Hayley Barker - Grausame Spiele / Show Stopper

  • Kurzmeinung

    -the-black-one-
    Erschreckend, wie realistisch man sich das vorstellen kann. Gut geschrieben.
  • Kurzmeinung

    Lunara
    Eine gute Geschichte mit etwas sehr konstruiertem Ende.
  • Der Plot:


    Der erste Band der Cirque-Reihe

    London in der nahen Zukunft. Die Gesellschaft hat eine Spaltung vollzogen: Die Pures leben komfortabel und luxuriös, während die Dregs ausgegrenzt, geächtet und unterdrückt werden. Manchen Familien der Dregs werden ihre Kinder entrissen und zum "Zirkus" gebracht, wo die jungen Artisten zum Amüsement der Pures hungrigen Löwen begegnen oder waghalsigen Hochseilakte liefern.


    Hoshiko ist der Star auf dem Hochseil - sie vollbringt jeden Abend Unglaubliches, 30 Meter über dem Boden, ohne Fangnetz. Jede Vorführung könnte ihre letzte sein - und genau darauf lauern sensationslüstern und mit fasziniertem Grauen ihre Zuschauer. Doch dann begegnet Hoshiko dem Sohn einer hochrangigen Pure-Politikerin, Ben, der den Zirkus besucht - und verliebt sich in ihn, gegen alle Regeln. Ben begreift erst nach und nach die Realitäten, die hinter seinem komfortablen Leben stehen und wendet sich gegen seine eigene Klasse - für Hoshiko, das Mädchen, das er liebt.


    Rezension:


    Brutal und heftig werden wir in die grausame und kalte geteilte Welt von Englands Zukunft hineinkatapultiert. Schon die ersten Seiten lassen keinen Zweifel an der Abartigkeit menschlicher Abgründe und der Gefahr einer Rassenzuteilung oder Überhöhung der einen Schicht, sei es aus Ethnie, Religion oder was auch immer, gegenüber einer anderen.


    Die Teilung zwischen Pures und Dregs ist schlichtweg unmenschlich. Während die einen sich verhungernd und gequält, zu Tode schufften und irgendwie versuchen, in dieser schrecklichen Welt zusammenzuhalten, leben die anderen im eisigen Konkurenzkampf und Druck ihrer Scheinwelt des perfekten Menschen, wo Unterdrückung einer ganzen Menschenschicht zum arroganten Tageston gehört. Schon nach den ersten Seiten wird dem Leser klar, dass die wahren Monster weder einfach die Dregs (interessante Nahmenswahl für eine Bevölkerungsgruppe dieser Dystopie übrigens) noch die kompletten Pures sind. Vielmehr macht der Zusammenschluss der Menschen, die gegen dieses System ankämpfen und aufbegehren wollen umso deutlicher, dass es um den Charakter jedes einzelnen geht.


    Die Autorin schafft es authentisch durch ihren teils kurzen Sprachstil eine beklemmende Spannung aufzubauen. Wir können die Zirkus fühlen. Alles wirkt schnell, hektisch und dunkel, über allem hängt die ständige Bedrohung. Und auch die Welt Bens ist nicht so perfekt, wie sie scheint.


    Die Protagonisten in dem Buch sind alle gut ausgearbeitet und mir auf ihre ganz eigene Art sehr sympathisch. So ist Hoshiko ein sehr vielschichtiges Mädchen, die den Hass wie die Liebe in sich vereint und mit ihrer Durchsetzungsfähigkeit immer aufs Neue erstaunt. Auch Ben kann man seinen Mut nicht absprechen. Hält man ihn anfangs für ein verwöhntes Söhnchen, bricht diese Sicht schnell, als man in seinen Kapiteln die Gedanken und Entwicklung lesen kann und der Junge wirklich anfängt selber zu denken.


    Im Zirkus finden sich für mich viele weitere liebgewonnene Charaktere. Sei es die beschützenden und weise Armina oder die pfiffige, noch unschuldige Greta. Man bekommt den Eindruck einer großen Familie die sich durch die Umstände hindurchkämpft. Schlechter kommen die Pures dabei weg. Ben ist der einzige, der irgendwie sympathisch wirkt.


