Louis-Ferdinand Céline - Guignol's Band I

  • Autor: Louis-Ferdinand Céline
    Titel: Guignol’s Band, aus dem Französischen von Werner Bökenkamp
    Originaltitel: Guignol's Band, erschien erstmals 1944
    Seiten: 320 Seiten, inklusive Nachwort von Hanns Grösel
    Verlag: Rowohlt
    ISBN: 9783498008673


    Über den Autor: (von der Rowohlt-Verlagsseite)
    Louis-Ferdinand Céline (eigentlich Louis-Ferdinand Destouches), geboren 1894 in Asnières, nahm am Ersten Weltkrieg teil, studierte Medizin, war Armenarzt in einer Pariser Vorstadt, bevor er als Romancier und Essayist bekannt wurde. Seine bekanntesten Werke: «Reise ans Ende der Nacht», «Guignol's Band I/II», «Tod auf Kredit». War umstritten wegen seiner antisemitischen Äußerungen, floh gegen Kriegsende nach Dänemark und wurde in Abwesenheit wegen Kollaboration verurteilt, später rehabilitiert. Céline starb 1961 in Meudon.


    Inhalt: (Klappentext, gekürzt)
    Auflösung und Panik bestimmen das Romangeschehen: der Ausnahmezustand des Krieges im London des Jahres 1915, der verwundete Erzähler Ferdinand im halbkriminellen Milieu, inmitten einer Bande von Zuhältern, Prostituierten, Hehlern und Bombenwerfern. Wie Gliederpuppen (Guignol spielt auf das gleichnamige Theater für Horrorstücke an) zappeln die Personen an Fäden, die der Krieg zieht. Die Handlungsabläufe geraten außer Kontrolle, sie steigern sich ins Reißende und treiben auf die Katastrophe zu - das Ordnungsgefüge bricht zusammen.


    Meinung:
    Bei Guignol’s Band handelt es sich um Louis-Ferdinand Célines dritten Roman (nach «Reise ans Ende der Nach» und «Tod auf Kredit»), wobei die Geschichte ursprünglich auf 1.200 Seiten und als Trilogie angelegt war. Der zweite Band erschien erst 1964 postum, und der abschließende Teil wurde wohl niemals geschrieben.
    Das sollte man eventuell vorab wissen, denn dieser erste Band hört ziemlich abrupt auf, und der groß angelegte Romanzyklus bleibt ein Bruchstück. Bereits im Vorwort verweist Céline darauf, dass er in Eile ist und nicht sagen könne, wer denn nächstes Jahr überhaupt noch am Leben sei. (Sein Verleger wurde tatsächlich ein Jahr darauf auf offener Strasse erschossen, und Céline war als Kollaborateur auf der Flucht durch Deutschland und Dänemark). Und dieses Gehetzte, Getriebene spürt man auch in seinem Text.
    Sein Schreibstil ist sehr emotional und gerade das erste Drittel kann ermüden. Eine Handlung findet zu Beginn kaum statt, es wird vielmehr ausschweifend und leidenschaftlich eine Situation nach der anderen umrissen, einem Feuerwerk gleich, geradezu sprunghaft. Verbindende Elemente, die dann einen richtigen Handlungsstrang ausmachen, habe ich erst gegen Mitte des Buches ausmachen können. Bis dahin, und eigentlich auch später, liest man über Karikatur ähnlich überzeichneten Figuren, die von einer Katastrophe in die nächste gejagt werden. Zur Ruhe kommt man nicht, aber wohin die Geschichte führt, ist auch nicht klar. Der ganze Text ist mehr eine emotionale Treibjagd, ohne Ruhepause – aber nicht, weil es etwas spannend wie ein guter Thriller wäre, sondern weil Jeder gegen Jeden kämpft, der Protagonist überall Verrat wittert, jede Szene muss sich an Gewalt und Absurdität überbieten. Ein Inferno nahezu, schwierig zu beschreiben. Ich empfand es als recht anstrengend und Célines vorherige Romane gefielen mir deutlich besser.
    Und dennoch: wer schon mal etwas von Céline gelesen hat, weiß ungefähr worauf man sich einlässt. Der Roman hinterlässt auch Wochen nach der Lektüre noch Eindruck. Und sicherlich werde ich auch den zweiten Band lesen – nur nicht so bald.