Elizabeth Acevedo - Poet X / The Poet X

  • Xiomara lebt mit ihren Eltern und ihrem Zwillingsbruder in einem der schäbigeren Viertel New Yorks. Eigentlich stammt die Familie aus der Dominikanischen Republik und immer, wenn ihre Mutter sie bestrafen möchte, droht sie damit, Xiomara dorthin zurück zu schicken. Und das geschieht häufig, denn die Familie ist streng religiös, während Xiomara ihre Beziehung zu Gott immer wieder in Frage stellt. Als sie nicht zur Kommunion gehen will und sich auch noch mit einem Jungen aus der Schule anfreundet, droht der Streit zwischen Xiomara und ihrer Mutter zu eskalieren. Doch eines lässt das junge Mädchen sich von keinem nehmen: ihre Worte.


    "Poet X" ist definitiv anders als die meisten Jugendbüchern, denn es ist in Versen geschrieben. Das ganze Buch ist quasi ein Rap über Xiomaras Leben, von ihr selbst geschrieben. Manchmal sperrig zu lesen, aber wunderbar poetisch und tiefgründig beweist die Autorin und Poetry Slammerin Elizabeth Acevedo, dass Literatur für Jugendlich und Poesie sich nicht ausschließen müssen. Und so erfährt der Leser auf diese besondere Weise von Xiomaras Beziehung zu ihrem "Zwilling", den sie immer nur so nennt. Einen Jungen, der so anders ist, als sie selbst. So still, so verliebt in die Wissenschaft, so demütig - bis sie eines Tages feststellt, dass sie beide dasselbe wollen: Freiheit, sie selbst zu sein.


    Erst die Sprache, ihre Gedichte und der Traum von einem Auftritt bei einem örtlichen Poetry Slam geben Xiomara ein Ziel und etwas, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Es ist inspirierend und zugleich schmerzhaft zu sehen, wie sie sich von ihren Fesseln zu befreien versucht. Dabei wird sie, zum Glück, auch tatkräftig unterstützt: von ihrer ebenfalls sehr religiösen Freundin Caridad, ihrer Lehrerin Mrs. Galiano und natürlich von den Mitgliedern des Poetry Slam Clubs der Schule. Doch auch von ganz unerwarteter Seite erhält Xiomara Verständnis und Hilfe.


    Fazit: Ein Buch für alle Fans von Angie Thomas - nicht nur für Jugendliche. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Xiomaras Leben spielt sich ab zwischen
    den Anforderungen einer fundamentalistisch - christlichen Mutter, den
    Zwang Christlichkeit zu heucheln, alltäglichen Sexismus seitens der
    Männerwelt ihr gegenüber und ihrer Sehnsucht sich ausdrücken und
    für ihren eigenen Lebensentwurf streiten zu wollen.

    Hierbei
    nimmt das Schreiben von Gedichten für sie einen sehr hohen
    Stellenwert ein und sie findet - unterstützt durch eine liebevolle
    Lehrerin - einen Weg, über Poetry Slam das zu sagen, was ihr Herz
    bewegt und damit auch ihr Leben zu verändern.

    Elizabeth Acevedo
    greift mit diesem Buch einen Impuls einer ihrer Schüler_innen auf,
    die sich als Schwarze von den Büchern aus weiß - westlicher
    Perspektive nicht angesprochen fühlte und nach Büchern verlangte,
    bei denen es um ihresgleichen ging.

    Dies ist der Autorin mit
    diesem Buch auf besondere Art und Weise gelungen. Rassismus,
    Sexismus, Homophobie und vor allem christlicher Fundamentalismus
    werden sehr kritisch behandelt und hinsichtlich ihrer zerstörerischen
    Wirkungen deutlich. An deren Stelle treten Freundschaft,
    Gleichberechtigung und auch Liebe.

    Das Buch ist komplett in einer
    Gedichtform gehalten, wie es oft bei Poetry Slams beobachtbar ist.
    Dies gibt dem Buch eine ganz eigene Schattierung und macht es
    unverwechselbar. Danke, dass ich dieses Buch lesen durfte.

  • "Poet X" hat mich sehr beeindruckt. Ich mag es total, wenn Bücher besondere Geschichten erzählen und dafür ein besonderes Format gewählt wird, um den Text bestmöglich zur Geltung zu bringen. Das ist hier mehr als gelungen. "Poet X" ist eine Sammlung von Poetry Slams zwischen zwei Buchdeckeln. Da die Texte sich nicht krampfhaft reimen, sondern erzählend geschrieben sind, lässt sich das Buch wie ein klassisches belletristisches Buch lesen. Die Slams fügen sich perfekt aneinander und erzählen von der vierzehnjährigen Xiomara, die sich in Worte und Slams flüchtet, um zu verarbeiten, was um sie herum und in ihrem Inneren geschieht. Es hat mich wirklich begeistert, wie tiefgründig die Texte stellenweise sind, was für kluge Sachen Xiomara zu sagen hat und wie mit der Sprache gespielt wird. Die Figuren fand ich ebenfalls durchweg überzeugend. Besonders berührend fand ich die Beziehung zwischen Xiomara und ihrem Zwillingsbruder. Hier waren es vor allem Kleinigkeiten - einfache Gesten oder das, was zwischen den Zeilen steht und gesagt wird -, die mich beeindruckt haben. Die Handlung selbst hatte für mich zwischendurch ein paar Längen, aber es ist wichtig, was in diesem Buch thematisiert wird, und auch, wie es angesprochen und vor allem aufgelöst wird. Das Buch kann Mut machen, junge Leser können sich erkannt und verstanden fühlen. Ich habe "Poet X" daher sehr gern gelesen.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Mir gefällt das Buch auch sehr - und spannend ist für mich die christlich-repressive Erziehung Xiomaras einerseits, aber andererseits eben auch die sprachlich-Intellektuelle Herausforderung, die ihr die Bibeltexte, die sie kennt, bieten - als Möglichkeit, kritische Fragen zu stellen, als Möglichkeit, die Bibeltexte metaphorisch zu verstehen. Für ihren letzten Aufsatz mit der Aufgabe „Erläutere dein Lieblingszitat“ wählt Xiomara doch tatsächlich einen Satz aus Psalm 119: „Wenn dein Wort offenbar wird, macht es klug die Einfältigen“ - und schreibt dann einen so schönen Text über die Bedeutung von Worten, von Sprache. Und die Rolle des Pastors fand ich auch interessant - er ist ja tatsächlich die einzige Person, die auf die Mutter einwirken kann, und tut es auch. Ein wirklich schönes Buch.