Tove Alsterdal - Die einzige Zeugin / Väng dig inte om

  • Beckomberga, Stockholm: Hier lag einst eine der größten psychiatrischen Anstalten Europas. Inzwischen ist auf dem Gelände eine exklusive Wohngegend entstanden. Hierhin zieht auch Svante Levander mit seiner neuen Liebe.


    Als er auf dem Heimweg hinterrücks ermordet wird, fällt der Verdacht auf seine Ex-Frau. Sie wird verhaftet. Aber ist sie schuldig? Nur eine Person könnte bezeugen, was wirklich vorgefallen ist: eine Frau, die in unmittelbarer Nähe saß und bettelte. Doch die ist spurlos verschwunden.

  • Über die wirklich wichtigen Dinge reden


    Dieser Krimi ist ungewöhnlich, er weicht vom “gewohnten” Format Mord - Polizeiermittlungen - langes Miträtseln - Lösung schon teilweise stark ab. Das mag zum einen daran liegen, dass die Autorin Tove Alsterdal ihre erzählerischen Stärken einbringen wollte, aber auch, dass ihr gesellschaftliche Themen am Herzen liegen und sie dazu auch ausführlich recherchiert.


    Die Schwedin verknüpft einen fiktiven Mord mit Stockholmer Vergangenheit (vieles rund um den Stadtteil und die Anstalt Beckomberga gibt es wirklich und geschah vor wenigen Jahrzehnten tatsächlich so) und den Lebensbedingungen von Rumänen, die nach Schweden betteln.


    Da die Ex-Frau des Opfers, Eva, beschuldigt wird, den Mord begangen zu haben, macht sie sich daran, das Rätsel selbst zu lösen. Der Leser erfährt viel von ihrer inneren Zerrissenheit und den Problemen, die sie aktuell belasten, aber auch welche sie früher hatte. Ihr Verhalten nach der Scheidung und die schwierige Beziehung zu ihrem Sohn macht es für sie nicht leichter und sie selbst erst recht verdächtig.


    Dass Eva auch noch zufällig am Tatort war, glaubt ihr dann natürlich niemand mehr. Aber sie ist entschlossen, die einzige mögliche Zeugin der Tat zu finden und nutzt das, um ihren erwachsenen Sohn Filip besser kennenzulernen. Der Krimi wandelt sich zu einem Roadtrip durch halb Europa, immer begleitet von Evas Gefühlschaos.


    Parallel passieren in Beckomberga noch einige andere Dinge und die Angst vor einem Serienmörder geht um. Auch dieser Erzählstrang bleibt trotz einer gewissen Spannung erzählerisch, schafft es nicht zu einem thrillerartigen Element zu werden.


    Am Ende ist dieses Buch ein Kriminalroman, bei der die Betonung auf der zweiten Worthälfte liegt. Statt Polizei und Befragungen stehen zwischenmenschliche Spannungen, Gesellschaftskritik und die leise Moral, mehr miteinander über wirklich Wichtiges zu reden, im Vordergrund. Nebenbei erfährt man einiges über Stockholms Bettlerszene und auch die Zustände in Rumänien.


    Wer sich darauf einlassen kann und keinen “klassischen” Schweden-Krimi erwartet, kann mit diesem Buch seine Freude haben.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Meine Rezension ist ein Beitrag. Inhalt und Originalbuch gehören da nicht dazu.

    Allgemein werden Inhaltsangaben als Teil einer Rezension gesehen und so wird es auch in unserem Rezensionsmuster vorgestellt. Den Originaltitel geben die Meisten aber tatsächlich in einem eigenen Eintrag an. 8)

  • Wenn ich nicht den Thread eröffne, sondern nur meine Rezension unten dranfüge, ist da auch nicht der Inhalt dabei. Und da sagt niemand was. :-k Ich mag das nicht, wenn jeder die Angabe bei sich reinkopiert. Die Rezension sind Eindrücke zum Gelesenen und dabei fließt die Geschichte auch mit ein in gewissem Maße, aber nicht als Klappentext.

