John Burnside - Über Liebe und Magie - I Put a Spell on You (ab 15.11.2019)

  • Das Kapitel "Piano" lese ich ja mittlerweile das zweitemal. Wobei ich leider noch nicht sehr weit gekommen bin. Ist irgendwie auch ein hartes Kapitel für mich.


    Als Burnside schrieb


    Zitat von S. 150 / 151

    Ich habe meine Mutter geliebt. Für manche mag derlei eine selbstverständliche Feststellung sein, für mich aber ist diese Aussage hart erkämpft.

    musste ich tief durchatmen. Man kann wirklich verstehen wie schwer es für ihn sein mochte durch seine Ausführung darüber.


    Ich kann sehr nachvollziehen wie sich die Einstellung im Laufe des eigenen Lebens zu seiner Mutter ändern kann. Man sieht es tatsächlich dann aus einem anderen Blickwinkel her. Bekommt Verständnis, wo man es vorher nicht hatte. Versteht den einen oder anderen Zusammenhang, den man vorher gar nicht kannte bzw. sich dessen bewusst war.


    Zumal sich Burnside ja zunächst mal mit seinem Vater auseinandersetzen musste/durfte. Und seine größte Befürchtung war, so zu werden wie er. Es ist anrührend zu lesen, wenn er schreibt:


    Zitat von S. 152

    (...) vergaß ich ihre Stärke und stille Fähigkeit, mit dem kümmerlichen Details eines nahezu unerträglichen Alltags fertig zu werden.


    Was Burnside dann alles über seine Mutter schreibt berührt mich sehr. All die kleinen Details an die er sich erinnert. An die Tatsache, dass sie "mit der Tradition brach und eine Arbeit fand" (S. 153). Ich könnte jetzt einen riesen Abschnitt zitieren, aber ich picke nur diesen einen Satz raus:


    Zitat von S. 153

    Sie zierte sich nicht, flirtete nicht, versuchte sich nie den Anschein zu geben, sie wüsste nicht, was Sache war - und sie behandelte jedermann unter allen Umständen gleich, ganz unabhängig davon wie reich oder besser gestellt jemand auch sein mochte.

    Für mich scheint sie eine Frau zu sein, die ihr Herz am richtigen Fleck hat. Und tief schlucken musste ich, als ich gelesen hatte, wie alt sie nur werden durfte und an was sie letzten Endes starb.


    Deshalb fühlte ich mich im ersten Moment fast schon wie mit eiskaltem Wasser überschüttet als Burnside folgendes schrieb:


    Zitat von S. 153

    (...) weiß ich, dass, wären alle wie sie, die jedem klassenbasierten System immanenten Ungerechtigkeiten nicht nur fortdauerten, sie würden sogar zunehmen.

    Ich habe längere Zeit an diesem Abschnitt "geknabbert" und hätte Burnside zu gerne widersprochen, aber nach ganz vielen Nachdenken darüber, er hat schon recht auf seine Art. Das ist keine gerechte Welt, wo ein derartiges Verhalten belohnt wird. Die Reichen nutzen die Armen aus. Da hilft nur Wachsamkeit um zur rechten Zeit "den Tempel zu stürmen und die Tische der Geldwechsler umzuwerfen".


    Ich bewundere gerade wie tief Burnside nachdenkt. Er hat Recht, dass diese quietistische Lebenseinstellung zu passiv ist. Und sieht gleichzeitig auch bzw. wünscht es sich auch, die Gabe seiner Mutter geerbt zu haben "alle Welt mit demselben Respekt zu behandeln". Er war ja fast wie sein Vater verbittert darüber klüger zu sein, als der Vorgesetzte in einer Fabrik. Fast schon versöhnlich, zumindest sehr verständnisvoll wie er dann über sein Vater schreibt und dessen Einstellung zum Leben sieht.


    Und so bleibt letzten Endes nur folgendes für ihn:


    Zitat von S. 154

    Mir bleibt nur der Wunsch, er wäre stark genug gewesen, diese bittere Bürde allein zu tragen und seine Kinder in dieese tücksische Welt zu entlassen, wie meine Mutter es geschafft hatte: stets bereit, ihr Glück zu wagen, bereit, einen Augenblick der Gnade zu fordern, und bereit, sollte es dazu kommen, ihn mit allen zu teilen, die gerade anwesend waren.


    Weiter bin ich leider noch nicht gekommen. Alleine schon dieser Abschnitt musste von mir länger überdacht werden. Morgen habe ich zwar einen längeren Zahnarzttermin, aber ich hoffe trotzdem bis dahin etwas mehr schreiben zu können.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Ich habe mir ganz ähnliche Abschnitte wie du, Farast , angestrichen. Ich finde, mit dem Kapitel hat Burnside seiner Mutter ein Denkmal gesetzt, einer der schönsten Sätze ist dieser:

    Zitat

    Ich kann nicht behaupten zu wissen, was es heißt, ein Mensch zu sein, doch was ich über das Menschsein gelernt habe, stammt in erster Linie von meiner Mutter.

    oder:

    Zitat


    Kann ich aber den Geist meiner Mutter zulassen, kommt er zu mir mit ihrem alltäglichen Mut, ihrem Respekt für andere und ihrer Gabe, die Lücken in einem beschädigten Leben mit ein wenig Fantasie zu füllen.

    Ich finde dieses Kapitel ist so voller Zärtlichkeit und Traurigkeit, dass es richtig weh tut und mich zutiefst berührt. Erleichtert stellte ich fest, dass das nächste Kapitel etwas leichter anfängt, aber dazu dann mehr...

    :study: Junge mit schwarzem Hahn- Stefanie vor Schulte


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  • Piano


    Ich finde, mit dem Kapitel hat Burnside seiner Mutter ein Denkmal gesetzt

    Ja, das finde ich auch! Und es ging mir ähnlich wie dir mit:


    Ich finde dieses Kapitel ist so voller Zärtlichkeit und Traurigkeit, dass es richtig weh tut und mich zutiefst berührt.


