Margaret Atwood - Die Zeuginnen / The Testaments

  • Kurzmeinung

    Enigmae
    hält das Niveau des 1. Bandes, charaktertreu und spannend
  • Kurzmeinung

    SiriNYC
    Abbruch: Kein Vergleich zum „Report der Magd“.
  • Produktvorstellung bei amazon.de:


    »Und so steige ich hinauf, in die Dunkelheit dort drinnen oder ins Licht.« - Als am Ende vom »Report der Magd« die Tür des Lieferwagens und damit auch die Tür von Desfreds »Report« zuschlug, blieb ihr Schicksal für uns Leser ungewiss. Was erwartete sie: Freiheit? Gefängnis? Der Tod? Das Warten hat ein Ende! Mit »Die Zeuginnen« nimmt Margaret Atwood den Faden der Erzählung fünfzehn Jahre später wieder auf, in Form dreier explosiver Zeugenaussagen von drei Erzählerinnen aus dem totalitären Schreckensstaat Gilead. »Liebe Leserinnen und Leser, die Inspiration zu diesem Buch war all das, was Sie mich zum Staat Gilead und seine Beschaffenheit gefragt haben. Naja, fast jedenfalls.Die andere Inspirationsquelle ist die Welt, in der wir leben.«

    Eigene Beurteilung:


    Zunächst einmal ist die Vorstellung so, wie sie hier steht ein wenig irreführend, denn über Desfred erfahren wir in diesem Buch herzlich wenig. 15 Jahre nach den Ereignissen in "The Handmaid's Tale" stehen andere Personen im Mittelpunkt der Beobachtung. Obwohl wir zumindest eine davon bereits sehr gut kennen.


    Zum Einen ist da nämlich Tante Lydia, die wir in dem Buch in erster Linie als Desfreds Nemesis kennengelernt hatten. [ab hier Eigenzitat aus amazon.de]:


    15 Jahre nach den Ereignissen in "The Handmaid's Tale" besteht der Staat Gilead immer noch und die ersten Mädchen, die in ihm geboren worden sind erreichen ein Alter, in dem sie ihre jeweiligen Positionen in dieser Gesellschaft zugeordnet werden sollen. Mädchen, die nicht lesen und schreiben lernen durften und auch die Mathematik ist ihnen weitestgehend fremd, Landkarten sind für sie unverständliche Bilder und Gebete, Hymne und regelmäßige Teilnahme an öffentlichen Hinrichtungen bestimmen ihren Alltag.


    Eines dieser Mädchen ist die Zeugin 369A, die im realen Leben Agnes heißt, ist bisher als Tochter eines Kommandanten aufgewachsen und musste gerade den Tod ihrer Mutter verkraften. Nun is tmit Paula eine neue Gemahlin im Haus, die das Kind einer anderen ungefähr genauso schätzt, wie ein neuer König eines Löwenrudels den Nachwuchs seines Vorgängers. Und so sieht Agnes nicht nur ihren Status in der Schule sinken, sondern auch einer baldigen Verheiratung entgegen, der sie auf eher unerwartete Weise entkommt.


    Dann ist das die Zeugin 369B, auch bekannt als Daisy, die als die Tochter zweier politisch aktiver Second-Hand-Kleidungshändler aufwächst und in Kanada in der Schule eine Menge über die Schrecken des Lebens in Gilead gelernt hat. Kurz nachdem sie an einer Demonstration gegen die Zustände im fanatischen Nachbarstaat teilgenommen hat, sterben die beiden durch eine Autobombe und auf einmal sieht sich die junge Frau in der Obhut von Mayday, die Organisation, die Frauen aus Gilead herausschmuggelt und für die ihre Eltern anscheinend tätig gewesen sind. Daisys Leben wird sich dadurch grundlegend verändern.


    Tief in der Bibliothek des Hauses der Tanten in Gilead ist es Tante Lydia selbst, die ein heimliches Tagebuch schreibt, in dem sie davon berichtet, was sie vor der Einrichtung Gileads getan hat, wie sie diese Entstehung einer religiösen Diktatur erlitten hat und wie sie es dann geschafft hat, ihre jetzige sehr wacklige Machtposition zu erlangen. Gerade durch ihren Bericht bekommen wir eine Menge Hintergrundsinformationen - und lernen vor allen Dingen auch ihre Motive kennen. Und ihre Ziele.