  • Wenn ich nicht den Thread eröffne, sondern nur meine Rezension unten dranfüge, ist da auch nicht der Inhalt dabei. Und da sagt niemand was

    Dann ist es ja auch meist nicht mehr notwendig, da in aller Regel bereits genügend zum Inhalt geschrieben wurde. Aber bei einer Erstrezension sieht das anders aus, da ist dann der Threadersteller derjenige, der für die notwendigen Informationen sorgt. Aber das kann man eben alles in einem Post einstellen, gekennzeichnet nach Inhalt (mit Zitatquelle, falls man zitiert), Buchangaben, Autor und Meinung. Nur das Original (bei Übersetzungen) kommt natürlich in einen separaten Post, da man nur ein Buch verlinken kann. :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • Der Plot ist so realistisch wie eine Landung der Marsianer auf der Erde. Für einen
    Krimi kümmerliche Ermittlungsarbeit der schwedischen Polizei; klar -
    Ressourcen-, Personal- und Mittelknappheit; das habe ich doch bereits irgendwo
    gehört. Völlig irrelevante Auseinandersetzung mit gesellschaftlich brisanten
    Themen. Fantasy-Krimi vom Feinsten.
    Ich kann mir vorstellen, wie der Roman entstanden ist:

    Tove Alsterdal (Autorin): „Ulla, als ehemalige Insassin, entschuldige als Krankenschwester
    und Stationsleiterin in Beckomberga hast du eine Idee für meinen neuen Krimi?“

    Ulla Andersson: "Tove, ja das habe ich und was für eine, eine unglaubliche.
    Insassen wurden nach der Schließung vermisst und ich weiß wo sie in den letzten
    20 Jahren gehaust haben - in den unterirdischen Kellergewölben der Anstalt.
    Aber die sind alle plemplem."
    Tove. „Das macht nichts, ein irrer Mörder, das ist
    perfekt. Unsere schwedische Polizei ist auch nicht die hellste, das passt
    zusammen."
    Ulla: „Tove, du brauchst doch Stoff für 500 Seiten.“ Tove: „Weißt du
    Ulla, ich lass eine rumänische Bettlerin mitspielen, das ist der Aufhänger, um in
    der Bettlerszene in Stockholm zu investigieren. Das ist meine große Passion.
    Die Recherche im Stockholmer Untergrund dehne ich dann bis RO aus. Dort kenne
    ich mich aus, ich habe am Stand Badeurlaub gemacht. Eine Bettlerin als ‚einzige
    Zeugin‘, das ist der Titel meines neuen Romans. Ulla, bin ich genial?“
    Ulla:
    „Ja Tove, das bist du (beißt sich dabei auf die Zunge). Rund um das Gelände von
    Beckomberga werden schicke Häuser gebaut, dort siedelst du deine
    Hauptprotagonisten an.“
    Tove: „Danke Ulla für deinen Input, du bekommst eine
    Rolle im Krimi und ich werde dich in meiner Danksagung erwähnen.“