    Ich fand es auch interessant wie Burnside beschrieb, dass er den Traum seiner Mutter nicht erfüllen konnte, wie sein Leben sein sollte und warum er es einfach nicht konnte. Ich finde ihn unglaublich konsequent in seinen Ansichten:

    Zitat von S. 166

    Aber das konnte ich nicht - nicht weil sich mir keine Gelegenheit zum sozialen Aufstieg geboten hätte, sondern weil ihre Pläne damals und vielleicht auch heute noch eine stillschweigende Zusammenarbeit mit einem sozialen System erfordert hätten, das, auch wenn ich selbst mich ihm vielleicht entziehen könnte, doch weiterhin Leute wie sie und meinen Vater zermürbte.


    Ich habe einen ähnlichen Eindruck über die Reichen (vor allem die Superreichen, die schon gar nicht mehr wissen wohin mit ihrem Geld!) . Ab einen gewissen Geldbetrag scheint jedwede Bodenhaftung der Vergangenheit anzugehören und die jeweiligen Personen scheinen nicht mehr von dieser Welt zu sein. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel, aber diese Ausnahmen dürften wohl eher einer selteneren Spezies angehören.


    Sympathisch empfand ich noch diese Sätze von Burnside:


    Zitat von S. 161

    Doch auch wenn ich ihre Existenz beleidigend fand, beneidete ich sie nicht um ihren Besitz und wünschte mir auch nicht, wie sie zu sein. Ich schätzte das, was mir gehörte, und ich wusste, hätte ich die Wahl, würde ich lieber ich selbst als jemand anders sein.


    Ein volles, ein sehr reiches Kapitel über das man sich noch stundenlang auslassen könnte.

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  • Piano


    Ein wunderschönes, aber auch tief berührendes Kapitel, das sehr gut wiedergibt wie Erinnerungen die man ganz tief in der Seele vergraben

    hat wieder an die Oberfläche kommen. manchmal ist der Auslöser nur ein altes Lied, eine kurze Beobachtung, oder auch nur die Sonne die

    durch Blätter ihre Muster wirft. Dann kommen diese Erinnerungen oft auch in einer emotionalen Wucht zurück, die mich in diesem Fall ganz

    schön aufgewühlt hat. Ein großartiges Kapitel und Burnside ist einer der wenigen Autoren die meinen Gefühlen und Gedankengängen so nah

    kommen.

    Für mich scheint sie eine Frau zu sein, die ihr Herz am richtigen Fleck hat. Und tief schlucken musste ich, als ich gelesen hatte, wie alt sie nur werden durfte und an was sie letzten Endes starb.

    Ja das hatte sie und es ist so traurig, dass sie ihr Leben in dieser täglichen Enge ohne den Ausblick auf ein bisschen Freiheit verbringen musste.

    Da war es schon erstaunlich wie sie damit umging und ihre kleinen Freuden in den alten songs und den Besuchen ihrer Leute fand. Das war wohl

    genau dieses >Something Like Happy< das Burnside in seinen Erzählungen beschreibt.



    Ich bewundere gerade wie tief Burnside nachdenkt. Er hat Recht, dass diese quietistische Lebenseinstellung zu passiv ist. Und sieht gleichzeitig auch bzw. wünscht es sich auch, die Gabe seiner Mutter geerbt zu haben "alle Welt mit demselben Respekt zu behandeln".


    Das ist schon ein tiefer Zwiespalt für den Autor. Er hätte sich wohl gewünscht, dass sie rebelliert und aus dieser Enge ausbricht, aber gleichzeitig

    wusste er, dass das Wesen seiner Mutter darauf nicht ausgerichtet war. Über diesen Schatten konnte sie einfach nicht springen.

    Ich finde dieses Kapitel ist so voller Zärtlichkeit und Traurigkeit, dass es richtig weh tut und mich zutiefst berührt.

    Ja allerdings. Das hat mich einerseits sehr mitgenommen, auf der anderen Seite aber auch in der beschriebenen Zärtlichkeit sehr positiv beeindruckt.

    Man wünscht sich die Mutter hätte das lesen können..................


    So, jetzt mach ich mich an das nächste Kapitel. Ein wenig Erholung wäre schön.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


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  • Guten Morgen,

    Ich gestehe, dass ich gerade dabei bin, das Buch zu Ende zu lesen, weil es mich in einen Bann gezogen hat. Aufgrund seiner eingängigen Beschreibungen Skandinaviens habe ich mich sogar spontan dazu hinreißen lassen, in den Winterferien nach Lappland zu reisen, ich bin voll im Reisefieber :bounce:. Aber zurück zum Buch

    In Miss You lernen wir am Ende Christina kennen, eine weiter wichtige Frau in Leben. Aber zunächst tauchen wir nach dem vorangegangenen Traurigen Kapitel etwas leichter in die damalige Szene ab. Burnside hat seinen Wohnwagen hinter sich gelassen, sucht wieder etwas mehr die menschliche Gesellschaft, stets mit dem Wunsch, nicht Teil des Systems zu werden.

    Zitat

    Bleib in Bewegung mit leichtem Gepäck, hüte dich vor Geschenken, Plänen, Bindungen und anderen Formen von Besitz

    Burnside verbringt seine Zeit in Pubs mit losen Bekanntschaften, Drogen und Musik und gerät dann doch irgendwie in einen Bekanntenkreis, dem er sich eher wie ein Sattelit anschließt.


    Zitat

    Ich ließ mich treiben, war Stückgut und blieb bei allem hängen, das genügend Anziehungskraft besaß, mich eine Weile zu halten.