    Wie schon im ersten Buch und der Fernsehserie wird auch hier nichts präsentiert, was es nicht irgendwo auf der Welt - oder auch in der Menschheitsgeschichte allgemein - schon gibt bzw. gegeben hat. Durch die drei Reflektionsfiguren Agnes, Daisy und Lydia bekommt man ein noch umfassenderes Bild als man dies etwa zur Mitte der zweiten Staffel der Fernsehserie haben kann und durch die Unterschiedlichkeit der Perspektiven auch viele Anreize bestimmte Vorurteile und Vorüberlegungen, die man beim Lesen entwickelt immer wieder zu hinterfragen.


    Ein überaus würdiger Nachfolger des Ursprungswerks.

  • Und ich habe es mir bei NetGalley gewünscht. :lol:

    :study: Jutta Aurahs - Katzen :cat:

    :study: Han Kang - Griechischstunden

    :musik: Asako Yuzuki - Butter (Re-???)

    :musik: Satoshi Yagisawa - Die Tage in der Buchhandlung Morisaki

    :montag: Dietrich Krusche (Hg.) - Haiku (Reread)

    :montag: Deb Olin Unferth - Happy Green Family (Reread)





  • Autorin: Margaret Atwood

    Titel: Die Zeuginnen

    Seiten: 576

    ISBN: 978-3-8270-1404-7

    Übersetzerin: Monika Baark

    Verlag: Berlin Verlag


    Autorin:

    Margaret Atwood wurde 1939 in Ottawageboren und ist eine kanadische Schriftstellerin und Dichterin. Merfach ausgezeichnet, schrieb sie zahlreiche Romane, Essays und vielseitige Lyrik. "Der Report der Magd" wurde vielfach ausgezeichnet und als Serie verfilmt. 2017 erhielt Atwood den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Sie Ist Mitglied des Schriftstellerverbandes PEN.


    Inhalt:

    Fünfzehn Jahre nach "Der Report der Magd" erzählt die Autorin Margaret Atwood die Geschichte weiter. Drei Zeugenaussagen dreier Erzählerinnen aus dem totalitären Schreckensstaat Gilead zeigen, wie eines zum anderen führte und welchen Verlauf Desfreds Schicksal nahm. (eigene Inhaltsangabe)


    Rezension:

    Wenn ich von Verlagen offensichtliche Fortsetzungen von Erzählungen angetragen bekomme, erkundige ich mich danach, ob diese auch ohne Kenntnis des Vorgängerbandes zu lesen sind? Wenn dies der Fall ist, teste ich es gerne aus, mich in die Geschichte hinein zu finden, mit den Protagonisten Bekanntschaft zu schließen und ihren Weg zu verfolgen. Nur dann macht ein vollständiges Eintauchen in das Geschehen Sinn. Auch hier hatte ich darum gebeten, mir nur dass Rezensionsexemplar zukommen zu lassen, wenn dies möglich sei. Ich bekam es.


    Mit "Die Zeuginnen" legt Margaret Atwood die von vielen Fans ersehente Fortsetzung zum "Report der Magd" hin, deren Geschichte serienmäßig erfolgreich verfilmt wurde. fünfzehn Jahre nachdem die Buchdeckel zugeklappt sind, erfahren die Leser nun, was nach Handlungsende passierte. Der rote Faden aus dem totalitären theokratischen Phantasiestaat Gilead wird wieder aufgenommen und in Form von drei Zeugenaussagen, die einen stetigen Perspektivwechsel ergeben, weiter erzählt.


    Das funktioniert für alle Leser von Beginn an, so sie mit dem Vorgänger-Werk vertraut sind, jedoch nicht für Leser, die erst jetzt auf das von Atwood geschaffene Konstrukt stoßen. Nur schwer gelingt dann der Einstieg, nur schwer die Zuordnung und Benennung, auch Einordnung der einzelnen Protagonisten. Erst im weiteren Verlauf gibt es eine kleine Auffrischung, für Neuleser Einführung in die Welt Gileads. Viel zu spät, auch im Vergleich mit anderen Fortsetzungsromanen.


    Am ehesten liest sich "Die Zeuginnen" noch als Parabel auf das Leben und Funktionieren einer theokratischen Diktatur, wie es sie in verschiedenen Formen in der realen Welt noch gibt. Die Autorin konstruiert eine Welt aus Lügen, Intrigen und Verrat und erzählt, was passieren kann, wenn einzelne Karten aus dem Kartenaus verschoben oder gar entfernt werden. Eine Lawine ungeahnten Ausmaßes wird losgetreten, die alles im Weg stehende mit sich reißt. Ohne Rücksicht auf Verluste. Die gibt es auch hier.