    Mein einziger Kritikpunkt ist wohl die auf dem Cover angedeutete Liebesgeschichte. Sie kommt mir nicht so gefühlvoll und romantisch geschrieben herüber, wie sie sein könnte. Da fehlt mir etwas. Bzw. die großen Gefühle drücken sich zwar durch einige beschriebene Gedanken und natürlich die Handlungen aus, doch wird das wahre Knistern von der ständigen Bedrohung verschluckt statt befeuert.


    Richtig gut hat mir auch das Ende dieses Auftakts zum Zweiteiler gefallen. Es ist kein direkter Cliffhanger und ich erlebe es als absolut stimmig. Dennoch will ich unbedingt wissen, wie es weitergeht. Denn es ist noch so vieles offen.


    Insgesamt habe ich bei diesem Buch sehr oft über andere Romane aus dem Genre nachgedacht und wenn es auch ganz anders ist, fand ich immer mal wieder die ein oder andere Parallele zu den Tributen von Panem. Ich bin gespannt, ob dieser Standard weiter gehalten werden kann!


    Fazit: Das Buch ist definitiv nichts für Schwache Nerven, sondern eine Dystopie vom Feinsten. Gerade vor aktuellen politischen Hintergründen, wie Flüchtlingsströmen und Migration finde ich diese Lektüre sehr sinnvoll und rüttelnd.


    5 / 5 Pfoten von miaslesezeilen.de


    Verlag Wunderlich

    Erscheinungstermin 17.09.19

    Seitenanzahl 480

    ISBN 978-3-8052-0048-6


    Verlag Wunderlich Genre Jugendliteratur Erscheinungstermin 17.09.19 Seitenanzahl 480 ISBN 978-3-8052-0048-6

  • Jugendbuch ab 12 Jahre.


    Du kannst die ISBN in das Feld "Buch" unterhalb der Eingabemaske eintragen, dann wird das Buchcover angezeigt und ein Link zu amazon erstellt. Korrekturmöglichkeit 1 Stunde nach Absenden deines Beitrags.

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Naylor - Die Stimme der Kraken

    :musik: --


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Titelzeile angepasst und hier das Original. Und da die Threaderstellerin selbst den Hinweis "Genre Jugendliteratur" gibt, wurde der Thread zu den Jugendbüchern verschoben. :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Die Arena, Grausame Spiele von Hayley Barker“ zu „Hayley Barker - Grausame Spiele / Show Stopper“ geändert.
  • Squirrel

    Hat das Label ab 14-16 Jahre hinzugefügt.
  • "Ein Platz im Zirkus bedeutet den sicheren Tod. Vielleicht entkommt man ihm diesmal, vielleicht überlebt man eine weitere Woche oder einen Monat, oder, wenn es hochkommt, ein Jahr. Aber eins ist sicher: Der Tod wartet auf dich. Er trägt einen feinen Anzug und ein Äffchen auf der Schulter, und er kommt, um dich zu holen. Ein Knall seiner Peitsche, und du bist erledigt."


    Willkommen zur tödlichsten Show der Welt - wo nur die Liebe dich retten kann. Londin in der nahen Zukunft. Die Gesellschaft hat eine Spaltung vollzogen: Die Pures leben komfortabel und luxuriös, während die Dregs ausgegrenzt, geächtet und unterdrückt werden. Manchen Familien der Dregs werden ihre Kinder entrissen und zum "Zirkus" gebracht, wo die jungen Artisten zum Amüsement der Pures hungrigen Löwen begegnen oder waghalsige Hochseilakte liefern müssen. Dort treffen Hoshiko und Ben zum ersten Mal aufeinander. Sie als Hauptattraktion in der Arena, er als Zuschauer in der VIP-Lounge. Es ist eine schicksalhafte Begegnung für sie beide...