    Auch diese Freunde wirken sehr lose, lassen sich treiben, spielen sehr viel. Dort lernt er zunächst Kristen kennen, die ihn aufgrund Ihre Kälte fasziniert

    Zitat

    ...fühle ich mich doch von jeher von Kälte angezogen wie Vieh von seinesgleichen, das tot am Weiderand liegt, um den Kadaver verwundert und erstaunt eine Weile anzustarren, ehe die Tiere sich wieder anderem zuwenden, nur kurz verstört von dem Mysterium, dessen Zeuge sie waren.

    8-[:loool: was für eine Beschreibung...

    Sehr treffend finde ich seine kurze Reflexion über die Erinnerung, nämlich dass er ( und mir geht es eigentlich ähnlich), die Vergangenheit eher als eine Abfolge von Schnappschüssen erinnert. Als er Christina zum ersten Mal begegnet gleicht es aber einem „perfekten Kinoerlebnis“. Stilistisch beschreibt er diese erste Begegnung ganz alleine dann tatsächlich auch wie in einer Romanze ( Ihre Schönheit, gerade beim Flötenspiel), ehe die „restliche Meute“, „ eine einzige halb betrunkene Kreatur“ die beiden stört.

    Burnside sträubt sich gegen das Verlieben.

    Zitat

    Die jungenhafte Seele fand den Gedanken widerlich, etwas könne bedeutsam sein

    Burnside bekommt eine „Heidenangst“. Dem Leser gegenüber wird angedeutet, dass etwas passieren wird, was ihm bis heute unerklärlich ist, dann führt er uns erst mal weg vom Thema hin zu einer kleinen Abschweifung im Kapitel über die Kunst des Verlierens.

    Hier mache ich erst einmal Schluss. Vielleicht später mehr.

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  • Hallo Zusammen :winken: Meine Zahn-OP verlief Dank der Lachgassedierung recht problemlos und ich hatte das Glück, dass nichts vernäht werden musste und entsprechend positiv verläuft die Wundheilung. Unerfreulicherweise musste ich wohl bei der OP mit überzogenem Genick gelegen haben und bekam einen Tag nach der OP derartig heftige Kopfschmerzen, die ich niemanden auf der Welt wünsche. Entsprechend habe ich gelesen, wie ihr es euch vorstellen könnt, nämlich fast nichts. Erst sonntags konnte ich wieder aufatmen und zum Buch greifen. Deshalb meine längere Schweigsamkeit im buchstäblichen Sinne :uups:


    Und jetzt zu Burnside.

    Ein großartiges Kapitel und Burnside ist einer der wenigen Autoren die meinen Gefühlen und Gedankengängen so nah

    kommen.

    Das geht mir ähnlich so. Ich bin froh diesen tollen Autor für mich entdeckt zu haben.


    Das war wohl

    genau dieses >Something Like Happy< das Burnside in seinen Erzählungen beschreibt.

    Ich hoffe ja immer noch, dass sich ein Verlag auch noch seinen Erzählungen widmet und sie übersetzen lässt.


    Miss you

    Hier mal ein Link zu YouTube : Klick Das Lied habe ich gerade im Hintergrund laufen.




    Burnside verbringt seine Zeit in Pubs mit losen Bekanntschaften, Drogen und Musik und gerät dann doch irgendwie in einen Bekanntenkreis, dem er sich eher wie ein Sattelit anschließt.

    Satellit trifft es gut! Er betont ja immer wieder, dass er nicht dem "inneren" Kreis angehört. Wie schreibt er noch mal:


    Zitat von S. 165

    Bleib in Bewegung mit leichtem Gepäck, hüte dich vor Geschenken, Plänen, Bindungen und anderen Formen von Besitz.


    Interessante Truppe, die er sich anschließt. Sie wirken sehr spielerisch, auf ihre Art lebensfroh und faszinierenderweise kümmern sie sich im "inneren Kreis" wie Geschwister um sich.


    Dort lernt er zunächst Kristen kennen, die ihn aufgrund Ihre Kälte fasziniert

    Das Zitat von dir Kristen betreffend (das ihn ihre Kälte magisch angezogen hatte) habe ich mir auch unterstrichen.


    Was er über Erinnerungen schreibt war wieder nur klassse. Als Leser wurde es einem so eindringlich bewusst, dass Christina etwas ganz Besonderes über ihn war. Um so verblüffender war es zu lesen wie sehr sich Burnside gegen das Verliebtsein dann sträubte. Was er über seine Beweggründe schrieb, sich ja nicht näher auf eine Frau einzulassen. Und welches "perverse Spiel" er dann mit Christina trieb.


    Ich gestehe, erst dachte ich, dass er mit dem Wort "pervers" wohl übertreiben würde, gegen Ende des Kapitels wurde mir klarer, warum es die einzig passende Beschreibung dafür ist.Eigentlich ist es ja eine Mischung aus verschiedenen Gründen warum er sich ja nicht auf Christina einlassen konnte. Auf jeden Fall gelang es ihm mir seine Beweggründe plausibel zu machen. Das sind ja verschiedene Schichten, die er anspricht, bis daraus ein Ganzes wird. Seine Bindungsangst treibt schon seltsame Blüten.


    Was ich allerdings nicht verstehe ist das "Blauer-Engel-Syndrom". Vielleicht könnt ihr mir damit weiterhelfen, warum ausgerechnet "Blauer Engel"? Wie das "Spiel" funktioniert, habe ich verstanden, nur nicht was es mit diesem blauen Engel zu tun hat.


    Gefallen hatte mir seine Abschweifung über die Kunst des Verlierens. Da könnte man auch wieder seitenweise zitieren. Und besonders hervorheben mag ich den Schluss des Kapitels. Wie es zu eine Art Zusammenkommen zwischen ihm und Christina kam und es einem doch als Leser klar ist, dass das kein Anfang einer Liebesgeschichte sein wird. Man spürt die widersprüchlichen Gefühlen. Wahnsinn, wie er das alles beschreibt, einschließlich wie er Lord Byron miteinbeziehen konnte.