    Im Zentrum des Romans steht Eva, geschieden von Svante, mit Sohn Filip. Zum
    Zeitpunkt der Ermordung von Svante ist Eva am falschen Ort zur falschen Zeit.
    Sie wird - wird niedergeschlagen und alarmiert später die Polizei - von dieser völlig
    absurd des Mordes an Svante beschuldigt, verbringt ein paar Tagen im Arrest, um
    nach ihrer Entlassung die lange Suche zu beginnen nach der Zeugin, einer
    rumänischen Bettlerin, die ihr knapp vor der Ermordung Svantes ein Foto ihrer
    beiden Kinder gezeigt hat, dieses weggeschmissen und von Eva wieder gefunden
    wurde. Zufälle gibt’s. Eva forscht in der Stockholmer Unterwelt, spürt ihren
    Sohn Filip in Berlin auf - inzwischen vom Studenten zum autonomen Aktivist in
    der Hausbesetzerszene mutiert -, fährt mit ihm durch Tschechien, durch die
    Slowakei, nach Ungarn – zufällig besetzen dort Flüchtlinge den Budapester
    Bahnhof, nach RO, um endlich am Küstenort Eforie anzukommen. Hanebüchen die
    Kontaktaufnahme mir Dunya, der vermeintlichen Zeugin. Alle bekannten Klischees
    die Roma in RO betreffend werden breitgetreten.
    Wieder zurück in S hat Ulla ihren großen Auftritt. Sie hilft der Polizei bei
    der Suche nach dem irren Mörder im Untergrund von Beckomberga. Haarsträubend
    das Ermittlungsergebnis: Irrer als Mörder, echter Mörder mit Sturmhaube, aus
    dem darknet von Svante bestellter IRA Auftragskiller mit Sturmhaube wird
    „fallengelassen“. Der Irre und die Polizei, verwandte Seelen.
    Niklas, dem ehemaligen Nachbar von Svante&Eva, bleibt Jannike erhalten.
    Diese hat jedoch, wie es scheint, einen neuen Lover. Mit Jannike und Britt-Louise
    hat der potente Niklas Sex. Jannike hatte ihren Kimono leicht geöffnet; ob das
    gemäß dem Einwilligungsgesetz zur Zustimmung beim Sex, bei dem beide Partner
    ausdrücklich und klar erkennbar dem Geschlechtsverkehr zustimmen müssen
    ausreicht? Tove thematisiert stattdessen lieber die schwedische Bettlerszene
    und Kindesmissbrauch in der Familie. Entsetzlich schade.
    Die Schweden, w/m und viele Leser, w/m mögen ihre Tove dafür hoch loben, ich
    kann es nicht.

  • mapefue Wenn Du Texte aus anderen Programmen hier einfügst, dann klickt bitte vorher auf das Rechteck links oben in der Befehlszeile. Dann bist Du im BBCode und die unschönen Formatierungen werden beim Einfügen vermieden. Danke :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



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  • Wenn ich nicht den Thread eröffne, sondern nur meine Rezension unten dranfüge, ist da auch nicht der Inhalt dabei. Und da sagt niemand was

    Dann ist es ja auch meist nicht mehr notwendig, da in aller Regel bereits genügend zum Inhalt geschrieben wurde. Aber bei einer Erstrezension sieht das anders aus, da ist dann der Threadersteller derjenige, der für die notwendigen Informationen sorgt. Aber das kann man eben alles in einem Post einstellen, gekennzeichnet nach Inhalt (mit Zitatquelle, falls man zitiert), Buchangaben, Autor und Meinung. Nur das Original (bei Übersetzungen) kommt natürlich in einen separaten Post, da man nur ein Buch verlinken kann. :wink:

    Verzeihung wenn ich das nochmal aufgreife. Ich verlinke meine posts, die Rezensionen, von hier auch anderswo und da will ich nicht bei manchen dann den Inhalt dabeihaben, wenn ich das auch sonst nicht mache. Soll/muss ich dann also warten bis jemand anders den Thread zufällig erstellt bis ich eine Rezension posten darf?


    edit: zudem es viele solche Beispiele gibt: Bo Svernström - Opfer / Offrens Offer

    das scheint mir auch genug zu sein, wurde dort drauf hingewiesen? Inhalt, Original? Davon ist zu Beginn nichts vorhanden, die weitere Poster haben das eben - weil es wohl einfach ihren Rezensionsgewohnheiten entspricht? Ich habe meine, andere haben ihre. Ich unterschlage den Inhalt nicht, wie andere, möchte ihn aber nicht in meinem Rezensionspost stehen haben. Könnt ihr das akzeptieren?

  • "DIR EINZIGE ZEUGIN "von Tove Alsterdal ist ein schwedischer Kriminalroman vom Verlag Bastei Lübbe.

