Literatur-Kanon - männlich, weiblich oder neutral?

  • Ja, für Dich und mich ist das nebensächlich, aber für denjenigen, der den Preis bekommen oder nicht bekommen hat, keineswegs.Denn wer einen Preis bekommt, wird einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, bekommt bessere Buchverträge, verkauft mehr und verdient mehr. Außerdem erlaubt ihm das Preisgeld, sich wenigstens eine Zeit lang ungestört dem Schreiben widmen zu können. Olga Tocarczuk zum Beispiel, wer hat die vor der Nobelpreisverkündung gekannt? Jetzt gibt es hier im Forum eine Leserunde zu einem ihrer Bücher, Du hast Dir ihre "Jakobsbücher" zugelegt (oder warst das nicht Du), ihre Existenz ist bis auf Weiteres gesichert, und sie kann das tun, was Schriftsteller/innen am liebsten tun: Schreiben.

    ja, muss ich zugeben, für mich ist es tatsächlich eine Nebensache, von wem denn jetzt letztendlich das Buch verfasst worden ist. Ich höre, lese und suche mir was aus, ganz einfach nach meinen InteressenO:-) Und dabei achte ich nicht auf das Geschlecht. Fühle mich ganz wohl dabei. Tocarczuk hat tatsächlich letztens in meine Lesebücher den Weg gefunden. Weil ich über sie was gelesen habe. Und dadurch auf den Namen aufmerksam wurde. Das stimmt schon, dass die Medien was dazu beitragen. :) Übrigens, das Buch war nicht so gut....:wink: Aber das nur so am Rande... Ich verstehe schon was ihr meint. Wer Präsenz in den Medien hat, wird auch gekauft. Völlig logisch, aber dass man jetzt so genau drauf achtet, wer was verfasst hat, nein, da bin ich raus.

    2024: Bücher: 74/Seiten: 32 651

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Lese gerade:

    Morris, Brandon Q. - Tachyon. Das Planet

  • Hier gibt es - auch in den Kommentaren - interessante Gesichtspunkte, z. B. der Literaturbetrieb als Klassengesellschaft, zu der der Zugang ungleich verteilt ist.

    -> Börsenblatt


    Den Artikel habe ich gerade gelesen. Er ist sehr interessant, aber auch deprimierend, weil er deutlich macht, dass die Wahrnehmungsunterschiede weiblicher und männlicher Literatur nicht so einfach zu überwinden sein werden.

    Ich selbst muss bekennen, dass sich unter meinen Büchern 80 Prozent und mehr von männlichen Autoren befinden. Das hatte ich bisher nicht im Bewusstsein, sondern eben beim Checken meiner Regale festgestellt. Hat natürlich mit meiner Vorliebe für Klassiker zu tun und damit, dass ich offensichtlich männliche Themen liebe.

    signed/eigenmelody

    Dear Life,

    When I said "Can my day get any worse?" it was a rhetorical question, not a challenge.

    -Anonymous

  • Ich selbst muss bekennen, dass sich unter meinen Büchern 80 Prozent und mehr von männlichen Autoren befinden.


    Das ist bei mir auch so und ich frage mich, ob ich im Unterbewusstsein Männer doch für die besseren Autoren halte. Ich habe allerdings auch festgestellt, dass ich in diesem Jahr bis auf ein, zwei Ausnahmen ausschließlich Bücher von weißen Europäern gelesen habe. Aber dafür habe ich eher eine Erklärung: Bei mir liegt der Fokus einfach sehr stark auf europäischer Kultur und Literatur (will ich dieses Jahr aber auch ändern).

    Übrigens, das Buch war nicht so gut.... :wink:

    Hast Du das schon durch? Das ist doch ein Riesenwälzer mit mehr als 1000 Seiten, oder?

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  • Olga Tocarczuk zum Beispiel, wer hat die vor der Nobelpreisverkündung gekannt?

    Ich! :winken: Und hatte mehrere Bücher von ihr auf dem SuB liegen, andere antiquarisch "unter Beobachtung". Allerdings hat der Nobelpreis mir den nötigen Schubser gegeben, sie auch endlich zu lesen. :lol: Und ich freue mich sehr, dass Tokarczuks Werk nun neu aufgelegt wurde / wird, denn die Preise in den Antiquariaten waren teilweise astronomisch.

    :study: Han Kang - Griechischstunden

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  • Olga Tocarczuk zum Beispiel, wer hat die vor der Nobelpreisverkündung gekannt?