    Der Perspektivwechsel trägt zur Verwirrung bei Erstlesern bei, denen unbedingt empfohlen sei, den Vorgängerband zuerst zu lesen. So, wie ich das getan habe, ist die Geschichte nicht zu konsumieren und dabei stellt sich dann auch kein Lesegenuss ein. Ich kann praktisch nur auf die Beschreibungen der Diktatur als die von Atwood geschaffene Welt mich beziehen. Die Protagonisten indes blieben mir fremd und auch Hanndlungs- und Spannungsbögen, waren zwar erkennbar, doch für mich mit allzu großen Lücken durchsetzt.


    Das reicht nicht aus, um mich bei Stange zu halten. Wahrscheinlich müssen jetzt erst einmal ein paar Jahre vergehen, ehe ich es wieder mit Margaret Atwood versuche. Vielleicht bleibt es aber auch nur bei diesem einen, erfolglosen Versuch. Andere Autoren teilen dieses Schicksal. Auch dafür gibt es Zeuginnen.

  • Andere Autoren teilen dieses Schicksal. Auch dafür gibt es Zeuginnen.

    Mrs Atwood befindet sich also mit Zsuzsa Bánk und Günter Grass in bester Gesellschaft. Ich stelle mich gern als Zeugin zur Verfügung. :lol:

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Inhalt:


    Das Buch setzt ca. 15 Jahre nach den Ereignissen von "The handmaids tale/Report der Magd" ein und schildert rückblickend die Ereignisse der Entstehung von Gilead, aber gibt auch Einblicke in das alltägliche Leben des finsteren Gottesstaates Gilead.

    Die Geschichte(n) wird aus Sicht von drei Frauen in unterschiedlicher gesellschaftlicher Position erzählt und das anhand von Vernehmungsprotokollen bzw. Tagebucheinträgen.


    Meine Meinung:


    Beim Kauf hatte ich ein bisschen Bauchweh, da ich den ersten Band wirklich sehr geliebt und seitdem natürlich auch die TV Serie verfolgt habe.

    Meine Befürchtung war einerseits das die Fortsetzung nur auf Grund der großen Popularität geschrieben wurde bzw. aus monetären Absichten heraus.

    So etwas geht ja oftmals daneben.

    Andererseits habe ich mich auch gefragt wie die Autorin mit der Serie umgeht und ob sie nicht vielleicht zu sehr beeinflusst wird.

    Hier kann ich Entwarnung geben, leider aber nur teilweise!

    Zunächst war einmal war ich sofort erneut vollkommen gefesselt von den Gesellschaftsstrukturen des Gottesstaates Gilead und konnte gar nicht mehr aufhören zu lesen.

    Diesen Teil des Buches fand ich wirklich gelungen, auch weil wir von einer der Frauen, die zu in Gilead zu großer Macht gelangt ist, mit zu den Anfängen genommen werden und erfahren wie sie zu dieser Position gekommen ist.

    Aber eben auch wie verlogen und bigott dieses brutale System ist und wie viel Schmutz und Blut an der Flügeln der sogenannten Diener Gottes klebt.

    Hierbei gelingt M.Atwood auch sehr gut, Elemente der Serie mit einzubringen und mit ihrem Plot zu verweben.


    Allerdings muss ich sagen das dies nur für zwei der Frauen zutrifft, denn die Geschichte der dritten Frau bezieht sich ebenfalls auf die Serie, wirkte aber von Anfang an wie ein Fremdkörper auf mich.

    Obwohl ich sie zwischendurch interessant gefunden habe, wurde sie nach und nach immer unglaubwürdiger für mich.

    Aus meiner Sicht wäre es ein wesentlich besseres Buch geworden, hätte man diese Geschichte anders gestaltet oder sogar weggelassen.

    Was dieser jungen Frau widerfährt wirkt anfangs erschütternd, wird dann sogar spannend, aber irgendwann einfach leicht hahnbüchen und ich hatte den Eindruck, hier hat sich die Autorin verzettelt.

    Ich denke, hier hat die Serie schlechten Einfluss ausgeübt, denn auf mich wirkte es, als sei dieser Teil nur als eine Art Fansservice entstanden, weil es in der Serie derart prominent behandelt wurde das Atwood es nicht ignorieren konnte.

