Arnaldur Indriðason - Verborgen im Gletscher / Myrkrið veit

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
    In den Tiefen des Langjökull-Gletschers wird die Leiche eines seit Jahrzehnten vermissten Geschäftsmanns entdeckt. Damals wurde die Suche nach ihm eingestellt. Zwar war ein Kollege des Mannes des Mordes verdächtigt worden, aber die Beweise fehlten. Kommissar Konráð blieb jedoch stets von dessen Schuld überzeugt. Inzwischen ist Konráð pensioniert, aber der Fund des Vermissten lässt die Erinnerungen wieder wach werden. Und Konráð beschließt, den Fall noch einmal aufzurollen. Mit dramatischen Folgen ...


    Autor (Quelle: Verlagsseite)
    Arnaldur Indriðason, 1961 geboren, graduierte 1996 in Geschichte an der University of Iceland und war Journalist sowie Filmkritiker bei Islands größter Tageszeitung Morgunbladid.
    Heute lebt er als freier Autor mit seiner Familie in Reykjavik und veröffentlicht mit sensationellem Erfolg seine Romane. Arnaldur Indriðasons Vater war ebenfalls Schriftsteller.
    1995 begann er mit Erlendurs erstem Fall, weil er herausfinden wollte, ob er überhaupt ein Buch schreiben könnte. Seine Krimis belegen allesamt seit Jahren die oberen Ränge der Bestsellerlisten. Seine Kriminalromane "Nordermoor" und "Todeshauch" wurden mit dem "Nordic Crime Novel’s Award" ausgezeichnet, darüber hinaus erhielt der meistverkaufte isländische Autor für "Todeshauch" 2005 den begehrten "Golden Dagger Award" sowie für "Engelsstimme" den "Martin-Beck-Award", für den besten ausländischen Kriminalroman in Schweden.
    Arnaldur Indriðason ist heute der erfolgreichste Krimiautor Islands. Seine Romane werden in einer Vielzahl von Sprachen übersetzt. Mit ihm hat Island somit einen prominenten Platz auf der europäischen Krimilandkarte eingenommen.


    Allgemeines
    Titel der Originalausgabe: „Myrkrið veit“ , ins Deutsche übersetzt von Anika Wolff
    Erschienen am 31.10.2019 bei Lübbe als HC mit 368 Seiten
    Gliederung: Karte von Island- Karte von Reykjavík – 60 Kapitel
    Erzählung in der dritten Person aus der Perspektive von Konráð
    Handlungsort und -zeit: Island, 2015 (mit zahlreichen Rückblicken)


    Inhalt
    Eine Touristengruppe findet auf dem abschmelzenden Langjökull-Gletscher die gut erhaltene Leiche eines Mannes, bei dem es sich um den 1985 spurlos verschwundenen Geschäftsmann Sigurvin handelt. Der pensionierte Polizist Konráð war seinerzeit mit dem Fall befasst und von der Schuld eines Mannes namens Hjaltalín überzeugt. Ohne Leiche konnte dem Verdächtigen kein Mord nachgewiesen werden, der Verdacht haftete jedoch wie Pech an ihm und überschattete sein ganzes Leben. Nach dem Fund der Leiche verlangt Hjaltalín, der inzwischen im Sterben liegt, noch einmal Konráð zu sprechen und beteuert auch im Angesicht seines Todes erneut seine Unschuld.
    Konráð beginnt auf eigene Faust zu ermitteln und muss sich dabei zahlreichen Erinnerungen aus seinem eigenen Leben stellen. Als sich der Verdacht ergibt, dass ein vermeintlicher Unfall, bei dem vor sechs Jahren ein Mann ums Leben kam, gar kein Unfall war, sondern ein Mord, der im Zusammenhang mit dem Fall Sigurvins steht, werden auch offizielle Ermittlungen durch die Mordkommission aufgenommen.


    Beurteilung
    Der Fall um den verschwundenen und dreißig Jahre später tot aufgefundenen Geschäftsmann Sigurvin ist gut konstruiert und – inklusive eines weiteren, aus dem ersten Mord resultierenden Verbrechens – logisch aufgebaut. Die Handlung um die Ermittlungen in den beiden Fällen wird, wie man es von Arnaldur Indriðason gewohnt ist, sehr ruhig und spannungsarm präsentiert.
    Mindestens ebenso bedeutend wie der Kriminalfall sind die Persönlichkeit und das Leben des schon seit dem Roman „Schattenwege“ bekannten pensionierten Polizisten Konráð. Erneut wird der rätselhafte Tod seines Vaters, einer zwielichtigen Gestalt, in den frühen Sechzigerjahren thematisiert.
    Außerdem erhält der Leser rückblickend interessante Einblicke in das berufliche Leben und sehr berührende Eindrücke von der glücklichen Ehe Konráðs, die durch den Krebstod seiner Frau Erna endete – ein Verlust, den der Witwer nicht überwunden hat!
    Konráð ist als Persönlichkeit sehr differenziert ausgearbeitet, trotz oder wegen seiner Fehler kann man sich gut in ihn hineinversetzen und fühlt sich ihm verbunden.
    Der Roman spricht einige unangenehme gesellschaftliche Erscheinungen wie Alkoholismus, Drogenmissbrauch, gesellschaftliche Vorverurteilung und Mobbing an und weist damit wie auch andere Werke des Autors gesellschaftskritische Elemente auf.