    Auf "Die Arena - Grausame Spiele" wurde ich erstmal aufmerksam, wegen diesem tollen Covers. Es passt perfekt zum Inhalt und mit seiner Geschichte rund um den Zirkus sticht es in meinen Augen auf jeden Fall von den anderen Büchern hevor. Es ist der erste Band eines Zweiteilers (immerhin mal keine Triologie :-D)


    Schon ab Seiten eins an, war ich vom Schreibstil der Autorin gefesselt. Mir hat es gut gefallen, dass die Kapitel recht kurz gehalten waren und immer abwechselnd aus Bens und Hoshikos Sicht geschrieben waren. Die Autorin hat mich mit der Geschichte um die Zweiklassengesellschaft wirklich in ihren Bann gezogen. Es ist wirklich grausam zu was Menschen bzw. zu was eine Regierung fähig ist und erschreckend zugleich, das so eine Zukunft gar nicht mal unrealistisch ist. Denn sowohl die Menschliche Vergangenheit und auch die Gegenwart zeigen, dass immer wieder bestimmte Personengruppen aus der Gessellschaft ausgerenzt werden und denen die Schuld an allem gegeben wird.


    Die Beschreibungen rund um den Zirkus waren gleichzeitig magisch aber auch total abstoßend und ich musste hin und wieder echt schlucken, weil es so grausam war. Ich glaube, dass das Buch nichts für schwache Nerven ist.


    Für mich zählt dieses Buch zu meinen Jahreshighligts und ich freue mich schon jetzt auf die Fortsetzung - da das Buch wirklich sehr spannend endet.

  • Mensch stelle sich eine Welt vor, wo ein herrschendes Volk ein Sklavenvolk knechtet, wo das Leben der Sklaven keinen Wert hat, wo diese gar nicht mehr als Menschen betrachtet werden. Woran denkt mensch dabei als erstes? An den Umgang der Kolonialmächte mit den Sklaven? An die Bezeichnung anderer Menschen als "Untermenschen" durch die Nazis? An die jahrhundertelange Knechtung von Schwarzen in den USA? An den Umgang heutiger neuer Faschist_innen mit Migrant_innen?

    Die möglichen Assoziationen sind so vielfältig, das wahrscheinlich jeder_m recht schnell dazu was einfällt und dabei deutlich wird, wie erschreckend aktuell ein solches Denken immer noch ist.

    Hayley Barkes erster Teil der Duologie "Die Arena" entführt die Leser_innen in genau eine solche Welt ins London des 22 Jahrhunderts. Die Pures - die Reinen (die Weißen, die "Übermenschen" etc.) - sind das herrschende Volks, die Dregs - die Unreinen (die Dreckigen, die "Untermenschen" etc.) werden verfolgt, versklavt, aus Zeitvertreib ermordet und ihnen wird jegliches Menschsein abgesprochen. In einem Zirkus sterben Dregs unter dem Johlen der Pures und niemand stört sich daran. Bis auf Ben, einer der zwei Söhne der Ministerin für Dreg Verfolgung, sich in Hoshiko verliebt, eine der versklavten Artist_innen des Zirkus. Wird es für beide eine Zukunft geben und können sie gemeinsam die Welt ändern?

    Hayley Barker gelingt mit diesem erschreckend brutalen aber auch realistischen Buch ein sehr berührendes Werk, was die Leser_innen schnell gefangen nimmt, sie aber auch zum Nachdenken über das eigene Verhalten bringt? Wie gehe ich selbst damit um, wenn wieder gegen Flüchtlinge, Andersdenke, Andersliebe oder Andersglaubende gehetzt wird? Halte ich still den Mund oder erhebe ich wie Ben meine Stimme, obwohl vielleicht Angst da ist?

    Ein sehr empfehlenswertes Buch, das aber nichts für schwache Gemüter ist.

  • Inhalt (Quelle: Amazon);

    London in der nahen Zukunft. Die Gesellschaft hat eine Spaltung vollzogen: Die Pures leben komfortabel und luxuriös, während die Dregs ausgegrenzt, geächtet und unterdrückt werden. Manchen Familien der Dregs werden ihre Kinder entrissen und zum "Zirkus" gebracht, wo die jungen Artisten zum Amüsement der Pures hungrigen Löwen begegnen oder waghalsige Hochseilakte liefern.