    Ich ende mal mit Burnsides Worten, der kann das weitaus besser wie meinereiner :wink::


    Zitat von S. 185

    Ich musterte sie. Alles war falsch: Nähe, Blickkontakt, die Anziehungskraft, nur konnte ich jetzt nichts mehr tun, um es aufzuhalten und auch wenn keine Worte fielen, der Blick war passiert, dann die Berührung, und schon drängte sie sich an mich, legte die Arme um mich, unsere Lippen berührten sich fast. Auch in dem Moment, denke ich, hätte es noch verhindert werden können, aber einer küsste den anderen, schwer zu sagen, wer wen, und so standen wir schließlich da, hielten uns im Beinahedunklen, während die Kühe ihr Interesse an uns verloren und auf die nächste Weide trotteten.

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  • Aufgrund seiner eingängigen Beschreibungen Skandinaviens habe ich mich sogar spontan dazu hinreißen lassen, in den Winterferien nach Lappland zu reisen, ich bin voll im Reisefieber :bounce: .

    Ist ja klasse! Da musst du unbedingt davon berichten, also natürlich nur wenn du magst. Da würde ich auch mal gerne hin :drunken:



    Ich gestehe, dass ich gerade dabei bin, das Buch zu Ende zu lesen, weil es mich in einen Bann gezogen hat.

    :pale:Und ich bin die reinste Leseschnecke. Irgendwie kann ich Burnside nicht so schnell lesen. Da ich ja immer von Übersetzungen abhängig bin, neige ich dazu jedes Wort auszukosten. Weiß der Geier, wann ein Verlag wieder ein neues Buch von ihm veröffentlicht. Und gerade dieses hier punktet mit unglaublicher Vielfalt. Allerdings dürfte ich auch langsam in die Puschen kommen. Ich klebe auf jeden Fall in Burnsides Spinnennetz und bin so neugierig darauf, was mich in diesem Buch noch erwarten wird. Und bin auch noch doppelt neugierig geworden, seit du das Stichwort "Lappland" erwähnt hast. :lechz:

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  • Na ja, er ist nicht in Lappland, sondern in Norwegen, aber er ist so fasziniert vom Norden, dass das angesteckt hat.

    Ich dachte, der blaue Engel hätte was mit Marlene Dietrich zu tun..:-k. Diese ist ja auch eher eine kühle Schönheit, die ihre Verführungskünste spielen läßt. Den Film habe ich allerdings nie gesehen. Aber spricht vom Spiel des Verlangens und der Sehnsucht, und in meiner Fantasie passte das ganz gut zu Marlene Dietrich.

    Ich muss noch ein bisschen zitieren:

    Zitat


    Um die Kunst des Verlierens meistern zu können, müssen wir willens sein, uns glücklich zu schätzen, wenn der Gott, an den wir uns wenden, unser Bitten nicht erhört, damit Interessanteres geschehen kann

    Marie Kondo, die Entrümpelungskünstlerin, wäre glücklich über diese Ausführungen, insbesondere über"a time to get it, and a time to loose., a time to keep, a time to cast away...":lol:

    Auf die Auseinandersetzung mit den Dingen und Beziehungen kommt es an, denn wie Burnside später ergänzt:

    Zitat

    Alles fortzuwerfen, wie nonchalant auch immer, ist ein Akt der Verzweifelung, geboren aus dem Wissen, dass uns das Wissen fehlt, die Kraft oder imaginative Tiefe, etwas zu behalten-was heißen soll: Verantwortung zu übernehmen, zu wahren, zu haben und zu halten

    Dieses Kapitel erinnert mich an das Zitat über Romantik von Fitzgerald ganz am Anfang. Ich finde Burnside gar nicht so "pervers". Klar hat er Bindungsängste, aber ich kann mich noch gut daran erinnern, dass auch ich manchmal das Sehnen und Hoffen spannender fand, als schließlich dann die Beziehung selbst. Gerade wenn man doch hoffnungslos verknallt ist und lauter Fantasien im Kopf mit sich herumträgt, kann doch der Realitätsabgleich sehr ernüchternd sein, oder ging euch das nie so? Ich habe mich früher oft gefragt, ob ich mich tatsächlich in die Person verliebt habe, oder eher in meine Idee von dieser Person (zumindest tröstete ich mich mit diesem Gedanken, wenn die besagte Person so ziemlich unerreichbar war:uups:)

    Zitat

    In Wahrheit wagte ich mich... weiter und weiter in jenes eigenartige, verschlungene Labyrinth von Verlangen und Verweigerung vor, das rein gar nichts mehr mit Christina zu tun hatte.....ein Spiel für eine Person

    Burnside meint wahrscheinlich schon noch ein bisschen mehr, als er sein Spiel als pervers bezeichnet. Dass er bewusst mit Nähe und Distanz spielte, um seine (sexuellen) Gefühle anzuheizen, ohne Christina mit einzubeziehen. Dennoch, seltsam finde ich am ehesten noch, dass ihn das ibis heute so (in selbstabwertender Weise) beschäftigt...

    Vielleicht kommt das dickes Ende ja noch.....:-k

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  • Na ja, er ist nicht in Lappland, sondern in Norwegen

    Oh, auch gut :lol: Dann war er dann doch nicht noch mehr unterwegs gewesen wie mir bekannt war. Hätte ja sein können. Von Norwegen zumindest wusste ich ja und lege dir sein Buch "In hellen Sommernächten" ganz toll ans Leserherz, es dürfte dir gefallen.