    Fazit
    Ein lesenswerter, gut konstruierter Kriminalroman, der aufgrund des spannungsarmen Erzählstils eher Freunden ruhigerer Krimis zu empfehlen ist als Lesern rasanter Thriller!

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
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    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Inhalt

    Durch den Klimawandel schmelzen auch in Island deutlich sichtbar Gletscher ab. Als im schmelzenden Eis des Langjökull-Gletschers die Leiche eines seit Jahrzehnten vermissten Geschäftsmanns freigelegt wird, hofft die isländische Kriminalpolizei, die Fallakte nun endlich schließen zu können. Der Hauptverdächtige von damals, ein Geschäftspartner des vermissten Sigurvin, hatte seit Jahrzehnten seine Unschuld beteuert. Er besteht nun darauf, mit dem pensionierten Kommissar Konráð zu sprechen - und nur mit ihm. Konráð konnte vor 30 Jahren keinen Täter überführen und sieht sich erneut mit seinem Scheitern und dem damaligen Spott seiner Kollegen konfrontiert. Er würde nach der Pfeife des hochmanipulativen Hjaltalín tanzen, hieß es, ohne ihm etwas nachweisen zu können. Indem der Verdächtige immer wieder auf Konráðs unbestreitbar kriminellen Vater zu sprechen kam, traf er den schwachen Punkt des Ermittlers.


    Konráð ist erst seit kurzer Zeit pensioniert und verwitwet. Einen Plan für die Zukunft hat er noch nicht, so dass ihm die Bitte um Unterstützung seiner Ex-Kollegin Marta nicht ungelegen kommt. Da Konráð sich aktuell mit dem ungeklärten Tod seines Vaters befasst, befindet er sich in einer vergleichbaren Situation wie die Angehörigen des Toten und des Hauptverdächtigen – er möchte Klarheit über die Todesursache. Konráð hat in seiner Beraterrolle keinen abgegrenzten Arbeitsauftrag und schliddert eher unkoordiniert durch seine Ermittlungen. Da er selbst aus dem ärmlichen Schattenviertel stammt, in dem er ermittelt, hat er den Kollegen gegenüber den Vorteil, dass man ihm dort vertraut und sich von ihm verstanden fühlt. Für Konráð gilt es jetzt, Verbindungen zu erkennen und zu klären, wer damals einen Jeep zur Verfügung hatte, mit dem ein Gletscher zu befahren war. Nach einigen Wendungen lässt ein unerwarteter Story-Twist einen als Leser am Ende unsicher darüber zurück, was man von Konráð halten soll …


    Fazit

    Mit Kommissar Konráð, der bereits in der Flóvent-Thorson-Reihe einen Auftritt hatte, schafft Arnaldur Indriðason einen glaubwürdigen, stimmigen Charakter, der sich noch nicht völlig auf sein Rentnerdasein eingestellt hat. Das Thema Einsamkeit im Alter schwingt parallel zur Aufklärung von Sigurvins Tod stets mit und erinnert an Nessers Der Verein der Linkshänder. Erstaunlich finde ich, wie viel Persönliches man als Leser über Konrad erfährt und auch, wie schmal der Grat für ihn als Jugendlicher war, von dem er nach der Trennung seiner Eltern in die Kriminalität hätte abrutschen können. Ein Ermittler, der alles andere als fehlerlos ist, und ein Kriminalfall, der dem Autor Gelegenheit gibt, über die Wirtschaftskrise, den Touristenboom seit Anfang des Jahrtausends und die Folgen des Klimawandels zu plaudern. Ich fand Konráðs Wege spannend und unterhaltsam und empfehle den Roman an Island-Fans gern weiter.


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    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Ravik Strubel - Blaue Frau

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Düster und behäbig


    Schwer- und wankelmütig, ganz wie “der Isländer” gerne etwas stereotyp gesehen wird, präsentiert sich dieser Krimi von Arnaldur Indriðason. Hauptfigur ist der kürzlich pensionierte Polizist Konráð, ein gutes Beispiel für den eben angesprochenen “Isländer”.


    Er beschäftigt sich zwar gerne und viel mit seinen Enkeln, trauert aber immer noch intensiv um seine verstorbene Frau, hängt gedanklich generell viel in der Vergangenheit. Das sind auch durchaus interessante Passagen, die sich in möglichen Fortsetzungen auch mehr Raum verdient hätten. Konráðs Vater hatte eine sehr düstere Seite, die wohl auch auf ihn als Jungen abgefärbt hat. Doch Konráð schaffte rechtzeitig den Absprung.


    Aus seinem ehemaligen Beruf dagegen gelang das noch nicht so gut, auch hier holt ihn die Vergangenheit ein. Eine Leiche wird gefunden und sie passt zu einem von Konráðs wenigen alten Fällen, die nie aufgeklärt werden konnten. Lässt sich nach so vielen Jahren nun noch etwas herausfinden?