    Hoshiko ist der Star auf dem Hochseil - sie vollbringt jeden Abend Unglaubliches, 15 Meter über dem Boden, ohne Fangnetz. Jede Vorführung könnte ihre letzte sein - und genau darauf lauern sensationslüstern und mit fasziniertem Grauen ihre Zuschauer. Doch dann begegnet Hoshiko dem Sohn einer hochrangigen Pure-Politikerin, Ben, der den Zirkus besucht - und verliebt sich in ihn, gegen alle Regeln. Ben begreift erst nach und nach die Realitäten, die hinter seinem komfortablen Leben stehen und wendet sich gegen seine eigene Klasse - für Hoshiko, das Mädchen, das er liebt. Um sie zu retten, begibt er sich in tödliche Gefahr.



    Meine Meinung:


    Wow, was für ein Buch.

    Was ich erwartet hatte: eine Dystopie in Form eines Jugendbuchs ähnlich der Tribute von Panem.

    Was ich bekommen habe: eine sadistische und grausame Dystopie, die ich keineswegs Jugendlichen unter 16 empfehlen würde und weiter keine Gemeinsamkeiten mit den Tributen von Panem.


    Warum die Gesellschaft in England gespalten ist, hat man nicht erfahren. Doch sie ist es, und die sogenannten Dregs haben extrem unter den Pures zu leiden. Sie gelten als Abschaum, als minderwertige Lebewesen, sie gelten nichtmal als Menschen zweiter Klasse sondern noch weniger als das. Sie leben eingepfercht in Ghettos, dürfen nicht mehr arbeiten und leben von der Hand in den Mund. Na, kommt dieses Szenario jemandem bekannt vor? Mir schon, und das war bereits gleich zu Anfang der erste Moment, bei dem ich schlucken musste. Aber von diesen Momenten kamen noch so einige.


    Zur Erheiterung und zum Amüsement der Pures gibt es einen Dreg-Zirkus. Dieser zieht durch's Land und wählt regelmäßig unter den 5jährigen (!) Kindern der Dreg-Bevölkerung Nachwuchsartisten aus, welche dann den Eltern entrissen werden und fortan im Zirkus leben und arbeiten müssen. Natürlich ohne Bezahlung und unter täglichem Einsatz ihres Lebens. Denn in diesem Zirkus geht es nicht darum, den Pures "nur" eine gute Show zu liefern, sondern vielmehr darum, die Gier der Pures nach Blut und - im "besten" Fall für die Pures - nach Menschenleben zu befriedigen. Somit sind die Nummern mehr als nur heikel, sie sind jedes Mal lebensgefährlich für die Zirkusleute und nicht selten sterben sie live während der Show, was zu großem Jubel unter den Pures führt.

    Der Zirkusdirektor, eine widerwärtige Person, denkt sich dafür stets neue, spektakulärere, gefährlichere und riskantere Nummern aus, um sein Publikum zufriedenzustellen.


    Was man hier zu sehen bzw. zu lesen bekommt, geht unter die Haut. Denn die Artisten sind zu einem sehr, sehr großen Teil Kinder und Jugendliche (da in diesem Zirkus selten jemand lange genug überlebt, um "alt" zu werden), und was diesen Kindern angetan wird, in der Manege und auch dahinter, ist unfassbar und hier musste ich einige weitere Male schlucken. Teilweise gingen die Beschreibungen sehr ins Detail und immer wenn ich persönlich dachte, schlimmer kann es nicht mehr kommen, kam es aber doch noch schlimmer.


    Eine der Artistinnen, Hoshiko, lebt ebenfalls seit sie ein kleines Mädchen war im Zirkus. Durch einen Zufall lernt sie Ben, den Sohn einer hochrangigen Pure-Politikerin kennen, die beiden verlieben sich ineinander und nun steht Hoshiko auf Platz 1 der Abschussliste des Zirkusdirektors und der Politikerin.