    Deshalb hat mir auch das Ende nicht gefallen, welches nur angedeutet wird und irgendwie nebulös bleibt.

    Die Autorin wollte vielleicht der Eintönigkeit des Schauplatzes begegnen und einen Konflikt schaffen. Die klassische Heldenreise also, aber das war für meinen Geschmack zu viel Fanservice und Diktat der Serie, die ich nicht gebraucht hätte.



    Fazit:

    Zitat

    "Terrorregime, sagte man einst, dabei regiert der Terror gar nicht. Er lähmt. Daher die unnatürliche Stille."

    Zitat aus dem Buch Seite 230


    "Die Zeuginnen" ist genau dann am besten wenn die Autorin auf die Gesellschaftsstrukturen von Gilead blickt und wir den grauen Alltag erleben, die Bigotterie der allmächtigen Kommandanten, die Hierarchien, finsteren Rituale und die verschämte Sexualität, sowie kaum gezügelte Begierden, Mord und Totschlag und die Angst vor allem Weiblichen.


    "Unter seinem Auge!"


    Ein ganz gewöhnliches Terror Regime, nach außen hin rein und heroisch, aber innen morsch und verfault.

    Genau davon wollte ich lesen, zu Hause auf dem Sofa, mit einer wohligen Gänsehaut, die jeden Demokraten nur warnen kann, die Augen offen zu halten.

    In seinen besten Momenten schafft der Roman genau das.

    Leider verliert er diese großartige Spannung irgendwann und das Düstere macht der gewöhnlichen Heldenreise Platz, die wir schon tausendmal in Film und Fernsehen erlebt haben. Und darin ist die Autorin leider nicht sonderlich gut!

    Dem Roman fehlt eindeutig die Wucht des ersten Bandes und das liegt nicht nur daran das wir Gilead schon so gut kennen, sondern aus meiner Sicht eben am viel zu großen Einfluss der Serie.
    Hier hat Margaret Atwood zu sehr versucht etwas zu sein was sie eigentlich nicht ist und das ging soweit das ich mich hinterher gefragt habe, ob die Geschichte im ersten Buch wirklich so toll gewesen ist, oder eben nur das world building.

    Aber ich denke damit würde man ihr Unrecht tun. Denn auch im zweiten Band merkt man immer wieder wie verbunden die Autorin ihren Figuren ist, dass sie eine Demokratin ist, die angewidert - aber nicht moralisierend - auf das blutige Treiben schaut und das sie mich selbst zum Schaudern bringt, mich nachdenklich macht.

    Diese aufgesetzte Flucht bzw. Agentenstory passt einfach nicht richtig rein.

    Jedenfalls nicht auf diese Art, dass hätte sie ganz anders lösen können, denn die Werkzeuge dazu hat sie.

    Aber hier hat die Serie eindeutig einen unguten Einfluss genommen, was ich sehr schade finde!


    Ich war versucht dem Buch trotzdem 5 Sterne zu geben, am Ende werden es aber nur 3.5.

    Wenn ich ganz ehrlich bin, wurde ich auf hohem Niveau enttäuscht und im letzten Drittel hat mich nur noch das grausige Gilead bei der Stange gehalten.

    Denn zu diesem Zeitpunkt wirkte die Story schon wie Versatzstücke, die nicht nur M. Atwoods Kopf entsprungen sind.

    Ganz zum Schluss hadere ich noch mit dem nebulösen Ende, was gewaltig nach Fortsetzung klingt. Damit war ich leider auch überhaupt nicht zufrieden.

    Und ich bin mir nicht mal sicher ob ich noch einen Band sofort nach Erscheinen kaufen würde.

    "Ich bin eitel, hochmütig, tyrannisch, blasphemisch, stolz, undankbar, herablassend - bewahre aber das Aussehen einer Rose" Pita Amor

  • Ich kannte von Margaret Atwoods „Der Report der Magd“ noch nicht und habe es daher noch vor diesem Buch gelesen – und das war gut so, denn sonst wäre es wohl sehr schwierig geworden. Am Ende des Vorgängerbandes sind sehr viele Fragen offengeblieben, die Atwood nun, nach 35 Jahren, beantworten wollte. Auch dieses Mal ist der Schreibstil flüssig zu lesen, die Atmosphäre aber bleibt bedrückend und düster.

