Verlagstext
Dietmar Dath, mehrfach preisgekrönter Autor von »Die
Abschaffung der Arten« und »Venus siegt«, erzählt eine gewaltige intellektuelle
Space Opera auf der Erde und in den Weiten des Alls und enthüllt den Schlüssel
zum letzten Weltgeheimnis!
Kurz vor dem Ende des Kalten Kriegs entsenden die Sowjetunion und die
untergehende DDR ein Himmelfahrtskommando ins All. Die Mission scheitert,
schickt aber ein Signal zurück, angeblich vom Neptun: Hilferuf, Warnung, etwas
anderes? Mehr als dreißig Jahre später bricht ein deutsch-chinesisches
Rettungsunternehmen auf, um herauszufinden, ob es in unserer kosmischen
Nachbarschaft wirklich nur menschliche Technik gibt, ob Menschen die Wahrheit
überhaupt aushalten … und was Politik mit Schwerkraft zu tun hat.
Der Autor
Dietmar Dath, geboren 1970, ist Schriftsteller,
Übersetzer, Musiker und Publizist. Sein Roman »Die Abschaffung der Arten« stand
2008 auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis und wurde 2009 mit dem Kurd
Laßwitz Preis ausgezeichnet, desgleichen 2013 sein Roman »Pulsarnacht«. 2015
erschien eine erweiterte Neuausgabe des Romans »Venus siegt«.
Inhalt
Kurz vor dem Untergang der Sowjetunion und der DDR war
eine Weltraummission der Bruderstaaten weiter als Menschen je zuvor ins All
vorgedrungen. Von der Besatzung hörte man nie wieder – bis eine rätselhafte
Nachricht vom Planeten Neptun eingeht, von der unklar ist, ob es sich überhaupt
um Sprache handelt. Eine internationale Rettungsmission soll Klarheit schaffen.
Ein glücklicher Zufall sorgt dafür, dass einflussreiche Teammitglieder über
solide Deutsch-Kenntnisse verfügen, so
dass Deutsch mit nautischem Vokabular Bordsprache sein wird.
Allein zur
Entzifferung der Nachricht nimmt die Mannschaft einen Linguisten mit an Bord,
der hoffentlich in den Sprachschnipseln Elemente irgendeiner alte Sprache
entziffern kann. Im ersten Kapitel „Inselwissen“ stehen Personen, Ort und Zeit sich nur lose
verknüpft gegenüber, die Informationen wirken tatsächlich wie Inselchen und der
Roman eher wie ein durchlöcherter Sandstein. Sehr viele Personen werden
eingeführt, von denen zunächst nicht klar ist, ob sie alle an der Mission
teilnehmen werden. So lernt man den chinesischen Raketenfachmann mit Kenntnis
deutscher Fachliteratur Aiguo Sun kennen, das Ex-Mitglied eines
Sondereinsatzkommandos Meinhard Budde, den Russen Witali Samulin und den
Sprachwissenschaftler Christian Winseck, Deutsch-Amerikaner und in seinem
US-Heimatort als uneheliches Kind ausgegrenzt. Hinter dem Projekt scheint die
Deutsche Cordula Spät zu stehen, von der niemand weiß, wer sie ist und wessen
Interessen sie vertritt. Über diesem Wonderwoman mit Herrschaftswissen und
klarer politischer Mission scheint es zunächst keinen Vorgesetzten zu geben,
Carolas Ziel das Tricksen und Täuschen zu sein.
Die Reisedauer zum Neptun wird
auf 12 Jahre geschätzt. Mich hat deshalb brennend interessiert, ob sich während
einer Mission mit unklarem Ausgang
Sprache, Identität und Temperament der Teilnehmer angleichen. Wie russisch
ist Witali nach einigen Jahren noch, wie chinesisch Aiguo und wie amerikanisch
Christian? Wie verändert ein gemeinsamer, eingeschränkter Wortschatz das
Denken? Haben Nationalität und kulturelle Identität noch einen Sinn, wenn man
damit rechnen muss, nicht auf seinen Heimatplaneten zurückzukehren? Auch mit Blick auf die
Funktion automatischer Systeme und künstlicher Intelligenz wäre eine
Veränderung dieser Variablen interessant gewesen. Die Trennung in
kapitalistische und sozialistische Staaten, in Ost- und West-Deutschland wurde
durch die Mission offensichtlich nicht Geschichte, sondern dient den führenden
Köpfen noch immer zur Erklärung historischer und technischer Entwicklungen. Einige Figuren scheinen schlicht dafür gedacht
zu sein, dass sie Fachwissen aus ihrem früheren Leben mit ins All bringen und
der nicht mehr auf der Erde geborenen Generation Vergangenes erklären können.
Nach den ersten 180 Seiten, die in der Gegenwart spielen,
hat mir außer einem roten Faden die räumliche und zeitliche Orientierung
gefehlt, die folgenden 200 Seiten waren nicht ergiebiger. Die Figuren schienen
in ihrer Entwicklung zu stagnieren. Interessant wurde die Mission für mich erst
mit der Beschreibung der von Korallen gebildeten schüsselförmigen Insel im
Bereich des Neptun. Außer einer nach einem Jahrzehnt weit über 70 Jahre alten Ur-Besatzung,
der ein Generationenwechsel bevorsteht, bietet das letzte Drittel der
Space-Opera höchst interessante Ideen, wie der zunehmende Anteil an Implantaten
im menschlichen Körper, die von Generation zu Generation Weichteile durch
Elektronik und Metall ersetzen.
Eine Liste der Personen und der Raumschiffsegmente hätte
ich hilfreich gefunden.
Fazit
Eine soziale Utopie, in der sich das Leben in internationalen Teams verfolgen lässt, ist Neptunation (in der Bedeutung: Herrschaft über das Sonnensystem vom Neptun aus) leider sehr begrenzt. Aus meiner Sicht fehlt dem Roman ein roter Faden und er konnte mich erst im letzten Drittel fesseln.