    Wer einen blutigen, actiongeladenen Krimi erwartet, ist hier Fehl am Platz. “Verborgen im Gletscher” hat seine eigenen Gesetze und lässt den Leser die Mühsal eines Cold Case spüren. Feinste, kleinste Hinweise verstecken sind in langen Befragungen, ein gefundener Zeuge oder Name ergibt den nächsten. Konráð wird wider Willen hineingezogen und kann am Ende dann doch nicht die Finger von diesem Fall lassen und ermittelt auf eigene Faust.


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  • Eine Touristengruppe findet auf dem durch die Erderwärmung abschmelzenden Gletscher Langjökull eine Leiche. Diese wird als Sigurvin identifiziert, der vor mehr als 30 Jahren verschwunden ist. Tatverdächtiger war damals sein Geschäftspartner Hjaltalin und auch jetzt rückt er wieder in den Fokus der Ermittler. Allerdings hat er damals und auch heute seine Unschuld beteuert, ihm konnte und kann nichts nachgewiesen werden. Die beiden hatten zusammen ein Unternehmen und zwar gab es auch Differenzen, aber Hjaltalin versichert, daß er ihn nicht umgebracht habe. Hjaltalin ist ein harter Brocken, jetzt ist er an Krebs erkrankt und sein Tod ist definitiv in Sichtweite. In Untersuchungshaft besteht er auf einem Gespräch mit Konráð. Er war damals der zuständige Ermittler und ein Streit zwischen Ermittler und Verdächtigen führte zu der sofortigen Beurlaubung von Konráð. Zusätzlich meldet sich jetzt eine Frau, die behauptet, daß ihr Bruder nicht durch einen Unfall ums Leben kam, sondern, daß es sich um Mord gehandelt hat. Die Hilfe des mittlerweile pensionierten Konráð wird jetzt benötigt und er wird zum Berater ernannt.


    Es stellt sich als überaus schwierig dar, nach 30 Jahren noch Zeugen für den letzten Aufenthalt von Sigurvin zu finden. Aber die intensive Suche erweist sich als Erfolg und es kommt die Wahrheit ans Licht. Die Auflösung und das Ende fand ich ausgesprochen gut konstruiert.



    Wie in seinen anderen Krimis auch, begeistert mich der Schreibstil. Seine Bücher sind komplex, spannend zu lesen, ohne ständige Action, die Atmosphäre wird sehr gut beschrieben, die Figuren handeln realistisch und authentisch und das ohne großes Blutvergießen.


    In diesem Band steht nicht nur der aktuelle Fall im Mittelpunkt, sondern auch die Person von Konráð. Es geht dabei auch um seine Kindheit, vor allem um seinen Vater und dessen zwielichtige Vergangenheit, aber auch um seine glückliche Ehe und den Krebstod seine Frau Erna. Derzeit befindet er sich noch in einer Übergangsphase und ist im Rentnerdasein noch nicht richtig angekommen, da kommt der Hilferuf seiner Nachfolgerin Marta gerade zu rechten Zeit.


    Der Autor hat mit diesem Buch aber auch aktuelle Themen eingebracht – Alkoholismus, Drogen, Klimawandel und auch den Tourismus für Island.


    Für die Liebhaber von ruhigeren Krimis auf jeden Fall eine Lesempfehlung!

  • Im Gletscher taucht die Leiche des seit Jahrzehnten vermissten Geschäftsmanns auf. Kommissar Konrad hat damals ermittelt und auch heute als Rentner lässt ihn der Fall nicht los. Denn der Täter konnte nicht ermittelt werden. Konrad fängt auf eigene Faust an nach neuen Anhaltspunkten zu suchen. Zumal er auch auf einen unklaren Verkehrsunfall stößt.

    Das Buch wird fast ausschließlich aus Sicht von Konrad erzählt. Es werden nicht nur die aktuellen Ereignisse erzählt, sondern er reflektiert sein Leben. Man erfährt viel von seiner Jugend und sein Verhältnis zu seinen Vater und über seine verstorbene Frau.

    Dem Autor gelingt die Charakterisierung der Akteure sehr gut. Auch lässt er aktuelle Probleme in Island mit einfließen. Die Krimihandlung plätschert so vor sich hin. Die Spannung wird eher durch die zwischenmenschlichen Beziehungen erzeugt.

    Das Buch ist nicht für Liebhaber rasanter Thriller. Wer einen ruhigen Krimi mit skandinavischen Touch sucht, ist hier gut bedient.

    Sub: 5537:twisted: (Start 2024: 5533)

    Gelesen 2024: 14 / 1 abgebrochen

    gelesen 2023: 55/ 2 abgebrochen / 26075 Seiten

    gelesen 2022: 65 / 26292 Seiten

    gelesen 2021: 94 / 1 abgebrochen / 35469 Seiten


    :montag: Anders Roslund - Engelsgabe

    :study: John Katzenbach - Der Wolf


    Lesen... das geht 1 bis 2 Jahre gut, aber dann ist man süchtig danach.