    Es sind eine Reihe von Jahren vergangen und nun berichten drei Erzählerinnen aus ihrer Sicht über den totalitären Schreckensstaat Gilead. Tante Lydia kennen wir ja schon aus dem Vorgängerband. Die beiden andere sind Agnes, die in besseren Kreisen in Gilead aufwächst und Daisy, die in Toronto aufwächst. Inzwischen ist Ruhe eingekehrt in Gilead.

    Diese unterschiedlichen Sichtweisen ermöglichen einen guten und tiefergehenden Einblick in die Verhältnisse von Gilead und es werden offene Fragen aus dem Vorgängerband beantwortet. Ich habe mich gefragt, wie gebildete Menschen sich einfach so in diesem Regime unterordnen konnten. Das ist mir bei Desfred im vorigen Buch so ergangen und auch jetzt wieder bei Lydias Sicht. Aber um am Leben zu bleiben, wird man wahrscheinlich vieles tun. Die nachfolgenden Generationen denken schon ganz anders, da sie ein anderes Leben nie kennen gelernt haben. Die Frauen finden Wege sich in dem System einzurichten, auch wenn ihnen ihre Rechte abgesprochen sind.

    Alle sind in diesem System gefangen und müssen sich unterordnen, ganz gleich, in welcher Position sie sich befinden. Aber wenn man die Sicht der Protagonisten kennenlernt, betrachtet man das System nicht mehr ganz so schlecht. Das Leben bietet nicht nur schwarz und weiß, es gibt doch eine Menge Grautöne.

    Obwohl sich in diesem Roman so vieles klärt, hat mir „Der Report der Magd“ dennoch besser gefallen.

    Auch dieses Buch macht mich wieder wütend, denn ich finde die Geschichte auch weiterhin sehr bedrückend.

  • Ein fesselnder Roman, der von seinen drei Erzählerinnen getragen und spannend vorwärts getrieben wird. Zweifellos eine unterhaltsame Lektüre. Wenn man „Der Report der Magd“ gelesen hat.

    Andersfalls, fürchte ich, kann man weder die Personen noch ihre Funktionen noch ihren besonderen Status einordnen. Und dass man es kann, ist ab der ersten Zeile wichtig, sonst verpuffen eingestreute Verweise auf den 1. Band und die Brisanz vielen Handlungen, v.a. von Tante Lydia.


    Man sollte nicht erwarten, dass das Buch dort beginnt, wo der Report endet, denn inzwischen sind 15 Jahre ins Land gegangen, in denen sich die Verhältnisse in Gilead stabilisiert haben, und das, was damals geplant war (z.B. Frauen das Lesen und Schreiben vorzuenthalten), ist inzwischen gängige Praxis und gesellschaftlich akzeptiert. Nur noch die Männer und die Tanten beherrschen die Schrift.

    Das war damals noch anders, denn die Magd Desfred hatte die Schule besucht, man hatte ihr lediglich jegliche Art der Lektüre entzogen.


    Lesen- und Schreibenkönnen als Mauer zwischen den Mächtigen und Einflussreichen auf der einen Seite und den Untertanen auf der anderen - selten wird dieser Umstand so leicht erzählt und dadurch so deutlich ausgedrückt, denn indem man die Frauen von der Schrift ausschließt, nimmt man ihnen die Möglichkeit sich zu entwickeln und eigenständige Gedanken zu entwickeln. Während die Magd das Lesen schmerzlich vermisste, haben die Frauen der zweiten Gilead-Generation wie Agnes kein Bedürfnis nach Büchern oder Zeitungen, nach Briefschreiben oder Dichten.


    Der Erzählstrang aus Kanada mit Zeugin Daisy entwickelt sich in Richtung einer Agentenstory, büßt gegenüber den Schilderungen der beiden anderen Zeuginnen Glaubwürdigkeit ein. So solls gehen? So simpel?


    Wer kann so was glauben, wenn tagtäglich dasselbe auf der Welt passiert und kein Hahn danach kräht. An dieser Stelle hätte ich von Atwood mehr erwartet.


    Was mit der Magd Desfred tatsächlich geschah, wird durch die „Protokolle des Symposiums über Gileadstudien“ im Anschluss an die Erzählung bekannt. Auch hier die Anknüpfung an Band 1, der auch mit den Protokollen beendet wird.