    Ich dachte, der blaue Engel hätte was mit Marlene Dietrich zu tun.. :-k . Diese ist ja auch eher eine kühle Schönheit, die ihre Verführungskünste spielen läßt. Den Film habe ich allerdings nie gesehen. Aber spricht vom Spiel des Verlangens und der Sehnsucht, und in meiner Fantasie passte das ganz gut zu Marlene Dietrich.

    #-o Soweit habe ich gar nicht gedacht. Natürlich! Das dürfte passen. Den Film habe ich im übrigen auch nie gesehen.



    Ich finde Burnside gar nicht so "pervers".

    Es würde mich interessieren ob im Original auch "pervers" steht. Man stolpert doch schon sehr über dieses Wort. taliesin könntest du uns da bitte weiterhelfen!


    Dieses Kapitel erinnert mich an das Zitat über Romantik von Fitzgerald ganz am Anfang.

    Das war mir auch direkt in den Sinn gekommen.


    Klar hat er Bindungsängste, aber ich kann mich noch gut daran erinnern, dass auch ich manchmal das Sehnen und Hoffen spannender fand, als schließlich dann die Beziehung selbst.


    Gerade wenn man doch hoffnungslos verknallt ist und lauter Fantasien im Kopf mit sich herumträgt, kann doch der Realitätsabgleich sehr ernüchternd sein, oder ging euch das nie so?

    Aber natürlich! Wobei das bei mir schon etwas anders verlief, wie ich meine es bei Burnside herauszulesen. Es war eine Schwärmerei von außen. Die betreffenden Personen haben es höchstwahrscheinlich noch nicht mal mitbekommen. Hoffe ich mal jedenfalls :uups: So im Rückblick gesehen.


    Ich habe mich früher oft gefragt, ob ich mich tatsächlich in die Person verliebt habe, oder eher in meine Idee von dieser Person (zumindest tröstete ich mich mit diesem Gedanken, wenn die besagte Person so ziemlich unerreichbar war :uups: )

    Das hast du schön ausgedrückt! Soweit hätte ich dabei nicht weiter gedacht, aber ja das stimmt. Und war mit Sicherheit oft gut so.



    Burnside meint wahrscheinlich schon noch ein bisschen mehr, als er sein Spiel als pervers bezeichnet. Dass er bewusst mit Nähe und Distanz spielte, um seine (sexuellen) Gefühle anzuheizen, ohne Christina mit einzubeziehen. Dennoch, seltsam finde ich am ehesten noch, dass ihn das ibis heute so (in selbstabwertender Weise) beschäftigt...

    Mal sehen, vielleicht kommt im Buch dazu ja noch mehr.

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  • Es würde mich interessieren ob im Original auch "pervers" steht. Man stolpert doch schon sehr über dieses Wort. taliesin könntest du uns da bitte weiterhelfen!

    Der Begriff >pervers< ist ja im Deutschen ausschließlich negativ belegt. Im Sinne von widerwärtig oder abartig. Im englischen (perverse) kann es aber auch

    soviel wie abgekehrt/umgekehrt oder auch im Sinne von >gegen die Norm< verstanden werden. Ich denke das passt hier auch viel besser, weil Burnside

    ja durch seine jugendlichen Erfahrungen im "schönen" Corby eine Abkehr von all diesen Beziehungen, Versprechungen ewiger Liebe, die dann oft in

    Abscheu oder Langeweile endeten, so geprägt ist, dass er entschieden hat außen vor zu bleiben und keinerlei ernsthafte Bindungen einzugehen. Der Begriff

    >wie ein Satellit< den cyphella so passend eingebracht hat trifft bei Burnside auf sein ganzes Leben zu.

    das er im nachhinein keine Erklärung für sein Verhalten finden kann hat mich etwas verwundert. Vielleicht steckt ja doch ein wenig von der Mutter ver-

    mittelten >Romantik> tief in ihm, so das er das Gefühl hat mit Christina etwas wichtiges verloren zu haben.

    Auf der anderen Seite steht dann wieder die Erfahrung die er nach all seinen Rückzügen in der Zeit mit Christina gemacht hat. Als sie sich dann küssen ist

    der Zauber schon vorbei. Der Zauber lag für ihn offensichtlich nur in diesem Vorgefühl, diesem Wollen und Verweigern. Sei Herz vor allem zu verschließen

    was verletzen könnte. Er gibt sich dann ganz diesem "good fortune of beeing lost" hin. Mir stellt sich aber die Frage, warum er da im Rückblick immer noch

    an seinem Verhalten zweifelt............? Der Mann schleppt einige Rätsel mit sich herum aber vielleicht muss es so sein, dass es Geheimnisse gibt die nicht

    gelöst werden sollten.


    Mir hat dieses kapitel sehr gut gefallen. Vor allem auch ob seiner Beschreibung der Lebensweise dieser kleinen "Hippie-Truppen" die es ja in den frühen

    Siebzigern, also meiner Jugendzeit, auch gab. Da weckt er wieder Erinnerungen an eine schöne und freie Zeit in mir, die ich nicht missen wollte.


    Habe jetzt gerade das >Interlude: Smiles of a summer night< gelesen und da könnte ich schon wieder ganze Seiten zitieren. Herr Burnside testet schon

    wieder die Grenzen aus. Dazu aber später...............

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Vielleicht interessant für euch beiden. Ich habe beim Hanser Verlag dieses Buch aufgestöbert, bei dem auch Burnside mitgewirkt hatte. Hierfindet ihr auch eine Leseprobe.

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  • Und bei Amazon bin ich über dieses Buch aufmerksam geworden. Nur der Preis hält mich noch ab und die Tatsache,dass man nirgends eine Leseprobe findet. :-k

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  • Das ist interessant. Vor allem die >Berliner Rede< interessiert mich sehr. Danke für die Info.

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  • Hallo!