    Dies war mein erster Roman,der knapp 500Seiten enthält,von der Autorin.


    Das Cover finde ich sehr spannend und einladend,es hat sofort grosses Interesse in mir geweckt.Die Farbgestaltung gefällt mir sehr gut,das düstere Erscheinungsbild lässt auf einen spannenden Kriminalroman hoffen.


    Der Prolog ist aus Mitte der 1990er-Jahre in Beckomberga geschrieben,den ich sehr spannend finde und meine Neugier auf das Buch gesteigert hat.

    Schwester Ulla Andersson ist das letzte mal in der psychiatrischen Klink,wo später eine exklusive Wohngegend entsteht.

    Hier liest man direkt schon von einer mysteriösen Gestalt,die häufiger im Buch erwähnt wird.

    Diese Abschnitte haben mir sehr gut gefallen,auch wenn die Wortwahl manchmal etwas obszön gewählt ist.

    Aber da es in dem Krimi viel um psychische Krankheiten geht,passt es gut hierhin.


    Dann geht es los mit der Geschichte,die im hier und jetzt geschrieben ist.

    Eva Leander-Olofsson folgt heimlich ihren Ex-Mann Svante,der mit seiner neuen Liebe in die neue Wohngegend gezogen ist.

    Als er abends einkaufen geht,entdeckt er Eva und es gibt Streit.Plötzlich wird Eva nieder geschlagen und als sie aufwacht,findet sie Svante ermordet auf.

    Eva wird sofort des Mordes beschuldigt und wird verhaftet.Nur eine Bettlerin,der Eva kurz vorher begegnet ist,kann sie entlasten.

    Aber sie ist spurlos verschwunden,und nach Evas Entlassung wegen mangelnder Beweise ,begiebt sie

    sich auf die Suche nach der rätselhaften rumänischen Bettlerin.

    Teils alleine,aber auch ihren Sohn und Peer Ludwigson bittet sie um Hilfe.

    Der Abschnitt bis die Suche anfängt,hat mir sehr gut gefallen,toller Schreibstil und sehr detailliert geschrieben.

    Dann geht es los mit der Suche nach der Bettlerin,dieser sehr lange Abschnitt hat mir nicht gefallen. Hier erfährt man meiner Meinung nach viel zu viel über Romas,deren Leben und Rumänien.

    Für einen Reiseführer sehr gut,aber für einen Krimi war es mir einfach zu viel.

    Es hat sich ewig hingezogen,bis überhaupt was neues passiert ist,Spannung hat hier ganz gefehlt und ich musste mich wirklich zwingen,weiter zu lesen.

    Auch von Ermitllungsarbeiten der Polizei liest man sehr sehr wenig,was für mich aber definitiv in einen Krimi gehört.

    Einige für mich unsymphatische und langweilige Charactere wie Peer Ludwigson und Niklas,der nichts weiter zu tun hat als sich überall einzumischen und extrem neugierig ist,anstatt sich um seine Familie zu kümmern,haben das weiterlesen nicht angenehmer gemacht


    Das Ende hat mir dann aber wiederum sehr gut gefallen und ich wurde fürs durchhalten belohnt.

    Das ist wirklich gut,hier wird der Mord aufgeklärt und ich wäre nicht drauf gekommen,das es so passiert ist.Svante ist mir direkt unsymphatisch gewesen und das hat sich bis zum Schluss als richtig erwiesen.

    Auch Schwester Ulla kam hier noch vor,dieser Abschnitt und Character gefiel mir am besten.

    Ein wirklich tolles Ende.

    Eva wurde mir mir auch von Zeit zu Zeit unsymphatischer.

    Hier geht es viel über psychische Krankheiten,aber über die psychiatrische Anstalt habe ich leider auch nicht viel gelesen,schade.

    Das Cover und der Epilog waren so überzeugend und vielversprechend,insgesamt vergebe ich 3 Sterne.