    Ich habe noch nicht viele Dystopien gelesen, deshalb kann ich nicht sagen, ob die Ideen alle neu sind. Mir hat es gefallen. Die Charaktere sind interessant gewählt. Doch am Schreibstil habe ich zu bemängeln, dass die Geschichte manchmal nicht recht vorankam, weil die Autorin immer wieder und wieder die Gedanken der Protagonisten dazwischen schiebt, anstatt in dem Moment die spannende Story weiter voranzutreiben. Und spannend war es tatsächlich. Die "Liebe" zwischen Hoshiko und Ben ging mir jedoch zu schnell und kam nicht ganz glaubwürdig rüber, andererseits will Ben aus seinem Pure-Leben ausbrechen, als ihm bewusst wird, welchen Lügen er bisher Glauben geschenkt hat, und da ist Hoshiko vielleicht eben der Strohhalm, an den er sich klammert bzw. klammern will. Er ist teilweise noch sehr naiv - man merkt hier sehr deutlich, dass er bisher in einem wohlbehüteten Heim groß geworden ist, während Hoshiko bereits ein hartes, entbehrungsreiches Leben hinter sich hat - hat aber auch viel Glück im Unglück.


    Ich würde dieses Buch eher nicht für Menschen unter 16 Jahren empfehlen und auch danach nicht den Sensibleren. Erinnerte es mich von der Grundidee her anfangs ein wenig an die Tribute von Panem, war es doch um ein vielfaches brutaler und heftiger. Die Ideen des Zirkusleiters, um sein blutgieriges Publikum zufrieden zu stellen und seine "Angestellten" zu quälen, sind unfassbar grausam und widerwärtig. Auch, was mit den Dregs nach deren Tod passiert ist absolut unglaublich, noch schlimmer war, was mit ihnen bei der großen Halloween-Vorstellung gemacht wurde.

    In großen Teilen erinnerte mich die Geschichte der Dregs an die Judenverfolgung und führte mir damit vor Augen, dass die Menschheit schon mindestens einmal nicht allzuweit von einem solchen Szenario entfernt war. Deswegen kann ich das Lesen dieses Buches durchaus nicht als angenehm bezeichnen. Aber dennoch ist es meiner Meinung nach ein gutes Buch, sehr spannend, leider auch sehr heftig und brutal, mit einem kleinen Cliffhanger, der Lust auf Band 2 macht (es handelt sich hierbei um eine Dilogie).


    Wer explizit Probleme mit Gewaltdarstellung an Kindern und Jugendlichen hat, sollte nicht zu diesem Buch greifen. Für Leser von Dystopien ansonsten zu empfehlen. Von mir gibt es :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Mich hat hier ja als erstes vor allem das geniale Cover angesprochen! Außerdem finde ich einen Zirkus als Schauplatz immer eine sehr originelle Idee, einfach weil ich noch recht wenig gelesen habe.

    Ein bisschen erinnert es an die Tribute von Panem, ebenfalls eine Welt in einer düsteren Zukunft, in der ein Teil der Menschen unterdrückt wird und bei "grausamen Spielen vor Publikum" den Tod finden.

    Mehr Gemeinsamkeiten hat es aber nicht.


    Erzählt wird aus der Ich-Perspektive im präsens von Ben und Hoshiko im Wechsel. Sowas hab ich selten und es war mal eine interessante Abwechslung. Man ist immer mitten im Geschehen und kann jeden Augenblick mitfiebern, wobei ich doch gerne noch etwas mehr über den Rahmen zur Geschichte erfahren hätte - oder auch über den Zirkus. Der wird zwar recht eindrücklich beschrieben, dennoch war er sehr fokussiert auf Hoshiko und ihren Überlebenskampf.


    Es fängt allerdings an mit Ben. In der Schule, während ein Bodyguard hinten im Klassenzimmer steht. Das zeigt schnell welche Stellung er und sein Zwillingsbruder in sich haben, denn ihre Mutter ist eine hochrangige Politikerin. Sie gehören zu den "Pures", der Elite, den guten, wichtigen und verdienstvollen Teil der Menschheit - während die "Dregs" zum Abschaum gehören.