    Ich gehe jetzt einfach mal den Schritt ins nächste Kapitel, wieder ans dunkle Ende des Jahrmarkts:

    Das Lächeln einer Sommernacht

    und verstehe nicht ganz,warum dieses Kapitel gerade an dieser Stelle steht.

    Ist es tatsächlich chronologisch nach der der Christina-Kuss-Szene anzusiedeln? Die Verwandlung des Schmerzes in etwas Lustvolles, Glamouröses passt thematisch sehr gut. Ich lese hier sogar die Andeutung von selbstverletzendem Verhalten heraus, wie seht ihr das?

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    No two persons ever read the same book (Edmund Wilson)

  • Danke für die Info.

    Bitte gerne!

    Vor allem die >Berliner Rede< interessiert mich sehr.

    Ich wäre dann doch noch per Zufall an einer Stelle fündig geworden: Klick Das könnte ein Teil der Rede sein.

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  • Das Lächeln einer Sommernacht


    Gerade mal 3 Seiten hat dieses Zwischenspiel und ich dachte noch so am Anfang, hach das lässt sich mal schnell lesen. Von wegen, ich habe es schon so oft durchgelesen und finde immer wieder neues. Zitieren könnte ich im Grunde wieder ganz einfach, von vorne bis hinten. Aber der Reihe nach.

    "Das Lächeln einer Sommernacht" ist ja ein Film der 1955 unter der Regie von Ingmar Bergman gedreht wurde. Und Burnside lässt ja, wie ich gelernt habe, diese kleine Information nicht zufällig da. Leider kenne ich den Film nicht und bin ein wenig von Wikipedia und der doch eher dürftigen Inhaltsangabe in dem Fall (ich habe schon weitaus ausführlichere gesehen) abhängig. Bei der Kritik stehen die für Burnside wichtigen Stichpunkte:


    „Ingmar Bergmans um die Jahrhundertwende angesiedelte Gesellschaftskomödie zeigt sich inspiriert von Schnitzler und Strindberg, nimmt darüber hinaus Bezug auf ShakespearesSommernachtstraum‘, dessen heiter-melancholischer Tonfall allerdings mit einem Schuß Bitterkeit versetzt wird. Eine elegant inszenierte Studie über die Wechselbeziehungen zwischen Vernunft und Eros, Sinnlichkeit und Askese.“

    Die Stichworte, die mir jetzt wichtig erschienen habe ich in blau unterlegt.


    Erst mal war ich ein wenig eingelullt gewesen von Burnside der - so wunderbar langsam aufgebaut - von einer entspannenden Situation schrieb, nur um mich -ZACK- hellwach zu machen mit der Aufforderung es mal dieses mal anders zu machen. Schmerz, der zu etwas anderem wird zu "etwas Unheimlichen, Glamourösem, Magischem" (S. 187). Ja, da befand ich mich (in Richtung cyphella blickend, du hast es ja schon in deinem Beitrag erwähnt) am dunklen Ende des Jahrmarktes.


    Burnside schreibt:

    Zitat von S. 187

    (...) und nachdem du diese Lust-im-Schmerz mehrfach gespürt hast, scheint es dir zumindest vorstellbar, dass du ihn auch mit jemand anderem teilen könntest.

    Mit wem kann man diese Art Schmerz teilen. Ich kann das sowas von nachvollziehen, dass dies nicht mit jedem möglich ist. Dazu kommt mir einiges in den Sinn. Zum einen habe ich wieder dieses Burnsidische Gefühl das sich die Wirklichkeit ein wenig verzerrt, der Vorhang ein Stückchen auf die Seite gezogen wird. Zum anderen könnte es auch eine Art eine selbstverletzender Handlung sein, wie es cyphella schon hinterfragte . Nicht körperlicher Art, sondern von Gedanken her.


    Bergmanns "Komödie" habe ich wieder in folgenden Worten gefunden:


    Zitat von S. 187

    Fragen nach Liebe, Vertrauen und Zugehörigkeit, Fragen nach dem Unterschied zwischen gewöhnlicher romantischer Liebe und der amour fou.


    Man merkt wieder so intensiv, dass Burnside ein Lyriker ist. Wie in einem Gedicht, scheint vieles klar zu sein, dann wieder nicht, greifbar oder eher eher schwirrend. Toll! Ich mag das so gern.


    Ich mag noch dieses Zitat raus greifen:


    Zitat von S. 188

    Was hier geschieht, bleibt, wie du weißt, ohne Auswirkung auf dein anderes, dein normales Leben - es gehört gänzlich in dieses besondere nächtliche Zwischenreich, nur weißt du auch, dass deine Welt allein durch die Anerkennung dieser romantischen Trennung bereichert wurde, dass ihre Schatten dunkler, die Lichter heller geworden sind, ein altes Helldunkel, hervorgeholt aus den Tiefen deines limbischen Systems.


    Danach kommt eine Erklärung dazu, die ich zu gerne zitieren würde, aber ich lasse es mal, weil es zu viel zum abtippen wird. In diesem Abschnitt (unglaublich wie man in so wenigen Worten so viel ausdrücken kann, dass würde ich auch gerne können) schreibt er über diesen faszinierenden Gedanken, dass Derartiges schon "immer da gewesen" ist. Das man ein ganzes Leben führen könnte, ohne es jemals zu spüren. Es quasi nur zufällig hoch kommen würde.

    Und es ist fast ein wenig unheimlich, wenn er zwar schreibt, dass man wieder in seinem Haus ist, aber das Andere niemals vergessen wird. Das es einem nie gelingen wird dorthin zurück zu kehren, aber das es dich "heimsuchen" (so in der deutschen Übersetzung) wird im "täglichen Einerlei".


    Um wieder zu deinem Beitrag zurückzukommen cyphella


    und verstehe nicht ganz,warum dieses Kapitel gerade an dieser Stelle steht.

