Silvia Heinlein - Mittwochtage: oder "Nichts wie weg!", sagt Tante Hulda

  • Kurzmeinung

    CrazyAnn89
    Eiun wunderbares Kinderbuch über MEnschen mit Behinderung und den Mut für sich und andere einzustehen.
  • Verlagstext

    Für Sara ist Mittwoch der schönste Tag der Woche, denn den verbringt sie immer mit ihrer Tante Hulda. Doch nun soll Hulda weit weg aufs Land ziehen, in eine Wohngemeinschaft mit besserer Betreuung für geistig behinderte Menschen. Sara, die ihre liebenswert eigenwillige Tante keinen einzigen Mittwoch missen möchte, sieht nur einen Ausweg: Hulda und sie müssen verschwinden. Kurzerhand packen sie die Koffer und schon geht es mit dem Zug auf eine außergewöhnliche Reise.


    Die Autorin

    Sylvia Heinlein, geboren 1962, hat ihr Gespür für gute Kindergeschichten bei großen Verlagen wie Carlsen, Rowohlt und Sauerländer unter Beweis gestellt. Neben ihrer Tätigkeit als Kinderbuchautorin schreibt sie Artikel und Reportagen für verschiedene Zeitschriften.


    Die Illustratorin

    Anke Kuhl wurde 1970 in Frankfurt am Main geboren. Nach dem Abitur studierte sie Freie Bildende Kunst in Main und anschließend Visuelle Kommunikation in Offenbach. 1999 gründete Anke Kuhl die Ateliergemeinschaft "labor" in ihrer Geburtsstadt Frankfurt. Dort lebt und arbeitet die Mutter zweiter Kinder heute als freie Illustratorin und Autorin. Es sind der hintergründige Witz und ihre liebevollen Betrachtungen, durch die sich Anke Kuhl in ihren Geschichten und Bildern hervorhebt. Für ihre Arbeit wurde sie unter anderem mit dem Eulenspiegel-Bilderbuchpreis ausgezeichnet.


    Inhalt

    Sara hatte es wenigstens versucht. Sie wollte ja gern ein Ponymädchen sein wie die anderen aus ihrer Klasse, die sich von früh bis spät über Pferde unterhalten. Ponys sind OK, aber ein zweites Mal will Sara nicht auf den Ponyhof. So bleibt sie auf dem Schulhof meist allein. Der einzige Tag der Woche, auf den Sara sich freut, ist Mittwoch, wenn sie sich mit Tante Hulda in deren Wohngruppe trifft. Von ihrer Lieblingstante fühlt Sara sich verstanden. "Du hast so Fühlerchen auf dem Kopf. Mit denen kannst du alles fühlen, was los ist. Und dann machst du dir Gedanken darüber. Das ist genau richtig so." ermuntert Tante Hulda ihre Nichte. Saras Tante liebt schöne Wörter und schöne Erinnerungen. Die geistig behinderte Schwester von Saras Mutter fragt sofort jeden Fremden aus, was mitunter zu peinlichen Zwischenfällen führen kann. Solange Huldas Leben in festen Bahnen verläuft, ist alles gut. Aber wehe Hulda muss sich aufregen, dann wird sie richtig krank.


    Saras Eltern haben wenig Zeit für ihre Tochter. Die Mutter ist als Journalistin häufig beruflich unterwegs, der Vater baut von zu Hause aus Internetseiten und verbringt die meiste Zeit am Telefon. Für Mutter Liane war die Verantwortung für Hulda seit ihrer Kindheit schon immer eine Last. Sara sollte ihre Zeit mit gleichaltrigen Freundinnen verbringen und nicht mit ihrer behinderten Tante, sorgt sich Liane. Das vertraute Verhältnis zwischen ihrer Tochter und ihrer Schwester versucht Liane mit Tricks zu unterbinden, die Sara wütend machen. Auch Hulda, die sehr sensibel auf Stimmungen reagiert, merkt genau was los ist. Hulda ist behindert, aber nicht dumm. Aus Wut und Enttäuschung wird Hulda zum Wirbelsturm. Liane hat endgültig die Nase voll von den "komischen Phasen" ihrer Schwester und will Hulda in eine Wohngruppe auf dem Land verpflanzen. Das geht ja nun gar nicht! Wie soll Hulda von dort zur Arbeit in der Behindertenwerkstatt kommen - und was wird ihre aktuelle Wohngruppe ohne sie tun? Die Auswirkungen ihrer unüberlegten Aktion auf das empfindliche Gleichgewicht der Wohngruppe bekommt Liane eindrucksvoll zu spüren. Auf Sara allein lastet nun die Verantwortung, zwischen gestresster Mutter und zutiefst verletzter Lieblingstante zu vermitteln. Der einzige aus ihrer kindlichen Perspektive mögliche Ausweg aus der verfahrenen Situation scheint ziemlich verrückt. Sara und Hulda treffen auf ein paar unangepasste liebenswerte Menschen, die die Welt mit dem Blick des Künstlers wahrnehmen und Sara zeigen, wie sie für ihre eigenen Träume kämpfen kann.


    Fazit

    Sylvia Heinlein gibt mit ihrer kurzen Kindergeschichte tiefen Einblick in die Gedankenwelt geistig Behinderter. Die rundliche Hulda mit ihrer Liebe für rosa Dinge und ihre Ersatzfamilie in der Wohngruppe sind einfach zum Liebhaben. Was Huldas Mitbewohner Horst bewegt, der Engel malt und sein Schmusekissen Victoria getauft hat, vermittelt Anke Kuhl mit ihren Engel-Illustrationen, die sich um den Text ranken.


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    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Ravik Strubel - Blaue Frau

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • ... sofort gekauft. :roll: :lol:

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    :study: Han Kang - Griechischstunden

    :musik: Asako Yuzuki - Butter (Re-???)

    :musik: Satoshi Yagisawa - Die Tage in der Buchhandlung Morisaki

    :montag: Dietrich Krusche (Hg.) - Haiku (Reread)

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  • ... und heute gelesen. Was für ein schönes Buch! :D


    Auch mich haben die liebenswerte Hulda, ihre WG und die besonderen Menschen in der alten Schokoladenfabrik sehr erfreut und bewegt. Huldas Schwester Liane, als jüngere Schwester schon seit der Kindheit für die Ältere verantwortlich, leidet unter Kontrollzwang und kann irgendwann nicht mehr. Ihr Verhalten der Schwester gegenüber ist zwar übergriffig, aber dennoch zeigt die Autorin voller Empathie, wohin eine derartige Überforderung führen kann. Nicht entschuldbar dagegen ist Lianes Verhalten der eigenen Tochter gegenüber. Wie Sara es lernt, ihre eigenen Wünsche wahrzunehmen und der Mutter Grenzen zu setzen (wobei sie dankenswerterweise Unterstützung findet, nicht zuletzt von ihrer Tante), kann man nur jedem Kind einer dominanten Mutter wünschen - und dafür sorgen, dass Büchereien dieses Büchlein anschaffen. :lol: Ja, Erwachsene treffen viele Entscheidungen für ihre Kinder. Aber es gibt Grenzen - und bei der Frage, wo die liegen und wie man sie verteidigt, kann man betroffenen Kindern nur alle Unterstützung der Welt wünschen. Insofern geht es in diesem Buch nicht hauptsächlich um das Leben mit einer Behinderung, sondern um die persönliche Freiheit aller Menschen - ob nun "behindert", Kind oder "verrückte/r Künstler/in".


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

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