    Ihre Rolle in der Gesellschaft ist klar definiert: sie taugen nichts, sind minderwertig, asozial, gefühllos und eigentlich nicht wert, durchgefüttert zu werden. Ihr Leben bestreiten sie in Slums ohne nennenswerten Möglichkeiten, überhaupt zu überleben. Manche von ihnen landen dann schließlich im Zirkus. Meist schon mit 5-6 Jahren werden sie aussortiert, wenn sie besondere Fähigkeiten zeigen, um dann einer Manege waghalsige Attraktionen zu bieten, bei denen die Zuschauer, die Pures, nur darauf warten, dass einer von ihnen zu Tode kommt.


    Ben ist mit seinen 15/16 Jahren ein typischer Teenager, der aber langsam begreift, dass nicht alles so ist, wie ihm seit Jahren eingetrichtert wird. Er wirkt zwar unbedarft und naiv, dennoch beginnen Zweifel ihn zum nachdenken zu bringen. Auch wenn er ein priviligiertes Leben führt, fühlt er sich eingesperrt, einsam, ohne Freunde und irgendwie leer - bis der Zirkus in die Londoner Metropole kommt.


    Hoshiko dagegen ist in den Slums aufgewachsen und wurde ihrer Familie entrissen als sie 6 Jahre alt war. Jetzt, 10 Jahre später, ist sie die Attraktion auf dem Hochseil und muss jederzeit ihr Talent unter Beweis stellen um bedeutsam für die Vorstellung zu bleiben - denn ein Dreg, der keinen Nutzen hat, wird sehr schnell selektiert.


    Insgesamt fand ich es sehr spannend aufgebaut. Die schnellen Wechsel zwischen den Kapiteln mit Ben und Hoshiko haben die Spannung aufrecht erhalten und gute Einblicke gewährt: in Bens gedankliche Veränderungen sowie in Hoshikos hoffnungslosen Kampf, in dem Gefängnis aus Angst und Gewalt zu überstehen.

    Dass die beiden Gefühle für einander entwickeln ist wohl klar, und es geht sehr schnell. Das mag für manche doof sein, ist aber einfach der Handlung geschuldet, mehr Zeit bleibt einfach nicht ... aber manchmal funkt es halt auch sehr schnell und grade in der ersten Zeit fühlt sich Verliebtheit ja auch an, als könnte man für den anderen alles tun.


    Aus ihren Blickwinkeln erlebt man beide Seiten und natürlich möchte die Autorin darauf aufmerksam machen, wie wichtig es ist, genau hinzuschauen (und vor allem nicht wegzuschauen) und nicht alles so hinzunehmen, nur weil es sozusagen Tradition ist oder von der Regierung vorgegeben. Das Abstempeln von Menschen zu "minderwertiger Ware" aufgrund von Herkunft, Religion oder anderem ist ja nichts neues und leider noch immer aktuell, und ich fand es auch ein interessantes Detail, als die Jahreszahl 2045 aufgetaucht ist. Das Jahr in dem die Handlung wohl spielt. Auch wurde darauf hingewiesen, dass die Unterdrückung der Dregs vor ca. 100 Jahren ihren Anfang nahm.


    Ein wichtiges Thema, das spannend für das Lesealter umgesetzt wurde und im letzten Drittel auch nicht mit grausamen Details geizt. Allerdings wird es dann manchmal auch etwas unstimmig und unlogisch - manche Szenen hätten wohl anders nicht funktioniert, aber ich fand es schon schade, denn bis dahin war es an sich immer schlüssig. Die Spannung wurde mir dann auch etwas zu sehr in die Länge gezogen, aber insgesamt fand ich es definitiv ein fesselndes Leseerlebnis.


    Jetzt bin ich gespannt, wie es im zweiten Band weitergeht.


    Mein Fazit: 4 Sterne


    Weltenwanderer