    Besonders gelungen: Das Vexierbild auf den Innenklappen mit Magd und Mädchen. (Bilder bei Amazon, dritte Reihe, zweites von links)

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Margaret Atwood - Die Zeuginnen



    Ein weiterer Blick nach Gilead



    Hier haben wir den so lange schon her gesehnten zweiten Teil der Reihe um das Land Gilead. 1985 erschien Der Report der Magd in Englisch, 1987 in Deutsch, ich habe den Report erst dieses Jahr gelesen und ich fand ihn unglaublich gut. Trotzdem dieses Buch schon vor langer Zeit geschrieben wurde, erscheint es in keiner Weise altbacken. Dieses Düstere, diese Tiefe und dieses Schwere, was durch die Lektüre des Buches in den Leserinnen ausgelöst wird, ist schon bemerkenswert und zeugt auch von einem ungeheuren Können der Margaret Atwood. Nachdem der Report so sehr bei mir eingeschlagen hat, war ich natürlich sehr gespannt, wie wohl Die Zeuginnen wirken werden. Über dreißig Jahre nach dem Report ist es äußerst interessant wie die Atwood jetzt auf Gilead blickt.


    Und ich wurde nicht enttäuscht, was einerseits gewiss schwer ist, nach diesem Erfolg vom Report, aber andererseits hat Frau Atwood bei mir sicher schon einen gewissen Heimvorteil, sie ist nach dem Report und nach dem blinden Mörder auf meiner imaginären Autorenliste recht weit nach oben geklettert. Ihre Art zu schreiben, ihr etwas besonderer und auch etwas boshafter Humor und ebenso ihre Sicht auf den Menschen gefallen mir sehr.


    Nun kommt dieses Buch vom Klang und vom Gefühl beim Lesen deutlich anders an als der Report der Magd. Dieses vorhin beschriebene düstere und dunkle Gefühl habe ich hier deutlich weniger wahrgenommen. Dies mag vielleicht auch daran liegen, dass hier keine neue Welt auf die Leserin einwirkt, man weiß schon wo man sich befindet, der Schock ist nicht mehr ganz so groß. Andererseits sprechen auch drei verschiedene Frauen, unterschiedlichen Situationen und Klassen entstammend, unterschiedlichen Altersklassen angehörend, aus unterschiedlichen Orten kommend, so unterschiedlich sind dann auch ihre Wahrnehmungen und Sichten. Aber alle drei sind keine Mägde und haben auch nicht dieses Entsetzliche erleben müssen, was Desfred im Report erdulden muss.


    Durch diese drei Zeuginnen erhalten wir neue Blickpunkte auf Gilead, bekommen neue äußerst interessante Informationen und Gilead wird nachvollziehbarer und das ganze System dieses furchtbaren Gebildes wird etwas begreifbarer. Die ganze Geschichte erzeugt wieder einen ganz besonderen Sog, ich konnte dieses Buch wieder ganz schlecht aus der Hand legen. Es kommt in meinen Augen nicht ganz an den Report heran, aber das liegt ganz sicher am Zauber des ersten Teils, dem Entdecken einer neuen Welt, hier ist die Welt schon bekannt und nicht mehr so überraschend. Trotzdem ist dieses Buch für mich wieder ein fünf Punkte Buch!


    Das etwas hastig herbeigeführte Ende könnte bedeuten, dass es weiter geht in Gilead, ich hoffe dies sehr und warte gespannt!


    Und wieder kann ich nur sagen, bitte unbedingt Lesen!

  • Mit Begeisterung habe ich diese Fortsetzung des "Reports" gelesen. Ich bin oft sehr vorsichtig, was die späte Fortsetzung eines grandiosen Buches angeht, aber hier war keine Vorsicht nötig.

    Hat mich der "Report" beim Lesen oft fast depressiv werden lassen (die Geschehnisse sind so nah an unserem Leben, dass es mich einfach oft nur gruselte), so blieb diese Lesedepression hier aus. Das liegt vermutlich zum einen daran, dass der Gottesstaat Gilead mir beim Lesen bereits vertraut war, und zum anderen daran, dass die Zeuginnen mir als Person nicht so nahe stehen. Desfred kommt aus meiner Welt, die Zeuginnen schon nicht mehr, auch Tante Lydia nicht.


