Klappentext:
HERKUNFT ist ein Buch über den ersten Zufall unserer Biografie: irgendwo geboren werden. Und was danach kommt.
HERKUNFT ist ein Buch über meine Heimaten, in der Erinnerung und der Erfindung. Ein Buch über Sprache, Schwarzarbeit, die Stafette der Jugend und viele Sommer. Den Sommer, als mein Großvater meiner Großmutter beim Tanzen derart auf den Fuß trat, dass ich beinahe nie geboren worden wäre. Den Sommer, als ich fast ertrank. Den Sommer, in dem die Bundesregierung die Grenzen nicht schloss und der dem Sommer ähnlich war, als ich über viele Grenzen nach Deutschland floh.
HERKUNFT ist ein Abschied von meiner dementen Großmutter. Während ich Erinnerungen sammle, verliert sie ihre. HERKUNFT ist traurig, weil Herkunft für mich zu tun hat mit dem, das nicht mehr zu haben ist.
In HERKUNFT sprechen die Toten und die Schlangen, und meine Großtante Zagorka macht sich in die Sowjetunion auf, um Kosmonautin zu werden.
Diese sind auch HERKUNFT: ein Flößer, ein Bremser, eine Marxismus-Professorin, die Marx vergessen hat. Ein bosnischer Polizist, der gern bestochen werden möchte. Ein Wehrmachtssoldat, der Milch mag. Eine Grundschule für drei Schüler. Ein Nationalismus. Ein Yugo. Ein Tito. Ein Eichendorff. Ein Saša Stanišić. - Amazon
Zum Autor:
Saša Stanišić wurde 1978 in Višegrad (Jugoslawien) geboren und lebt seit 1992 in Deutschland. Sein Debütroman »Wie der Soldat das Grammofon repariert« wurde in 31 Sprachen übersetzt. Mit »Vor dem Fest« gelang Stanišić erneut ein großer Wurf; der Roman war ein SPIEGEL-Bestseller und ist mit dem renommierten Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet worden. Für den Erzählungsband »Fallensteller« erhielt er den Rheingau Literatur Preis sowie den Schubart-Literaturpreis. Saša Stanišić lebt und arbeitet in Hamburg.
Allgemeine Informationen:
Ich-Erzählung
Nach 288 Seiten „Ende“, ein anschließendes Kapitel „Der Drachenhort“ mit mehrmaligem „Ende“ und Pseudo-Multiple Choice-Leseangebot
Deutscher Buchpreis 2019
368 Seiten
Meine Meinung:
»Eines der intelligentesten, geistsprühendsten und - nicht zuletzt - formal innovativsten Bücher dieses Frühjahrs. Eine echte Freude zu lesen! «, Denis Scheck / Das Erste "druckfrisch"
»Dass ein Buch wichtig sei, sagt sich leicht, dieses ist, gerade heute, gerade hier, von großer Bedeutung.«, Richard Kämmerlings / Die Welt
»Wenn es sie gibt, die goldene Generation der deutschen Gegenwartsliteratur mit Migrationshintergrund, dann ist Saša Stanišić ihr Libero.«, Ijoma Mangold / DIE ZEIT
(Auswahl, bei Amazon kopiert)
Das professionelle Feuilleton überschlägt sich, der ranghöchste deutsche Buchpreis wurde dem Buch verliehen – und ein paar Leser sitzen in der Ecke, blättern und lesen und blättern und lesen und fragen: Warum?
Tatsächlich, es ist nicht einfach, dagegen zu halten mit seiner Meinung, wenn die Großen der Literatur-Meinungsmache einstimmig ein Loblied singen.
Mit ihnen bin ich der Ansicht: Saša Stanišić kann schreiben, seine Sprache liest sich flüssig und angenehm, seine Worte passen zu den Personen, die sprechen, zur jeweiligen Episode, zum jeweiligen Ambiente (Deutschland / Jugoslawien; der Jugendliche – die Großmuttergeneration).
Der Autor springt in der Chronologie vor und zurück, dass der Leser oftmals nicht auf Anhieb weiß: Sind wir in Deutschland oder in Jugoslawien, und wenn in Jugoslawien: Das Kind vor der Flucht oder der junge Mann auf Familienbesuch?
Doch diese stilistischen Merkmale berührt meine Kritik nicht; schließlich darf man von einem Leser Aufmerksamkeit und Konzentration verlangen.
Es liegt eher am Inhalt, dass ich keinen Zugang finde. „Wie der Soldat das Grammophon repariert“ habe ich gern gelesen, „Herkunft“ bildet im Grund die Fortsetzung, und ich frage, warum Stanišićs Thema schon wieder „Stanišić “ heißt.
Wenn ich die Personen dieses Romans unterscheiden kann, dann, weil sie mir im Debüt schon aufgefallen sind.
Natürlich, dass ein Autor, der erst mit 14 Jahren deutsch gelernt hat, unsere Sprache so gekonnt gebraucht, dass er mit ihr spielen kann, verdient Respekt, und ebenso, wie er sich in einer völlig fremden Kultur und ohne den gewohnten Familienverbund zurechtfand. Damit wird er zu einem Vorzeige-Mann für gelungene Integration und lebender Beweis, dass es nichts Wichtigeres als Bildung für junge Menschen gibt. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass letztlich dies zur Vergabe des Buchpreises an Stanišić führte.