Klappentext:
In einer großartigen Entdeckungsreise nimmt uns der vielfach ausgezeichnete britische Autor Robert Macfarlane mit in die dunkle, überraschende Welt unter der Erde. Er führt uns in Höhlenlandschaften in England und Slowenien, zu einem unterirdischen Fluss in Italien, in den Untergrund von Paris, die schwindende Gletscherwelt Grönlands und, zuletzt, in einen Stollen für Atomabfälle, der die nächsten 100.000 Jahre überdauern soll. Sein Buch ist viel mehr als eine fantastische Natur- und Landschaftsgeschichte: Eindringlich schildert er das Wechselspiel zwischen Mensch, Natur und Landschaft – nicht zuletzt als Mahnung, was wir durch unsere Eingriffe zu verlieren drohen.
Inhalt:
Der komplette Titel des Buches lautet: Im Unterland - Eine Entdeckungsreise in die Welt unter der Erde. Und genau das wird geliefert.
ZitatDer Weg durchs Unterland führt durch den gespaltenen Stamm einer alten Esche.
Damit leitet Macfarlane seine Reise ein. Der Abstieg durch diesen Durchgang und seine Abzweigung in verschiedene "Kammern" nutzt der Autor als Rahmenwerk für die verschiedenen Exkursionen, die er beschreibt. In der ersten Kammer treffen wir auf Orte, die unter dem Stichwort "Sichtbar - Großbritannien" zusammenfasst sind. Die Kapitelthemen sind "Begräbnis", "Dunkle Materie" und "Unterholz". Dann geht es weiter in die zweite Kammer "Versteckt - Europa", wo uns "Unsichtbare Städte", "Sternenlose Flüsse" und "Hohles Land" begegnen. Die dritte und letzte Kammer "Heimgesucht - Der Norden" offenbart "Rote Tänzer", "Die Kante", "Das Blau der Zeit", "Schmelzwasser" und "Das Versteck".
Der Leser erfährt handfeste Fakten zur Forschung über das uralte Wurzelnetzwerk der Bäume oder z. B. auch was Forscher hunderte von Meter unter die Erde in Labors führt. Die Frage nach der dunklen Materie kann nur dort beantwortet werden. Die Erkundungstour geht durch Karsthöhlen, Begräbnisstätten, Gletscher und Flüsse im Berg und in unsichtbare Städte, ins arktische Eis, zu den Lofoten in Norwegen und auch in ein im Entstehen begriffenes Endlager für Atomabfälle, das 100 000 Jahre lang seinen Zweck bombensicher erfüllen soll.
Meine Meinung:
Ich sah das in poppigen Farben gehaltene Cover und hoffte auf eine entsprechend aufregende Reise in den Untergrund. Höhlenforschung ist schon eine spannende Sache, dachte ich.
Das, was mir in diesem Buch offenbart wurde, ging weit über meine Erwartungen hinaus und war überhaupt nicht ermüdend. Im Gegenteil, ich hatte das Buch relativ zügig durch und konnte es teilweise nur schwer wieder aus der Hand legen.
Als ich lese, was die Aufgaben des Unterlandes für alle Epochen und Kulturen waren, nicke ich bestätigend mit dem Kopf: Kostbares schützen, Wertvolles hervorbringen und Schädliches entsorgen. Alle diese Aspekte kommen zum Vorschein, als Macfarlane sich auf Abenteuerreise begibt. Der Mann schreibt nicht wie ein Draufgänger, muss aber einer von der Sorte sein, denn wo er sich hinbegibt, ist kein Platz für Angsthasen. Wenn das Durchkriechen von Tunneln erfordert, dass man den Kopf seitlich legt, weil es so wahnsinnig eng ist, werden sich nicht viele finden, die sich dort durchzwängen möchten.
Besonders schön finde ich, dass so verschiedene unterirdische Orte beschrieben werden, nicht nur andauernd Höhlen, was ich anfangs vermutet hatte. Es ist mal ländlich, mal urban, mal eiskalt und mal extrem warm. Es bröselt, knackt, fließt und begeistert mit Eindrücken, die in so eindringlicher Sprache erzählt werden, dass man als Leser total mit dabei ist und die Euphorie der Erkunder absolut nachvollziehen kann, wenn mal wieder ein gewagtes Unterfangen gelungen ist.
Nebenbei werden viele Fakten vermittelt, jeweils passend zum gerade behandeltem Thema. Richtig trocken wird es allerdings nie. Es wird philosophiert und geschwelgt, gelitten und sich geängstigt. Der Schreibstil ist mal knapp, Wörter werden förmlich geschmissen, die Eindrücke überschlagen sich. Und dann sind die Beobachtungen so poetisch und doch wirklichkeitsnah geschildert, dass es eine Freude ist.
Auch die Menschen, auf die Macfarlane trifft und die ihn begleiten, sind lebendig, interessant und haben viel aus eigener Erfahrung erworbenes Wissen. Sie sind politisch engagiert oder Forscher aus Leidenschaft.
Für ein Sachbuch zum einsam wirkenden Thema "Untergrund" geht es hier sehr gesellig zu.
Mir gab diese Lektüre viel Erhellendes für den Kopf, aber auch sehr emotionale Momente fürs Herz. Das war eine turbulente Reise und ich habe sie sehr genossen.
Erst sich über grauenhaft tiefe Gletscherspalten schwingen (unter Todesangst) und drei Sekunden später seelig auf dem Rücken liegend sich am Anblick von kreisenden Adlern erfreuen - so sind sie, die Abenteurer dieser Welt! Ich kann mich an sowas erfreuen und vergebe
Über den Autor:
Robert Macfarlane, geboren 1976 in Nottinghamshire, ist einer der bedeutendsten und einflussreichsten Naturschriftsteller der Gegenwart. In seinen bei AS und Matthes & Seitz erschienenen Büchern »Berge im Kopf«, »Alte Wege« und »Karte der Wildnis« schreibt er in einer selten einfühlend-poetischen und zugleich präzisen Sprache über Landschaften und Orte, über die Natur und unsere Beziehung zu ihr. Er ist Fellow der britischen Royal Society of Literature und Gründungsmitglied der Naturschutzorganisation Action for Conservation