    Ich! :winken: Und hatte mehrere Bücher von ihr auf dem SuB liegen, andere antiquarisch "unter Beobachtung". Allerdings hat der Nobelpreis mir den nötigen Schubser gegeben, sie auch endlich zu lesen. :lol: Und ich freue mich sehr, dass Tokarczuks Werk nun neu aufgelegt wurde / wird, denn die Preise in den Antiquariaten waren teilweise astronomisch.

    Wobei das schon wieder eher eine nationale Sache ist. In Polen, ihrer Heimat, sieht es sicher anders aus.

    Mit deutschen Autorinnen in Polen ist es sicher das gleiche. Wer kennt dort z.B. Elke Heidenreich?

  • Hast Du das schon durch? Das ist doch ein Riesenwälzer mit mehr als 1000 Seiten, oder?

    Ist es und ich habe auch lange genug dran gelesen. Bis über die Hälfte habe ich tapfer ausgehalten, danach quer gelesen. War definitiv nicht mein Buch. Es hätte von der Thematik her so spannend sein können, denn eine Menge zu erzählen hatte die Autorin auf jeden Fall, war es aber nicht, da die Autorin viel zu viele Wörter verschwendet, ohne auf den Punkt zu kommen. Ich mag diese Art der Erzählung nicht.

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  • Eine Facette zum Thema: Um Frauen lesen zu können, müssen sie verlegt oder wieder aufgelegt werden:

    Kulturgeschwätz



    Zitat

    Durch engagiert betriebene Hashtags und Initiativen wie #Frauenzählen, #Vorschauenzählen und #Frauenlesen haben zum einen die fehlende Repräsentation von Autorinnen in Medien und Verlagsprogrammen eine gewisse Öffentlichkeit bekommen, zum anderen ist es leichter geworden, auf Autorinnen und ihre Werke aufmerksam zu werden, die sonst aufgrund eben dieser fehlenden Repräsentation unsichtbar bleiben würden. Schon deswegen hat das Internet es sehr viel leichter gemacht, divers und ausgeglichen zu lesen – und schon deswegen gilt: Frauen lesen? Ohne Internet unmöglich.

    ...

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    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Hier kann man sich bei SWR2 auch noch eine Diskussion über das Thema anhören, ich hoffe, dass es noch nicht genannt wurde:


    Autorinnen gesucht


    Zitat

    Wer nachzählt, erhält ein deutliches Ergebnis: Frauen sind in den Frühjahrsprogrammen der deutschsprachigen Verlage unterrepräsentiert. Unterm Strich besteht das Verhältnis von Autoren zu Autorinnen im Bereich der literarischen Titel: 60 zu 40. Das hat eine Gruppe von Literaturwissenschaftlerinnen und Online-Aktivistinnen herausgefunden und mit dem Ergebnis für erregte Reaktionen gesorgt.

    Wie aber ist der Befund zu bewerten? Handelt es sich um Sexismus, wie die Initiatorinnen der Erhebung monieren? Oder fehlen vielleicht gute Manuskripte von Autorinnen? Wie kommen die Verlagsprogramme zustande und wie wirkt sich das Angebot auf die Rezeption der Autorinnen und Autoren im Literaturbetrieb aus? Wie könnte sich das Missverhältnis ändern und was hat sich bereits getan?

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


    SuB-Leichen-Challenge 2024: Alle Bücher bis inkl. 2022 [-X

    Klassiker-Challenge 2024


  • Isabelle Lehn über Autorinnen/weibliches Schreiben/weibliche Perspektive/wie viel Intellekt einer Autorin erlaubt wird/Rezeption durch das Feuilleton/uvm


    Zitat
    Was bedeutet es für Frauen, wenn sie lesend von klein auf lernen, die Welt aus der Perspektive eines Mannes zu betrachten, weil nur diese Perspektive als künstlerisch relevant und gesellschaftlich gewichtig erscheint? Was macht es mit jungen Leserinnen und Lesern, wenn die Literatur und literarisches Schaffen ihnen keine weiblichen Vorbilder bieten? Und was bedeutet es, wenn sie lernen, dass die Themen von Mädchen und Frauen zu trivial sind, um einem breiten Publikum erzählt oder an Schulen vermittelt zu werden? Über die bewusstseinsprägende Kraft von Literatur.


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  • Ganz viele Blätter titelten übrigens gestern online und heute im Print, übernommen von der dpa: "Leipziger Buchpreis: Ingo Schulze und Lutz Seiler nominiert". Googelt einfach mal diese Überschrift...

    Dass da im Bereich der Belletristik noch drei andere AutorInnen nominiert wurden, zwei davon weiblich, konnte man dem darunterstehenden Text entnehmen. In die Überschriften rund um die Republik schafften es jedoch zwei männliche Autoren. Mag sein, dass diese bekannter, weil bereits dekorierter, sind und man sie deshalb in die Überschrift gesetzt hat. Aber reproduziert sich das System da nicht mal wieder selbst? :scratch: Diese beiden Namen sind ja die, die ins Auge fallen und evtl. hängenbleiben.