    Ist es tatsächlich chronologisch nach der der Christina-Kuss-Szene anzusiedeln? Die Verwandlung des Schmerzes in etwas Lustvolles, Glamouröses passt thematisch sehr gut.

    Diese Gedanken kamen ihm wohl als er das Christina-Kapitel geschrieben hatte. Gefällt mir immer wieder gut, wie er Situationen in seinem Leben mit weiter folgenden Gedanken verknüpft. Ist fast so, als wenn ich mit dem Autor im Wohnzimmer sitzen würde, er erzählt mir von Kapiteln seines Lebens und ganz plötzlich hat man zu irgendeinem Thema noch so viel mehr zu sagen als geglaubt und irgendwie passt das Ganze wieder zusammen.

    Ich lese hier sogar die Andeutung von selbstverletzendem Verhalten heraus, wie seht ihr das?

    Je länger ich darüber nachdenke, denke ich schon das es so ist. Auf jeden Fall dürfte es eine zusätzliche Erklärung werden. Ein Stückchen Burnsidches Innenleben. Ein ziemlich komplizierter Mann. Es dürfte echt interessant sein, sich mit ihm zu unterhalten oder einer Unterhaltung lauschen zu dürfen.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Smiles of a summer night


    Schon am Beginn des Kapitels fängt Burnside mich ein mit dieser Beschreibung eines Zustandes der eigentlich nicht bewusst herbei-

    geführt wird sondern in einem Moment entsteht indem man eigentlich nur nach einem stressigen Tag entspannen will und das ganz profan

    "with a bottle or a book or a TV screen". Dann kippt die Stimmung ohne einen äußeren Anstoß in dieses geheimnisvolle Reich irgendwo zwischen

    dieser Welt von realem und irrealem. Das lese ich dann und der Zauber ist da, Da ist er einfach meisterlich der Herr Burnside.

    Zitat

    but after a while you slip into limbo, an in-between and so slightly altered state, not just of the mind but also of the flesh. It`s a condition

    not unlike hypnagogic reverie, that halfway house between waking and sleep where dreams unfold into the light of day and are transposed,

    for milliseconds, into a reality that is more real than anything else you know.


    habe ich wieder dieses Burnsidische Gefühl das sich die Wirklichkeit ein wenig verzerrt, der Vorhang ein Stückchen auf die Seite gezogen wird. Zum anderen könnte es auch eine Art eine selbstverletzender Handlung sein, wie es cyphella schon hinterfragte . Nicht körperlicher Art, sondern von Gedanken her.

    ich denke sogar, dass Burnside das gar nicht so direkt als Verzerrung sondern mehr als einen Durchgang auf die andere Seite sieht der ihm genauso

    real erscheint wie die von uns gewohnte Seite. Das auf dieser anderen Seite die selbstverletzenden Handlungen enstehen können ohne das sie als

    widernatürlich angesehen werden gehört als nicht ungefährlicher Teil dazu. Die Anziehungskraft die Burnside da spürt ist meiner Meinung nach durch-

    aus auch mit Vorsicht zu genießen, weil man auch die Kontrolle verlieren könnte. Burnside weiß das, denn er schreibt am Ende:

    "and there is no telling what harm you might do"

    Und es ist fast ein wenig unheimlich, wenn er zwar schreibt, dass man wieder in seinem Haus ist, aber das Andere niemals vergessen wird. Das es einem nie gelingen wird dorthin zurück zu kehren, aber das es dich "heimsuchen" (so in der deutschen Übersetzung) wird im "täglichen Einerlei".

    Das ist durchaus unheimlich, denn ich glaube das auch Burnside über die Gefahr die darin liegt weiß.

    Je länger ich darüber nachdenke, denke ich schon das es so ist. Auf jeden Fall dürfte es eine zusätzliche Erklärung werden.

    Da bin ganz bei euch. Burnside hat in einem Interview auch einmal gesagt, dass diese Ecke der dunkeln Seite des Jahrmarktes zwar sehr anziehend

    ist und auf eine besondere Art wunderschön sein kann, aber auch extrem gefährlich werden kann wenn man sich zu weit fallen lässt.

    Das kommt mir vor wie der Ruf der Sirenen in der Odyssee. Wie ein verführerischer Gesang dessen Ursprung man unbedingt sehen und erleben möchte.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Running Away (Bob Marley and the Wailers, 1978)


    Hier eine schöne Live-Aufnahme bei YouTube: Klick


    Eine der wenigen Male wo ich wirklich grinsen musste, wegen des Titels. Der Titel ist hier Programm :loool:


    Nach einem kurzen Abstecher über Rodins Skulptur "Der Kuss", den man in dem Fall bestimmt gerne ungeschehen hätte machen wollen, schrieb Burnside:


    Zitat von S. 190/191

    Nun, das wäre ein Kuss, den beide gewiss gern ungeschehen gemacht hätten, doch kann man Küsse nicht auslöschen; hat man sich geküsst, ändert sich alles.

    Völlige Zustimmung meinerseits. Ein Kuss ändert viel.


    Nun geschehen ist geschehen. Ein bisschen mehr, als nur "Tschuldigung, war meine Schuld. Du kannst nichts dafür!" hätte dann vielleicht doch noch kommen können. Oder auch besser nicht. Vielleicht war es besser so, dass er sich einfach nur umgedreht und weggegangen ist. Verstehen kann ich Christina, wenn sie Burnside das Wort "Feigling!" hinterher ruft.


    Und wen wundert es, was Kristen ihm mit Genuss über Christina und Neil erzählt. Wenn sie eine Eiseskälte in sich birgt, ihre eigenen Spielchen spielt, dann war diese Geschichte zwischen Burnside und Christina eine Steilvorlage für sie. Mit gut überlegter Übertreibung und viel Liebe zur bildhaften Darstellung (Stichwort Karnickel) dargeboten.


