: Sie besteht zunächst aus zwei Handlungsfäden. Eine davon spielt in der Gegenwart auf einem Landsitz in Cornwall, der zu einem exklusiven Dominastudio ausgebaut worden ist und von einer illustren Truppe von dominant-sadistische Ladys geführt wird. Hier erfährt der submissive Hochschulprofessor Dr. Thomas Abbott, was es heißt, sich einem bizarren Strudel aus Abhängigkeit, Unterwürfigkeit und die Erfüllung von bizarren Fantasien hinzugeben. Der zweite Handlungsfaden spielt am selben Ort, allerdings im Jahre 1840. Dort beauftragt der adelige Hausherr einen stellungslosen Maler mit der Erschaffung eines Portraits seiner jungen Ehefrau. Dem Maler geschieht dabei ähnliches, wie dem Kunden in Gegenwartshandlung. Er verfällt Lucy, der jungen Frau des Hausherrn und gerät dabei in einen Strudel aus sexuellen Begierden und Abhängigkeiten.

    Beide Handlungsfäden nähern sich im Laufe der Geschichte immer mehr aneinander an, um sich am sehr gelungenen Schluss ganz zu verbinden. Die Autorin hat dies sehr intelligent aufgebaut und überrascht einen immer wieder mit unvorhergesehenen Wendungen. Bis zum Ende bleibt die Spannung auf hohem Niveau, weil es nicht absehbar ist, wie alles ausgeht.


    Zur den Figuren: Alle Darsteller, von der gegenwärtigen Hausherrin Baroness Hanna, über ihre Liebhaberin Aimée, bis hin zum Kunden Dr. Thomas Abbott, der sich nach und nach von einem schüchternen Universitätsmitarbeiter zu einer verführerischen, selbstbewussten und dominanten Transgender verändert, sind gut gezeichnet und haben Tiefe. Das gilt ebenso für die Figuren des um 1840 spielenden Erzählstrangs. Die junge Countess Lucy, die den unschuldigen Maler Percy Byron immer stärker für sich einnimmt, ihr alternder Gatte Earl of Devonshire, sowie dessen Zwillingskinder aus erster Ehe bilden die zentrale Personengruppe, um die Geschehnisse aus Liebe, Verrat, Verführung und sexueller Abhängigkeit am Hofe mit entsprechender Tiefe darzustellen.


    Fazit: Bizarre Erotik, Intelligenz, Spannung, unvorhergesehene Wendungen .... als Leser wird man gepackt und herumgewirbelt. Beide Handlungsstränge sind so intensiv beschrieben, dass keine hinter der anderen zurücksteht. Ich blieb beim Lesen oft an- und erregt, aber ab und an auch berührt zurück. Ein Buch, das mir sehr viel Spaß bereitet hat!

    Das Amt des Dichters ist nicht das Zeigen der Wege, sondern vor allem das Wecken der Sehnsucht.



    H.H.