Linda Winterberg - Solange die Hoffnung uns gehört

  • Inhaltsangabe:


    Schon kurz nach der Machtergreifung Adolf Hitler im Jahr 1933 spürt Anni Kluger den Wind der dunklen Zukunft. Sie darf nicht mehr ihrem Beruf als Sopranistin an der Frankfurter Oper nachkommen, ihre kleine Tochter Ruth wird als Jüdin drangsaliert und zuweilen mit Steinen beworfen. Sogar von denen, die vorher mit ihr zusammen zur Schule gingen. Die Liebe zur Musik eint Mutter und Tochter. Und zu Walter Sommer pflegt Ruth eine tiefe Freundschaft, denn auch dort ist die Liebe zur Musik allgegenwärtig.


    Anni und Ruth schlagen sich irgendwie durch, trotz der Repressalien. Allerdings wird die Situation immer bedrohlicher und sie wollen ausreisen, wie so viele andere Juden in der Stadt. Einzig für Ruth gibt es die Möglichkeit: mit den Kindertransporten nach Großbritannien. Und so schickt Anni ihre Tochter 1938 mit dem Zug ins Ausland mit vielen anderen Kindern, damit wenigstens sie ein sicheres Leben zu hat.


    Anni versucht ihrer Tochter zu folgen, doch alle Mühen sind vergebens. Als am 1. September der Krieg ausbricht, ist die Chance auf eine Ausreise vertan. Anni versucht der Dinge auszuharren, aber sie ist auf die Hilfe von verschiedenen Menschen angewiesen. Kann sie die Zeit überstehen? Wird sie ihre Tochter je wiedersehen?


    Mein Fazit:


    Vierzehnundeinhalb Stunden dauert dieses Hörbuch. Das hat mich am Anfang schon etwas abgeschreckt. Aber alle Sorgen waren völlig unbegründet.


    Ich habe schon einige Bücher gelesen über die Zeit des NS-Regimes, welche Schrecken es verbreitete. Allerdings kann ich mich nicht erinnern, es je so intensiv aus der Sicht einer Jüdin gelesen zu haben. Natürlich weiß ich, was für schreckliche Dinge damals passiert sind. Aber schon lange vor dem Holocaust mussten die Juden in ständiger Angst leben, sich vor den Angriffen der Bevölkerung und der Gestapo fürchten. Das wird in dieser Geschichte um Anni Kluger sehr plastisch und eindringlich erzählt und oft genug lief mir vor Schreck eine Gänsehaut über den Rücken. Die Erzählerin Eva Gosciejewicz hat es mit ihrer eindringlichen und sanften Stimme sehr gut transportiert, so dass ich mich sehr gut in Anni hineinversetzen konnte. Allgemein war die Stimme sehr ruhig und konzentriert, was die Geschichte für mich glaubhafter machte.


    Auch das Schicksal von Ruth ließ mich nicht unberührt. Sie kann in England zur Schule gehen, trifft dort auf ihren Freund Walter und sie können gemeinsam die Liebe zur Musik pflegen. Vermeintliche englische Familien sind aber eben auch nur das: englische Familien, die durchaus Vorbehalte gegen deutsche Kinder haben, auch wenn sie Juden sind. Und das alles übergreifende Thema, die Musik, begleitet alle Figuren durch den Krieg, wie auch immer dieser für sie ausgehen mag.


    Dieses Thema, Faschismus und Fremdenhass, ist heute aktueller denn je und deshalb bin ich froh, dass es solche Geschichten wie diese gibt, die den Leser bzw. die Leserin wieder daran erinnert, was nie wieder passieren darf. Es ist erschreckend, dass trotz intensiver Aufarbeitung die Geschichte sich wiederholen kann – aber hoffentlich nicht passieren wird.


    Linda Winterberg hat eine sehr schöne, traurige, emotionale und gut recherchierte Geschichte erzählt, die mir nachhaltig im Gedächtnis bleibt und mich auch nach längerer Zeit noch etwas beschäftigt. Die Figuren sind sympathisch und wirken echt, sie haben Ecken und Kanten. Und das Background, die Oper bzw. die Welt der Bühne, wurde auch mir als Laien sehr verständlich näher gebracht.


    Ich spreche eine klare Lese- und Hörempfehlung aus und vergebe beeindruckte fünf Sterne.