Tenzin Lahkpa - Auf der Suche nach Erleuchtung fand ich das Licht / Leaving Buddha: A Tibetan Monk's Encounter with the Living God

  • Ich-Werdung eines tibetischen Mönchs


    Ich habe mich für dieses Buch vor allem aus zwei Gründen interessiert. Zum einen lese ich schon seit Jahren mit wachsender Begeisterung Biographien, da man aus ihnen immer etwas lernen kann. Zweitens geht es hier um eine ganz besondere Bekehrung: die eines tibetischen Mönches zum Christentum – so der Klappentext. Ich persönlich bin christlich aufgewachsen, habe mich aber als Erwachsene für den Buddhismus entschieden. Ich war gespannt auf dieses Buch, weil ich sozusagen beide Seiten verstehen und ihnen etwas abgewinnen kann – sowohl das Christentum, als auch den Buddhismus.


    Nun! Ich muss sagen, dass ich das Buch gerne gelesen habe. Allerdings stellt es in meinen Augen doch etwas anderes dar, als der Klappentext aussagt. Das liegt zum großen Teil in der Entstehungsgeschichte des Buches begründet. Da ist erstens einmal die Frage der Autorschaft. Das Buch berichtet von Tenzin Lahkpa, einem ehemaligen tibetischen Mönch. So weit, so richtig. Aber wirklich geschrieben hat es nicht (!) der Mönch, sondern ein Journalist, Eugene Bach. Tenzin hat nur einen zweiseitigen Lebenslauf selbst verfasst, und hat danach Bach mehrfach zu Interviews getroffen. Die aufgrund des Christenhasses in Asien auch noch geheim stattfinden mussten. Auch ist das Buch ursprünglich auf Englisch erschienen („Leaving Buddha“), und hat schon zuvor einen mehrfachen Übersetzungsprozess durchlaufen, vom Tibetischen ins Chinesische, dann ins Englische. Und zurück. Unter diesen Umständen frage ich mich allerdings, inwieweit es gerechtfertigt gewesen ist, das Buch in der Ich-Form zu schreiben…


    Ich wundere mich auch, dass der Brunnen Verlag das Buch überhaupt in sein Programm aufgenommen hat. Denn es ist nicht primär ein christliches Buch! Das Buch hat drei Teile. In den ersten beiden Teilen wird ausführlich über Tenzins buddhistisches Leben berichtet, seine Studien, und sein Hinterfragen des strengen Klosteralltags sowie der Lehren. Seine Reisen nach Indien. Erst im dritten Teil, und da auch erst ganz zum Schluss, kommt es zur „Bekehrung“. Die ich, ehrlich gesagt, nicht unbedingt nachvollziehen konnte. Er wird krank, begegnet einem freundlichen christlichen Arzt. Hat diverse Träume. Und ein Verwandter aus Amerika erzählt ihm von Jesus. Das sind alles hinreichende, aber nicht notwendige Gründe, Christ zu werden. Am Ende wird also viel gerafft oder weggelassen. Zumindest ist der Abschluss interessant – Tenzin kehrt als Christ nach Tibet zurück, um dort soziale Arbeit zu leisten. Er setzt sich also für sein Volk ein.


    Meine Worte klingen kritisch – aber, wie gesagt, habe ich das Buch durchaus gemocht. Eben nur aus anderen Gründen als gedacht. Ich mochte es aufgrund Tenzins Charakter, und wie er geschildert wird. Für mich ist es keine Biographie, oder eher am Rande. Es ist eine coming-of-age-Geschichte. Tenzin ist weich- und warmherzig, mit einem offenen Blick für die Menschen und ihre Motive. Er beschreibt sehr genau, wenn ihm Widersprüche auffallen. Und er ist gegen Ungerechtigkeit in jeder Form. Insofern bin ich überzeugt, dass er früher oder später als Mönch sowieso Probleme bekommen hätte. Er war einfach nicht gemacht für diesen harten Alltag, der in Tibet ohne Hinterfragen hingenommen wird.


    Auch aus einem anderen Grund ist das Buch interessant. Es bietet Einblicke in den Klosteralltag, die man sonst nicht bekommt. In die Strukturen in der tibetischen spirituellen „Hierarchie“. Es schildert vor allem den tibetischen Buddhismus sehr intensiv. Aber Vorsicht! Es ist eben der tibetische Buddhismus, nicht „der“ Buddhismus. Buddhismus in Tibet hat sich sehr mit der dortigen Kultur vermischt, und mit den vor-buddhistischen religiösen Praktiken. In diesem Fall mit der Bön-Religion, und einer sehr schamanisch-animistisch geprägten Kultur. Insofern hat mich das Buch sehr deutlich gelehrt, genau zu unterscheiden zwischen eigentlicher Religion und Kultur.


    Sprachlich gesehen, ist es sehr leicht zu lesen. Die Sätze sind kurz und unkompliziert, anfangs berichten sie überzeugend aus der Perspektive des Kindes, später des jungen Mannes. Es wird großer Wert auf „farbige“ Details gelegt, auf Rituale und Abläufe. Und immer ist Tenzins Suche nach Wahrheit und Authentizität zu spüren. Ich würde das Buch also durchaus empfehlen. Allerdings würde ich genau hinschauen, wem ich es empfehle. Für jemanden ohne Vorkenntnisse über den Buddhismus finde ich es schwierig. Und für einen überzeugten Christen auch. Sagen wir: der ideale Leser ist weitläufig interessiert, kritisch, mag Biographien, und interessiert sich für die seelische Entwicklung eines Menschen.

    "Ein Mensch, der Ideale hat/
    Der hüte sich, sie zu erreichen!/
    Sonst wird er eines Tags anstatt/
    Sich selber andern Menschen gleichen."
    (Erich Kästner) :):)

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Tenzin Lahkpa - Auf der Suche nach Erleuchtung fand ich das Licht“ zu „Tenzin Lahkpa - Auf der Suche nach Erleuchtung fand ich das Licht / Leaving Buddha: A Tibetan Monk's Encounter with the Living God“ geändert.