    Nicht falsch verstehen: Ich habe nichts gegen Schulze und Seiler. Aber ich hätte auch die anderen Namen gern direkt in der Überschrift gelesen. Oder keinen der Namen.

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  • liebe Sarange Ich musste erst googlen um die passende Artikel zu dem Thema zu finden. Hier zum Beispiel werden alle Nominierten genannt. Aber du hast insofern für mich Recht, dass man hätte wohl keinen in dem Fall in dem Titel des Artikels nennen sollen. Dann wäre es gerecht zugegangen. Aber ich muss schon sagen, die Damen kennt kein Mensch, der sich mit Literatur nicht explizit beschäftigt. Ich tue es zwar auch, aber als Liebhaber, als Hobbyleser, die Namen der Damen sagen mir gar nichts, absolut gar nichts. Die den Herren schon. Aber ich sehe es ebenfalls so, man hätte dann ganz einfach schreiben können: Leipziger Buchpreis - ohne namentlich jemanden zu erwähnen.

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  • Aber ich muss schon sagen, die Damen kennt kein Mensch, der sich mit Literatur nicht explizit beschäftigt. Ich tue es zwar auch, aber als Liebhaber, als Hobbyleser, die Namen der Damen sagen mir gar nichts, absolut gar nichts. Die den Herren schon.

    Und so lange es solche Überschriften gibt, wird das auch so bleiben. :lol:

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  • Und so lange es solche Überschriften gibt, wird das auch so bleiben.

    ich wusste, dass dieser Satz kommt :wink: So allgemein gesehen stimmt es natürlich auch. Je mehr man jemanden erwähnt, desto geläufiger wird der Name.

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  • Und so lange es solche Überschriften gibt, wird das auch so bleiben.

    ich wusste, dass dieser Satz kommt :wink: So allgemein gesehen stimmt es natürlich auch. Je mehr man jemanden erwähnt, desto geläufiger wird der Name.

    Dann sind wir uns ja einig. :lol:

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  • Manchmal verstehe ich das Problem wirklich nicht so recht. :scratch: In einer Überschrift werden die scheinbar bekanntesten zwei von fünf Autoren genannt. Zeitschriften oder Onlinepublikationen leben davon, dass ihre Berichte gelesen werden und diese werden natürlich eher angeklickt wenn die Menschen genannt werden, die einen höheren Bekanntheitsgrad haben.

  • Und ich verstehe nicht, wie man das Problem nicht verstehen kann. :lol:


    Davon abgesehen, klicke ich in meiner Tageszeitung aus Papier nicht herum und freue mich daher, wenn einfach neutral und fair berichtet wird.

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  • Und ich verstehe nicht, wie man das Problem nicht verstehen kann. :lol:

    Also, ich verstehe das Problem schon, aber ich denke, in der von Dir zitierten Überschrift sollen die bekannten Namen tatsächlich nur als Aufhänger dienen, um das Interesse der Leser auf sich zu ziehen. Wenn beispielsweise Karen Duve oder Julie Zeh nominiert worden wären, hätte man sie bestimmt auch genannt. Grundsätzlich ist es aber schon so, dass das Feuilleton für gehobene literarische Ansprüche Schriftstellerinnen immer noch nicht den gleichen Platz einräumt wie ihren männlichen Kollegen.

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  • (...) aber ich denke, in der von Dir zitierten Überschrift sollen die bekannten Namen tatsächlich nur als Aufhänger dienen, um das Interesse der Leser auf sich zu ziehen. Wenn beispielsweise Karen Duve oder Julie Zeh nominiert worden wären, hätte man sie bestimmt auch genannt.

    Das mag stimmen. Ich glaube allerdings, dass ich bei mir unbekannten Namen sogar noch schneller und genauer hingeguckt hätte, weil ich sofort wissen wollte, wer das ist und ob das Buch vielleicht auf die Merkliste hüpft. :lol:

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  • Ich glaube allerdings, dass ich bei mir unbekannten Namen sogar noch schneller und genauer hingeguckt hätte, weil ich sofort wissen wollte, wer das ist und ob das Buch vielleicht auf die Merkliste hüpft.

    Ja, Du vielleicht und ich vielleicht auch und noch ein paar andere, die an neuen Autoren interessiert sind. Aber ein Großteil der Leser will lesen, was Krethi und Plethi lesen, nämlich das, was auf den Bestsellerlisten steht. Bloß keine Experimente! Und das Feuilleton steht sowieso mit dem Rücken zur Wand.

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