    Die Fortsetzung 15 Jahre nach dem Report ist für mich glaubhaft aufgebaut und erzählt. Die Welt hat sich weiter entwickelt, die Protagonisten ebenfalls und damit stimmt das Setting. Das Konstrukt, erneut im Rückblick durch Aufzeichnungen die Geschichte entstehen zu lassen, funktionierte für mich wieder perfekt. Der gelungene Abschluss dazu ist erneut das Symposion, dass die Schilderungen abrundet. So habe ich mit Genuss ein fantastisches Buch gelesen. Den Aussagen von Marie kann ich mich ansonsten nur komplett anschließen.


    Marie mit deinem ersten Spoiler gehe ich konform, weshalb ich auch nicht die vollen Sterne vergebe. Dieser Teil ist mir zu publikumswirksam geschrieben.

    Den zweiten dagegen sehe ich anders, denn


    Ich stimme findo und buchregal zu: ohne den "Report" gelesen zu haben, kann man den "Zeuginnen" nicht gut folgen und findet wohl keinen Einstieg in die Geschichte. Schade, findo, dass der Verlag dich so fehlinformiert hat. Aber bitte, gib Margaret Atwood noch eine Chance, vielleicht sogar, indem Du doch noch den "Report einer Magd" liest. Es lohnt sich, versprochen. :D

  • Ich bin oft sehr vorsichtig, was die späte Fortsetzung eines grandiosen Buches angeht, aber hier war keine Vorsicht nötig.

    Das war ich bis gestern noch, aber jetzt bin ich restlos überzeugt. Und nun durfte ich es mir bei unserer örtlichen Buchhandlung bestellen und werde es als Ostergeschenk zusammen mit einem anderen Buch von meinem Mann bekommen. Ein Lichtblick in dieser Zeit :dance:

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Nachdem ich "Report der Magd" gelesen habe, wollte ich unbedingt wissen wie es mit Gilead weitergeht. Anfangs hat mich die Struktur des Buches etwas irritiert. Drei Personen erzählen ihre Geschichte in Form einer Niederschrift. Diese Handlungsstränge wechseln sich ab. Dadurch wird die Gesellschaft von Gilead aus Sicht verschiedener Personen erzählt. Tante Lydia gehört zur Herscherschicht. Agnes ist ein junges Mädchen, das privilegiert in Gilead aufwächst. Daisy wächst in Kanada auf, aber ihre Eltern sind aus Gilead geflohen.

    Das Buch erzählt nicht direkt die Geschichte aus Report der Magd weiter. Mit der Zeit werden aber einige Verwicklungen sichtbar und man erfährt was mit einigen Personen passiert ist.

    Mich hat auch dieses Buch wieder gefesselt. Frau Atwood hat die Personen absolut glaubwürdig dargestellt. Es gibt keine schwarz-weiß-Malerei. Auch die Bösen haben ihre guten Seiten und umgekehrt. Gut fand ich auch ihre Idee mit dem Historikerkongress am Schluss. Da hat das Buch abgerundet.

    Um das Buch geniesen zu können, muss man Report der Magd gelesen haben. Sonst wird es schwierig mit dem Verständnis.

    Sub: 5537:twisted: (Start 2024: 5533)

    Gelesen 2024: 14 / 1 abgebrochen

    gelesen 2023: 55/ 2 abgebrochen / 26075 Seiten

    gelesen 2022: 65 / 26292 Seiten

    gelesen 2021: 94 / 1 abgebrochen / 35469 Seiten


    :montag: Anders Roslund - Engelsgabe

    :study: John Katzenbach - Der Wolf


    Lesen... das geht 1 bis 2 Jahre gut, aber dann ist man süchtig danach.

  • Ich habe mich ja lange Zeit dem Nachfolgeband von "Der Report der Magd" verweigert. Zu hoch war meine Befürchtung, dass das nur ein müder Abklatsch sei. Aber Dank der Rezensionen hier im BT habe ich mich überzeugen lassen, es doch noch zu versuchen. Danke noch mal dafür, denn sonst wäre mir dieses lesenswerte Buch entgangen.

    Das Buch aufgrund von Zeugenaussagen aufzubauen hält die Spannung aufrecht, ebenso gelungen fand ich den Kniff mit dem Historikerkongress. Einen halben Stern Abzug gab es



    Unbedingt anschließen muss ich mich den Stimmen hier im Thread, die darauf hinweisen, dass man den Vorgängerband kennen muss, damit man überhaupt die Geschehnisse bei "Die Zeuginnen" verstehen kann. Denn sonst macht das Lesen mit Sicherheit keine Freude.


    Ich vergebe für dieses spannende Buch sehr gerne 4,5 Sterne!

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