Hektor Haarkötter - Der Bücherwurm

  • ... Vergnügliches für den besonderen Leser


    Verlagstext

    Was ist eigentlich ein Bücherwurm? Gibt es ihn wirklich? Und wie sieht er aus? Hektor Haarkötter entdeckt Bücherwürmer ganz unterschiedlicher Art, tierische und menschliche. Denn auch der Bücherfreund entpuppt sich oft als Bücherwurm, der gierig und gefräßig alles Gedruckte verschlingt. Und so führt die Suche, die in der Zoologie beginnt, auch bald in die Kulturgeschichte zu den zahllosen Bibliomanen in Kunst und Literatur. Schließlich stellt sich die Frage nach der Zukunft, denn im Medienzeitalter residieren die legitimen Erben des guten alten Bücherwurms längst in Fernsehern und Computern. In bibliophiler Ausstattung mit schönen Illustrationen!


    Der Autor

    Hektor Haarkötter, geb. 1968, lebt als Journalist, Fernsehregisseur und freier Autor in Köln.


    Inhalt

    Wenn ein Autor mit dem Namen Haarkötter eine Abhandlung über den Bücherwurm verfasst, mag das wie eine Ideen-Sammlung prominenter Bestandserhaltungs-Experten zum 1. April wirken.

    Die Vorstellung vom Wurm als Bücherschädling geht bis auf die alten Griechen zurück. Bereits Aristoteles beschrieb den Bücherskorpion, ein Tier ohne Stachel, von dem wir heute wissen, dass es auf seiner Jagd nach kleinen Kerbtieren keinen Schaden an Büchern verursacht. Auch Horaz fürchtete, dass Schädlinge sich über seine wertvollen Schriftrollen hermachen könnten. Bereits im 1. Jahrhundert vor Christi lehrte der Architekt Vitruv, Bibliotheken nach Osten auszurichten, damit Bücher nicht durch Feuchtigkeit oder Würmer verdorben werden. 1774 ließ die Göttinger Königliche Societät der Wissenschaften untersuchen, ob das als Schädling verdächtigte Tier nicht nur bestimmte Teile des Buches begehrt. Umgangssprachlich wurde der Begriff Bücherwurm als Sammelbezeichnung für über 100 Arten gepflegt, von denen einige Buchbestände als Habitat nutzen, um dort ungestört Artgenossen zu jagen. Zum Silberfisch, den viele Büchersammler lange Zeit für harmlos hielten, äußert sich der prominente Restaurator Dag-Ernst Petersen. Lepisma saccharina ist in der Lage während des Verdauungsprozesses Cellulose zu produzieren und bevorzugt auf seinem Speiseplan Kohlehydrate. Welche Folgen das für aus Pflanzenfasern geschöpfte Papiere haben kann, wird sich der Büchersammler nur in seinen schlimmsten Alpträumen vorstellen wollen. Ein dickes, weißglänzendes Tier, das sich aus dem Zwischenraum zwischen Lederrücken und Kapitelband eines wertvollen Buches windet, ist meist kein Bücherwurm sondern vermutlich eine Holzwurmlarve. Dieses Ergebnis Haarkötterscher Recherche tröstet den Buchliebhaber kaum; denn Larve klingt um ein Vielfaches gefräßiger als Wurm. Der Übergang vom Wurm zum Computerbug wird bereits 1947 vollzogen; das für die Mediengeschichte wichtige Datum wird im Buch anschaulich durch die Abbildung eines Präparats dokumentiert. Die Einführung der Fledermaus als Nützling zum Schutz von historischen Bibliotheksbeständen, die Haarkötter leider nur kurz anreißt, sollte m. E. Thema einer Fachtagung in einer geeigneten an Europas Außengrenze gelegenen Bibliothek sein.


    Der Bücherwurm vollzog - von der Wissenschaft bisher weitgehend unbeachtet - eine Gestaltwandlung von der Larve standorttreuer kleiner Hautschuppen- und Staubmilbenvertilger zum menschlichen Wurm. Den Begriff der Vermifizierung (Wurmwerdung) führt der Autor auf Luther zurück. Schon Lessing soll den Bücher verschlingenden Typus des Wurms in einer Komödie auf die Bühne gebracht und selbst Woody Allen die Wurmwerdung des Menschen umgesetzt haben. Dass Bücher töten können, wissen wir seit Umberto Ecos Name der Rose. Haarkötter ermittelte, dass Wurmlöcher in einem Buch sogar einmal zur Lösung eines Kriminalfalles beigetragen haben könnten. Die Bewertung der Bücher-Sammelleidenschaft fällt in die Zuständigkeit der Psychoanalytiker; eine Untersuchung der Lesesucht aus der Sicht protestantischer Ethik scheint Haarkötter unverzichtbar. Ob der Bücherwurm aus restauratorischem oder verhaltenspsychologischem Blickwinkel in Beziehung zum Wurmloch steht, ist eine andere Geschichte, die sicher noch zu einer anderen Gelegenheit erzählt werden wird. Leser, die zu Empfindlichkeiten gegenüber Spinnen- und Kerbtieren neigen, holen vor der Lektüre besser den Rat ihres Hausarztes oder eines Therapeuten ein.


    Haarkötters sorgfältig recherchiertes und liebevoll bibliophil ausgestattetes Werk zum Bücherwurm sprengt deutlich den Bewertungsspielraum von nur fünf Sternen, die hier zur Verfügung stehen.


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    :musik: --


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Haarkötters sorgfältig recherchiertes und liebevoll bibliophil ausgestattetes Werk zum Bücherwurm sprengt deutlich den Bewertungsspielraum von nur fünf Sternen, die hier zur Verfügung stehen.


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    Warum vergibst du dann nur viereinhalb Sterne? :-k

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  • Wenn ein Autor mit dem Namen Haarkötter eine Abhandlung über den Bücherwurm verfasst, mag das wie eine Ideen-Sammlung prominenter Bestandserhaltungs-Experten zum 1. April wirken.

    Darüber musste ich sehr grinsen - Hektor Haarkötter ist ein ehemaliger Arbeitskollege von mir. :loool: Er heißt übrigens wirklich so und hat passender Weise karottenrotes Haar.