Simon Stålenhag – The Electric State / Passagen

  • ... Ein illustrierter Roman


    Verlagstext
    Eine Reise bis ans Ende der Welt … und darüber hinaus – Simon Stålenhag verbindet in seinem illustrierten Roman eine gefühlvolle Erzählung mit visionärer Science-Fiction-Kunst.

    Nach einem Drohnenkrieg hat sich Amerika in einen postapokalyptischen Friedhof verwandelt: Wie fremdgesteuert streifen die Menschen durch ein zerfallendes Land. Und während die alte Welt stirbt, erhebt sich etwas Neues aus den Ruinen, das noch keinen Namen hat.

    Mitten durch das Chaos bahnt sich eine junge Frau mit ihrem Roboter einen Weg nach Westen. Sie will zu ihrem Bruder, der in einem kleinen Nest am Pazifischen Ozean hilflos an das Virtual-Reality-Netz angeschlossen ist, das sich wie eine Seuche ausgebreitet hat und die Menschen versklavt. Sie unternimmt eine einsame Reise durch die Überreste unserer Zivilisation.


    Der Autor
    Simon Stålenhag (geboren 1984) ist schwedischer Autor, Künstler und Musiker. Berühmt geworden ist er mit seinen hyperrealistischen Bildern, die oft eine retrofuturistische Variante der schwedischen Landschaft zeigen. Der »Guardian« zählte sein Buch »Tales from the Loop« (neben Kafkas »Der Prozess« und Atwoods »Der Report der Magd«) zu den zehn besten Dystopien.


    Inhalt

    Ein mit Drohnen geführter Krieg in den 90ern des vorigen Jahrhunderts hat Kalifornien verwüstet und Mengen schrottreifer Militärfahrzeuge hinterlassen. Da die Verkehrswege offenbar marode und durch Flüchtende verstopft sind, bewegen sich zwei Figuren auf Umwegen durch die Berge von der Mojave-Wüste Richtung Pazifik. Auch andere Bewohner sind im Aufbruch, so dass die Hauptfiguren rechtsfreie Gegenden zu durchqueren haben, in denen man nicht ahnen kann, was einen erwartet. Die beiden reisen durch Slums, an riesigen verrottenden Reklametafeln und -figuren vorbei, an Schrottfahrzeugen ohne Ende, aber auch an utopischen Wohnprojekten, in denen Menschen offensichtlich Schutz vor dem Unbekannten suchen.


    Anfangs sind nur eine größere und eine kleine rundköpfige Figur zu erkennen. Der Klappentext verrät leider schon zu viel der Geschichte; denn das Rätseln, wer die beiden Figuren sein mögen, fand ich zu Beginn äußerst spannend. Die erzählende Figur gibt schließlich ihr Alter preis und ihre Beziehung zu der roboterhaften kleinen Figur, die nicht spricht, nur deutet. Die Kindheit der Erzählerin war geprägt durch die Abhängigkeit der gesamten Bevölkerung von der virtuellen Welt, die ihre Neurohelme und Datenbrillen den Menschen vorspiegelten. Wenn Gegenwart und Fiktion verschwimmen, interessiert sich vermutlich kaum noch jemand dafür, wie Kinder aufwachsen. Schon damals waren Menschen nicht nur weggetreten in ihrer virtuellen Welt, sondern auch durch den Konsum von Chemikalien, die sie aus den Cockpits von Flugobjekten des Militärs kratzten. Fixpunkte im Leben der Erzählerfigur waren Pflegeeltern und der Großvater. Auf schwarzen Buchseiten kommt ein weiterer Erzähler mit seinen Kriegserlebnissen zu Wort.


    Neben dystopischer Gegenwart und Rückblick könnte das Logo der Datenbrillen von damals zusätzlich eine eigene Geschichte erzählen. Es prangt so hervorstechend auf Vorsatzpapier und Titelblatt des Buches, dass Stålenhags dystopischer Roman dadurch wie eine repräsentative Werbegabe des Unternehmens wirken kann.


    Fazit

    Stålenhags dritter Roman erzählt in Text und Bildern unterschiedliche Geschichten. Auf der Beziehungsebene wollte ich die jugendliche Erzählerfigur kennenlernen, auf der Bildebene habe ich gerätselt, welches Interesse der Hersteller der Datenbrillen gehabt haben kann, willenlose Menschen gemeinsam mit Androiden in einen Krieg zu schicken. So wie Gegenwart und Erinnerungen des Erzählenden ein- und ausgeblendet werden, fließen utopische Szenarien und fotorealistische Landschaftsbilder ineinander. Als Fotografin hat mich Stålenhags Lichtführung stark beeindruckt. Großartig.


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    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Naylor - Die Stimme der Kraken

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    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Das Original

    Hardcover, 144 pages

    Published December 4th 2017 by Fria Ligan (first published December 1st 2017)

    Original Title: Passagen
    ISBN13: 9789187222696
    Edition Language: Swedish

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  • Ich habe schon gefühlt ewig auf die Neuerscheinung gewartet, Danke dir für deine Rezension! Wenn das Buch nicht so teuer wäre, dann würde ich es direkt kaufen. Aber in Hinblick auf Weihnachten warte ich einfach mal ab :rendeer:

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Hast du schon mit dem Finger über der Maus in Wartestellung gesessen, ob jemand was zu dem Buch schreibt? :wink:

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  • :lol: Klingt wirklich so, wenn ich meinen Text noch mal durchlese. Ich war -warum auch immer - der Meinung, dass es erst Mitte/Ende November erscheinen wird, deshalb war ich so baff als ich deine Rezension entdeckt habe.

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  • Das Buch hat mich echt umgehauen. Während des Lesens dachte ich mir ein paar Mal, ich möchte nie wieder etwas anderes lesen als sowas.:) Die apokalyptischen Bilder haben perfekt meinen Geschmack getroffen, daran konnte ich mich kaum sattsehen. Diese Mischung aus kaputter, brach liegender Technik und den melancholisch wirkenden, nebelverhangenen und veregneten Landschaften fand ich einfach nur atemberaubend. Dazu eine Geschichte, die vom Untergang der Menschheit erzählt und in der die Zivilisation ihre allerletzten Züge schon hinter sich hat und in der vieles im Dunkeln bleibt. Dauer-Gänsehaut beim Lesen!

    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Ich bin nun überhaupt kein Fan von illustrierten Werken, aber das hier musste ich haben. Allein schon dieses Cover! Mich Roboterfan hatte es sofort am Haken.

    Gelesen und bestaunt habe ich es bereits. Die anderen Werke des Autors müssen unbedingt ins Regal.


    Tipp: Die russische Ausgabe kostet nur ein Drittel. Ich habe mir die also auch noch gekauft 8).


    ***

    Aeria

  • (Aus dem 4,5 - Sterne - Thread, Juli 2020)


    Ja, das Teil ist schon wirklich der Hammer.

    Man kann es kaum „Buch“ nennen, es ist eher ein Mega-Film im Papierformat. Die hyperrealistisch gemalten Bilder entwickeln eine unglaubliche Sogwirkung. Eigentlich ist es hier eher die Erzählung, die die Illustrationen begleitet als umgekehrt. Spannend bis zum Schluss ist das Ganze außerdem. Die Geldanlage hat sich gelohnt.


    Fünf Sterne!