    Wir haben ja schon betreffend Burnsides Neigung zur selbstverletzender Haltung gesprochen und so empfand ich den letzten Abschnitt dieses Kapitels als weiteren Indiz. Ich bin ja fast schon erschrocken oder so ähnlich, als da als letzter Satz stand:


    Zitat von S. 192

    Es war das exquisiteste Gefühl.


    Übrigens um kurz noch mal zum Anfang des Kapitel zurückzukehren. Mir fällt immer wieder auf, wie umfassend Burnsides Wissen ist. Das empfinde ich immer wieder sehr beeindruckend.



    Ich habe schon mit der sechsten Abschweifung begonnen. Was für ein wundervolles Kapitel! Man könnte sich glatt in diese Beschreibung der Landschaft verlieben und verlieren. :drunken:

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  • Running Away


    Der Titel passt und der Song erinnert ich an wildere Jugendzeiten. Von Bob Marley & The Wailers habe ich aus dieser Zeit noch eine

    Live Vinyl Scheibe.


    Oder auch besser nicht. Vielleicht war es besser so, dass er sich einfach nur umgedreht und weggegangen ist. Verstehen kann ich Christina, wenn sie Burnside das Wort "Feigling!" hinterher ruft.

    Aus dieser Selbstisolation kommt er einfach so schnell nicht mehr raus. Vielleicht will er auch gar nicht. Diese Sprachlosigkeit, dieses nicht mehr

    eingehen wollen auf Christinas Fragen hat schon etwas selbstquälendes. Aus ihrer Sicht ist Feigling durchaus nachvollziehbar.

    Mit gut überlegter Übertreibung und viel Liebe zur bildhaften Darstellung (Stichwort Karnickel) dargeboten.

    Das Mädel weiß auf jeden Fall wo sie ansetzen muss um jemand weh zu tun. Schauderliche Person. :wuetend:

    AQllerdings läuft sie im Grunde bei Burnside damit ins Leere, weil dieser das Gefühl des Verlustes willkommen heißt. Vielleicht sieht er das auch

    als Beweis, dass er überhaupt noch etwas fühlen kann. Leid als Hilfe zur Selbstfindung? Schwieriges Thema.............

    Ich habe schon mit der sechsten Abschweifung begonnen. Was für ein wundervolles Kapitel! Man könnte sich glatt in diese Beschreibung der Landschaft verlieben und verlieren. :drunken:

    Ja, dass ist meisterlich beschrieben. Auch dieses Gefühl körperlich verloren zu sein, einfach aus dieser Welt zu verschwinden, im Gegensatz zum Verlust

    einer >Amour fou< wie er sie im letzten Kapitel beschreibt.

    Im Verlauf des Kaptels geht er ja auf die Gemälde von Harold Sohlberg ein. Sehr beeindruckende Gemälde. Schaut mal rein. Die vermitteln auch dieses

    Gefühl des Verschwindens und wieder Auftauchens der belebten Natur in dieser nordischen rauen Welt.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Sechste Abschweifung - Warum sich verirren ein Augenblick des Glücks ist


    Im Verlauf des Kaptels geht er ja auf die Gemälde von Harold Sohlberg ein. Sehr beeindruckende Gemälde. Schaut mal rein. Die vermitteln auch dieses

    Gefühl des Verschwindens und wieder Auftauchens der belebten Natur in dieser nordischen rauen Welt.

    Oh ja, diese Bilder sind sehr beeindruckend!


    Ich denke jeder von uns hatte wohl schon mit dem Gedanken geliebäugelt, sich irgendwo im Nirgendwo ein Häuschen mit einer super Aussicht zu kaufen und für den Rest des Lebens dort zu wohnen. Mittlerweile schaut sich meine gesamte Familie mit Begeisterung "Mein Haus in Alaska" und ähnliche Formate mit mir an. Am schönsten sind natürlich die alleinstehenden Häuser und recht schnell wird man auch mal ernüchtert, wenn sich Einheimische mit kleinem Geldbeutel ein Haus kaufen wollen. Denn da wird Strom, Wasser und Wärme nicht wie gewohnt geliefert. Wo es als Luxus eine Art Innnendusche gibt, wo das Klo sich auch mal außen befindet, man die ganze Zeit über mit Holz über die langen und eisigen Winter feuern darf, da wäre ich Greenhorn hoffnungslos verloren. Und meine Begeisterung hielte sich in Grenzen, wenn ich ein kleines, aber unfaires Wettrennen mit einem Bären rund ums Haus hätte. Wobei, man bekäme wohl schlagartig warm und fit wäre man auch mit der Zeit :loool:( Natürlich gibt es auch für entsprechendes Geld nettere Versionen mit mehr Luxus und besseren Anbindungen :wink: ) Trotzdem, irgendwie bleibt so der Gedanke wie schön es weitab vom Schuss wäre :drunken:


    Sorry für die kleine Abschweifung -irgendwie ist das mittlerweile ansteckend durch Burnside :) , aber das musste sein um mein hohes Interesse nachvollziehen zu können, was Burnsides Freund über so eine Idee hält. Wie ich es schon ahnte, für ein einsames Leben muss man offener und geselliger sein als man glaubt.


    Zitat von S. 201/202

    "Hier oben", sagte mein Freund, ohne mich anzuschauen, "muss man mit Menschen auskommen können. Nicht nur mit einigen wenigen, sondern mit allen. Man kann ihnen nicht aus dem Weg gehen, da man seinen Nachbarn womöglich im nächsten Moment zum Überleben braucht. Und damit meine ich jeden Nachbarn - da darf man nicht wählerisch sein."


    Das wäre nicht Burnsides Welt gewesen. Ein kluger Freund hat er da.

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